Protocol of the Session on March 24, 2010

gendetwas versteckt. Wir haben keine Schulden ausgelagert.

(Horst Becker [GRÜNE]: Nein!)

Wir haben keine Schattenhaushalte. Das wissen Sie alles.

(Horst Becker [GRÜNE]: Die NRW.BANK! – Gisela Walsken [SPD]: Drei neue Fonds!)

Meine Damen und Herren, der Höhepunkt ist natürlich das SPD-Wahlprogramm. Dort wird dann der Zusammenhang zu der kommunalen Szene deutlich. Jetzt will man eine Änderung der Artikel 78 und 79 der Landesverfassung aufgreifen.

Meine Damen und Herren, warum haben Sie es denn nicht getan? Sie hatten mindestens zwei Jahre Zeit, hier konstruktiv mitzuarbeiten. Sie haben sich aus billigen parteipolitischen Gründen verweigert,

(Beifall von der CDU)

weil für Sie im Wahlkampf das vermeintliche Wohl der Partei vor dem Wohl des Landes rangiert. Ich bedaure das sehr. Aber wir müssen das als Demokraten, die wir ja nun einmal sind, akzeptieren. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Linssen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Körfges das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ja froh darüber, dass die Mitglieder der Fraktionen, die die Verfassungsänderung mit uns diskutieren wollten und sogar vorhatten, sie hier in einem Verfahren vom 3. Dezember 2009 bis zum 24. März 2010 zu beraten, zumindest zur Abstimmung einigermaßen vollzählig im Saal sind.

(Gisela Walsken [SPD]: Eben saß noch gar keiner da!)

Meine Damen und Herren, es ist aber nicht nur das, sondern auch die wiederholte Rede des Finanzministers nach dem Motto: Wie diskutiere ich am besten so, dass niemandem auffällt, dass ich der Rekordschuldenminister des Landes NordrheinWestfalen bin?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Alles das zeigt, worum es hier geht.

Wer die Verfassung ändern will –nicht umsonst sind die Hürden in der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen so hoch –, geht mit einer Materie um, die sehr viel Respekt verdient. Eine Verfassungsänderung verdient ein spezielles Vorgehen,

nämlich eine ausführliche, gründliche Beteiligung über die regierungstragenden Mehrheiten hinaus, und zwar aller, die die Bevölkerung repräsentieren, sowie eine vernünftige Einbeziehung von externem Sachverstand. Beim letzten Punkt will ich ein Ausrufezeichen setzen.

Die Art und Weise, in der Sie zum wiederholten Mal die Ergebnisse der Sachverständigenanhörung selektiv wahrgenommen haben und wenig kundig wiedergegeben haben, zeigt umso deutlicher, worum es Ihnen geht, meine Damen und Herren. Das Timing – just in time – ist im Interesse der Kaschierung Ihrer Haushaltspolitik so gewählt, dass Sie exakt in der letzten Plenarsitzungswoche vor der Landtagswahl hier ein Schwarzer-Peter-Spiel mit der Opposition versuchen – nach dem Motto: Wir haben zwar die Schulden gemacht, aber ihr wollt keine Konsolidierung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diesen Schwarzen Peter lassen wir uns von Ihnen nicht zuschieben. Unser Angebot gilt. Mit allen Sachverständigen gemeinsam haben wir erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit des Wiederholens einer auf Bundesebene bestehenden verfassungsrechtlichen Regelung auf Landesebene.

Im Übrigen darf ich Sie in Bezug auf die Frage der sachgerechten Beratungen bitten, sich einmal die Unterlagen zur Föderalismuskommission auf Bundesebene und die Zeitdauer, die es dort in Anspruch genommen hat, zu einem Konsens zu kommen, vor Augen zu führen. – So viel zur Frage des Respekts und der Ernsthaftigkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, haben alle Sachverständigen bis auf einen – das ist ein Mann, der sich bei Ihnen viel Ehre erworben hat, er ist schon viermal zitiert worden, er ist nämlich derjenige, der unseren Staatsaufbau nicht richtig verstanden hat – eine differenzierte Betrachtung zwischen Kommunen und Land vorgenommen. Das war der einzige Sachverständige von allen, der Ihnen an dieser Stelle recht gegeben hat, meine Damen und Herren.

