Protocol of the Session on March 24, 2010

den Folgen der Krise der WestLB bisher nur eine verantwortungsvolle Arbeit bescheinigen und ihr dafür danken. Verglichen mit anderen Bundesländern mit großen Landesbanken steht NordrheinWestfalen heute gut da. Das ist ganz sicher nicht das Verdienst der Opposition in diesem Land. Denn eine konstruktive Begleitung muss man sich wohl in der Tat anders vorstellen.

Sie kritisieren zum wiederholten Mal, die Landesregierung habe sich nicht genügend für eine Konsolidierung des Landesbankensektors eingesetzt, und Sie tun das wohl wissend, dass zu einer Konsolidierung immer mehrere Partner – auch eigentümerseitig – gehören, derzeit aber keine bereitstehen.

An Ihren früheren Vorschlag dagegen, die WestLB als Juniorpartner der Landesbank BadenWürttemberg zuzuschlagen – Kollegin Brunn hat gerade noch mal darauf hingewiesen –, können Sie sich aber nicht wirklich erinnern wollen. Man muss einfach feststellen, dass die Probleme bei der LBBW kurze Zeit später offenbar wurden und heute jeder froh ist, dass die WestLB nicht in eine solche Juniorehe eingebracht wurde.

Inzwischen haben fast alle verstanden, dass Fusionen – oder auch ein Verkauf – nur dann möglich sind, wenn absolut sicher ist, dass die WestLB von allen Altlasten befreit ist. Daran arbeiten die Experten mit der Transferierung der rund 85 Milliarden € in die Erste Abwicklungsanstalt gerade mit sehr viel Engagement.

(Gisela Walsken [SPD]: Schon Ende des Jahres!)

Ich bin mir sicher, wenn Sie hier im Parlament tatsächlich einen Vorschlag zur Neuordnung des Landesbankensektors vorlegen würden, würden wir den in aller Ausführlichkeit und Sorgsamkeit prüfen. Dann hätten wir hier im Parlament sicherlich auch eine ganz andere – von Ihnen, Kollegin Brunn, gerade noch mal eingebrachte –, eine notwendige Debatte über inhaltliche Fragen und Weichenstellungen.

Nach der Ausgliederung der problematischen Wertpapiere und der nicht mehr strategienotwendigen Geschäftsbereiche in die erste Abwicklungsanstalt wird das Ziel, die WestLB AG in einen Konsolidierungsprozess einzubringen oder den Landesanteil der Bank zu veräußern, tatsächlich eine Chance auf Realisierbarkeit haben.

So unverständlich wie den gesamten Antrag finde ich in besonderer Weise auch Ihre letzte Forderung an die Landesregierung, gegenüber den Sparkassenverbänden darauf hinzuwirken, dass die Sparkassen ihren Kurs strikt fortführen, indem sie unvermindert an ihrer Geschäftsstrategie festhalten. – Herzlichen Glückwunsch! Ich wage mal die These, dass die Sparkassen und die Sparkassenverbände auf einen solchen Ratschlag und eine solche Emp

fehlung der Opposition in diesem Hause gewartet haben.

Ich stelle fest: Es handelt sich hier um einen reinen Oppositionsantrag ohne eigene Vorschläge, ohne eigenes Konzept. Es geht nur darum, das Thema möglichst lange am Kochen zu halten. Das nimmt Ihnen sicherlich keiner ab. Ich glaube, das ist auch kein guter Beitrag für den Finanzplatz NordrheinWestfalen. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.

Ich möchte zum Schluss noch eine ganz persönliche Bemerkung zu der Kollegin Anke Brunn machen: Liebe Anke Brunn, 40 Jahre Mitglied hier im Parlament in unterschiedlichsten Aufgaben und politischen Themenbereichen! Man hat in der Arbeit und in der Zusammenarbeit immer sehr deutlich spüren können, dass du in ganz vielen Bereichen gearbeitet hast. Du hast andere Perspektiven auch in die Arbeit und in die Debatten hineingebracht.

