Protocol of the Session on March 11, 2010

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Witzel. – Für die Landesregierung spricht jetzt noch einmal Frau Ministerin Sommer.

Frau Präsidentin! Ich habe mich noch einmal gemeldet, meine Damen und Herren, weil ich ganz gerne auf einige Ausführungen von Frau Beer eingehen möchte.

Frau Beer, bei Ihnen ist es ja so: Gibt man Ihnen die Macht über ein Mikrofon, dann legen Sie los mit

einem Rundumschlag über Schulbezirksgrenzen, Kopfnoten oder die Drittelparität. „G8“ haben Sie heute übrigens vergessen.

Aber ich möchte das aufgreifen und mit einem Bild verbinden, das Herr Solf gezeichnet hat. Er hat gesagt, dass Sie Grüne doch eigentlich verwachsen sind mit dem Bild der Grünen als einer Partei, die Vielfalt will, als einer Partei, die viele Blumen auf der Blumenwiese wachsen lassen will.

(Beifall von den GRÜNEN – Sigrid Beer [GRÜNE]: Ja, so ist das! Wunderbar!)

Meine Damen und Herren, liebe Grüne, wenn Sie jetzt zur Monokultur übergehen wollen, weil Sie die Hauptschulen abschaffen, weil Sie das Gymnasium abschaffen, weil Sie die Realschulen abschaffen und weil Sie möglicherweise jetzt auch – Sie haben sich dazu nicht klar erklärt – die Bekenntnisschulen abschaffen wollen,

(Ralf Jäger [SPD]: Die Hauptschule schaffen die Eltern ab! – Zuruf von Edgar Moron [SPD])

dann führt das dazu – Herr Uhlenberg ist gerade nicht da, aber er könnte Ihnen sehr genau erklären, was passiert, wenn man nur noch Monokultur betreibt –, dass der Boden schlecht wird und die Ergebnisse verkümmern. Das wollen Sie doch sicher nicht. – Danke.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Sommer. – Für die SPD spricht noch einmal Herr Sichau.

(Ralf Witzel [FDP]: Warum entziehen Sie sich denn der Debatte? – Gegenruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das Schönste kommt immer zum Schluss! – Gegenruf von Ralf Witzel [FDP]: Na, dann darf man gespannt sein!)

Meine Damen und Herren, der Redner hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Sommer, ich greife einmal das Stichwort der Monokultur auf. Das ist für das Schulleben ein sehr seltsames Bild, denn wir haben hier Individuen. Sie reden auch immer von Individuen, und Sie vergleichen die dann mit einem Weizen-, mit einem Rüben- oder mit einem Kappesfeld. Das kann ich nicht verstehen. Das muss ich ehrlich sagen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

So, jetzt zu Ihrer Politik – nicht der in NordrheinWestfalen, aber die CDU ist ja nun keine segregierte Partei. Wenn man nach Rheinland-Pfalz und auf die 60er-Jahre guckt, dann versteht man die Dis

kussion überhaupt nicht mehr, wobei ich ganz deutlich sage: Das ist nicht das, was wir wollen. Ich sage es noch einmal: Das ist nicht das, was wir wollen. Aber was ist denn 1969 in der Koalition von CDU und FDP unter Helmut Kohl in Rheinland-Pfalz passiert? Was wohl? – Man hat die Bekenntnisschulen abgeschafft, man hat die christliche Gemeinschaftsschule als einzige Schule eingeführt.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist lange her!)

Und man hat in Art. 36 rheinland-pfälzischen Landesverfassung aufgenommen: Die Lehrer haben ihr Amt als Erzieher nach den Grundsätzen der Verfassung auszuüben.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Ja, aber das ist so. Sie müssen sich auch daran messen lassen, dass Sie, die hier als Verteidiger der Bekenntnisschule auftreten, die in unserer Verfassung steht – wir bekennen uns dazu –, das woanders als gleiche Partei, als gleiche Fraktionen anders gemacht haben. So.

Jetzt zu Einzelaspekten der bisherigen …

(Zuruf von Ministerin Roswitha Müller- Piepenkötter)

(Ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter: Das hat nur noch einen historischen Wert!)

Dieser historische Wert, Frau Müller-Piepenkötter, wirkt aber noch in die Gegenwart. Denn das ist weiterhin so. Es wird auch nicht einfach sein, so etwas zu verändern.

