Protocol of the Session on December 1, 2005

(Rudolf Henke [CDU]: Sie haben zu viel ver- sprochen!)

Hören Sie endlich auf, uns dafür verantwortlich zu machen, dass Sie Ihre Versprechen nicht finanzieren können.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist das kleine Ein- maleins des Haushalts!)

Sie haben im Wahlkampf den Krankenhausgesellschaften und den Krankenhäusern Versprechungen gemacht, dass Sie den Investitionsstau auflösen wollen. Die können Sie jetzt nicht einlösen, weil Sie die reale Haushaltssituation, die Sie hier immer beschrieben haben, jetzt selber als Umsetzungsproblem haben. Wir hatten dieses Problem immer. Hören Sie also auf, uns vorzuwerfen, wir hätten in der Vergangenheit zu wenig finanziert. Wir hatten genau wie Sie Haushaltsengpässe und haben in diesem Rahmen versucht, das Bestmögliche zu finanzieren. Das haben wir auch getan.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Werden Sie jetzt Ihrer Verantwortung gerecht.

Die Landesregierung hat eine gesetzliche Verpflichtung. Auch bei aller fachpolitischen Betrachtung ist das wohl unumstritten. Die Krankenhausgesellschaften sehen es eindeutig als Rechtsbruch an, wenn für das kommende Jahr keine Investitionen bewilligt werden. Es ist zwar ein extremer aber deutlicher Schritt, dass vonseiten der Krankenhausgesellschaft ganz klar gedroht wird, diese Rechtsverpflichtung des Landes – wenn es zu einem deutlichen Rechtsbruch kommt – auch mit Hilfe der Gerichte von der Landesregierung zu erzwingen. Dann werden nicht mehr wir sondern die Gerichte zu entscheiden haben. Sie sollten sich lieber einen Schritt vorher mit der gesetzlichen Situation auseinander setzen und der Verpflichtung nachkommen.

Sie fordern – auch der Minister –, dass sich die Krankenhauslandschaft den neuen Aufgaben und den veränderten Lebensrealitäten stellen muss. Gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung müssen wir NordrheinWestfalen in den Bereichen Geriatrie und Palliativmedizin weiterentwickeln. Auf den ersten beiden Plätzen der eingereichten Prioritätenliste aus Münster mit den Investitionen, die jetzt nicht erfolgen werden, stehen Krankenhäuser, bei denen es

gerade um Geriatrie und Palliativmedizin geht. Diese Krankenhäuser lassen Sie jetzt im Regen stehen und sagen: Stellt nächstes Jahr noch einmal einen neuen Antrag. Dann schauen wir, ob wir später irgendwann finanzieren.Das geht so nicht. Wir brauchen auch für das nächste Jahr klare Investitionszusagen. Wir brauchen in diesem Bereich Investitionen, damit die Krankenhäuser verlässlich die Weiterentwicklung mit vorantreiben können. Dazu muss das Land seiner Rechtsverpflichtung nachkommen.

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Henke?

Aber natürlich.

Bitte schön, Herr Henke.

Frau Kollegin, würden Sie dem hohen Haus einmal erklären, was es einem Krankenhaus nützen würde, ein Versprechen im Jahr 2006 zu erhalten, das nach der Haushaltslage vielleicht erst in den Jahren 2008, 2009 oder 2010 bedient werden kann?

Das Ministerium hat bis heute keine Listen vorgelegt, die es für uns nachvollziehbar machen, welche Verpflichtungen bis in welche Jahre hinein eingegangen worden sind. Es ist von Bugwelle die Rede, aber nirgendwo ist für uns nachvollziehbar belegt, dass es diese Bugwelle in diesem Umfang gibt.

(Minister Karl-Josef Laumann: Sie machen sich das Leben leicht, Frau Kollegin!)

Nein, ich mache mir das Leben nicht leicht, Herr Minister. Ich habe vielmehr von der Krankenhausgesellschaft und von einzelnen Häusern Berichte, dass einzelne Krankenhäuser Mittel nicht im zugesagten Umfang abgerufen haben.

Ich habe aber die Daten nicht vorliegen. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist, dass, wenn wir hingehen und gemeinsam kollektiv sagen, wir sähen diesen Investitionsbedarf und wir bräuchten die Geriatrie und Palliativmedizin, damit sie in diesem Bundesland ausreichend vorhanden ist, dann muss man sich darüber Gedanken machen, wie und in welchem Umfang man diese Aufgaben finanzieren kann. Ich habe schon einmal vorgeschlagen, dass wir dann anhand der Zahlen ins Detail gehen, um zu versuchen, gemeinsam ein Konzept auf den Tisch zu legen.

