Protocol of the Session on December 15, 2005

Übrigens war es der heutige Bundespräsident und damalige Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Prof. Dr. Köhler, der seinerzeit am Institut für Finanzdienstleistungen in

Hamburg eine der ersten Studien in Deutschland zum Thema „Microlending“ in Auftrag gegeben hat. Da sind wir offenbar in guter Gesellschaft; in den USA hat das schon lange funktioniert. Deswegen, glaube ich, ist an der Idee selber eine ganze Menge dran.

Viele Gründerinnen und Gründer brauchen in der Tat nur ein Startkapital von maximal 5.000 €. Nach Erhebungen der KfW betrifft das rund die Hälfte der Vollerwerbsgründer und drei Viertel der Nebenerwerbsgründer. Es ist auch richtig, dass Microlending für die Banken in der Tat wirtschaftlich völlig uninteressant ist, weil die Margen einfach nicht vorhanden sind. Trotzdem haben wir vorhin festgestellt, dass die Gründungen volkswirtschaftlich vernünftig und politisch gewollt sind.

Ich habe mir die Mühe gemacht, im Internet zu recherchieren, und habe 23 Projekte gefunden, die in ganz Deutschland schon laufen. Darunter auch die von Ihnen genannten in Nordrhein-Westfalen. Also lohnt es sich in der Tat, im Ausschuss daran gemeinsam zu arbeiten. Ich möchte das Ganze aber gerne einmal in einen Kontext stellen und zitiere die zuständige Ministerin. Zum Thema Gründungen, Frau Thoben, haben Sie gesagt:

Unternehmen stehen in Nordrhein-Westfalen einem Dschungel von Förderungs- und Beratungsangeboten gegenüber. Die wollen wir lichten.

Dies macht sicherlich hochgradig Sinn, denn lichten bedeutet in diesem Falle effizienter machen. Sie haben weiter gesagt:

Dazu gehört auch die Bestandsaufnahme der Förderprogramme.

Auch das ist sehr sinnvoll, denn wenn wir es vorher nicht im Bestand aufnehmen, werden wir nicht dazu kommen, die Förderprogramme effizienter zu machen und damit die Ziele besser zu erreichen.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist dieser Ansatz des Microlendings in das Gesamtkonzept zu integrieren. Über die genaue Ausgestaltung ist im Ausschuss zu diskutieren – besonders über Punkt 3 Ihrer Forderungen. Wir sind sicherlich eher der Auffassung, dass es bei Gründungen mehr auf die Idee als auf das Geschlecht ankommt; aber auch darüber werden wir miteinander nachdenken.

Meine Damen und Herren, wir werden der Überweisung zustimmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Beifall ist zu dieser späten Stunde schwach und verzögert, aber das macht nichts. – Nun hat Frau Hammelrath, SPD-Fraktion, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Mittelstand kommt sowohl bei der Initiierung von Innovationen als auch bei der Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze eine Schlüsselrolle zu. Die SPD-geführte nordrhein-westfälische Vorgängerregierung hatte dies frühzeitig erkannt und die Belange kleinerer und mittlerer Unternehmen zu einem Schwerpunkt ihres wirtschaftspolitischen Handelns gemacht.

In Koalition mit den Grünen haben wir ein Mittelstandsgesetz auf den Weg gebracht, das Mittelstandspolitik als eine Querschnittsaufgabe definierte und so dafür Sorge trug, dass die Anliegen des Mittelstandes unmittelbar in den Gesetzgebungsprozess einflossen.

Unter unserer Regierung wurden wichtige Weichenstellungen vorgenommen: Die NRW-Bank wurde zur Förderbank des Landes ausgerichtet, in der ein besonderes Augenmerk auf die Mittelstandsförderung gelegt wird. Im Januar 2005 legte die NRW-Bank einen so genannten VentureCapital-Fonds mit 40 Millionen € auf, der sich speziell an junge Unternehmen in der Expansionsphase richtet.

Aktuell hat die NRW-Bank nun erneut ein milliardenschweres Darlehensprogramm für Unternehmensgründer und Mittelständler aufgelegt. Im Jahr 2006 wird die NRW-Bank eine Milliarde Euro an besonders zinsgünstigen und flexibel einsetzbaren Förderdarlehen bereitstellen. Anfang dieser Woche hat die NRW-Bank dieses bekannt gegeben.

Investitionen können aus diesem Programm ebenso finanziert werden wie Betriebsmittel oder der Erwerb eines Unternehmens. Entsprechend variabel sind die Kreditbeträge, die zwischen 25.000 € und 5 Millionen € liegen. Die Antragstellung erfolgt über die Hausbank.

Des Weiteren führt die NRW-Bank mit einem 30 Millionen € starken Seadfonds für Unternehmen in der Gründungsphase die von der Vorgängerregierung auf den Weg gebrachte Instrumentalpalette fort. Wichtig ist es nun, die Angebotspalette auf die Vergabe von Mikrodarlehen unterhalb von 25.000 € zu erweitern und die Gründungsberatung auch unter Kreditgesichtspunkten zu optimieren.

