Protocol of the Session on January 21, 2010

Es wird wieder investiert, es werden neue Auszubildende eingestellt, und dann kann es auch gelingen, so wie das in den letzten fünf Jahren der Fall war, die Jugendarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen um ein Drittel zu reduzieren. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir in der letzten Wahlperiode ganze Debattentage zu Recht mit diesem drängenden, quälenden Problem in Nordrhein-Westfalen verbracht haben, als es so aussah, als würde die Jugendarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen völlig aus dem Ruder laufen. Sie war auch aus dem Ruder gelaufen, und Rot-Grün hatte überhaupt kein Mittel, diesen jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu geben. Unsere Bilanz lautet: 33 % weniger jugendliche Arbeitslose unter 25 Jahren, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Damit treten wir gerne vor die Wähler.

Ich darf einen weiteren Punkt kurz ansprechen: „Zukunft durch Innovation“. Da lautet die Kernbotschaft der Zukunftskommission – ich zitiere wieder –,

dass Nordrhein-Westfalen in den kommenden Jahrzehnten Geld und Energie der Aufgabe widmen muss, im Hinblick auf Forschung und Entwicklung unter die Besten Deutschlands und Europas zu kommen.

Ich glaube, wir können mit Fug und Recht nach fünf Jahren unserer Regierungsverantwortung feststellen: Wir sind auch in diesem Bereich auf einem außerordentlich erfolgreichen Weg. Das wird uns freundlicherweise auch gerade wieder von der Bertelsmann-Studie bestätigt:

Bemühungen der Landesregierung, die Rahmenbedingungen für Innovationen zu verbessern, sind bereits sichtbar. Viele ausländische

wie heimische Firmen loben den Standort NRW wegen der guten Vernetzung sowie der Qualität von Wissenschaft und Forschung. NordrheinWestfalen setzt auf die vielversprechende Strategie „mehr Geld, mehr Freiheit“ und gewährt so mehr Mittel und Freiräume für dezentrale Entscheidungen an den Hochschulen.

Das ist die Realität, und sie wird auch in dieser Studie bestätigt, meine Damen und Herren. In den vergangenen drei Jahren wurden in NordrheinWestfalen 19 neue Spitzenforschungsinstitute, Hightech-Labore und Denkfabriken eingerichtet. So viel zusätzliche Wissenschaftsexzellenz hat im Vergleichszeitraum kein anderes Bundesland für sich gewinnen können.

(Beifall von der FDP)

Wir holen im Bereich Innovation, Spitzenforschung immer weiter auf, natürlich auch deshalb, weil wir die Ausgaben erhöht haben. Es war, Herr Finanzminister, Jahr für Jahr ein gewaltiger Kraftakt, diese zusätzlichen Mittel in den Bereichen Schule, Bildung, Hochschule und Innovation zu mobilisieren. Wir haben diese Akzente gesetzt. Die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung steigen in diesem Jahr noch einmal um über 700 Millionen € und damit insgesamt um rund 14 % gegenüber 2005. Die Haushaltsansätze für Innovationsförderung steigen in diesem Jahr noch einmal um 6 % gegenüber 2009.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Wir machen also genau das, was uns die Zukunftskommission als zentralen Pfad für NordrheinWestfalen anempfiehlt.

Ich darf zum Schluss noch einmal kurz auf das Thema Schulpolitik zu sprechen kommen, weil uns die Kommission hier auch wichtige Anregungen gegeben hat. So fordert die Kommission – ich zitiere – mehr Autonomie für jede einzelne Schule bei Personalfragen und Ausgabeentscheidungen.

Mit der Eigenverantwortlichen Schule haben wir in dieser Wahlperiode bereits große Schritte in dieser Richtung unternommen. Wir haben Entscheidungsbefugnisse an die Schulen übertragen und wollen die Autonomie der Schulen in den nächsten Jahren weiter erhöhen. Nach dem Vorbild des erfolgreichen Hochschulfreiheitsgesetzes wollen wir auch ein Schulfreiheitsgesetz auf den Weg bringen.

(Karl Schultheis [SPD]: Um Gottes willen!)

Das hat bei den Hochschulen funktioniert und es hat in dieser Wahlperiode auch an den Schulen funktioniert, Frau Schulministerin.

(Karl Schultheis [SPD]: Wer erzählt das denn?)

Wir können diesen Weg weiter beschreiten. Wir wollen den Schulen weitestgehende pädagogische, personelle und finanzielle Entscheidungsfreiheit

lassen. Das eröffnet den Schulen größere Gestaltungsmöglichkeiten, um auf die individuellen Erfordernisse in den Bildungsbiografien der Schülerinnen und Schüler eingehen zu können.

(Thomas Trampe-Brinkmann [SPD]: Dann geben Sie auch den Kommunen mehr!)

Das gilt auch für die Frage nach der Schulstruktur. Wir sind der festen Überzeugung: Eine Schulstrukturdebatte ist nicht das, was die Menschen in Nordrhein-Westfalen von der Schulpolitik erwarten.