Da war erstens eine schlechte gesetzgeberische Vorlage. Zweitens gab es keinerlei Plan, wie mit denjenigen umzugehen ist, die intensiv auf das Schulden-Gaspedal getreten haben – bis hin zu ihrer Unterschrift unter das „Steuerverschleuderungsgesetz“ in Berlin – und auf einmal nach einer Bremse rufen, obwohl sie normalerweise beim Thema Neuverschuldung nur das Gaspedal kennen, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie haben das nicht nur nicht begründet, Sie gehen auch darüber hinweg.

Ich muss den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen jetzt einen Vorwurf machen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das mit der Notwehr-Formulierung in der Landesverfassung hinsichtlich der Kommunen habt nicht ihr erfunden.

(Horst Becker [GRÜNE]: Haben wir auch nicht gesagt!)

Der Artikel ist, so wie er von Ihrer Fraktion vorgeschlagen worden ist, auch uns nicht eingefallen. Wir hätten das gegebenenfalls technisch etwas anders gemacht. Das ist jetzt aber nicht das Problem.

Das Problem ist, dass die kommunalen Spitzenverbände, die in unserem Land autorisiert sind, für die Kommunen gemeinsam Meinungen zu artikulieren, uns in der Anhörung des Landtages sehr deutlich gemacht haben: Wenn ihr die Schuldenbremse hier beschließt, kann das nur unter einer einzigen Voraussetzung gehen. Bitte, hindert insbesondere diese Landesregierung, aber auch künftige Landesregierungen daran, dass das Erreichen des Titels null Neuverschuldung auf Kosten der Kommunen passiert! Das haben alle kommunalen Spitzenverbände übereinstimmend gesagt. Und Sie negieren und ignorieren das hier einfach.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, so kann man mit den Kommunen in unserem Land wirklich nicht umgehen. Und ich komme zu meinem Lieblingsautor. Leider ist der Herr Ministerpräsident wieder nicht da. Ich möchte seinen führenden Mitarbeiter, der zuständig ist …

(Minister Dr. Helmut Linssen: Wo ist die Op- positionsführerin? Wo ist Frau Kraft? – Zurufe von der SPD)

Herr Linssen, regen Sie sich nicht auf! Bei Ihrer Bilanz haben Sie eine Menge Grund zu Selbstzweifeln. Aber die müssen Sie ja nicht gerade vor dem Parlament artikulieren.

Meine Damen und Herren, ich zitiere jetzt – ich hoffe, der Klamauk auf der Regierungsbank wird auf meine Redezeit nicht angerechnet – den Leiter des Referates Grundsatzfragen der Verfassung in der Staatskanzlei unseres Landes, den verehrten Professor Kyrill Schwarz. Er hat einen Aufsatz geschrieben. Und in dem Aufsatz stellt dieser Mann, ganz naher Ratgeber Ihres Ministerpräsidenten, den Zusammenhang zwischen Verschuldungsverbot und Kommunalfinanzen her.

Er sieht die Gefahr – jetzt kommt das wörtliche Zitat –, dass der kommunale Finanzausgleich als disponible Masse zur Einhaltung der Verschuldungsgrenzen herhalten muss. Dies würde bedeuten, dass die kommunalen Haushalte erneut die Reservekassen der Länder wären.

(Gisela Walsken [SPD]: Genau!)

Meine Damen und Herren, das sagt Ihr Herr Schwarz, der für Verfassungsfragen beim Ministerpräsidenten zuständig ist, im Zusammenhang mit der von Ihnen eingebrachten Schuldenbremse. Wenn Sie schon nicht auf uns, wenn Sie schon nicht auf die kommunalen Spitzenverbände hören, wenn Sie schon nicht auf die Rechtswissenschaft hören: Hören Sie doch bitte auf die von Ihnen hoch bezahlten in der Staatskanzlei angestellten Fachleute!

