Protocol of the Session on February 3, 2010

Vielen Dank. – Herr Minister, um vielleicht erst einmal mit zwei Falscheinschätzungen aufzuräumen: Das eine ist: Ich mag zwar Westfale sein, habe aber trotzdem Humor,

(Lachen bei der CDU)

weil in meinem Wahlkreis das Westfalenland und das Rheinland vereint sind. Das ist der einzige Wahlkreis in Nordrhein-Westfalen, bei dem dies der Fall ist. So lernen Sie auch noch etwas dazu.

Das Zweite ist: Auch wenn ich nicht Mitglied bei den „Traumtänzern“ bin, bin ich trotzdem Ehrensenator in einem Karnevalsverein in Gelsenkirchen und somit auch Karnevalist.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der SPD)

Jetzt bin ich exkulpiert; das ist richtig.

Wir beide sitzen uns häufiger bei Fragestunden gegenüber. Ich nehme das auch durchaus mit Humor. Nichtsdestotrotz frage ich Sie jetzt ganz ernsthaft, wie Sie es sich erklären können, dass abermals in der Öffentlichkeit – das waren nicht die „Aachener Nachrichten“, sondern die „Aachener Zeitung“, wenn ich es richtig sehe – der Eindruck entstanden ist, dass der Abteilungsleiter Herr Berger verfassungswidrig als steuerfinanzierter Wahlkampfmanager aus der Staatskanzlei wahrgenommen wurde.

Erst einmal Kompliment für den Fifty-fifty-Wahlkreis RheinlandWestfalen! Vor dieser Herausforderung habe ich hohen Respekt. Völlig klar, das ist eine schwierige und ausdauernde Aufgabe.

Zweiter Punkt, Ehrensenator: Jetzt steigt die Achtung, weil ich Sie auf der Liste der Gesellschaften nicht gefunden habe. Sind das „Die Pilssucher“? Das fand ich auch originell. Darüber müssten wir uns vielleicht einmal unterhalten.

Dritter und ernsthafter Punkt: Warum wer etwas wahrnimmt, Herr Töns, das können Sie mich doch

nicht fragen, Entschuldigung. Wenn jemand meint, für seine Einordnung eines bestimmten Mitarbeiters an diesem Abend eine Bestätigung gefunden zu haben, dann kann doch ich, der diese Einschätzung von vornherein für falsch hält, nicht sagen, aha, an dem Abend war es ein Problem. Vielmehr ist es völlig klar: Ich habe Ihnen eben gesagt, dass ich nicht weiß – das können wir gerne klären –, in welcher Funktion, ob überhaupt in irgendeiner Funktion oder schlicht zu seinem Spaß der betroffene Mitarbeiter an dem Abend an der Sitzung oder der Veranstaltung teilgenommen hat.

Deswegen können Sie mich nicht nach der Motivation von Journalisten fragen. Das ist auch intellektuell nicht korrekt. Da müssen Sie die Journalisten fragen und sagen, ob sie recht oder unrecht haben. Das ist völlig okay; das ist das Urteil des Schreibers, und das ist sein gutes Recht. Aber Sie können nicht mich fragen, warum jemand anderer zu irgendwelchen Schlüssen kommt, vor allen Dingen dann nicht, wenn ich sie nicht teile. Das ist, glaube ich, intellektuell nicht in Ordnung.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Schmeltzer hat eine Frage.

Herr Minister, ich glaube, die Sache mit dem Abteilungsleiter Berger wird bei Ihnen noch nicht so ganz rund. Sie sind ja auch Medienminister. Von daher gehe ich davon aus, dass Sie noch intensiver Zeitung lesen, als es andere Kolleginnen und Kollegen tun. In der „Aachener Zeitung“ vom 1. Februar, also von vorgestern, steht nicht, dass irgendeine Wahrnehmung da ist, sondern hier steht wortwörtlich: „Der Wahlkampfmanager aus Rüttgers Staatskanzlei schaute während Rüttgers Auftritt... zu.“

Wenn Sie sagen, sie wüssten noch nicht einmal, in welcher Funktion er da war, wenn Sie sagen, Sie müssten das prüfen und die Antworten nachliefern, dann frage ich mich allerdings und jetzt Sie schon am 3. Februar, warum Sie dieser Presseberichterstattung als Staatskanzlei nicht entgegengetreten sind, um die unzulässige Vermischung von Partei- und Regierungsarbeit zu dementieren.

