Protocol of the Session on March 23, 2010

Lieber Herr Kollege Eumann, wir halten jetzt hier keine Rede zum Jugendmedienschutzgesetz.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Entspannen, Herr Kollege Eumann.

Ich habe von Ihnen gelesen, Sie haben am 1. März Personen der Medienwirtschaft zu einem Kongress „Netzpolitik“ eingeladen und haben Sämtlichen die gesamte Einladungs-E-Mail eben mal mitgeschickt. Diese E-Mail liegt vor. Bei den Internet-Adressierten gibt es riesige Unruhen darüber. Sie haben gesagt, das war eine Computerpanne. Für mich deutet das eher darauf hin, dass das kein Problem des Computers war, sondern ein Problem des Mannes, der auf der anderen Seite des Computers sitzt.

Wenn Sie über informationelle Selbstbestimmung reden, sollten Sie in dem, was Sie selbst tun, …

(Marc Jan Eumann [SPD]: Wollen wir jetzt ernsthaft über E-Mails aus der Staatskanzlei reden?)

Herr Eumann, wenn Sie während der ganzen Debatte bei jedem Redner dazwischen rufen, sollten Sie, wenn Sie selbst Leute einladen, wenigstens den Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung der Leute, die da tätig sind, respektieren.

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Sie etwas zum Medienschutz bei Jugendlichen wissen wollen, dann können wir die Diskussion gerne in einer anderen Debatte führen. Aber hier geht es um die Erfolge der Landesregierung in den letzten fünf Jahren, die vor allem der Verantwortung des Kollegen Krautscheid zu danken sind.

Die SPD kommt hier nur mit Allgemeinplätzen. Ich habe noch ein schönes Beispiel. In dem Antrag heißt es wörtlich:

Die Umstellung der Welt von analoger auf digitale Kommunikation schreitet in allen gesellschaftspolitischen Bereichen voran und verändert Produktions- und Kommunikationsprozesse gravierend.

Im Wahlprogramm der SPD heißt es:

Die Digitalisierung schreitet in allen gesellschaftlichen Bereichen voran und verändert Medien- und Mediennutzung.

Sie kopieren für den Landtag quasi Ihre eigenen Wahlprogramme, anstatt hier parlamentarische Arbeit zu leisten. Wenn das die Bilanz Ihrer Medienpolitik ist, ist das insofern ein genauso digitaler Bock, wie Sie ihn mit Ihrer E-Mail geschossen haben, lieber Herr Kollege Eumann.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laschet. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Ich weise darauf hin, dass alle Fraktionen ihre Redezeit überzogen haben. Nur die Landesregierung hat eine Punktlandung hingelegt.

(Beifall von Christof Rasche [FDP])

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/10846 beantragt. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den darf ich bitte um das Handzeichen bitten. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Enthaltungen? – Enthaltung des fraktionslosen Abgeordneten Sagel. Damit hat der Antrag nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und ist abgelehnt.

Ich rufe auf:

9 Landesregierung verspielt Zukunftsmarkt Recycling- und Abfallwirtschaft

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7671

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 14/10774

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/10900

Ich weise darauf hin, dass der Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen wurde mit der Maßgabe, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer

Beschlussempfehlung erfolgt. Die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz liegen nun vor.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD dem Abgeordneten Gatter das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Danke schön. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich am Anfang an die Kollegen der CDU und den Minister wenden. Denn heute ist die letzte Chance, sich in der 14. Wahlperiode aus dem abfallpolitischen Würgegriff der NRW-FDP zu befreien.

(Beifall von der SPD – Heiterkeit von CDU und FDP)

Na ja, das Lachen wird Ihnen noch im Halse steckenbleiben, wenn irgendwann die Flöhe den Hund wegtragen werden, um im Bild des neuen CDUGeneralsekretärs zu bleiben. Das wird in der Abfallpolitik so passieren.

Warum ich das sage, ist ganz einfach. Am 10. März hat das Bundesumweltministerium einen Entwurf der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an die Verbände geschickt. Damit ist jetzt das eingetreten, wovor die Experten bei der Anhörung zum Abfallwirtschaftsplan die Landesregierung und die CDU und die FDP gewarnt haben.

(Svenja Schulze [SPD]: Genau!)

Dieser Gesetzentwurf soll spätestens bis zum 12. Dezember 2010 Gesetz werden. Warum wird er dann Gesetz? Das schreibt die EU-Abfallrahmenrichtlinie vor. Dann passiert etwas, was eigentlich unmöglich ist. Wir haben in NRW einen Abfallwirtschaftsplan, der genau acht Monate Bestand haben wird,

(Svenja Schulze [SPD]: Ja, das ist wirklich bekloppt!)

sofern er schon in Kraft gesetzt worden ist. Aber ich gehe davon aus, dass die Druckerei des Ministerialblattes schon zugange ist.

