Ich hoffe, dass es, wie mehrfach zugesagt, nicht bei einem bloßen Modellversuchsgesetz für den Campus bleibt, sondern dass es wirklich eine Wirkung auf viele andere Standorte in Nordrhein-Westfalen hat, damit man an verschiedenen Standorten den Vergleich miteinander machen kann und eine breite Ausbildungsmöglichkeit für Menschen in NordrheinWestfalen hat – hin zur Akademisierung und Professionalisierung.
Daher gibt es einige Fragen – die Kollegin Gebhard hat sie eben aufgeworfen –, die wir zum Teil in Anhörung und Ausschuss gestellt haben, die nach wie vor nicht beantwortet worden sind, weil man sie im Gesetz nicht beantworten wollte,
wie die Frage nach der generalistischen Ausbildung. Dafür hat man dann die Verordnung. Die Verordnung geht jedoch einen anderen Weg. Die Verordnung ist anders zu ändern als ein Gesetz.
Das ist der niedrigschwellige Weg, auf dem man, wann immer man möchte, an vielen Stellen etwas ändern kann. Das ist nicht von der Dimension und Tragweite wie eine Regelung im Gesetz. Deswegen hätten wir uns auch gewünscht, eine Reihe von anderen Punkten nicht in die Verordnung zu schieben, sondern grundsätzlich jetzt und an dieser Stelle im Gesetz zu verankern und sie damit eindeutig zu etablieren.
Für uns ist klar, dass es in vielen Bereichen eine ganz andere Aufhebung der Trennung der unterschiedlichen Berufe nebeneinander gibt. Schon heute ist klar, dass man in vielen Handlungsfeldern – egal, ob Kinderkrankenpflege-, Krankenpflege- oder Altenpflegeausbildung – diese Segmentierung aufheben muss und dass man an ganz anderes, generalistisches Ausbildungsniveau braucht, damit die Menschen in unterschiedlichen Bereichen tätig sein können, auch weil die Grenzen zwischen den Anforderungen gleitend sind und die Anforderungen eben nicht wie heute die Berufsbilder klar voneinander zu trennen und auseinanderzuhalten sind.
Wir finden, dass man noch klarer und deutlicher hätte klären müssen, welche Rolle die heutigen Fachschulen und die Praxis in diesem Zusammenhang spielen. Das ist weder mit dem Gesetz noch bisher aus meiner Sicht mit den weiteren Ausführungsbestimmungen geklärt. Von daher hätten wir uns da klarere Worte und klarere Regelungen im Gesetz gewünscht.
Man muss aber davor warnen, wenn wir jetzt mit einem solchen Modellversuch ein kleines Segment öffnen, den Blick für das, was darüber hinaus im Land an Ausbildung haben, zu verlieren. Wir haben in Nordrhein-Westfalen nach wie vor eine Situation, in der es den Fachseminaren nicht wirklich gut geht und wir sehr viele Beschwerden aus den Fachseminaren hören. Wir müssen aufpassen, dass durch Fehler, die in der Vergangenheit passiert sind, wie zum Beispiel mit der Kürzung der Fachpauschale, nicht das Niveau und die Qualität in den Fachseminaren ausgeblutet werden und sinken – mit dem Argument: Wir haben ja jetzt einen Modellversuch und eine Akademisierung.
Das darf nicht passieren. Deswegen hoffe ich, dass hier noch einmal genau hingeschaut wird und eine qualitative Verbesserung und eine bessere finanzielle Ausstattung für die Fachseminare perspektivisch in den Blick genommen werden, damit nicht das eine einen besseren Stand erhält und das andere qualitätsmäßig die Spirale nach unten bekommt.
Wir werden dem Gesetzentwurf trotzdem zustimmen und hoffen, dass es in der weiteren Ausgestaltung an der einen oder anderen Stelle die Diskussion im Ausschuss geben wird, um die vorhandenen Bedenken weiter in das Verfahren einzuspeisen. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal bin ich der Meinung, dass die heutige Gesetzesverabschiedung ein guter Punkt für die Weiterentwicklung der Pflegeberufe in Nordrhein-Westfalen ist.
Wir können nicht alles verkehrt gemacht haben. Denn die Opposition hat nicht gegen den Errichtungsbeschluss der Fachhochschule in Bochum gestimmt. Sie konnten sich zwar auch nicht dafür entscheiden, haben sich enthalten. Gut. Enthaltung ist auch eine Meinung von Politik, nämlich keine.
Damit sind wir erst einmal an einem Zwischenpunkt der Weiterentwicklung der Pflegeberufe in Nordrhein-Westfalen.
Ich möchte ganz klar sagen, dass wir als Landesregierung – auch ich als Gesundheitsminister – überhaupt nicht vorhaben, die bodenständige Berufsausbildung, wie wir sie heute in der Alten- und in der Krankenpflege kennen, durch eine Akademisierung zu ersetzen, sondern es geht um eine Ergänzung.
Es ist uns – Nordrhein-Westfalen – zu verdanken, dass wir überhaupt die Möglichkeiten haben, diese Modelle außerhalb der Krankenpflege, in der das schon immer ging, zu fahren. Denn im Vorgriff auf die Überlegung, eine solche Fachhochschule für Gesundheitsberufe zu machen, mussten erst einmal in Berlin Gesetze geändert werden, weil wir Länder nur die Berechtigung hatten, solche Modellstudiengänge in der Kranken- und in der Altenpflege zu machen. In allen anderen nichtakademischen Gesundheitsberufen durften wir Länder das aufgrund der Bundesgesetzgebung überhaupt nicht. Ich bin sehr froh, dass das gelungen ist. Das war nämlich die Voraussetzung, das Gesetz von heute vorzulegen, dass man Modellstudiengänge machen kann.