Manchmal haben wir einander auch behakelt. Das gehört, glaube ich, auch dazu. Ich meine, dass wir alle miteinander einen guten Beitrag zu den Entscheidungen im Parlament leisten können, mit der Zuarbeit von allen, die etwas Wirksames beitragen können, wozu die Verbände genauso wie Bürgervereine und auch Kanzleien gehören. Ich will da niemanden ausnehmen. Jeder, der einen guten Input in die Beratungen dieses Parlamentes einbringen kann, ist dazu herzlich eingeladen. Das Parlament muss sich den Debatten, den Argumenten dann stellen und letztlich auch entscheiden.

Ich glaube, dass du mit deinem Engagement hier im Parlament einen guten Beitrag dazu geleistet hast. Ich darf mich für die gute Zusammenarbeit bedanken und wünsche dir alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Kollege Becker.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einmal feststellen, dass heute Abend, gut sechs Wochen vor der Landtagswahl, nicht die Zeit ist, dass die Opposition Ihnen Konzepte vorlegt, die Sie in den verbleibenden Wochen dann nicht mehr umsetzen. Wir wollen vielmehr Ihre Arbeit in den letzten Jahren Revue passieren lassen, sie bewerten und sagen, welche Forderungen nach vorne zu stellen sind. Insofern stimmen wir – das wird Sie nicht wundern – dem SPD-Antrag zu.

Ich will zunächst etwas zu dem Redebeitrag von Frau Freimuth sagen, die zuletzt ausgeführt hat, dass die FDP schon deshalb immer für den Verkauf der WestLB gewesen sei, weil sie darauf hingewie

sen habe, welche Risiken mit dem Besitz einer solchen Landesbank für das Land verbunden seien. Sehr geehrte Frau Freimuth, ich habe mir aus Interesse erlaubt, diese Debatten immer sehr genau nachzuvollziehen: Eine solche Argumentation ist in der Frühzeit nie aufgetaucht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie ist erst aufgetaucht, seitdem Sie die Probleme kennen. Sie haben die WestLB verkaufen wollen, weil Sie damit Erlöse erzielen wollten, weil Sie die privaten Banken nicht stören wollten

(Angela Freimuth [FDP]: Seit 2002!)

und weil Sie der Meinung sind, dass der Staat keine Landesbanken haben soll.

Zweite Bemerkung, die ich gerne machen möchte: Wenn man jetzt darauf hinweist, dass es nun natürlich etwas schwieriger geworden ist, den Landesbankensektor zu konsolidieren, unter anderem deswegen, weil die Strukturierungsbemühungen in den Ländern sehr unterschiedlich sind, ist das wohlfeil. Denn selbstverständlich ist es so, dass Sie im Jahr 2007 eine gute Chance verpasst haben. Wenn man sich das historisch anschaut, erkennt man, dass Sie diese Chance damals verpasst haben, weil Sie im Wesentlichen darauf hingewiesen haben, dass der Oettinger die Bank nicht kriegen soll.

(Anke Brunn [SPD]: Genau!)

Wer sich noch einmal ein Stück weit an diese Zeit erinnert, der weiß, dass es damals eine große Auseinandersetzung zwischen Wulff, Oettinger und Rüttgers um die Frage gab, wer denn der Vize mit welchen Ergebnissen auf der Bundesebene gewesen ist. Diese Geschichte hat damals ganz ohne Zweifel in diese Fragestellung hereingespielt und zeigt, nach welchen provinziellen Gesichtspunkten Sie gehandelt haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Auch der Hinweis – wenn ich das noch sagen darf – auf die erheblichen Verluste der Landesbank Baden-Württemberg und die erheblichen Zuweisungen des Landes – übrigens ähnlich wie in Bayern; ich glaube, dass Bayern da noch die viel größeren Probleme hat – geht natürlich fehl. Er lässt nämlich eines außen vor: dass wir unsere Risiken in eine Bad Bank und letztlich wieder in neue Zweckgesellschaften ausgelagert haben und insofern eine Wette auf Zeit machen. Wenn wir da ein bisschen sachlich sind, dann erkennen wir, dass wir da eine Wette auf Zeit machen.

