Protocol of the Session on March 24, 2010

Kurzer Rückblick: Am 29. Mai 2008 hat die Verhaftung eines fachlich hoch anerkannten Abteilungsleiters im MUNLV stattgefunden, eine Großrazzia mit 275 Einsatzkräften, bundesweiten Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen in 45 Objekten. 2.500 Telefonate wurden abgehört, 230 E-Mails abgefangen. In das Netz der Fahndung gerieten Anwälte, Journalisten, Abgeordnete und Mitarbeiterinnen des MUNLV. Es gab Peilsender an Autos, und Konten von Firmen wurden gesperrt. Mit etwas Abstand könnte man sagen: großes Kino.

Aber für die betroffenen Menschen war das anders. Eine Firma ist ruiniert. Viele verloren ihre Arbeit. Weitere Firmen sind nachhaltig in ihrem Ruf be

schädigt und mussten Auftragsausfälle hinnehmen. Die berufliche Existenz eines Menschen ist zerstört.

Der Kernvorwurf lautete, der Abteilungsleiter solle Kopf eines bandenmäßigen Zusammenschlusses gewesen sein – Korruption, Betrug, Untreue. Aber schon wenige Tage nach der Aktion erwies sich der Tatvorwurf der Bandenbildung als haltlos. Heute haben sich sämtliche Vorwürfe, die Grundlage des Haftbefehls und der Durchsuchungsbeschlüsse waren, als unbegründet herausgestellt und sind vom Tisch. Sämtliche Ermittlungsverfahren wegen dieser Vorwürfe sind eingestellt.

Dieses ganze Verfahren ist durch Anzeigen des MUNLV im Sommer 2006 ins Rollen gebracht worden.

(Lothar Hegemann [CDU]: Ist doch gar nicht wahr!)

Vorausgegangen sind hausinterne Ermittlungen im Auftrag des Staatssekretärs Schink. Das MUNLV war über die gesamte Zeit intensiv in die Ermittlungen involviert.

(Lothar Hegemann [CDU]: Das ist nicht wahr! Sie sagen immer noch die Unwahrheit!)

Herr Hegemann, wir können natürlich über die Bewertung von Indizien, die wir im Rahmen des Untersuchungsausschusses gesammelt haben, streiten. Aber es gibt auch Fakten – unbestreitbare Fakten –, die im Rahmen der Beweiserhebung zutage getreten sind.

Es wurde im MUNLV frühzeitig Material gesammelt, das Herrn Dr. Friedrich belasten sollte. Bis in die Hausspitze hinein wurden Korruptionsvorwürfe erhoben. Spätestens seit Ende 2005 wurde im Ministerium ermittelt, und es wurden arbeitsrechtliche Schritte gegen den Abteilungsleiter sowie eine mögliche Kündigung vorbereitet. Unter Verstoß gegen § 12 Korruptionsbekämpfungsgesetz wurden Gerüchte ungeprüft weitergegeben. Diese wurden bei der Staatsanwaltschaft dann viel zu spät überprüft, was ergeben hat, dass es falsche Vorwürfe waren.

Entlastendes Material ist im MUNLV bewusst aussortiert, unterdrückt und trotz Anforderung vollständiger Unterlagen nicht an die Staatsanwaltschaft weitergereicht worden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es bestand und besteht eine auch vom Generalstaatsanwalt als ungewöhnlich bezeichnete Nähe zwischen MUNLV und LKA bzw. der Staatsanwaltschaft Wuppertal. Es gab im Ermittlungsverfahren zahlreiche Pannen und Fehler. Dies stieß auch intern auf massive Kritik. Trotzdem wurden sie nicht bzw. viel zu spät korrigiert. Schließlich wurde bei der Erhebung, Auswertung und Löschung der Telekommunikationsüberwachung in einem grundrechtsrelevanten Bereich gegen Recht verstoßen.

Diese Fakten sind im Abschlussbericht von CDU, FDP und SPD weitgehend enthalten. Allein diese Fakten rechtfertigen massive Kritik an den Vorgängen und erfordern eine politische Stellungnahme und Herausforderung der Landesregierung, namentlich des Umweltministers und seines Staatssekretärs.

(Beifall von GRÜNEN und Norbert Killewald [SPD])

Was soll man von den Führungsqualitäten eines Umweltministers halten, wenn in seinem Haus eine Mitarbeiterin mit Billigung des Staatssekretärs in Unterlagen ihres Vorgesetzten herumschnüffelt und hinter dem Rücken ihrer Kollegen Akten für den Staatssekretär kopiert?

Wie ist eine Hausspitze zu bewerten, die einen Mitarbeiter zum Leiter der Abteilung I – Zentralabteilung – beruft, der sich selbst als Greenhorn bezeichnet, im Ausschuss aber vor allem durch Blackouts aufgefallen ist und von dem Vorgang Dr. Friedrich, obwohl seine Abteilung originär für Personal zuständig ist, weitgehend nichts mitbekommen haben will.

