Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Frau Kollegin Walsken das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Mit unserem heutigen Antrag wollen wir quasi die Schlussdebatte zu dem Thema „Haushalts- und Finanzpolitik der schwarz-gelben Regierung“ führen.
Herr Finanzminister, wenn Sie in Ihre alten Reden schauen – und das werden Sie sicherlich zur Vorbereitung auf die heutige Debatte gemacht haben –, müssten Ihnen eigentlich die Tränen kommen. Sie können bei Weitem nicht zufrieden sein mit dem, was Sie Ihre Bilanz nennen werden. Es sei denn, Sie werden es wie so oft machen:
die Dinge schönreden, mit falschen Zahlen operieren oder Dinge verschleiern. – Wenn Sie sich heute an dieses Pult stellen und sagen, Sie waren erfolgreich, grenzt das aus meiner Sicht an massive Autosuggestion.
Sie sind in zentralen Feldern Ihrer Haushalts- und Finanzpolitik gescheitert. Und das will ich Ihnen
Zum Beispiel in der Finanzpolitik: Kein Thema hat die Finanzpolitik des Landes intensiver bestimmt als das Thema Westdeutsche Landesbank. Sie haben die WestLB bis jetzt nicht aus den Schlagzeilen bekommen. Im Gegenteil: Sie haben zentrale Fehler gemacht. Sie hätten bereits 2008 die Zukunft der Westdeutschen Landesbank positiv gestalten müssen.
Sie hätten mit den Eigentümern Sparkassenverbänden eine neue Ausrichtung der Westdeutschen Landesbank in einer Fusion mit den BadenWürttembergern vornehmen sollen. Sie haben es aus parteipolitischen Gründen verhindert. Das rächt sich heute bitter, meine Damen und Herren.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Hans- Theodor Peschkes [SPD]: Auf Anweisung von Herrn Rüttgers! – Zuruf von der CDU:... wenig Leute oben!)
Jetzt, meine Damen und Herren, sind wir in einer Situation, in der die WestLB – und das entscheidet heute die Europäische Kommission – meistbietend zum Verkauf angeboten wird. Der Ausverkauf der Standorte der WestLB – das ist die Bilanz Ihres finanzpolitischen Schwerpunktthemas Westdeutsche Landesbank.
Es klafft eine eklatante Lücke, Herr Finanzminister, zwischen dem, was Sie Ende 2005 hier von diesem Rednerpult aus erklärt haben, und dem, was heute Wirklichkeit ist.
Nehmen wir das Thema Steuereinnahmen. – Herr Finanzminister, ich zitiere Sie. Sie haben am 30. Oktober 2006 gesagt: Das Kabinett und die Fraktionen haben bereits im Frühjahr beschlossen, alle – meine Damen und Herren: alle! – zusätzlichen Steuereinnahmen zur Reduzierung der Neuverschuldung zu verwenden. Die Landesregierung – so heißt es hier – hält an ihrem Kurs der strikten Haushaltskonsolidierung fest, um die Nettoneuverschuldung weiter zurückzuführen. – Soweit Ihr Anspruch.
Steuermehreinnahmen in Nordrhein-Westfalen: 7,5 Milliarden €! Anwachsen des Schuldenberges, meine Damen und Herren: von 106,8 Milliarden € auf 130 Milliarden €! 23,2 Milliarden haben Sie neue
Ein weiterer Punkt: Das Haushaltsvolumen! Für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer sage ich: Das ist das, was man in einem Landeshaushalt insgesamt an Geld ausgibt. Ich zitiere wieder, diesmal den Koalitionsvertrag. Dort heißt es wörtlich auf Seite 13:
Unsere Ziele sind die Reduktion der Nettoneuverschuldung und die nachhaltige Rückführung des ungebremsten Ausgabenanstiegs.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns dazu das Haushaltsvolumen an! 2004 hatten wir 48,72 Milliarden €, heute sind es 53,12 Milliarden €. Meine Damen und Herren, wenn das Rückführung des Ausgabenanstiegs ist, dann bin ich ein Tier auf vier Beinen.
Dritter Punkt – das ist mir auch ganz wichtig, meine Damen und Herren –: Wir wollen Offenheit und Transparenz – so Helmut Linssen in der Haushaltsdebatte. Wir wollen keine Schatten- und Nebenhaushalte mehr. Ziel ist es – so sagt der Finanzminister wörtlich –, wir werden diese – also die Schatten- und Nebenhaushalte – bereinigen und sie dorthin zurückführen, wo sie hingehören.
Im Jahr 2008 hat diese Landesregierung neue Sonderfonds zur Risikoabschirmung der WestLB – und zur Abrechnung für mögliche Beteiligungen des Landes an den Lasten der Finanzmarktstabilisierung geschaffen, die zusammen mittlerweile ein Volumen von 1,6 Milliarden € haben. Für diese Fonds gibt es keinerlei parlamentarische Kontrolle. Das ist bis heute nicht vorgesehen. Meine Damen und Herren, auch hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander!
Bis zur letzten Woche haben wir mit den Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen an der Seite dafür gekämpft, eine Kommission einzurichten, die ein bisschen Transparenz in das hineinbringt, was mit den Fonds geschaffen worden ist. Wir haben versucht, nach bayerischem Vorbild, wo sich alle Fraktionen auf eine solche Kommission verständigt haben, hier ein parlamentarisches Gremium zu schaffen, das zumindest einen Anspruch auf Information hat.
Aber, meine Damen und Herren, diese Regierung hat es dezidiert nicht gewollt. Sie haben es abgelehnt. Sie wollen keine Transparenz und Offenheit. Auch das widerspricht Ihren Ansprüchen fundamental.
Aber eine Sache ist mir noch wichtig, weil sie noch vielen Menschen in diesem Land in im Gedächtnis ist. Sie haben die Modernisierung des Sparkassenrechtes versprochen. Für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen wollten CDU und FDP ein überzeugendes Geschäftsmodell schaffen, welches auch für die Zukunft Bürgernähe und Mittelstandsförderung garantieren sollte.
Das neue Sparkassengesetz, meine Damen und Herren – das möchte ich heute hier gern noch einmal in Ihre Erinnerung rufen –, hat zu massiven Protesten der Sparkassen und ihrer Verbände, der Gewerkschaften, der Politiker, der Kommunalpolitiker geführt. Dabei ist es zum Schulterschluss zwischen Sparkassenvorständen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Kunden, den Kirchen und Teilen der Politik gekommen. Viele Kommunalpolitiker aus den Reihen von CDU und FDP haben sich ebenfalls diesem Protest gegen ihre eigene Regierung angeschlossen. Durch diesen breiten politischen und gesellschaftlichen Protest ist es uns gelungen, das Schlimmste zu verhindern
Heute, meine Damen und Herren, ist es mir wichtig, den Kolleginnen und Kollegen, besonders denen aus der CDU-Fraktion, die damals mitgeholfen haben, den Irrsinn zu verhindern, herzlich dafür zu danken. Das war ein deutliches Zeichen, dass man auch über Parteigrenzen hinaus zusammenstehen kann, wenn es um die Sache geht – auch einmal gegen die eigene Regierung.
Meine Damen und Herren, die haushalts- und finanzpolitische Bilanz ist verheerend. Herr Finanzminister, Ihre Zeit ist jetzt abgelaufen.