Ich bin sehr davon überzeugt – ohne dass ich jetzt aus nichtöffentlichen oder aus vertraulichen Teilen plaudere –, dass der Risikopuffer in dieser Wette auf Zeit – wenn ich das noch mal so nennen darf – wiederum sehr bald zu Ende sein wird. Es wird am Schluss eine Bilanz zu ziehen sein – auch bei uns in Nordrhein-Westfalen auf der Strecke der nächsten

Jahre und des nächsten Jahrzehnts – für die Sparkassen und für das Land, wer in der Krise tatsächlich die höheren Beträge verloren hat. Das spricht nicht gegen den Weg – damit wir auch da Klarheit haben –, aber es spricht jedenfalls gegen die Arroganz beim Auftreten zum Beispiel gegenüber den Baden-Württembergern, die ganz nebenbei noch die Sachsen LB geschultert haben, die Sie sich auch einverleiben wollten. Ich will jetzt nicht von der Helaba reden, von der BayernLB, von der Nord/LB und wen Sie sonst noch mit Fusionswünschen über die Öffentlichkeit beglückt haben. Alles schiefgegangen!

Das hätten Sie ja alles nicht getan, wenn Sie nicht selber den Eindruck gehabt hätten, dass die WestLB so nicht zu schultern gewesen wäre. Sie haben letztendlich also versucht, aus der Not eine Tugend zu machen. Ich befürchte, dass wir in den nächsten Jahren ganz erhebliche Altlasten daraus zu tragen haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt ist die Sparkassenszene; Frau Brunn hat es angesprochen, ich möchte das kurz ergänzen. Auch da ist es so, dass Sie letztendlich nicht nur mit den dauernd wechselnden Fusionspartnern, sondern auch mit Ihrem Vorgehen gegen die Sparkassenszene und gegen die Sparkasseninstitute Vertrauen verspielt haben. Sie haben Vertrauen verspielt in einer Situation, in der Sie das Vertrauen eigentlich gebraucht hätten: bei den kommunalen Akteuren, in der Szene.

Wie lange Sie jedes Mal auf der Strecke pokern und feilschen mussten, um sich dann am Schluss zu einigen, ist ja Legende. Wenn wir die letzten drei Jahre Revue passieren lassen – wie lange da jeweils bis zur allerletzten Minute gepokert worden ist, wie lange man bei den Forderungen der EU jeweils gebraucht hat, um sich halbwegs damit auseinanderzusetzen –, erkennen wir, wie schwer es Ihnen letztlich fällt, eine vernünftige Lösung zu schultern.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz nach vorne sagen; denn eigentlich müssten auch Sie auf Landesebene da mitspielen, ich sehe und höre da aber nichts von Erfolg. Wer in diesen Zeiten eine Bankenabgabe konzipiert, mit der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, wenn auch mit niedrigeren Sätzen als die Investmentbanken, wiederum hinzugezogen werden sollen, die Krise derer zu schultern, die sie maßgeblich verursacht haben – und das sind die Privatbanken und nicht die Landesbanken; das sind die Hypo Real Estate, die Commerzbank und auch die IKB, die war nämlich auch eine Privatbank –, der versündigt sich an den Genossenschaftsstrukturen und an den Sparkassenstrukturen und der schädigt ein weiteres Mal unser Land und ein vernünftiges Bankensystem, um

das uns in Europa mancher beneidet. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Finanzminister Dr. Linssen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Themen, die hier angesprochen wurden, ja schon heute Morgen während der Finanzdebatte behandelt, sodass wir es, glaube ich, wirklich kurz machen können.