(Beifall von der SPD)

Ein Letztes: Wer ein solches Verfahren hier durchzieht, meine Damen und Herren, zeigt nicht nur, dass ihm der nötige Respekt vor der Verfassung fehlt, er zeigt auch, und zwar weil er die Regeln dieser Verfassung offensichtlich nicht so ernst nimmt, dass ihm der nötige Respekt vor dem obersten Verfassungsorgan, nämlich vor dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen fehlt. Und weil Ihnen dieser Respekt fehlt, meine Damen und Herren, haben Sie es nicht länger verdient, die Landesregierung zu stellen. Und die Bürgerinnen und Bürger werden am 9. Mai

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

und nur darauf war Ihr Antrag, war Ihr Gesetzesentwurf gerichtet – deutlich erkennen, worum es sich hier handelt: nicht um nachhaltige Politik, sondern um eine Mogelpackung zur Kaschierung eigener Fehlleistungen. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Becker das Wort. Bitte schön, Herr Becker.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was der Finanzminister und auch andere Rednerinnen und Redner hier in Bezug auf die Schuldenbremse in den letzten Wochen und Monaten gesagt haben, muss noch einmal konterkariert werden und dem muss widersprochen werden, weil es teilweise Ihre eigenen Parteifreunde sind, die Ihnen widersprechen.

Ich finde, Sie sollten, wenn Sie wie gestern in Veranstaltungen mit den kommunalen Spitzenverbänden auftreten, nicht nur sagen: „Ich habe ein offenes Ohr für die kommunalen Spitzenverbände“, sondern Sie sollten auch das zur Kenntnis nehmen, was sie sagen, wobei die kommunalen Spitzenverbände zu Recht darauf hingewiesen haben, dass vor dem Hintergrund der Lage des Landes und vor dem Hintergrund der eigenen Hebesatzmöglichkeiten oder Steuermöglichkeiten, die das Land hat, das, was Sie vorhaben, bedeutet, dass Sie sich letztlich auf Kosten der kommunalen Ebene entlasten werden.

Sie hätten sich damit in einer Art und Weise auseinandersetzen müssen, wie das zum Beispiel der Städte- und Gemeindebund und insbesondere Ihr Parteifreund Klein gemacht haben. Der Letztere hat nämlich gesagt: Wir haben nichts gegen die Schuldenbremse, aber wir haben ein Problem damit, dass Sie das so anlegen, dass die kommunale Ebene das bezahlt.

Lassen Sie mich ein Weiteres sagen, da Sie eben den mutigen Satz gesagt haben: Wir haben keine Schattenhaushalte. – Sie haben damit offensichtlich diese Regierung gemeint. Sie haben den größten Schattenhaushalt des Landes geschaffen, der hier je geschaffen worden ist, indem Sie das gesamte Wohnungsbauförderungsvermögen in die NRW.BANK angegliedert haben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das sind 14 Milliarden € zusätzlich. Und dies benutzen Sie wiederum dafür, zusätzliche Kredite auszugeben, die in der Summe weit mehr ausmachen als ein kompletter Landeshaushalt eines Jahres. Wenn das kein Schattenhaushalt ist, dann weiß ich nicht, was ein Schattenhaushalt ist. Weil Sie andererseits von Schuldenbremse reden, muss das dann tatsächlich dazu führen, dass Ihnen die Opposition das vorwirft, was wir Ihnen vorwerfen, dass Sie hier nämlich reines Wahlkampfgetöse machen, unter anderem deswegen, weil Ihr Koalitionspartner das will.

Eine Koalition, die im Bund regiert und den größten Schuldenhaushalt eines Jahres vorlegt, eine Koalition, die sich dessen rühmt, dass sie die Neuverschuldung – wohlgemerkt: die Neuverschuldung – viel weniger abgebaut hat, als sie Steuermehreinnahmen in den guten Jahren hatte, nämlich in den Jahren 2006, 2007, 2008,