Protocol of the Session on March 25, 2010

Herr Rasche und Herr Schulte, wir hätten gerne einen Eilantrag zum Rhein-Ruhr-Express, zur Betuwe und

(Christof Rasche [FDP]: Warum haben Sie denn keinen gestellt?)

zu Ihrem Versagen bei dem Luftverkehrskonzept behandelt. Wir hätten einen Eilantrag zum Hafensicherheitsgesetz behandeln können. Dazu haben wir einen Gesetzesvorschlag gemacht. Wir hätten natürlich einen Eilantrag zu der schlechten Wahrnehmung von nordrhein-westfälischen Interessen durch Herrn Rüttgers beim Bund einbringen können. Zu all dem hätte sich ein Eilantrag gelohnt. Zu dem, was Sie hier aufführen, lohnt er sich nicht.

Sie müssen im Übrigen ziemlich Angst vor einem rot-grünen Sieg am 9. Mai haben.

(Christof Rasche [FDP]: Rot-Rot-Grün!)

Sonst würden Sie nicht befürchten, dass wir eine Bundesratsmehrheit erreichen könnten. Zu einer solchen Mehrheit wird es nämlich nur dann kommen, wenn die Wahl in Nordrhein-Westfalen zu unseren Gunsten ausgeht. Da haben Sie einen Fehler in Ihrer Logik, meine Herren.

(Christof Rasche [FDP]: Wer hat denn da die Mehrheit?)

§ 45 Straßenverkehrs-Ordnung besagt, dass Straßen des überörtlichen Verkehrs mit Ampeln und benutzungspflichtigen Radwegen von Tempo 30 ausgeschlossen sind. Das ist schlicht und einfach alles, was wir ändern wollen. Wir möchten den Kommunen mehr Flexibilität einräumen. Wir wollen, dass eine Gemeinde für sich entscheiden kann, wo

eine 30er-Zone sein soll und wo nicht. Das soll eben nicht davon abhängen, ob dort zufällig eine Kreis-, Landes- oder Bundesstraße entlanggeht oder eine Ampel steht. Auch dort soll die Möglichkeit bestehen, eine 30er-Zone auszuweisen.

Es gibt kluge Gründe, warum sich Kommunen dafür entscheiden. Münster verzeichnet in den Zonen, wo Tempo 30 gilt, bei der Anzahl der Schwerverletzten einen Rückgang von 75 %. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass es dort viele Fahrradfahrer gibt. Wollen Sie der Stadt Münster sagen, dass sie dort keine weiteren 30er-Zonen ausweisen darf, nur weil dort beispielsweise eine Landesstraße verläuft? – Ich glaube, das sollten wir den Kommunen selber überlassen.

Nichts anderes steht in unserem Antrag. Wir wollen eben nicht mehr von Düsseldorf oder Berlin vorgeben, ob dort Tempo 30 gilt. Das soll die Kommune tatsächlich und überall auf ihrem kommunalen Gebiet selbst entscheiden können.

Übrigens hat auch der Herr Minister Sympathien für 30er-Zonen erkennen lassen. Er hat dann aber den Einwand gebracht, dass die Einrichtung solcher Tempo-30-Zonen Geld kosten könnte und die Kommunen arm seien. Natürlich weiß der Herr Minister, dass die Kommunen arm sind. Schließlich sitzt er in einer Regierung, die den Kommunen 3 Milliarden € entzogen hat. Er weiß also, wie schlecht es den Kommunen geht. Das kann aber doch nicht ernsthaft eine Begründung dafür sein, ob man an bestimmten Stellen bauliche Veränderungen übernimmt, um dort beispielsweise 30er-Zonen einzuführen oder mehr Kontrollen durchzuführen.

Wie gesagt, ich halte das für einen überlegenswerten Vorschlag. Wir werden sehen, wie sich die entsprechende Bundesratsmehrheit am 9. Mai gestaltet.

(Christof Rasche [FDP]: Es gibt doch über- haupt keine Initiative!)

Dann werden wir das Thema entsprechend weiterverfolgen. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wißen. – Jetzt hat Herr Priggen für die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Rasche, das war eben aber ein sehr resignativer Grundduktus in Ihrer Rede.

(Christof Rasche [FDP]: So fangen Sie jede Rede an!)

Nein, nicht jede Rede.