Verehrte Frau Brunn, ich hätte mir eigentlich ein schöneres Thema für Ihren Schwanengesang ausdenken können als das, zu dem Sie heute gesprochen haben. Denn Sie wären eigentlich die glaubwürdigste Zeugin gewesen, da Sie freundlicherweise immer die Telefonkonferenzen und die vertraulichen Sitzungen zum Thema WestLB in sehr gekonnter Manier – das darf ich Ihnen sagen – arrangiert und damit sicherlich viel für den Informationsaustausch zwischen Regierung und Parlament getan haben. Deshalb wären Sie auch die beste Zeugin gewesen, um hier zu bekunden, in welch exzellenter Weise das Parlament informiert worden ist und dass wir auch immer rechtzeitig informiert haben.

Das ist Ihnen aufgrund der Konstellation, in der wir uns befinden, nicht vergönnt gewesen. Sie sind nun nicht mehr, wie früher, in der Regierung, sondern in der Opposition. Ich glaube, ich bin jetzt im Hinblick auf die Dienstzeit der Zweitälteste hier im Parlament. Sie sind am längsten hier im Parlament, wenn Sie auch zwischendurch mal einen Ausflug nach Berlin gemacht haben; daran kann ich mich noch gut erinnern. Sie haben als Vorsitzende immer für ein gutes Klima im Haushalts- und Finanzausschuss gesorgt, und dafür möchte ich Ihnen danken.

(Allgemeiner Beifall)

Sie haben verschiedene Themen angesprochen, die in diesem Antrag verankert sind. Den Finanzstandort sollte man – so groß die Versuchung vielleicht auch ist – nicht nur an der IKB und an der WestLB festmachen. Wir haben 380 Banken und Sparkassen in Nordrhein-Westfalen, wir haben 120 Finanzdienstleister, wir haben 180 Versicherungsgesellschaften. Über 200.000 Menschen arbeiten in dieser Branche; sie ist immerhin etwas größer als der Maschinenbau in Nordrhein-Westfalen.

Nordrhein-Westfalen ist also sicherlich einer der Standorte für Finanzdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland. Wenn wir die Versicherungen hinzunehmen – das muss man einfach tun –, dann

sind wir nach manchen Kriterien – das wissen Sie auch – sogar größer als München.

Es gehört vielleicht dazu, dass man am Ende einer Legislaturperiode beklagen muss, dass der Finanzstandort gelitten hat. Andere haben auch gelitten – weil wir in eine Finanzmarktkrise hineingeschlittert sind und das Flaggschiff WestLB sicherlich schon sehr lange unter Beschuss steht.

Ich würde Ihnen zur WestLB gerne noch Folgendes sagen: Natürlich versuchen Sie, aus dem Thema Funken zu schlagen. Das ist aber nicht gelungen. Ich glaube, dass es bei uns anders als in anderen Ländern ist, weil wir gerade den Weg gegangen sind, von dem Herr Becker eben gesprochen hat. Er hat ihn nicht kritisiert, sondern gesagt: Es kann sein, dass wir durch die Methode, die wir gewählt haben, am Ende vielleicht auch größere Risiken haben werden, weil wir uns Zeit kaufen.

Aber, Herr Becker, ich habe das fast als Anerkennung für unseren Weg verstanden; denn Sie haben in allen Verhandlungen, in allen Gesprächen, in allen Diskussionen sowohl im Plenum als auch im Haushalts- und Finanzausschuss keinen anderen Weg aufzeigen können. Sie haben den Weg zur ersten Abwicklungsanstalt mitgetragen. Deshalb war das, was Sie hier vorgetragen haben, sehr pflichtschuldig.

Sie haben gesagt: Wir haben provinzielle Gesichtspunkte berücksichtigt, weil wir damals nicht mit Baden-Württemberg zusammengegangen sind. – Darüber haben wir uns heute Morgen auch schon unterhalten. Es ist natürlich nett, wenn Sie Herrn Oettinger, Herrn Wulff und Herrn Rüttgers zitieren. Dass sie irgendetwas gegeneinander gehabt hätten oder einer der mächtigere stellvertretende Parteivorsitzender werden wollte – das ist aber doch alles Geschichtsklitterung; das wissen Sie auch.

Die einzige Wahrheit ist, dass wir wussten, welche Papiere die LBBW hatte.

(Gisela Walsken [SPD]: Gar nichts wussten Sie!)