Ich komme zu den Anträgen. Darin finden wir Formulierungen wie zum Beispiel die, dass NordrheinWestfalen das Schlusslicht für Familien sei, dass 2005 alle westdeutschen Flächenländer auf ungefähr gleich niedrigem Niveau gewesen seien und dass die Landesregierung seit ihrem Amtsantritt 2005 beim U3-Ausbau jahrelang vollkommen untätig gewesen sei. Außerdem stellen Sie Forderungen, so etwa nach dem Aufholen bisheriger Versäumnisse, nach einer besseren Unterstützung der Kommunen beim U3-Ausbau und nach einem Konzept mit Planzahlen für alle Haushaltsjahre.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle müssen Sie mir einmal einen Rückblick auf die Vorgängerregierung gestatten. Ich komme dabei nicht umhin, dabei die Unaufrichtigkeit der heutigen Antragsinitiativen zu beleuchten. Es ist nicht so, dass wir erst seit gestern über den bedarfsgerechten Ausbau von U3-Plätzen diskutieren. Darüber sprechen wir schon viel länger, und zwar schon seit den Zeiten der rotgrünen Vorgängerregierung.
heutige. Noch im Januar 2005 erläuterte Ihre damalige Ministerin Ute Schäfer mit Blick auf U3 – ich zitiere –:
Das müssen wir gemeinsam mit den Kommunen und freien Trägern leisten, die in erster Linie Ansprechpartner und dafür zuständig sind. Es handelt sich dabei nicht vorrangig um eine Landesaufgabe. Sie wissen, dass das vielmehr eine kommunale Aufgabe ist.
Sie haben sich damals aus der Verantwortung gestohlen, und heute wissen Sie nichts mehr davon. Das nennt man Amnesie.
Im selben Zusammenhang erläuterte Ihr damaliger Staatssekretär Schulz-Vanheyden, dass er den Betreuungsausbau als Beginn eines politischen Prozesses verstehe, an dessen Anfang nicht die Präsentation von 5.000 Plätzen stehen könne. Noch im Jahr 2004 betonte Frau Schäfer, dass der Bedarf vor Ort ermittelt werde und dass man das nicht vonseiten des Landes eruieren könne. Stets hieß es, man müsse abwarten, wie sich die tatsächlichen Bedarfe darstellen.
Betont wurde von Ihnen damals auch deutlich, dass angeblich zahlreiche Familien speziell für dieses Alterssegment keinen Platz wünschen. Heute wissen wir, dass genau das Gegenteil der Fall ist und dass das auch damals schon so war.
Dies alles können Sie in den Sitzungsprotokollen der 13. Legislaturperiode nachlesen. Nachdem Ihr Gedächtnis nun hoffentlich wieder aufgefrischt wurde, frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, woher Ihr plötzlicher Sinneswandel kommt. Aufgrund Ihrer Versäumnisse waren wir 2005 Schlusslicht beim Betreuungsangebot für die Kleinsten.
Natürlich belastet dieses Erbe Nordrhein-Westfalen bis heute. Aber während Sie im Jahre 2005 von einer geplanten Verdoppelung des Angebots von 11.000 auf 22.000 Plätze gesprochen haben, können wir als CDU-geführte Landesregierung Ihnen eine vom Land geförderte Verzehnfachung des Angebots im Jahr 2010 vorweisen. Minister Laschet hat Ihnen doch bereits im letzten Plenum etwas zu den Platzzahlen gesagt. Wir werden im laufenden Kindergartenjahr, also 2009, zum ersten Mal die Situation haben, dass wir mehr Fördermittel bereitstellen, als für die von den Kommunen geschaffenen U3-Plätze nötig wären.
Infolgedessen müssen wir sehen, wie sich die Bedarfe im kommenden Kindergartenjahr entwickeln. Im Haushalt 2010 jedenfalls haben wir ein Fördervolumen für 112.000 U3-Plätze bereitgestellt.