(Christof Rasche [FDP]: Doch! Das kann man bei jeder Rede von Ihnen wegstreichen!)

Herr Rasche, zu Ihrem Eilantrag „Kein generelles Tempo 30 in nordrhein-westfälischen Kommunen“: Ich habe zuerst überhaupt nicht verstanden, warum das ein Eilantrag ist. Darüber hinaus geht er an der Sache völlig vorbei. Denn niemand, weder SPD noch Grüne – so stellen Sie es aber dar –, wollen generell Tempo 30 in den Kommunen. Das will überhaupt niemand. Denn es ist vernünftig, dass Kommunen bestimmte Ausfallstraßen und Hauptverkehrsstraßen individuell beurteilen und dann sagen können, ob dort Tempo 50 oder Tempo 70 gilt. Das entscheidet die Kommune. Es wäre völliger Quatsch, wenn wir das für die Kommunen generell bestimmen würden. Insofern ist Ihr Eilantrag grundlos.

Ich möchte es kurz machen. Herr Rasche, wenn Sie nach fünf Jahren Verantwortung für den Verkehrsbereich eine Erfolgsbilanz vorlegen müssten und die Berufspendler fragen würden, wie diese Ihre Leistung bewerten, dann würden Ihnen die Berufspendler sagen, dass sich alles im öffentlichen Nahverkehr verschlechtert hat. Sie würden Ihnen sagen, dass die Züge unpünktlicher und die Verkehrsleistungen schlechter geworden sind und dass ein permanenter Ausdünnungsprozess stattfindet.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Zu Ihrer Aussage, Sie hätten Staus beseitigt: Ich bekomme jetzt zehn oder 15 Jahre auf Landesebene mit, dass jeder Verkehrsminister, der antritt, als Erstes die Staus beseitigt und im Sommer die Autobahnen repariert und, und, und. Ich glaube nicht mehr daran. Sie können keine bessere Bilanz aufweisen als alle anderen davor. Sie sind nach fünf Jahren in der Verkehrspolitik gescheitert. Denn in der Königsdisziplin, im öffentlichen Nahverkehr, haben Sie überhaupt nichts hingekriegt, und deswegen beenden wir das hier ganz schnell. Diese Debatte auf der Grundlage dieses Antrags ist wirklich völliger Unfug. – Danke.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Herr Minister Lienenkämper, bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Kollege Wißen, Ihre Rede hatte insofern in der Tat etwas mit dem Verkehrsmittel zu tun, über das wir hier reden, nämlich über das Auto, als eine Menge Autosuggestion bei Ihnen Platz gegriffen hat. Sie scheinen sich nämlich einreden zu wollen, dass die Welt wirklich so ist, wie Sie sie gerne hätten. Oder mit Pippi Langstrumpf gesprochen: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt. – Das war sozusagen die Überschrift Ihrer

Rede. Denn das hatte relativ wenig mit der tatsächlichen Gemengelage zu tun.

Die tatsächliche Gemengelage ist mit einer Komödie in drei Akten zu beschreiben. Der erste Akt hat seinen Ausgangspunkt in Berlin. Da hat ein Anwohner per Gerichtsurteil erreicht, dass in seinem speziellen Einzelfall das Tempo aufgrund von Lärmbelastungen von 50 auf 30 km/h gesenkt werden musste. Daraufhin hat sich die Berliner Verwaltung – chaotisch, wie sie ist – darüber in die Haare bekommen, ob die daraus resultierenden Begehrlichkeiten der Wohnbevölkerung besser durch eine Umkehr des Status quo zu beherrschen seien, wenn auf Innerortsstraßen generell Tempo 30 gelte und Tempo 50 quasi als Ausnahme nur noch auf entsprechend gekennzeichneten Strecken gefahren werden dürfe.

Dieser Streit innerhalb der Berliner Verwaltung ist dann in der Presse als Bundesratsinitiative dargestellt worden. Ich konnte danach der Zeitung entnehmen, dass Sie sich zu dieser Bundesratsinitiative positiv geäußert haben – zu einer Initiative, die es gar nicht gibt. Wie gesagt, es ist nur eine Diskussion innerhalb der Berliner Verwaltung und keine Bundesratsinitiative gewesen.

