Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPDFraktion Herrn Kollegen Peschkes das Wort. Bitte schön, Herr Peschkes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Affäre Liechtenstein und den daraus resultierenden Folgen, die für den einen oder anderen ganz unangenehm waren, hätte man meinen sollen, es wäre für Steuer- und Kapitalflüchtlinge ein heilsamer Schock gewesen, weil die Botschaft doch deutlich war: Steueroasen bieten Steuerhinterziehern keinen wirklichen Schutz; erwischt werden sie irgendwann alle.
Aber ich glaube, diese Mutmaßung war dann wohl doch falsch, wie der aktuelle Fall mit der CD-ROM aus der Schweiz zeigt; denn es ist ganz eindeutig: Die Gier kennt keine Grenzen. Und wenn es um private Steuersparmodelle geht, dann kennen die Steuerhinterzieher auch keine Staatsgrenzen und erst recht nicht die Grenzen der Steuergesetze.
Ich war lange in der Finanzverwaltung, und bei uns haben wir immer scherzhaft gesagt: Bei einigen Deutschen ist der Steuerspartrieb stärker ausgeprägt als der Fortpflanzungstrieb.
Aber einmal weniger scherzhaft gesagt – darauf muss man immer wieder hinweisen –: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Straftatbestand; denn Steuerhinterziehung schadet dem Gemeinwesen.
Somit ist es auch zwingend geboten, dass der Staat massiv gegen Steuerhinterziehung vorgeht. Er muss es dann tun, wenn ihm die Möglichkeit dazu geboten wird. Und wenn ihm Daten über Steuerhinterzieher angeboten werden, dann muss er handeln.
und gesagt haben, es müsste alles geprüft werden. Ich glaube, Sie haben bis eben, bis etwa 12 Uhr, gezögert, als dann die ddp-Meldung gekommen ist, dass Sie sich jetzt doch zum Kauf entschlossen hätten. Ihr Langmut war aber in dieser Sache überhaupt nicht angebracht.
Sie sagten, Sie wollten es prüfen. Fakt aber war doch, dass alle Gutachten in der LiechtensteinAffäre und – was für mich persönlich noch viel wichtiger ist – alle anhängigen Strafverfahren in dieser Sache zu dem Schluss gekommen sind, dass gegen Entgelt erworbene Daten auch beim Einsatz gegen Steuerhinterziehung verwendet werden dürfen, und das ist auch gut so. Denn wir müssen uns vergegenwärtigen: Sozialmissbrauch wird zu Recht hart bestraft, in einigen Fällen, wie ich gestern in der „Bild“-Zeitung gelesen habe, sogar mit Gefängnis.
Dabei geht es nun wirklich um überschaubare Beträge. Deshalb ist es für mich auch überhaupt nicht einsehbar, dass auf der anderen Seite Steuerhinterzieher, die das Gemeinwesen Millionenbeträge kosten – man spricht von dreistelligen Millionenbeträgen –, möglicherweise ungeschoren davon kommen, weil sie vermeintliche Verfahrensfehler geltend machen.
Was besonders bemerkenswert für mich ist: Diese Steuerstraftäter wollen sich mit ihren juristischen Spitzfindigkeiten nicht nur der Strafverfolgung entziehen – dafür könnte man ja noch Verständnis haben –, sie wollen sich aber tatsächlich auch der Zahlung der geschuldeten Steuern entziehen. Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis, das ist überhaupt nicht zu akzeptieren, das widerspricht jedem Gerechtigkeitsgedanken.
Peinlich wird es, wenn diese Steuerhinterzieher dann auch noch öffentliche Unterstützung erfahren, zum Beispiel von den marktradikalen Teilen der FDP. Im Übrigen gibt es in der FDP auch andere Meinungen, die ich sehr ernst nehme. Aber marktradikale Teile wollen diese Steuerhinterzieher noch stützen, und was ich auch noch gesehen habe: Der Wirtschaftsflügel der CDU schließt sich dem an. – Da sage ich nur: Mövenpick lässt grüßen!
Geradezu aberwitzig finde ich die Diskussion, die sich bis eben entwickelt hat, wer denn überhaupt die Kosten trägt. Sie scheinen da auf einem Weg zu sein, Herr Finanzminister, obwohl Details noch nicht bekannt sind.
2,5 Millionen € Kosten für diese Steuerdaten stehen im Raum. Auf der anderen Seite stehen 100 Millionen € Mehreinnahmen, einige Berechnungen gehen sogar von 200 Millionen € aus. Dass daraus Mehreinnahmen – auch für den Staatshaushalt bestimmt – erwartet werden, ist doch wohl so eindeutig, dass man über diesen Streit nur den Kopf schütteln
Herr Minister, wenn es da wirklich Schwierigkeiten mit der Aufteilung gibt, dann fragen Sie die Kollegen der Finanzverwaltung. Die wissen, wie das geht. Da gibt es nämlich einen ganz einfachen Schlüssel: Man schlüsselt die Kosten entsprechend den Einnahmen auf. – Das ist deren tägliches Brot. Wenn Sie es also wissen wollen, wenden Sie sich an die. Die helfen Ihnen gerne dabei.
