Protocol of the Session on March 25, 2010

Daneben ist es für die Eltern, die selbst von Arbeitslosigkeit betroffen sind, ausgesprochen schwierig, den Kindern und Jugendlichen verlässliche schulische und berufliche Perspektiven aufzuzeigen.

Hinzu kommen Fragestellungen und Einflüsse, auf die Eltern gar keine angemessene Antwort mehr wissen und eigene Unsicherheit in Erziehungsfragen verdeutlichen. Zum Beispiel Drogen, unterschiedliche Weltanschauungen, gesellschaftliche Werte, Konsumverhalten, Umgang mit Medien – das sind oft Fragen, bei denen auch Eltern selbst überfordert sind und bei denen wir Eltern stärken müssen.

Umso wichtiger ist es – das macht der Bericht in vielen, vielen Punkten sehr deutlich –, sich bereits in einem frühen Stadium um gefährdete Kinder und Jugendliche zu kümmern. Es kommt darauf an, Gefährdungspotenziale in den Familien rechtzeitig zu erkennen und dann abzubauen.

Das fängt beim Kinderschutz an. Hier hat die Landesregierung bereits entsprechende Initiativen ergriffen, zum Teil auch von der Vorgängerregierung fortgesetzt, die ja gerade im Bereich soziale Frühwarnsysteme erste Ansätze hatte, die wir nun

versucht haben, auf das ganze Land auszudehnen.

Ein Stichwort sind auch die Familienzentren. Die sollen Eltern genau da erreichen, wo sie sind, nämlich in der Kindertagesstätte und nicht in speziellen Bildungseinrichtungen. Weitere Stichworte sind die Sprachförderung, der U3-Ausbau, die Sozialarbeit an den Schulen, die Jugendsozialarbeit, die offene Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendschutz.

Die beste Prävention ist meines Erachtens aber die Bildung. Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg. Denn ein genauer Blick auf die Kinder und Jugendlichen, die Straftaten begehen, macht deutlich: Sie haben wenig Bildungszugänge erfahren. Niederlagen kennzeichnen ihre Bildungsbiografie. – Da müssen wir ansetzen und weiterarbeiten.

Wir müssen allen Kindern und Jugendlichen, aber insbesondere denen, die es schwerer als die anderen haben, die Chance zum Aufstieg in unserer Gesellschaft geben. Vielen dieser jungen Menschen ist die Vorstellung vom Aufstieg eher fremd geworden. Sie empfinden die Gesellschaft als zementierter als noch vor Jahren. Dabei darf es nicht bleiben. Aufstieg muss eine Option für jede und jeden sein.

Ich bin der festen Überzeugung, dass ein hoher Anteil von den Kindern und Jugendlichen, über die wir heute sprechen, nicht mehr auffällig würde, wenn sie eine tragfähige Zukunftsperspektive hätten oder sie zumindest erkennen könnten. Dazu gehört die notwendige Schulbildung ebenso wie die Chance auf einen Ausbildungsplatz, aber auch die Teilhabe in allen Bereichen des Lebens wie beispielsweise Kultur und Soziales.

Die Enquetekommission hat sich mit dem vorgelegten Abschlussbericht sehr verdient gemacht. Ich bin sicher, Frau Kordowski und die anderen lieben Kolleginnen und Kollegen der Enquetekommission, der Bericht wird eine wichtige Grundlage für die Arbeit in der nächsten Wahlperiode sein. Der darf nicht verschwinden und im Archiv des Landtags liegen.

(Beifall von CDU, SPD und FDP)

Diejenigen Fraktionen, die im nächsten Landtag vertreten sind, sollten ihn als Grundlage nehmen, um an diesem Punkt weiterzuarbeiten. Er hat nämlich den Vorteil, dass er den Bogen über die gesamte Bandbreite des Themas Prävention und Kinder- und Jugendkriminalität spannt. Der Bericht fasst Themenbereiche zusammen, die bisher häufig nur einzeln und jedes für sich allein bearbeitet wurden. Der Bericht betrachtet alle diese Bereiche ausschließlich aus dem Blickwinkel der Prävention.

Das eröffnet die Möglichkeit zu den unterschiedlichsten Fragen im Kontext der Jugendkriminalität und Prävention. Er ermöglicht auch, schnell fun

dierte Antworten zu finden. Vor allem bei den Ausführungen zur tertiären Prävention wird noch einmal der Gesamtzusammenhang von Prävention und Jugendstrafvollzug sehr deutlich hergestellt.