Hier ist aber nach wie vor zu hören, dass es 2006 keine Bewilligung gibt. Das reicht mir nicht. Das ist nicht das, was für die Menschen in NordrheinWestfalen bei der medizinischen Versorgung notwendig ist. Das Land muss seiner Rechtsverpflichtung nachkommen. Wenn das nicht freiwillig passiert, dann wird es wahrscheinlich auf anderem Wege dazu kommen. Das finde ich sehr bedauerlich, und das sollte in diesem Land eigentlich nicht so sein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Steffens. – Nun hat Dr. Romberg von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion hört sich immer wieder gleich an, die wir in den letzten Wochen und Monaten zu diesem Thema führen. Sie ist auf diese Weise wohl auch nicht zielführend.

Ich fasse einfach noch einmal die Ausgangslage zusammen: Wir haben mit dem Regierungsantritt von Schwarz-Gelb in den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern einen Investitionsstau von über 13 Milliarden €. Zusätzlich haben wir einen Schuldenstand von 111 Milliarden € in der NRW-Kasse übernommen. Es gehört sehr viel Kreativität dazu, wenn man dann sagt, in diese Krankenhäuser müsse mehr Geld fließen. Denn die Haushaltsansätze für das nächste Jahr hat die Ex-Ministerin Fischer noch im Ministeramt damals gütlich verteilt.

Also brauchen wir eher kreative Ideen, wie Geld in die Krankenhäuser fließen kann, wie sich diese Krankenhäuser fortentwickeln können und wie man ihnen sonst helfen kann. Bund und Länder müssen eher mittelfristig einmal darüber nachdenken, inwieweit neue Finanzierungswege möglich sind, ob eben nicht in Zukunft mit den Fallpauschalen auch Investitionen vergütet werden sollen.

(Birgit Fischer [SPD]: Das wollte die CDU nie!)

Das sind aber Sachverhalte, über die wir mittel- und langfristig sprechen müssen, um den Krankenhäusern mehr Chancen zu geben. Gerade wenn wir demnächst ambulante und stationäre Behandlung mehr verzahnen wollen und sie ineinander übergehen wird, dann wird es notwendig sein, dass Investitionen dann über die Behandlungskosten auch mitfinanziert werden müssen. Bei diesem Punkt müssen wir weiterkommen.

Wir müssen den Krankenhäusern aber auch mehr Chancen eröffnen, um von der Bürokratie freizukommen. Dabei ist natürlich die Landesregierung mitgefordert, dazu ist auch Planung und Bürokratie abzubauen, aber auch der Bund ist gefordert, weil auch er den Krankenhäusern einiges an Bürokratie aufgebürdet hat. Außerdem müssen die Krankenhäuser allmählich wirtschaftliche Freiheit bekommen. Es liegt an unserem Gesundheitssystem, das über die Jahre immer mehr krank geworden ist und das sehr staatsplanerisch entwickelt worden ist. Danach lohnt sich mehr Leistung nicht, sondern die Krankenhäuser werden bestraft, wenn sie zu viel geleistet haben. Wir müssen dazu kommen, dass sich wirtschaftliche Betätigung für Krankenhäuser wieder lohnt. Diese Freiheit möchten die Krankenhäuser haben. Sie möchten vom staatlichen Gängelband eher loskommen. Der Gesundheitsbereich ist ein Wachstumsbereich. Diesem sollten wir Chancen geben.

Wir könnten auch über die weiteren Probleme der Krankenhäuser sprechen. Diese bestehen im Moment nicht nur in den Neuinvestitionen, sondern Probleme gibt es auch deswegen, weil zum Beispiel Ärztestellen nicht mehr besetzt werden. In dem Bereich droht ein massiver Nachwuchsmangel. Wir müssen darüber reden, die Bedingungen so zu verändern, dass wir möglichst mehr ärztlichen Nachwuchs als bisher haben werden.

Als politisches Ziel muss verfolgt werden – da muss auch das Land in der Planung bleiben –, dass eine wohnortnahe Versorgung erhalten bleibt. Bei diesem Thema ist die Politik gefordert, weil bei der Lösung dieser Fragestellung nicht immer die Wirtschaftlichkeit zielführend sein kann. In vielen anderen Bereichen sollte man jedoch dem Markt und den Krankenhäusern mehr zutrauen als bisher. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Romberg. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Laumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPDFraktion hat ihren Antrag, wie ich zugeben muss, nicht ungeschickt aufgebaut. Der Verweis auf das Krankenhausgesetz des Landes und die dort niedergelegten Verpflichtungen trifft unbestritten zu. Das Ergebnis der Studie des RheinischWestfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung vom November 2004 über die Insolvenzrisiken deutscher Krankenhäuser ist durchweg richtig zi

tiert. Die Festlegung, dass sich der hohe Veränderungsdruck auf die Krankenhäuser in Deutschland in den nächsten Jahren nicht ändern wird, kann ich nur bestätigen.

