Protocol of the Session on January 21, 2010

mehr Lehrerinnen und Lehrer, mehr Erzieherinnen und Erzieher, mehr Geld, 2,7 Milliarden € mehr für die Bildung in die Herzen, in die Köpfe unserer Kinder.

(Gisela Walsken [SPD]: Wo denn gespart?)

Das haben wir gemacht, und das ist uns dadurch ermöglicht worden!

(Beifall von CDU und FDP)

Ich bin froh, dass wir angesichts der Krise so gehandelt haben. Wo ständen wir denn, wenn wir so weitergemacht hätten wie Sie in dieser Krise? Wir wären doch platt! Wir wären doch blank!

(Beifall von CDU und FDP)

Wir hätten doch alles abschreiben können, was Sie uns hier anempfehlen!

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie haben doch eben die Ernsthaftigkeit betont!)

Frau Kollegin Löhrmann, Sie scheinen mir sehr nervös und überfordert von Ihrer Rolle.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Sylvia Löhr- mann [GRÜNE])

Frau Kollegin Löhrmann, wenn ich Bezug auf einen Zukunftsrat nehme, dessen Einsetzung Sie in Zeiten Ihrer Regierungsverantwortung mit zu verantworten hatten, und Sie meinen, sich darüber lächerlich machen zu müssen, dann wirft das ein richtig schiefes Bild auf Sie.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Ich rate Ihnen, ein bisschen mehr Zurückhaltung an den Tag zu legen. Dann sehen Sie auch besser aus.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Sie hatten ja als Landesregierung, als SPD und Grüne die Chance, sich von diesem Zukunftsrat inspirieren zu lassen, eine neue Politik zu formulieren. Diese Chance hatten Sie doch, und diese Chance haben Sie nicht genutzt. Dem damaligen Ministerpräsidenten waren darin zu viele harte Nüsse.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Wie sind Sie denn damals mit diesen Empfehlungen umgegangen? Die sind bezeichnend und sprechen vielem Hohn, was Frau Kollegin Kraft vorhin so beredt dargelegt hat. Nicht einmal der Ministerpräsident, sondern die stellvertretende Ministerpräsidentin hat diese Empfehlungen des Zukunftsrats 2004 an den Präsidenten des Landtags überstellt. Die Stellvertreterin, nicht einmal der Ministerpräsident! Dann ist es hier angekommen und versenkt worden. Keiner von Ihnen hat dieses Thema noch einmal aufgegriffen! Keiner hat irgendeine Vorstellung, irgendeine Empfehlung dazu zum Gegenstand der Debatte gemacht!

(Beifall von der CDU – Zuruf von Horst Engel [FDP])

Frau Kollegin Kraft, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass wir Kreativität brauchen. Was haben Sie damals gedacht, als das alles so ablief? Wer gibt Ihnen denn noch einmal Rat, wenn so mit dem Rat umgegangen wird, den Sie in die Mülltonne kloppen, nur, weil es Ihnen unbequem ist? Das ist der Unterschied zwischen der alten und der neuen Regierung, zwischen der alten und der neuen Mehrheit. Ihnen bedeutete Zukunft nicht mehr als ein öder Fototermin.

Für die neue Landesregierung, für uns alle bedeutet Zukunft konkrete Mitarbeit, Umsetzung, sich kümmern um die Zukunftsfragen unseres Landes, sich einsetzen, einbringen, etwas veranstalten. Das machen wir; wir setzen um.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Gisela Walsken [SPD])

Wenn Sie, Frau Kollegin Kraft, das Thema Kommunen so beredt ansprechen,

(Hannelore Kraft [SPD]: Habe ich gar nicht vor!)

dann möchte ich aus einem Dokument zitieren, worauf Sie mehrfach Bezug nahmen, nämlich aus der Bertelsmann-Studie der letzten Tage, die auch aus meiner Sicht durchaus kritisch zu sehen ist. Man muss sich nur entscheiden, ob man sie in Gänze oder in Teilen kritisch wertet.

Unter der Überschrift „Solide finanzielle Ausstattung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen“ steht dort – ich zitiere –:

Die Finanzkraft der nordrhein-westfälischen Kommunen ist deutlich größer als in weniger dezentral organisierten Bundesländern. Mit 63,2 % ist der Anteil der kommunalen Einnahmen am Gesamtbudget des Landes mit Abstand der höchste im ganzen Bundesgebiet (Länderdurchschnitt: 40,8 %).