Insbesondere, weil für Kreditinstitute Kredite unterhalb von 25.000 € aufgrund des Aufwands unattraktiv sind und chancenarme Gründer und Gründerinnen somit oftmals ausgegrenzt werden. Um auch die in diesem Kleinstbereich bestehende Potenziale ausschöpfen zu können, ist es nach wie vor unser Anliegen, dass das Land ein regional strukturiertes Microlending-Konzept für Kleinstunternehmen sowie für Existenzgründerinnen und -gründer in der Start- und in der Festigungsphase entwickeln muss. Denn wenn es gelingt, das brennende Problem der Eigenkapitaldecke im Mittelstand zu entschärfen, werden sich auch die Beschäftigungsperspektiven wieder aufhellen.

(Beifall von der SPD)

Sowohl die sozialdemokratisch geführte Vorgängerregierung in Nordrhein-Westfalen als auch die sozialdemokratisch geführte Vorgängerregierung im Bund haben mit Blick auf dieses Ziel ihre Hausaufgaben gemacht. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Deutsche Ausgleichsbank wurden zu einer schlagkräftigeren Mittelstandsbank zusammengelegt, Mikrodarlehen eingeführt, Kapital für Arbeit aufgelegt und auf Ausbildung ausgedehnt.

Nun muss im Weiteren dafür gesorgt werden, durch Nachrangdarlehen das Angebot eigenkapitalähnlicher Mittel auszuweiten und mehr Beteiligungskapital auch für klassische Mittelständler zu mobilisieren, um das Fundament der Mittelstandsfinanzierung zu verbreitern und etwas unabhängiger von der Politik großer Geschäftsbanken zu machen. Je stärker unsere mittelständische Wirtschaft im Windschatten des Weltmarktes und der exportorientierten Industrie ist, desto besser ist das für Wachstum und Beschäftigung hierzulande.

Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang auch noch einmal an den Antrag aus der letzten Legislaturperiode, den wir Sozialdemokraten zusammen mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor einem Jahr hier im Landtag verabschiedet haben. Dieser Antrag hatte die gleiche Zielrichtung wie der heute diskutierte Themenkomplex. Es ging und geht weiterhin darum, die Finanzierungsinstrumente für kleine und mittlere Unternehmen weiterzuentwickeln und damit einen Beitrag zur Investitions- und Innovationsfähigkeit einzelner Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zu leisten.

Die CDU stimmte unserem Antrag Anfang des Jahres zwar nicht zu, weil sie im Wahlkampfgetöse wohl nicht dazu bereit war, anzuerkennen, was die Vorgängerregierung in diesem Bereich geleis

tet hat. In der Sache hat die CDU damals aber eingeräumt, dass auch sie es unterstützen wolle, für kleine und mittlere Unternehmen eine bessere Finanzierungsgrundlage zu schaffen.

Auch aktuell ist von Frau Ministerin Thoben zu lesen, dass die derzeitige Landesregierung in Nordrhein-Westfalen einen Schwerpunkt auf die Förderung von Gründern beziehungsweise auf die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen legen wolle. Frau Thoben sagte in einem Interview in einer Anzeigensonderveröffentlichung der NRWBank von gestern – ich darf zitieren –, …

Frau Abgeordnete, bevor Sie zitieren: Kommen Sie bitte zum Schluss. Ihre Redezeit ist überschritten.

Ich komme zum Schluss.

… dass zusammen mit der NRW-Bank zusätzliche Finanzierungsmodelle zu entwickeln seien – nun wörtlich –,

die Gründern, aber auch bereits existierenden kleinen und mittleren Unternehmen helfen, sich schon in sehr frühen Entwicklungsphasen auf sicherem Boden zu bewegen. Es gilt: Am Geldmangel darf eine erfolgversprechende Gründung nicht scheitern.

Frau Abgeordnete, Sie müssen jetzt leider zum Schluss kommen, denn Sie haben Ihre Redezeit bereits um 20 % überschritten.

Ich mache es zum Schluss kurz: Der Ausbau eines Microlendingangebotes in NRW ist sicher ein guter Weg, um etwas zu bewirken. Wir sehen den Beratungen im Ausschuss mit Interesse entgegen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Brockes, FDPFraktion, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Priggen, ich bin sehr froh über diesen Antrag. Sie sprechen hiermit ein auch aus unserer Sicht wichtiges Thema an, auch wenn die Forderungen in Ihrem Antrag nicht mehr so in die Breite gehen und meines Erachtens auch die Zielsetzung in dem Bereich ein bisschen falsch, weil recht einseitig ist. Aber hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Frau Hammelrath – es wäre schön, wenn Sie mir zuhören würden –, Ihnen möchte ich sagen: Leider hat die Vorgängerregierung in dem Bereich nichts gemacht. Aber ich möchte hier jetzt nicht in die alte Debatte verfallen, sondern den Antrag der Grünen als Ausgangspunkt nehmen, in eine wichtige Beratung einzusteigen.