Es ist Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen. Also springen wir auf jeden Zug, der gerade abfährt, und gucken einmal, lieber Kollege Wißen, wo wir denn hinkommen,.

(Bodo Wißen [SPD]: Der Eilantrag ist doch von Ihrer Fraktion!)

Diese chaotische Reaktion auf einen Pressevorgang, Herr Kollege Wißen, verdient wirklich einer breiten Öffentlichkeit vorgeführt zu werden. Deswegen war der Eilantrag goldrichtig.

Im Übrigen will ich auch keine Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger. Denn jetzt kommt der zweite Akt: Sie haben offenbar bemerkt, auf was Sie draufgesprungen sind, haben Ihren Fehler eingesehen und flugs einen Entschließungsantrag eingebracht,

(Beifall von Christof Rasche [FDP])

der sich mit der Regelung des § 45 Abs. 1 c StVO beschäftigt. Diese Regelung sei zu restriktiv und hindere Kommunen an der Einrichtung von Tempo-30-Zonen außerhalb von Hauptverkehrsstraßen. Das ist interessant.

Wer hat diese Regelung eingeführt? – Das war im Jahr 2000. In Bund und Land haben SPD regiert. Das ist eine von Ihnen eingeführte Vorschrift, um gerade die Anordnung von Tempo-30-Zonen zu erleichtern und räumlich auszudehnen. Auch insofern ist das in Ihrem Entschließungsantrag ein völliger Fehlgriff.

Lassen Sie uns einmal kurz überlegen, was passieren würde, gäbe es die Bundesratsinitiative. Gäbe es diese Bundesratsinitiative, erhielte sie zu Recht

im Bundesrat keine Mehrheit, weil sie nämlich sinnlos ist. Würde sie aber doch eine Mehrheit erhalten, stünden die Kommunen vor der Aufgabe, Tempo 30 tatsächlich durchzusetzen zu müssen. Wie Sie alle wissen, geht das nicht mit Schildern, sondern das geht im Endergebnis nur über den Umbau von Straßen. Das wollen wir unseren Kommunen doch nun wirklich nicht auch noch aufdrücken.

Was würde also passieren? – Unter Verkehrssicherheitsaspekten würde überhaupt nichts passieren. Professor Steinhauer von der RWTH und Professor Friedrich von der Universität Stuttgart sind übrigens auch der Überzeugung, dass die flächendeckende Einführung von Tempo 30 zu Verdrängungseffekten in bisher ruhige Wohngebiete führt. Sie würden damit den Verkehr gleichmäßig verteilen und auch dort Lärm verursachen, wo bisher keiner war.

Die Verkehrssicherheit würde ebenfalls nicht verbessert. Akzeptanzprobleme wären vorprogrammiert. Der Verkehrssicherheit würde ein Bärendienst erwiesen. Also ist der Umgang, den Sie mit diesem Thema an den Tag gelegt haben, Herr Kollege Wißen, ein Synonym für die Verkehrspolitik der SPDFraktion der letzten fünf Jahre: Das war chaotisch und ging in die falsche Richtung. Das ist nach hinten und nicht nach vorne gerichtet.

Demgegenüber kann sich unsere Bilanz mehr als sehen lassen. Wir haben endlich die Verkehrspolitik in Nordrhein-Westfalen auf neue Füße gestellt. Wir bauen endlich wieder Straßen. Wir bauen die Schienenverbindungen aus und wir haben nachhaltige Entwicklungschancen sowohl für die Häfen wie auch die Flughäfen geschaffen.

Diese Verkehrspolitik ist modern, sie ist innovativ und verdient fortgesetzt zu werden. Das, was Sie an chaotischem Komödienstadl aufgeführt haben, ist dazu jedenfalls keine Alternative.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Lienenkämper. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Eilantrag Drucksache 14/10895, über den direkt abzustimmen ist. Wer für den Eilantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Eilantrag mit der Mehrheit der Stimmen der Regierungsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen.

Wir haben zu diesem Tagesordnungspunkt auch noch den Entschließungsantrag Drucksache 14/10903, der von der SPD-Fraktion eingebracht worden ist. Wer dem Entschließungsantrag der

SPD-Fraktion seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPDFraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind CDU und FDP. Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

7 Gesetz zur Einführung einer Abgabe auf die Entnahme von Kiesen und Sanden in Nordrhein-Westfalen (Kieseuro)