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Sorry, entweder sagen Sie „Das stimmt“ oder „Das stimmt nicht“. Offensichtlich haben Sie keine Möglichkeit, zu sagen: Das stimmt nicht. Offenkundig haben Sie die ausschließliche Absicht, aufzumöbeln, Leute auf die Zäune zu bringen, zu vergessen, dass wir die Leute nicht auf den Zäunen brauchen, sondern auf dem Stuhl, auf dem darüber geredet werden kann, wie die Situation verbessert wird.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie sollten dieser Landesregierung, diesem Ministerpräsidenten dankbar sein, dass er so für die KdURegelung streitet, für eine, die für NordrheinWestfalen, für die Kommunen in unserem Land auskömmlich ist!

(Beifall von Horst Engel [FDP])

Das verdient doch Anerkennung. Fallen Sie ihm doch nicht in den Rücken, wenn Sie es mit unseren Kommunen wirklich ernst meinen!

(Beifall von CDU und FDP)

Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass es erstmals – wahrscheinlich im März – gelingen wird, dass sich Kommunen, Länder und Bund auf Augenhöhe treffen werden, um miteinander darüber zu sprechen, wie man eine sinnvolle Aufteilung von Aufgaben und Ausgaben klarziehen kann! Das ist doch ein gewaltiger Fortschritt, der dieser Regierungsbank zu verdanken ist und keinem anderen! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Sie Strukturen und Einzelfälle beklagen, dann sage ich Ihnen, dass die Strukturen, die Sie beklagen, hier in über 30 Jahren gewachsen sind, Schicht für Schicht in jedem Jahr. Und wir sind nun dabei, das zu bessern, was Sie uns hinterlassen haben!

(Beifall von CDU und FDP)

Das bleibt doch Fakt; das können Sie doch nicht wegdiskutieren!

Sie werfen dem Ministerpräsidenten mangelnde Kenntnis von Lebenssachverhalten vor. Wissen Sie, wir sind Abgeordnete in unseren Wahlkreisen. Wir brauchen keine Nachhilfe.

(Gisela Walsken [SPD]: Ganz schön arro- gant!)

Wir sind täglich unterwegs. Wir kümmern uns um die Menschen. Wir wissen, was in den Betrieben los ist. Wir wissen, was im Nahverkehr los ist. Wir brauchen keine Belehrung über Einzelfälle, die Sie immer finden werden, wie der Zustand unseres Landes sei.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Wir kennen den, glauben Sie es uns!

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, wenn Sie in der kommenden Legislatur eine neue Kommission einrichten – das hält im Übrigen frisch und eröffnet Perspektiven über 2015 hinaus –, dann habe ich eine Bitte, eine Anregung, eine Empfehlung. Natürlich wird da das Thema Bildung in all seinen Facetten eine Rolle spielen müssen, weil Bildung die zentrale Zukunftsfrage schlechthin ist. Aber ich fände es spannend, weil es mich umtreibt, wenn es gelänge, innerhalb des Themas Bildung folgende Fragen aufzurufen: Wie vollzieht sich eigentlich Lernen? Wie funktioniert dieses Lernen eigentlich? Was sind denn eigentlich Bedingungen für gelingendes Lernen? Oder: Wann kann ich ein Kind, einen Jugendlichen in welchem Alter wie bestmöglich erreichen, sodass das, was ich ihm nahelegen, nahebringen will, wozu ich ihn anregen will zu verstehen, von ihm auch bestmöglich verstanden wird? Diese Fragen treiben mich um; denn sie sind fundamental.

Es ist ja nicht so – Sie haben ansatzweise darauf hingewiesen –, als ob wir noch im Stand der Erkenntnis des Jahres 1970 oder 1960 seien. Wir haben in den letzten Jahren unglaublich viel an neuem Wissen über die Lebenswissenschaften, über die Geisteswissenschaften dazuerhalten – Wissen, das in den Köpfen derer, die sich um Bildung kümmern, oder gar in unseren Unterrichtsmaterialien noch längst nicht angekommen ist.

Wir wissen, dass gute Laune – Sie haben sich bei meiner letzten Rede darüber lustig gemacht, Frau Kraft – eine fundamentale Bedeutung für Lernprozesse hat. Die spannende Frage ist: Wie gelingt es, unsere Bildungseinrichtungen angstfreier zu gestalten? Wie gelingt es, eine Grundfröhlichkeit hineinzugeben, die erst Lernen, bleibendes Lernen, vertieftes Lernen ermöglicht?

Wir wissen, dass das Gehirn immer lernt.

(Gisela Walsken [SPD]: Überall!)

Das Gehirn unterscheidet nicht, ob morgens Schule und nachmittags Freizeit ist. Das Gehirn kann gar nicht anders, als nicht aufhören zu lernen. Das heißt, wenn wir über Bildung sprechen – das wäre mein großer Wunsch –, dann müssen wir naturgemäß über Schule reden. Aber wir dürfen nicht länger zulassen, dass Schule 90 % der Bildungsdiskussion bestreitet.

(Beifall von der CDU)