Herr Schmeltzer, es tut mir furchtbar leid, auch das halte ich für intellektuell nicht gelungen. Es geht hier darum, dass jemand in einen Artikel eine Wertung hineinbringt. Noch einmal: Die Bezeichnung Wahlkampfmanager ist sachlich, fachlich, politisch, in jeder Hinsicht falsch. Wir haben uns oft darüber unterhalten, dass Sie jemanden so deklarieren können. Das ist Ihr gutes Recht. Aber noch einmal: Auch wenn ein Journalist jemanden so deklariert, dann ist das seine Wertung, aber es ist kein Faktum. Das Faktum ist unzutreffend, Punkt.

Wir wissen, dass einige von Ihnen die Funktion anders beschreiben, anders empfinden, anders werten. Darüber haben wir uns hier häufig ausgetauscht, wodurch es aber nicht besser wird. Nochmals: Dies ist in dem Artikel eine Wertung und keine Tatsachenbehauptung. Käme dies als Tatsache daher, dann wäre sie falsch und unzutreffend.

Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Löhrmann, die zweite und letzte Frage. Bitte schön.

Sie werden jetzt an meiner Frage merken, wie unterschiedlich auch Ihre Ausführungen interpretiert werden können. Anders als der Kollege Rudolph habe ich nämlich den Hinweis „gut rübergekommen“ auf einen ganz anderen Zusammenhang bezogen, nämlich auf die B-Note, von der man ja auch spricht. Wir erinnern uns ja alle an die Imagekampagne, unter welchem Titel auch immer Sie sie gerne wegdiskutieren wollen. Bei dem Kinderforum und bei anderen Anlässen gab es genaue Beschreibungen dessen, wie der Ministerpräsident sozusagen am besten „rüberkommt“, um in Ihrer Formulierung zu bleiben. Er springt in Szenen rein und springt wieder raus.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Gab es auch hierzu Regieanweisungen für die Darstellungsformen des Ministerpräsidenten, wenn man von der Textform einmal absieht?

Von unserer Seite nicht; aber ich bin sicher, dass die Veranstalter vom Aachener Karnevalsverein vorher sehr genau überlegt haben, ob er von links oder rechts auf die Bühne zu kommen hat, und dass ihm dies auch gesagt worden ist. Also insofern, wenn ich in Ihrer Diktion bleibe: Es könnte sein, dass es ein Drehbuch gab.

Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Schäfer, bitte schön.

Herr Minister, eine Anmerkung vorab: In Ihren Antworten kommt eines zum Ausdruck, und zwar wenig humorig: dass Sie Landesteile sehr unterschiedlich bewerten. Ich höre viel Abfälliges über Westfalen.

(Lachen und Widerspruch von Minister And- reas Krautscheid)

Das einmal vorab!

(Minister Andreas Krautscheid: Wo denn?)

Meine Frage bezieht sich auf Ihre Vorbereitung dieser Fragestunde. Sie haben akribisch recherchiert, welche Neujahrsreden SPD-Abgeordnete irgendwo gehalten haben, und haben sie offensicht

lich in Textform vorliegen, wozu ich anmerke, dass Abgeordnete keine Redenschreiber haben.

Offensichtlich haben Sie nicht recherchiert, ob Herr Berger oder welche Leute überhaupt den Ministerpräsidenten bei dieser Veranstaltung begleitet haben. Wie schätzen Sie denn Ihre eigene Vorbereitung dieser Dringlichen Anfrage in diesem Zusammenhang ein?

Herr Minister, bitte schön, Sie können antworten.

Werte Frau Schäfer, um eines sehr scharf und klar zu sagen: Ich habe mich hier in keiner Sekunde negativ über irgendwelche Landesteile geäußert. Ich habe das Wort Westfalen nur ein einziges Mal in den Mund genommen, als ich mit Kompliment – das war nicht ironisch gemeint – gesagt habe: Es ist ja eine besondere Herausforderung, bei Herrn Töns beide Landesteile in einem Wahlkreis zu sehen, im einzigen, wie er gesagt hat. Ansonsten habe ich das Wort Westfalen in keiner Sekunde heute Nachmittag in den Mund genommen; es gab nämlich auch nicht den geringsten Anlass dafür.

Ansonsten – vielleicht hilft das sogar – habe ich mich auf die Frage von Herrn Hollstein sogar kritisch zu bestimmten Bestandteilen von Sitzungen in der rheinischen Karnevalshochburg geäußert. Das wird mir auch noch nachlaufen; das ist ebenfalls klar. Also bitte noch einmal: Es gab keinen Unterton. Ich habe das Wort Westfalen nur einmal in den Mund genommen, und dies, als Herr Kollege Töns mit Recht auf die Besonderheit seines Wahlkreises hingewiesen hat; das war alles.