(Beifall von der SPD)

Insofern ist das keine historische Reminiszenz, sondern eine Faktizität, die in der Gegenwart anzutreffen ist. Das ist also keine Rechts-, keine Geschichts- oder Schulhistorie. So.

Zu den einzelnen Punkten, Frau Sommer: In der Verfassung lese ich: die Volksschulen als Gemeinschaftsgrundschulen. Aber dass Sie für die Gemeinschaftsschule werben, das erfreut mich natürlich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Gemeinschaftsschule, das war – es ist im Protokoll nachzulesen – Ihr Ausdruck: Bekenntnisschule, Gemeinschaftsschule. Wir haben bisher von Grundschulen gesprochen.

Wenn Sie erklären, es gehe um die Menschen in den Schulformen: Was heißt das? Das ist ein Allgemeinplatz. So einfach ist das in der Schulpolitik nicht.

Ich komme zu zwei weiteren Punkten aus Ihrem Beitrag. Man muss natürlich in diesem Hause auch die volle Wahrheit sagen. Sie haben das Stichwort des Anmeldeüberhangs in die Diskussion einge

bracht. Wenn der Anmeldeüberhang besteht – ich kenne das von der katholischen Grundschule in Herne –, dann findet keine Mischung mehr statt. Das muss man ehrlicherweise zugestehen. Dann gibt es weder 10% Protestanten noch 10% Muslime.

(Widerspruch von Michael Solf [CDU])

Ja, Herr Solf, so ist es. Ich kann es Ihnen in Herne nachweisen. Wenn es einen Anmeldeüberhang gibt, dann ist das Bekenntnis pur da. Das ist dann auch so vorgesehen. Wie wollen Sie das auch anders machen? Das ist auch ein gewisses Problem, aber das Problem muss man dann an anderer Stelle lösen. Ich habe das vorhin ja gesagt.

(Zuruf von Michael Solf [CDU])

Noch etwas zur guten christlichen Tradition. Wenn Sie mich in meinem Beruf als Pfarrer ansprechen, dann stehe ich dazu, auch zur guten christlichen Tradition. Aber wenn ich hier am Pult stehe, dann weiß ich, dass wir aufgrund unserer Verfassung ein weltanschaulich neutraler Staat sind. Und dies müssen wir ausbalancieren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist ganz wichtig für alle anderen, die in unserem Gemeinwesen leben, auch wenn jeder seinen individuellen Standort hat.

Dann bin ich – wo ist denn jetzt der Herr Kaiser? – bei dem Herrn Kaiser. Herr Kaiser, das ist ein bisschen zu simpel, Bekenntnisschulen in den gleichen Topf mit den Ersatzschulen zu werfen. Die Bekenntnisschule ist eine staatliche Schule.

(Zuruf von Michael Solf [CDU])

(Michael Solf [CDU]: Die Montessori-Schulen sind keine Ersatzschulen!)

Die Montessori-Schulen sind Weltanschauungsschulen, oder was? Da müssen Sie mir weiterhelfen, das kann ich jetzt so schnell nicht buchstabieren. Aber Sie haben auch von anderen Schulen gesprochen, nicht nur von Montessori-Schulen. Da sind Sie in die Nähe der Ersatzschulen gekommen. Das ist nicht das Thema. Aber auch Ersatzschulen finden unsere Wertschätzung. Ich nenne drei Beispiele: die evangelische Gesamtschule in Gelsenkirchen-Bismarck, die Friedensschule in Münster, auch eine Gesamtschule und in der Trägerschaft des Bischofs von Münster, und natürlich die Hiberniaschule in meinem Wahlkreis, eine Gesamtschule besonderer Art, die zugleich Berufsausbildung vermittelt – wobei man gucken muss, Frau Ministerin, in wie weit da noch die Schüler-Lehrer-Relation günstig ist.

(Beifall von Thomas Trampe-Brinkmann [SPD])

Das füge ich an dieser Stelle hinzu; denn wenn Sie Ersatzschulen fördern, dann gehört diese Fragestellung auch dazu.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Ja, Frau Pieper-von Heiden, wenn Sie hier „G8“ ins Gespräch bringen – ich weiß jetzt nicht, wo Sie sitzen, aber ich spreche Sie einfach an –, dann haben Sie sozusagen ein Problematisierungsprogramm des Gymnasiums auf den Tisch gelegt. Die Eltern entscheiden sich nämlich aufgrund dieser verbotenen Kinderarbeit, die in der Sekundarstufe I stattfindet, nicht mehr für das Gymnasium.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)