Wir, die Kollegin Frau Müller-Piepenkötter und ich, haben uns in dieser Wahlperiode bemüht, die früher oftmals getrennten Bereiche der Justiz und der Jugendhilfe enger zusammenzubringen.

(Beifall von der CDU)

Das ist nicht ganz so leicht. Selbst wenn wir beide uns verstehen, so ist das noch lange nicht umgesetzt, weil dieser neue Geist vor Ort in jedes einzelne Jugendamt, in jede einzelne Staatsanwaltschaft einziehen muss; dass die Jugendhilfe nicht sagt: „Oh Hilfe, Staatsanwaltschaft ist etwas Böses“, und der Staatsanwalt nicht sagt: „Die Jugendhilfe, das sind die Weicheier. Nur unsere Methoden helfen“, sondern dass man das zusammenfügt. So hat es sehr geholfen, dass die Ministerin sich persönlich sehr engagiert hat und auch aus ihrer Zeit als Vorsitzende des Richterbundes Erfahrungen einbringen konnte. Das muss in die Arbeit in der nächsten Wahlperiode ebenfalls hineinmünden und fortgesetzt werden.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich stimme in vielen Aspekten mit den Ergebnissen, die in dem Bericht der Enquetekommission aufgeführt sind, überein. Nicht nur die insgesamt 35 Handlungsempfehlungen sind eine wichtige Grundlage für eine Verbesserung der Prävention. Auch die Ausführungen im Rahmen der Darstellung zur primären, sekundären und tertiären Prävention bieten zahlreiche Ansätze zu weiterführenden Diskussionen.

Wichtig ist allerdings auch der Punkt des Berichts „Die Politik ist in der Pflicht“ vor der Darstellung der Handlungsempfehlungen. Dort heißt es:

Für die Umsetzung einiger der folgenden Handlungsempfehlungen wird es eines längeren Prozesses bedürfen, der abgesehen von formellen und materiellen Voraussetzungen sehr viel Überzeugungsarbeit auf den Ebenen der Politik, Verwaltung und Gesellschaft erfordert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Landesregierung ist bereit, diesen längeren Prozess zu gehen und zu gestalten.

Lassen Sie mich abschließend einen Punkt betonen, der mir besonders wichtig ist und bei allen Überlegungen zu denkbaren Maßnahmen im Rahmen einer erfolgreichen Prävention unser Ausgangspunkt sein sollte: Das ist der Vorrang der Jugendhilfe. Es hat gerade bei jungen Menschen keinen Sinn, einseitig auf Repression zu setzen.

(Zustimmung von der CDU)

Die Jugendhilfe muss Vorrang haben. Die Jugendhilfe kann früh und wirksam eingreifen und die betroffenen Kinder und Jugendlichen stärken, fördern und erziehen, um ihnen die Chance zu geben auf ein Leben ohne Straffälligkeit. Genau das ist das Ziel, dem wir uns mit diesem Bericht und mit dem, was die Landeregierung beitragen kann, verpflichtet fühlen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU, FDP und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Laschet.

Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung der Enquetekommission, den Bericht der Enquetekommission III Drucksache 14/10700 zur Kenntnis zu nehmen. Ich gehe davon aus, dass dieser Empfehlung niemand in diesem Hohen Hause widerspricht. – Das ist auch so der Fall. Damit ist der Bericht der Enquetekommission einstimmig zur Kenntnis genommen, wie es in den Redebeiträgen schon deutlich wurde.

Ich darf, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen des Hohen Hauses allen Mitgliedern der Enquetekommission sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Expertinnen und Experten für ihre engagierte und umfangreiche Arbeit herzlich danken. Ich bin sehr beeindruckt von dem, was ich gerade gehört habe, vor allem vor dem Hintergrund, dass 248 Seiten mit 35 Handlungsempfehlungen einstimmig, also von allen vier Fraktionen im Hohen Haus, unterschrieben worden sind. Das kommt nicht oft vor. Deshalb war das sicherlich ein besonderer Moment, den wir heute gemeinsam begehen konnten.

Ich wünsche, dass dem Bericht viele engagierte Taten folgen. Ihnen allen noch einmal herzlichen Dank für Ihre Arbeit!