Zweitens, zur Vorbereitung: Ich richte meine Vorbereitung – das wird Sie vielleicht nicht überraschen – an der Fragestellung aus. Die Fragestellung hieß: „Wie viele externe Redenschreiber …?“ Und so weiter. Da in den letzten Tagen mehrfach darüber gesprochen worden ist, dass die Rede schon einmal an bestimmten Orten teilweise Verwendung gefunden habe, lag meines Erachtens nicht fern, zu sagen, das ist nichts Besonderes, und sich gewisse Beweisstücke, wenn Sie so wollen, aus Ihren Reihen dafür zu suchen, dass es nämlich völlig selbstverständlich ist, dass wir alle, wenn wir denn einmal gelungene Redebestandteile zu haben glauben, diese mehr als einmal benutzen.

Auf die Frage, in welcher Funktion jemand in Aachen bei einer Karnevalssitzung ist, bin ich, ehrlich gesagt, bei der Vorbereitung so tief nicht gekommen. Ich habe aber angeboten, dass ich das gerne aufkläre. Ich halte die Frage eben nicht für so nahe liegend wie die anderen Teile. Das ist alles.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Dr. Rudolph, zweite und letzte Frage. Bitte.

Herr Minister, Westfalen können wahrscheinlich genauso gut zuhören wie Rheinländer. Sie haben vorhin gesagt: Die Nachfolge Merz sei aller Ehren wert. Deswegen frage ich Sie, ob sich dies jetzt nur auf die Nachfolge als Ordensritter bezieht. Oder machen Sie dem Parlament Hoffnung, dass auch Herr Rüttgers bald den Ausstieg aus der deutschen Politik suchen wird?

(Heiterkeit bei der SPD)

Und wecken Sie damit bei uns die Befürchtung, dass Sie sich als seinen Nachfolger sehen könnten?

(Heiterkeit bei der SPD)

Das muss ich jetzt wieder unter „gelungenen humoristischen Beitrag“ abbuchen.

Wir reden die ganze Zeit über eine Veranstaltung am vergangenen Samstagabend, bei der es offensichtlich eine auch dem Veranstalter wichtige Frage war, wer alles schon Vorläufer in dieser Funktion als Ordensritter gewesen ist. Man sieht das an der Aufmachung und im Saal, und es gibt einen eigenen Empfang der Ordensritter, soweit ich weiß. Meines Erachtens ist das in dieser Funktion eine außerordentlich ehrenwerte Kette.

Ansonsten kann ich nur sagen: So wie ich den Ministerpräsidenten und seine Tatfreude, seine Schaffenskraft und alles andere in den letzten Wochen und vor allen Dingen in Bezug auf die nächsten Wochen einschätze – das werden wir alle miteinander noch kennenlernen –, haben wir die große Hoffnung, dass er uns allen in dieser Funktion auch nach einem bestimmten Datum erhalten bleibt.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich weise darauf hin, dass die Zeit für die Fragestunde abgelaufen ist. Ich lasse keine weiteren Fragen mehr zu. Diejenigen, die wir noch aufrufen können, rufen wir noch auf; dann ist die Fragestunde beendet.

Als nächster Fragesteller hat sich Herr Solf gemeldet. Bitte schön, Herr Solf.

Herr Minister, halten Sie es für möglich, dass der eben von Ihnen zitierte Wilhelm Busch die heutige Fragestunde erahnt hat, als er weiland folgendermaßen textete?

Wer immer nur mit den Augen des Argwohns schaut, sieht Würmer selbst im Sauerkraut.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Ihre Antwort.

Herr Abgeordneter Solf, Ihre Belesenheit beschämt mich. Ich will versuchen, einen wohlwollenden Schlussstrich aus meiner Sicht zu ziehen.

Ich war sehr gespannt, in welche Richtung sich diese Fragestunde heute entwickeln würde. Sie war in Teilen etwas verbiesterter, als ich gehofft habe. Aber es gab auch berechtigte Fragen, die ich nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten versucht habe. Hinsichtlich des Rests kann man hoffen: Diese Stunde des Parlaments ist zwar im Protokoll für viele von uns und auch für die Bevölkerung nachlesbar. Sie ist aber nicht live übertragen worden, und im Gegensatz zum vergangenen Samstagabend ist es vielleicht auch kein Verlust.