Protocol of the Session on December 14, 2005

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Und was ist mit Bayern?)

ist die Bildungspolitik so stark vom Sozialstatus der Eltern abhängig wie in NRW.

(Beifall von der CDU)

Frau Schäfer, wenn Sie dann dagegenhalten, was Sie hier verkündet haben, muss ich sagen: Sie hätten die Chance gehabt, in 39 Jahren mehr für die Chancengleichheit und mehr für Kinder aus bildungsungewohnten Schichten zu tun. Sie haben das komplett versäumt.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir sprechen auch darüber, welche konkreten Probleme anliegen. Wir haben jährlich 15.000 Schulwechsler, also Schülerinnen und Schüler, die von der Realschule zur Hauptschule und vom Gymnasium zur Realschule oder zur Hauptschule wechseln.

Das ist Ihre Bilanz und zeigt, dass Sie nicht in der Lage waren, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit im Bildungssystem durchzusetzen.

(Beifall von CDU und FDP)

Dazu kommen 70.000 Sitzenbleiber – ebenfalls ein Ergebnis, das nicht akzeptabel ist. Auch die Zahl der Studienabbrecher in NordrheinWestfalen ist zu hoch. Die Zahl der Jugendlichen, die die Lehre abbrechen, ist ebenfalls unakzeptabel. Außerdem gibt es Tausende Schulabgänger und Schulabgängerinnen, die wir in ein neues Proletariat schicken, weil wir ihnen keine Chance

geben. Wer heute keinen Schulabschluss erreicht, hat nämlich auch keine Chance im Berufsleben. – Das ist die Bilanz von Rot-Grün.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, dann wollen wir einmal darüber reden, ob es Handlungsbedarf gibt. Ich bin ziemlich sicher.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Wieso entschei- det sich das eigentlich mit neun Jahren?)

Frau Schäfer, Sie kommen hierhin und sagen: Es ging eigentlich nur um ein „Weiter so“. – Eben nicht! Es geht nicht um ein „Weiter so“. Vielmehr geht es um einen kompletten Neuanfang in der Bildungspolitik.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit diesem kompletten Neuanfang in der Bildungspolitik hat die CDU beziehungsweise die Regierung Rüttgers sehr früh angefangen: 1.000 neue Lehrerstellen im Jahr 2005, 1.600 neue im Jahr 2006. Wir halten Wort, wenn wir sagen, dass wir 4.000 neue Lehrerstellen schaffen.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Die 1.000 Lehrer sind doch eine Leh- rerlüge! Das wissen Sie genau!)

Nebenbei: Auch das, was die Lehrerverbände fordern, nämlich die Stellenreserve, bleibt bei uns nicht nur Phantom oder Ankündigung. Sie wird in die Realität umgesetzt. Wir beginnen im Jahre 2006 damit. Schneller geht es kaum.

(Beifall von der CDU)

50.000 neue Ganztagsplätze im Hauptschulbereich sind ebenfalls Beleg dafür, dass wir hier vor einer Bildungsreform und vor neuen Akzenten für die Bildungspolitik stehen.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: In ganz NRW sehen aber nur Sie das so! Haben Sie ir- gendwo Zustimmung?)

Herr Horstmann, ich schätze Sie ja als profunden Bildungspolitiker.

(Ralf Jäger [SPD]: Genau! Dass Sie das sind, müssen Sie erst einmal beweisen!)

Insofern denke ich, dass das Ihre Meinung ist. Warten Sie einmal darauf, was ich als abschließendes Zitat vorlese. Dann können wir ja über die Realität von Bildungspolitik in NordrheinWestfalen reden.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Lesen Sie ei- gentlich nicht die Zeitung?)

Wir haben vor, in den nächsten zehn Jahren zur Spitzengruppe in Deutschland bei den empirischen Vergleichsuntersuchungen vorzustoßen. Wir sagen – und dabei geht es um die Neuakzente und die Eckpunkte unserer Ansätze –: Das oberste Prinzip allen pädagogischen Handelns ist die individuelle Förderung des Schülers und der Schülerin.

(Beifall von der CDU)

Das ist der neue Ansatz. Danach kann man das Bildungssystem aufbauen. Man muss also hingehen und sagen: Wenn ein Schüler an einer bestimmten Schule ist, dann übernimmt diese Schule auch die Verantwortung, diesen Schüler zum Erfolg zu führen.

Das ist der kolossale Unterschied gegenüber rotgrüner Bildungspolitik, die dafür gesorgt hat, dass es vor allem Rückläufer gibt. Wir werden das Bildungssystem so aufstellen, dass es vor allem Bildungsgewinner gibt und dass es Aufstiege gibt. Das ist ganz wichtig. Und das ist das handlungsleitende Prinzip.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Schwerer ma- chen Sie das! Schwerer!)

Wenn man jetzt davon spricht, wie das Übergangsverfahren zu regeln ist, muss man einfach sagen: Wir haben am 22. Mai den Auftrag bekommen, das Bildungssystem und das dreigliedrige Schulsystem weiterzuentwickeln.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Elternwillen aus- zuhebeln?)

Zum dreigliedrigen Schulsystem gehört es auch, dass die Übergänge geregelt werden müssen. Die Zahlen, die ich eingangs vorgelesen habe, belegen eines ganz deutlich: Das heutige System ist unsozial und ungerecht. Deshalb muss es verbessert und erneuert werden.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist die schlichte Wahrheit.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Wir werden das Verfahren so gestalten, dass es fair und kommunikativ ist und dass das Kindeswohl im Mittelpunkt steht. Wir haben doch nichts davon, wenn wir eine Vielzahl von jungen Menschen, nämlich 10 % eines Altersjahrgangs, zu Bildungsverlierern machen. Wir müssen genau das Gegenteil tun. Wir müssen sie motivieren und nach oben bringen. Genau dieser Ansatz wird auch in den Eckpunkten genannt.

Wenn Frau Schäfer schon die Wissenschaft zitiert: Herr Prof. Bos hat in der „taz“ ganz vernünftige Vorschläge gemacht. Wir werden uns im Einzelnen damit befassen. Ich denke, dass wir da im Detail sehr, sehr gut hinkommen werden.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Vergessen Sie nicht die „Rheinische Post“!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie von der SPD jetzt von Elternwillen sprechen, dann sieht man Ihnen die Scheinheiligkeit geradezu an.

(Beifall von der CDU)

Wenn man die Kampagne sieht, die Sie im Lande zu starten beabsichtigen, weil Sie verhindern wollen, dass der Elternwille bei der freien Wahl des Grundschulstandortes ausgebremst werden soll,

(Beifall von CDU und FDP)

dann sind Sie mit Ihrer Strategie erwischt. Ihre Strategie ist insgesamt sehr durchsichtig.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Schauen Sie sich doch auch einmal die mit CDU- Unterstützung verabschiedete Resolution der Städte an!)

Es geht Ihnen um Verunsicherung. Es geht Ihnen nicht um die Lösung der Probleme, die vor Ort vorhanden sind. Das ist Ihr Kennzeichen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Die eigenen Leute in den Städten beschließen eine Resolution gegen Sie!)

Kurzum, Frau Schäfer: Sie haben aus 39 Jahren nichts gelernt. Es wird Zeit für den Neuanfang.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Kaiser. – Für die Grünen spricht nun Frau Beer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sich das Eckpunktepapier zur geplanten Schulgesetznovelle anschaut, dem stellt sich zunächst die Frage: Was haben der Ministerpräsident und seine Ministerin sich bloß dabei gedacht? – Nicht viel, lautet die einfache Antwort.