(Beifall von der FDP)

Sie erwarten, dass möglichst kein Unterricht ausfällt

(Ewald Groth [GRÜNE]: Ihr habt dazu nichts beigetragen!)

und dass die Kinder in möglichst kleinen Klassen mit einer möglichst günstigen Schüler-LehrerRelation individuell betreut werden können. Das ist die Erwartungshaltung.

(Beifall von der FDP)

Frau Kollegin Löhrmann und Frau Kollegin Kraft, deshalb sage ich noch einmal: Ich wünsche Ihnen viel Freude bei dem Schulkrieg, den Sie in den nächsten Wochen und Monaten in NordrheinWestfalen vom Zaun brechen wollen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Menschen in NordrheinWestfalen darauf reagieren werden,

(Beifall von der FDP)

wenn Sie gemeinsam mit der Linkspartei mit der Botschaft antreten, dass Sie das bewährte begabungsgerechte Schulsystem zugunsten einer Einheitsschule abschaffen wollen.

(Frank Sichau [SPD]: Das ist Ideologie, was Sie erzählen! – Weitere Zurufe)

Das wird eine Reise!

(Beifall von der FDP – Zuruf von der SPD: Skandalös!)

Wir sehen natürlich auch die Notwendigkeit der Weiterentwicklung.

(Zurufe)

Deshalb wollen wir – Sie wissen, dass sich die FDP klar dazu bekannt hat – den Schulen zusätzliche Möglichkeiten einräumen, um in der nächsten Wahlperiode auf die Situation vor Ort flexibel zu reagieren, damit sie auch in Zeiten des demografischen Wandels und deutlich zurückgehender Schülerzahlen vor Ort ein möglichst vielfältiges Bildungsangebot vorhalten können. Darauf werden wir Antworten geben müssen. Wir sind dazu bereit – aber im Sinne einer vernünftigen, angemessenen Weiterentwicklung unseres bewährten Schulsystems und nicht dadurch – so wie die Opposition es will –, dass wir unser bewährtes Schulsystem aus rein ideologischen Gründen abschaffen, um möglichst

alle Kinder frühzeitig in eine Einheitsschule zu stecken. Das wollen die Menschen nicht.

(Frank Sichau [SPD]: Die gehen in eine Ein- heitsschule, sobald sie in eine Schule gehen! Das wissen Sie: die Grundschule!)

Das werden Sie erleben. Schauen Sie sich einmal an, was in Hamburg passiert. Schauen Sie sich an, was in Berlin passiert. Ich kann Ihnen versichern, die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen werden sich anschauen, was da passiert. Sie werden das nicht wollen.

Wir haben alle Chancen, mit einer hervorragenden Bilanz auf dem Pfad weiterzugehen, den der Ministerpräsident heute dargelegt hat. Wir nehmen die Anregungen der Zukunftskommission auf diesem Wege mit und werden daraus weitere Maßnahmen ableiten und umsetzen, damit Nordrhein-Westfalen seinen Weg an die Spitze der europäischen Standorte entschlossen weitergehen kann. – Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Papke. – Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Fraktionsvorsitzende Frau Löhrmann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange gern direkt mit dem Thema an, mit dem Sie aufgehört haben, Herr Papke, bei dem Sie sich so siegessicher sind, dass Sie mit Ihrem Vorschlag zum Thema Schule die Zeichen der Zeit erkannt hätten.

Wer sich von vornherein im Denken beschneidet und die Kommunen einschränken will, dass sie nicht alle Bildungsgänge in einem organischen Prozess in einer Schule führen können, auch nicht aufgrund von Mehrheiten in CDU-geführten Kommunen, belegt doch direkt am Anfang, wo seine Zukunftsgedanken und Zukunftsvisionen aufhören, und bleibt in einem alten Denken von einem begabungsgerechten Bildungssystem stecken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist doch der beste Beweis, dass Sie sich beschränken, Herr Papke. Wenn Sie sich auf den Wahlkampf in dieser Frage freuen – ich selbst tue das auch –, dann will ich Ihnen nur sagen, dass selbst Ihr jetziger Koalitionspartner – insbesondere in Person von Herrn Wüst – Sie in den Angriff „Einheitsschule“ einbezieht. Er wirft Ihnen doch auch vor, eine „Einheitsschule light“ machen zu wollen. Seien Sie also vorsichtig mit diesem Kampfbegriff, der nicht weiterführt, wenn es darum geht, innovative Schulen und innovative Schulentwicklungen in Nordrhein-Westfalen in Gang zu setzen und den

Kommunen, die es wollen, mehr Möglichkeiten dazu zu geben!

Wir gehen ganz gelassen in diese Situation. Wir stehen dafür, dass es keinen Schulkampf in Nordrhein-Westfalen gibt, sondern eine Schulentwicklung, die die Eltern und die Kommunen wollen und die gut für die Kinder ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Seien Sie also ein bisschen vorsichtig.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Seit wann zitieren Sie denn Herrn Wüst, Frau Kollegin?)