Nach acht Monaten darf die neue Landesregierung, hoffentlich – nehmen Sie es bitte nicht persönlich, Herr Minister – mit einem anderen Minister oder einer anderen Ministerin, das alles wieder heilen. Das ist doch eigentlich Irrsinn, was hier passiert – deswegen unser Entschließungsantrag dazu.

(Beifall von der SPD)

Die sechs wesentlichen Elemente des Entwurfs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind in unserem Entschließungsantrag aufgeführt. Diese Punkte wirken sich alle auf den Abfallwirtschaftsplan NRW aus. Er muss nach dem novellierten Kreislaufwirtschaftsgesetz verändert werden. Also wäre der Vorschlag:

Lassen wir es doch bleiben, warten wir die acht Monate noch ab und schauen, wie das Bundesgesetz aussieht! Und dann wird ein neuer Abfallwirtschaftsplan für Nordrhein-Westfalen in Kraft gesetzt.

Aber dieser Entwurf hat nicht nur Auswirkungen auf die NRW-Abfallwirtschaft und auf den NRWAbfallwirtschaftsplan, sondern es gibt auch ein paar andere Gründe, ihn zu betrachten. Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, weil wir in den letzten Plenardiskussionen sind. Dann kommt die große Pause, und bis sich alles wieder neu organisiert hat, müssen die Landesregierung und das Parlament zu diesem Entwurf Stellung nehmen.

Dieser Entwurf widerspricht der Vorgabe des Lissabon-Vertrags in der Frage der Freiheit der Gemeinden zur eigenständigen Aufgabenerledigung der öffentlichen Daseinsfürsorge. Er widerspricht auch dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil zur gewerblichen Sammlung. Er widerspricht ebenfalls dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Juni 2009 zur Vergabefreiheit von Verträgen unter kommunalen Organisationen.

Darüber hinaus sollte man sich diesen Entwurf mal genauer ansehen. Jeder, der ihn sorgfältig liest, wird feststellen, dass in diesem Gesetzentwurf unklare Begrifflichkeiten durch eine Vielzahl von Rechtsverordnungen geklärt werden. Ich habe bei 25 aufgehört zu zählen. Um es mal ganz deutlich zu sagen: Diese Rechtsverordnungen werden dafür sorgen, dass die parlamentarische Kontrolle sowohl des Bundestages als auch der Landtage ausgehöhlt wird. Das kann nicht im Sinne des Parlaments in Nordrhein-Westfalen sein. Das kann nicht im Sinne einer Landesregierung sein. Das kann auch nicht im Sinne der anderen Landtage sein. Ich kann nur empfehlen: Vorsicht an der Bahnsteigkante!

Deswegen mein Appell: Setzen Sie diesen Abfallwirtschaftsplan einfach aus! Denn er wird sowieso in acht Monaten geändert. Schon jetzt hört man in der Landschaft: Das wird noch zu viel Ärger führen. Denn einige in der von der FDP gelobten freien Wirtschaft wittern schon jetzt Morgenluft und fangen an, Landräte zu bedrohen, die vielleicht dem Vorschlag der CDU folgen wollen. Es könnte ja zu freiwilligen Kooperationen zwischen Kommunen kommen. Die freie Wirtschaft wird schon dafür sorgen, dass es das nicht geben wird. Das wollen die nicht; das will auch die FDP nicht.

Schauen wir mal, wie das weitergeht. Ich appelliere nur an Sie – wahrscheinlich ist das zwecklos –, diesen Abfallwirtschaftsplan einfach auszusetzen und die acht Monate zu warten. Dann schauen wir mal, was der Bundestag beschlossen hat. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gatter. – Als nächster Redner

hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Kress das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der SPDFraktion aus 2008 – da hat Stephan Gatter absolut recht – ist total überholt. Er hätte zurückgezogen werden müssen. Aber – das halte ich schon für wichtig – die EU-Rahmenrichtlinie im Entwurf datiert auch aus 2008, lag also 2008 schon vor.

Herr Stephan Gatter hat festgestellt, dass der Antrag modifiziert werden müsste, und den Entschließungsantrag erwähnt. Dieser Entschließungsantrag ist in der Tat eine Rolle rückwärts. Der heute vorgelegte Entschließungsantrag ist dem, was auf der Tagesordnung steht und was auch im Ausschuss behandelt worden ist, diametral entgegengesetzt.

In dem ersten Antrag fordert die SPD – ich zitiere die Drucksache wörtlich –:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf: … endlich die Aufstellung eines rechtsverbindlichen Abfallwirtschaftsplans für den Teilbereich Siedlungsabfälle vorzulegen.

Als dieser Antrag formuliert wurde, lag die EURahmenrichtlinie ebenfalls schon vor. Heute fordern nun die gleichen Unterzeichner mit ihrem Entschließungsantrag die Landesregierung auf, den nunmehr verabschiedeten Abfallwirtschaftsplan – die Forderung ist also erfüllt worden – auszusetzen.