(Allgemeiner Beifall)

Wir sind am Ende des Tagesordnungspunktes 2 und damit auch schon bei Tagesordnungspunkt

3 Förderung der Landwirtschaft und der Ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen nach 2013 sichern – europäische Agrarpolitik jetzt mitgestalten

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10854

Ich eröffne die Beratung und erteile für die CDUFraktion Herrn Kollegen Ortgies das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am letzten Tag

der letzen Sitzungswoche dieser Legislaturperiode bietet unser Antrag eine gute Gelegenheit, auf die erfolgreiche Agrarpolitik der Landesregierung und der Fraktionen der CDU und der FDP in NordrheinWestfalen zurückzublicken, auch wenn ich mir für diesen wichtigen Punkt der Politik etwas mehr Zeit gewünscht hätte als heute.

Meine Damen und Herren, nach einem Höhenflug der Agrarpreise vor circa zwei Jahren kam es zu einem dramatischen Einbruch der Erzeugerpreise in nahezu allen Bereichen. Ich sage es wiederholt: Die Politik kann und will keine Preise festsetzen, aber wir können und werden die Rahmenbedingungen für unsere Bauern und für die ländlichen Räume verbessern. Das haben wir getan und das werden wir weiterhin tun.

Schon mit unserem Antrag Drucksache 14/8540 vor circa einem Jahr mit dem Titel „Ländliche Räume in Nordrhein-Westfalen stärken“ haben wir unsere Eckpunkte beschlossen. Insbesondere den benachteiligten Gebieten mit der dort größtenteils ansässigen Milchviehhaltung haben wir zusätzliche Mittel bereitgestellt. Insgesamt 100 Millionen € stehen bis 2013 zusätzlich zur Verfügung. Bei den Sozialversicherungsbeiträgen sowie beim Agrardiesel wurden NRW-Initiativen auf Bundesebene gestartet und umgesetzt.

Meine Damen und Herren, im Jahr 2013 wird die EU-Agrarförderung neu geordnet. Aber schon heute und den nächsten Monaten werden dafür entscheidende Weichen gestellt.

Meine Damen und Herren, deshalb ist es besonders wichtig für die Menschen im ländlichen Raum, zu wissen, wohin die Reise nach der Landtagswahl am 9. Mai geht. Wir wollen mit unserem Antrag auch die Unterschiede zwischen unserer und der Oppositionspolitik darstellen.

SPD und Grüne sprechen sich eindeutig für eine Senkung der Direkthilfen bei Landwirten aus. Das belegen alle Plenarprotokolle der letzten Jahre, und Sie werden das heute sicherlich noch einmal wiederholen. Das heißt, die Betriebe erhalten weniger liquide Mittel, die sich nur schwer durch höhere Erzeugerpreise oder Produktionsausweitung ausgleichen lassen.

Laut einer Studie, die im Auftrag der Europäischen Kommission gemeinsam vom Leibniz-Zentrum und anderen Forschungseinrichtungen erstellt wurde, würden bei Umsetzung Ihrer Vorschläge und bei Wegfall der Direktbeihilfen sofort 25 % aller Betriebe in Deutschland ausscheiden müssen. Die Einkommen im Ackerbau würden sofort um 30 % sinken, die in der Viehhaltung gar um 60 %. Gerade die Höfe in benachteiligten Gebieten wie in den Mittelgebirgslagen oder mit mageren Böden hätten mit einer rot-grünen Politik schlicht keine Überlebenschance. Wollen Sie die Landschaftspflege

dann vom öffentlichen Dienst machen lassen? Ich glaube, das wäre nicht zielführend.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

SPD und Grüne propagieren eine Museumslandschaft aus Kinderbüchern. Das wäre zwar recht idyllisch, aber in Zeiten des Wettbewerbs und der Globalisierung reine Augenwischerei. Sie wissen das, aber Sie sagen es nicht.

Wir, CDU und FDP, treten ein für eine zukunftsorientierte Agrarpolitik und für eine Politik für den ländlichen Raum, denn ohne Bauernhöfe mit den vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweigen wird dieser Raum noch weiter ausbluten.

Meine Damen und Herren, beide Säulen der EUAgrarförderung – die erste Säule sind die Direktzahlungen, die zweite Säule sind die Mittel für den ländlichen Raum – sind auch nach 2013 angemessen zu finanzieren. Eine Mittelumschichtung der Direktzahlungen zugunsten der zweiten Säule lehnen wir strikt ab, weil die Betriebe weiterhin Planungssicherheit brauchen.

Meine Damen und Herren, die letzten fünf Jahre waren politisch gute Jahre für den ländlichen Raum.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP] – Frank Sichau [SPD]: Das glauben Sie doch wohl selber nicht!)