Meine Damen und Herren, mit dem Antrag der Grünen wird eine Problematik beleuchtet, für die wir dringend eine Lösung finden müssen. Für Existenzgründer und für junge Unternehmen in der Nachgründungsphase ist es überaus schwierig, Kredite unterhalb von 25.000 € zu bekommen. Das sage ich nicht nur als Redner meiner Fraktion, sondern weil ich mich selbst auch einmal in dieser Situation befunden habe.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat dafür ein spezielles Mikrodarlehensprogramm aufgelegt. Die entsprechenden Mikrodarlehen werden aber nicht abgerufen. Dies hängt aus unserer Sicht ganz entscheidend damit zusammen, dass die Bereitstellung von Kleinkrediten für die Hausbanken nicht attraktiv ist. Daran haben auch die von der KfW geschaffenen Anreize in Form einer Pauschalvergütung des entsprechenden Verwaltungs- und Bearbeitungsaufwandes und eine achtzigprozentige Haftungsentlastung nichts geändert.

Als Konsequenz aus den geringen Abrufzahlen hat die KfW im März dieses Jahres das sogenannte Mikro-10-Darlehensprogramm für Kredite zwischen 5.000 und 10.000 € aufgelegt. Gegenüber dem Mikro-Darlehensprogramm wurden die Kreditvergabe und -verwaltung vereinfacht und die pauschalen Vergütungen der Bearbeitungskosten erhöht. Das war natürlich ein wichtiger Punkt. Hervorheben möchte ich auch, dass die Kooperation mit den Gründungsberatungsstellen ermöglicht wurde.

Aber auch dieses neue Programm hat bisher nicht die gewünschte Verbreitung gefunden. Dies sollte aber kein Grund sein, das bis zum 31. Dezember dieses Jahres befristete Programm tatsächlich auslaufen zu lassen; denn das Mikro-10Darlehensprogramm ist grundsätzlich dafür geeignet, die Kreditnachfrage, die bei Kleinstgründungen vorhanden ist, zu bedienen.

Bevor nun das Land ein eigenes Microlendingprogramm auflegt, wie Sie es in Ihrem Antrag gefordert haben, sollte man zunächst einmal dafür Sorge tragen, dass das Mikro-10-Darlehensprogramm der KfW verlängert und nach Möglichkeit optimiert wird. Da sehe ich eine der Hauptforderungen.

Frau Ministerin Thoben, da wir bis zum Jahresende die Beratung im Ausschuss nicht fortsetzen können, würde ich Sie herzlich darum bitten, sich bei der KfW dafür einzusetzen, dass das Programm nicht zum Jahresende ausläuft. – Schließlich enthält es auch die Möglichkeit, Nichtbanken einzubeziehen. Auch das ist ein wichtiges Element.

Meine Damen und Herren, nichtsdestotrotz gehe ich davon aus, dass sich Landesregierung und NRW-Bank nicht einer unvoreingenommenen Prüfung verschließen werden, wie das bestehende Angebot der KfW durch Microlending-Angebote erweitert werden kann. Ob es dabei, wie von den Grünen beabsichtigt, erforderlich ist, MicrolendingAngebote spezielle unter Gender-Aspekten zu entwickeln, wage ich allerdings zu bezweifeln. Aber ansonsten sind wir in weiten Teilen d’accord. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Monika Düker [GRÜNE]: Das lernt sich noch mit dem Gen- der! – Dietmar Brockes [FDP]: Das habe ich so verstanden, dass auch Männer nicht dis- kriminiert werden!)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stimmt, für Kleinstgründungen ist es sehr schwer, bei Kreditinstituten Kredite unterhalb von 25.000 € zu erhalten. Die Kosten- und Ertragsabwägungen der Institute lassen in den seltensten Fällen eine positive Entscheidung erwarten.

Darum ist es erklärtes und prioritäres Ziel der Landesregierung, neue Finanzierungsinstrumente für KMU und für Gründerinnen und Gründer zu entwickeln.

Anfang des nächsten Jahres wird die Kreditanstalt für Wiederaufbau daher ihr Programm zur Unterstützung von Kleinstgründungen, das Mikro-10Darlehensprogramm, evaluieren. Es ist eine Ergänzung der Programme Mikrodarlehen und Startgeld. Das neunmonatige Testprogramm endet im Dezember. Die Auswertung der KfW wird bundesweit mit Interesse aufgenommen werden.

Ich will dieser Auswertung keineswegs vorgreifen, aber meines Erachtens ist dieser Förderansatz dem Grunde nach geeignet, die bestehende Finanzierungslücke zu schließen, wenn er regional

in begleitende und beratende Strukturen eingebettet wird.

Herr Brockes, Sie müssen mein Konzept schon vorab gelesen haben.