Was ist das für ein Landesminister, der das Korruptionsbekämpfungsgesetz nicht ausreichend kennt, der die Führung seines Hauses im Zusammenhang mit der Kündigung und Strafverfolgung eines leitenden Mitarbeiters seinem Staatssekretär überlässt und von diesem nach eigener Aussage nur sporadisch über die Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten wurde?

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, damit wir uns richtig verstehen: All dies sind Fakten aus dem von Ihren Fraktionen mitbeschlossenen Abschlussbericht und keine grünen Erfindungen.

Wir haben diesen Abschlussbericht nicht mitgetragen; denn es sind Sachverhalte zutage getreten, die über das bereits Genannte hinausgehen. Insbesondere aber teilen wir nicht die von der Ausschussmehrheit vorgenommene Bewertung dieser Fakten.

Wir sind davon überzeugt, dass die Anforderungen im Hinblick auf hohe ökologische Standards durch Herrn Dr. Friedrich eine maßgebliche Ursache für seine Suspendierung und Kündigung gewesen sind. Diese waren insofern politisch motiviert. Das Umweltministerium hat unserer Ansicht nach bewusst strafrechtliche Ermittlungen befeuert, um dadurch positive Effekte für den Arbeitsgerichtsprozess zu erzielen. Dies alles geschah mit Wissen und Billigung des Staatssekretärs und unter politischer Verantwortung des Ministers Uhlenberg.

(Beifall von den GRÜNEN)

All das fehlt im Abschlussbericht. Die Beweiserhebung hat zweifelsfrei ergeben, dass Staatssekretär Dr. Schink entgegen seiner Aussage im Umweltausschuss des Landtages am 9. Juli 2008 bereits im Herbst 2005 Kenntnis von der Vergabe des Pro

jektes MAPRO hatte, dass er sogar an zwei Gesprächen im Vorfeld seiner eigenen Genehmigung dieses Projektes teilgenommen hat. Dies war zentraler Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen. Das hat Herr Dr. Schink im Rahmen seiner Vernehmung selbst eingeräumt; das ist ein unstrittiger, im Mehrheitsbericht enthaltener Fakt.

Was aber nicht im Bericht steht, ist Folgendes: Der Staatssekretär hat im Umweltausschuss und gegenüber der Öffentlichkeit nicht nur objektiv Falsches gesagt. Nein, er wusste dies auch. Noch am Morgen der Ausschusssitzung ließ er sich nämlich von seinem Referatsleiter, dem Mann für Recht und Ordnung, seine eigene Zeugenaussage gegenüber dem LKA von vor gut einem Jahr zuvor mit dem ausdrücklichen Hinweis, er brauche diese zur Vorbereitung einer Ausschusssitzung, anfordern und erhielt diese Zeugenaussage auch prompt.

Wie nennt man das, wenn jemand die Unwahrheit sagt und dies auch weiß? Ich nenne das Lüge. Die vorliegenden Fakten lassen überhaupt keinen anderen Schluss zu. Bezüglich seiner Kenntnis von der Unentgeltlichkeit der Nebentätigkeit – so hat eben auch Herr Kutschaty schon ausgeführt – war Herr Staatssekretär zumindest objektiv in vollem Bilde; so steht es auch im Mehrheitsbericht.

Ich frage: Warum hat der Staatssekretär Parlament und Öffentlichkeit angelogen? Weil zu diesem Zeitpunkt dem Umweltministerium und insbesondere dem Staatssekretär deutlich geworden ist, was eigentlich mit seiner Zeugenaussage und dem, was vom Ministerium angeschoben worden ist, passiert ist. Diese Folgen hatte man offensichtlich nicht beabsichtigt.

Ich frage also: Ist das nicht eine politische Einflussnahme? Ist das nicht eine Befeuerung? Und ist dann in der Konsequenz das, was passiert ist, nicht unverhältnismäßig, so wie es der Untersuchungsauftrag war? Hier ist das Parlament falsch und unvollständig informiert worden. Aus unserer Sicht hat der Staatssekretär das bewusst getan.

Was ist davon zu halten, wenn ein Staatssekretär die Unwahrheit sagt, ein Umweltminister sein Haus nicht im Griff hat und nur mangelhaft informiert, eine Justizministerin die Fakten verschweigt und ein Innenminister bei den zahlreichen Pannen und Unregelmäßigkeiten bis hin zu Rechtsverstößen beim Abhören von Telefonaten auch zu nennen ist? Was ist das Urteil über eine solche Landesregierung?