Die Entwicklungen in den letzten 30 Jahren sind angemessen geschildert. Der Bettenabbau und die Schließung von Krankenhäusern sind Themen, mit denen wir seit langem leben.

Der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung enthält auch das Ziel, eine wohnortnahe Krankenhausversorgung zu erhalten. Gleichzeitig sollen die durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz verbesserten Rahmenbedingungen – zum Beispiel integrierte Versorgung – intensiver genutzt werden. Dass solche Entwicklungen Kooperationen zwischen den verschiedenen Versorgungssektoren und darüber hinaus eine Integration verschiedener Versorgungsanbieter zwingend voraussetzen, ist ebenfalls unbestritten. Die Landesregierung und insbesondere ich persönlich sind absolut davon überzeugt, dass die Kombination von örtlicher Versorgung und Spezialisierung für die meisten Krankenhäuser die entscheidende Wettbewerbsstrategie ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bei so viel Übereinstimmung liegt Ihnen sicherlich die Forderung auf der Zunge: Stimmen Sie doch dem Antrag zu! – Dies werde ich aber nicht tun. Die Gründe möchte ich Ihnen auch darlegen.

Zum einen lasse ich längst nicht alle Aspekte der Situationsbeschreibung als Argumente für die notwendige Neubewilligung gelten. Auch die alte Landesregierung hat zum Beispiel räumliche Veränderungen, die durch neue ambulante Leistungsmöglichkeiten in den Krankenhäusern ausgenutzt wurden, nicht gefördert. Für die Einführung integrierter Versorgungsangebote wird dies in der Regel ebenfalls gelten, weil solche Angebote nicht zu einem Aufbruch stationärer Leistungen führen.

Zum anderen stimmen Sie mir sicher zu, dass das Land tunlichst die Finger von einer Förderung eines Krankenhauses lassen sollte, dem konkret die Insolvenz droht. Besser kann man das Geld nicht im Rhein versenken.

Obwohl ich es hier im Landtag schon x-mal gesagt habe, hier noch einmal für die ehemalige Regierungsfraktion zum Mitschreiben: Die neue Landesregierung führt die Förderung der Investitionen unvermindert fort. Nehmen Sie bitte endlich zur Kenntnis, dass die Ausgaben für laufende Baumaßnahmen in diesem Jahr um 30 Millionen € höher ausfallen werden als im vergangenen Jahr –

selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Nachtragshaushalt vom Landtag verabschiedet wird.

Noch mal zur Klarheit: Die neue Landesregierung gibt im Rahmen der Krankenhausförderung keinen einzigen Euro weniger aus als die alte.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie macht nur einen Unterschied, Frau Kollegin Fischer: Ich verspreche nicht mehr, als ich halten kann.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist schon, finde ich, eine sehr bewundernswerte Art – ich sage es einmal ganz vorsichtig –, mir, wo Sie aus dem Amt gingen, rechtskräftige Bewilligungsbescheide in Höhe von über oder rund 600 Millionen € zu hinterlassen und im Haushalt ganze 169 Millionen €, um sie abzulösen. Wir mussten im Nachtragshaushalt 30 Millionen drauflegen, weil der Baufortschritt bei den Krankenhäusern – den wir ja gar nicht beeinflussen können – so war, dass wir mit Ihrem Haushaltsansatz bei weitem nicht hinkommen konnten. Das ist doch die Wahrheit, Frau Fischer.

Wenn ich im nächsten Jahr, wie Sie es getan haben, wieder 169 Millionen € im Haushalt habe und für 255 Millionen Bewilligungsbescheide in die Landschaft schicke, um geliebt zu werden, dann wird die Bugwelle immer länger als sie ist, und meine Mutter würde dazu nur sagen: Das sind ungedeckte Schecks!

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Oder Weitsicht!)

Deswegen finde ich es wirklich bemerkenswert, dass Sie mir – als die ehemalige Ministerin, die persönlich dafür verantwortlich ist, dass für rund 80 Millionen jahrelang mehr Bewilligungsbescheide ausgestellt wurden, als im Haushalt stehen –, dieses vorwerfen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Wann verstehen Sie denn einmal das System der Verpflichtungsermächti- gung?)

Und ich sage Ihnen noch einmal: Sie wissen doch ganz genau – gut, genau können Sie es nicht wissen, da der Haushaltsplan noch nicht vorliegt –, dass wir auch im nächsten Jahr wieder 169 Millionen – wie es auch bei Ihnen üblich war – in die Krankenhausinvestitionen stecken.

Ich werde aber mit den 169 Millionen Bewilligungsbescheide bezahlen, die Ihre Unterschrift tragen und wo im nächsten Jahr der Baufortschritt so sein wird, dass wir die Rechnungen finanzieren

müssen. Dann werden wir mal schauen, wie weit wir die Bugwelle abgebaut haben und wann wir dann 2007 mit neuen Bewilligungen in die Krankenhauslandschaft gehen.