Aber ich will zum Schluss noch eines sagen – meine Redezeit ist fast zu Ende –: Die Mehreinnahmen sind wichtig, insbesondere in diesen Zeiten. Aber noch wichtiger ist, dass von dieser Aktion ein Signal an die Steuerhinterzieher ausgeht, dass sie sich nirgendwo sicher fühlen dürfen: nicht in Deutschland und auch nicht in den Steueroasen; denn Steuerhinterziehung ist kriminell.
Darüber hinaus geht davon ein klares Signal an die Bürgerinnen und Bürger aus, die ihre Steuern ehrlich entrichten. Der ehrliche Steuerzahler muss das Gefühl haben, dass nicht er, sondern der Steuerhinterzieher letztendlich der Dumme ist,
Ich bin, weil Sie alle gegen Steuerflüchtige und gegen Steuerhinterzieher sind, absolut sicher, dass auch die Koalition diesem Eilantrag der SPD zustimmen wird. – Herzlichen Dank.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Manfred Kuhmichel [CDU]: Aber Ihre eigenen Leute sind gar nicht da! Wo sind sie denn?)
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute einen Eilantrag der SPD diskutieren, muss ich festhalten, dass der Antrag eilig gestellt, ja mit heißer Nadel gestrickt wurde, aber wieder einmal den notwendigen Sachverstand und die notwendige Seriosität vermissen lässt, die der Umgang mit einer solchen brisanten Materie erfordert.
Herr Kollege Peschkes, damit, dass Ihre Fraktion mit einer zurzeit im Saal befindlichen Stärke von etwa zehn Leuten
diesem Antrag Bedeutung schenkt, dokumentieren Sie, dass hier Wahlkampfpalaver betrieben und nicht der notwendige Ernst dieser Materie entgegengebracht wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Hintergrund des Antrags vom vergangenen Montag ist klar: Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel versuchte am Sonntag, endlich einmal in der bundesweiten Presse stattzufinden, und forderte – wen auch immer – auf, eine CD-ROM mit mutmaßlich brisanten steuerlichen Daten anzukaufen. Die SPDLandtagsfraktion versuchte dann am Montag, auf diesen abgefahrenen Zug aufzuspringen, und lässt wieder einmal mit ihrem Eilantrag jegliche Seriosität vermissen, die der Umgang mit einer solchen Materie erfordert.
Auch meine Fraktion sähe es gerne, dass die mutmaßlichen Daten ausgewertet und die Steuerhinterzieher zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Anders als die SPD und auch die Grünen betreibt die CDU aber noch keinen Wahlkampf.
(Lachen von der SPD – André Stinka [SPD]: Nein? Waren Sie schon einmal auf einem Neujahrsempfang! – Karl-Heinz Haseloh [SPD]: Die feiern nur Karneval!)
Stattdessen beschäftigt sie sich mit der Materie in der sachgerechten Art und Weise, die ein solch schwieriger Fall erfordert. Und so haben die Bundes- sowie die Landesregierung und insbesondere unser Finanzminister Dr. Linssen genau das getan, was man in einer rechtlich unklaren Situation tun muss, nämlich prüfen zu lassen, ob und wie diese Daten rechtlich zweifelsfrei der Auswertung zugeführt werden können.
Es wäre ein verheerendes Zeichen, wenn Daten, deren Herkunft mehr als zweifelhaft ist und deren Art der Beschaffung auch mir Bauchschmerzen bereitet, mit Steuermitteln angekauft würden und der Bundesgerichtshof oder gar das Bundesverfassungsgericht im Nachgang ein Verwertungsverbot der Informationen feststellen würde.
Darüber hinaus muss vor einem Ankauf natürlich auch geklärt sein, ob die Daten das halten, was das Angebot des Informanten verspricht. Herr Kollege Peschkes, Sie verfügen da vielleicht über mehr Informationen als wir, aber trotzdem glaube ich, dass man das erst einmal in Ruhe auswerten sollte.
Anders, als es der Eilantrag vermuten lässt, ist keine Eile geboten. Ganz im Gegenteil: Die Daten auf
der die unklare Situation derzeit nutzt und Selbstanzeige erstattet, spart der Steuerfahndung viel Zeit in der Aufbereitung und Auswertung der Daten.
Schenkt man der Berichterstattung der „Rheinischen Post“ vom gestrigen Tage Glauben, so sind die ersten Steuersünder mit Selbstanzeigen schon auf dem Weg.