Zweiter Punkt: Ich wünsche mir sehr, dass wir in den Pflegeberufen zu einer generalistischen Ausbildung kommen, höre auch mit Vergnügen, dass das im Landtag Nordrhein-Westfalen unstrittig ist. Die Modellstudiengänge, die wir Ihnen vorlegen, ermöglichen in diesen Modellstudiengängen überall generalistische Ausbildung, weil es Modelle sind. Jetzt kommt aber der Pferdefuß: Da der Bund die Berufsabschlüsse vorgibt, die nun mal nicht in Länderkompetenz liegen, wird am Ende der Berufsabschluss Altenpflege oder Krankenpflege stehen.
Frau Gebhard, wissen Sie, Ulla Schmidt hat es über zehn Jahre nicht geschafft, die generalistische Ausbildung einzuführen. Es wurde eine Evaluation nach der anderen gemacht, aber nichts entschieden. Ich
hoffe schon, dass wir das in der nächsten Zeit entschieden bekommen. Ich weiß auch, dass es wahrscheinlich im Bundesgesundheitsministerium in dieser Frage eine sehr konservative – ich weiß nicht, was das mit konservativ zu tun hat –, eine beharrende Fachabteilung geben muss, die um Gottes willen an den Zöpfen, die sich über lange Zeit entwickelt haben, gar nichts verändern will. Ich weiß nur, wenn man sich …
Der ist 100 Tage im Amt, und Sie haben es in zehn Jahren nicht hingekriegt. Halten Sie erst mal noch ein paar Tage den Mund!
Ach, wissen Sie, wer zehn Jahre nichts gemacht hat, der sollte wenigstens ein bisschen den Mund halten.
Wer 39 Jahre in Nordrhein-Westfalen regiert hat, ohne einen einzigen Modellstudiengang in der Pflege auf die Beine zu bringen, soll bitte auch mal den Mund halten.
Ich möchte gerne einen weiteren Bereich ansprechen. Wir werden natürlich bei der Frage, wie viele Modellstudiengänge man zulässt, als verantwortungsvolles Ministerium auch im Auge haben müssen, wie sich der Arbeitsmarkt für diese Modellstudiengänge in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland entwickelt. Denn ich halte es auch nicht für verantwortbar, viele Menschen auf die Spur eines Studiums zu setzen, wenn heute keiner von uns weiß, weil es neu ist, wie sich dafür adäquate Arbeitsplätze bei uns im Land entwickeln werden.
Natürlich – Frau Gebhard, da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht – wird man auch sehr im Auge haben müssen, dass diejenigen, die über die bodenständige Ausbildung in die Pflegeberufe gekommen
sind, jede Chance zum Aufstieg haben. Das ist ein wichtiger Grundsatz, den wir dabei im Auge behalten werden.
Meine Damen und Herren, auch das möchte ich einmal sagen: Ein Grund, warum wir es zumindest mit der Fachhochschule in Bochum erreichen wollen, dass diese Studiengänge in der dualen Ausbildung angeboten werden und das Studium parallel gemacht wird, ist auch: Ich möchte gerne, dass die Leute in überschaubaren Zeiträumen zu diesen Fachhochschulabschlüssen kommen können. In manchen Bereichen der Pflegeszene war es üblich, erst drei Jahre bodenständige Ausbildung, dann die Vorschrift „viele Jahre Berufserfahrung“, und dann durfte man mal studieren. Die Ausbildungswege in der Pflege waren zum Teil länger als ein Medizinstudium. Das war doch auch nicht richtig. Das haben Sie jahrelang laufen lassen.
Deswegen glaube ich, dass das duale Studium eine Möglichkeit ist, mit der wir das in überschaubaren und vernünftigen Zeiträumen hinbekommen.
Ein allerletzter Gedanke, der mir in dieser Debatte wichtig ist, hier und da einmal geäußert wird: Mit den akademisierten Pflegefachberufen oder den nichtakademischen medizinischen Berufen verfolge ich nicht die Intention, eine Konkurrenz zur Ärzteschaft aufzubauen. Ich persönlich glaube nicht, dass man Ärztemangel dadurch begegnen kann, dass man diese Studiengänge einführt. Dem Ärztemangel muss man dadurch begegnen, dass man die Ausbildungszahlen für Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland wieder nach oben schraubt. Diese Zahlen sind jahrelang nach unten geschraubt worden, und zwar nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Meiner Meinung nach ist der Arzt durch diese Abschlüsse nicht ersetzbar. Deren Betätigungsfelder sehe ich eher in einer anspruchsvollen Forschung, Begleitung und konzeptionellen Weiterentwicklung, etwa in der Versorgungssicherheit und vielen anderen Fragen.
Wenn wir das so angehen, erleben wir ein Stück Aufwertung auch der nichtakademischen medizinischen Berufe. Das ist gut so. Man kann auf dem Wege sicherlich auch zu einer guten Austarierung der verschiedenen Arbeitsangebote im Gesundheitswesen kommen.
Ich will mich beim Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales und auch bei Herrn Garbrecht dafür bedanken, dass wir diese Gesetzgebung so durchgeführt haben, wie wir sie durchführen, und den Beschluss noch in dieser Wahlperiode im nordrhein-westfälischen Landtag hinbekommen.
Jetzt können die Planungen zur Weiterentwicklung ihren Gang nehmen. Das ist etwas Positives, was in den nächsten Wochen und Monaten in Nordrhein-Westfalen um sich greifen wird. – Danke schön.