Wir kommen zu der abschließenden Forderung, dass zumindest der Staatssekretär, der Parlament und Öffentlichkeit wissentlich und bewusst falsch informiert hat, entlassen werden muss, da er für diese Landesregierung untragbar ist.

(Beifall von den GRÜNEN – Minister Eckhard Uhlenberg: Quatsch!)

Und der Rest der Landesregierung, insbesondere der Minister, wird sein Zeugnis mit dem 9. Mai bekommen; ich hoffe – folgerichtig – das Entlassungszeugnis. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Remmel. – Meine Damen und Herren, als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Hegemann das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spätestens beim letzten Satz, Herr Remmel, konnte man merken, worum es Ihnen geht: Sie haben nur den 9. Mai im Blick, genauso wie Sie bei der Einsetzung des Verfahrens das Ergebnis schon kannten.

Sie haben einen Ausschuss beantragt, um dem Minister und der Führung des Hauses nachweisen zu können, dass sie politischen Einfluss auf die Justiz genommen haben. Das konnte im Ausschuss an keiner Stelle festgestellt werden. Selbst die SPD, die diesen Ausschuss mit beantragt hat, konnte sich dieser Meinung nicht anschließen. Sie wiederholen diese Meinung hier trotzdem – wider besseres Wissen. Nun frage ich Sie: Wie nennt man so etwas? – Ich sage das Wort nicht. Wider besseren Wissens stellen Sie fest: Es hat politische Einflussnahme gegeben.

Sie begründen auch, es sei ein ganz armer, grüner Abteilungsleiter gewesen, dem Unrecht geschehen sei. Nur weil der grün ist, seien alle gegen ihn gewesen.

Es gibt einen weiteren grünen Abteilungsleiter, der, glaube ich, sehr gut mit der Hausspitze zusammenarbeitet. So stelle ich mir Politik vor: Wer gut ist, muss eine Chance in einem Ministerium haben, egal welcher Couleur er angehört.

Dann stellt sich heraus, dass dieser Abteilungsleiter eine Type ist, der im Ministerium keinen einzigen Freund hat, bei dem alle sagen: Gott sei Dank, dass der Menschenquäler weg ist.

Das war zwar nicht Untersuchungsgegenstand, aber wenn sich einer am Recht vorbei orientiert hat, dann war es Herr Remmel. Denn während des Verfahrens ist es uns nicht gestattet, Bewertungen von Zeugenaussagen vorzunehmen.

(Stephan Gatter [SPD]: Haben Sie sich auch daran gehalten, Herr Hegemann?)

Sie waren ja heute erstaunlich wach. Ich weiß nicht, was Sie heute so angetrieben hat. Sie haben den Journalisten Bewertungen in die Feder diktiert; da war der Zeuge noch im Raum, da haben Sie eine Bewertung vorgenommen. Als ich Sie überführt und darauf hingewiesen habe, dass das, was in der

Zeitung stehe, Originalton Remmel gewesen sei, habe ich mich auch nicht mehr daran gehalten und Bewertungen vorgenommen.

(Zurufe von der SPD)

Also, Sie wollen auf die Tränendrüse drücken und sagen, das alles sei nicht erlaubt, was der böse Herr Schmitz hier vorgetragen hat?

Kalt erwischt! Der Abteilungsleiter, der Menschen schindet, der ohne Einschaltung des Personalrates Menschen abmahnt, sie versetzt, der Mitarbeiter nur zum Wochenende zum Dienst bestellt, weil er von Montag bis Freitag nicht da ist und deshalb seine Mitarbeiter samstags und sonntags kommen müssen, ein Typ, der ein sehr freies Verhältnis zu Dienstmaterial unterhält: Eine Festplatte ist weg, Dinge, die eigentlich in den Akten sein müssten, werden bei Hausdurchsuchungen bei ihm zu Hause gefunden, eine anonyme Anzeige, die das Haus bearbeiten muss, hält er fest und beantwortet sie selber. Was ist das eigentlich? – Das ist eine Bananenrepublik.

(Beifall von CDU und FDP)

Das, was der Oberstaatsanwalt von sich gewiesen hat, dass es nämlich eine politische Einflussnahme gebe, ist richtig. Er hat auch gesagt, er verstünde das Verfahren nicht.

(Zurufe von der SPD: Reden Sie mal zur Sa- che!)

Aber er hat auch gesagt, wir sind keine Bananenrepublik.

Ich muss Ihnen sagen: Ich bin stolz auf eine unabhängige Justiz. Und ich habe es in 30 Jahren bisher noch nicht erlebt, dass hier irgendeiner gesagt hätte, die Politik, die Landesregierung habe Einfluss auf die Justiz genommen. Wie Sie diesen Vorwurf erhoben haben, Herr Remmel, habe ich ihn in 30 Jahren nicht gehört.