Frau Altenkamp und Frau Asch, bevor Sie jetzt wieder Ihren Rechenschieber herausholen und behaupten, wir würden mit unterschiedlichen Zahlen hantieren, sage ich Ihnen:
(Andrea Asch [GRÜNE]: Das mögen Sie nicht, wenn man nachrechnet! Das wissen wir, dass Sie das nicht mögen!)
Schaffen die Kommunen vor Ort weniger U3-Plätze, weil der gemeldete Bedarf geringer ist, dann ergeben sich natürlich Abweichungen von den Platzzahlen, die wir im Landeshaushalt haben.
Aber gehen Sie doch einmal zu Ihrer Kommune und lassen Sie sich, wie ich es getan habe, eine Tabelle zur Entwicklung der U3-Plätze ausdrucken.
Dann werden Sie sehen, welche konkreten gewaltigen Anstrengungen vor Ort unternommen wurden. Sie werden außerdem sehen, dass wir 2013 144.000 Plätze für U3 schaffen werden. Ich weiß, dass Sie das nicht glauben können, aber wir werden es Ihnen beweisen, und zwar genauso, wie wir es Ihnen jetzt mit der Erhöhung der Zahl der Plätze bewiesen haben.
Ich frage Sie noch einmal: Wer oder was gibt Ihnen das Recht, in Ihren Anträgen zu behaupten, wir seien untätig gewesen? Wo waren denn Ihre zahlreichen Versuche der Korrektur der Fehlleistungen, als Sie noch die Mehrheit in diesem Hause hatten? Damals gab es weniger Geld für den Betreuungsausbau, und es gab weniger Unterstützung für die Kommunen, als es heute der Fall der ist. Was haben Sie damals getan? Sie haben die Verantwortung einfach von sich geschoben und gesagt: Dafür sind wir nicht zuständig.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie können nicht Ihr Versagen in der Vergangenheit ausblenden und heute so tun, als wären Sie der große Helfer der Kommunen. Das ist unglaubwürdig genau wie Ihre Anträge, die wir deswegen ablehnen werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Frau Doppmeier, es ist schon erstaunlich, dass Sie es nach über viereinhalb Jahren in Regierungsverantwortung immer noch nötig haben, Ihre Versäumnisse in dieser Zeit auf die Vorgängerregierung zu schieben.
Übernehmen Sie endlich einmal Verantwortung! Sie müssen doch langsam begriffen haben, dass Sie seit viereinhalb Jahren hier in Nordrhein-Westfalen das Sagen haben. In diesen viereinhalb Jahren haben Sie in genau dieser Frage versagt.
Vor dem Hintergrund des sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes sprechen wir in den letzten Tagen viel darüber, dass der Bund die Länder und die Kommunen im Bereich der Bildung finanziell stärker unterstützen sollte. Wir als grüne Landtagsfraktion waren wie so oft wieder einmal unserer Zeit voraus. Denn diese Forderung haben wir schon vor drei Wochen in dem Antrag formuliert, den wir heute beraten. Wörtlich heißt es – ich zitiere aus unserem Antrag –:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die Ankündigung der neuen Bundesregierung, mehr für die Bildung tun zu wollen, aufzugreifen und einen höheren Finanzierungsanteil des Bundes für Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern im Elementarbereich einzufordern.
Denn auffällig ist, meine Damen und Herren: In den Forderungen, die vor allen Dingen von der Landesregierung NRW kommen, geht es meistens um mehr Geld für die Hochschulen. Wir kennen und unterstützen die berechtigten Anliegen der Studierenden. Aber, meine Damen und Herren, Bildung findet natürlich nicht nur in diesem Bereich statt, sondern Bildung beginnt – theoretisch ist Ihnen das allen klar – im Elementarbereich. Dort wird das Fundament einer jeden Bildungsbiografie gelegt.
Ich kann heute ganz aktuell den Bildungsforscher Professor Michael Hartmann von der Universität Darmstadt zitieren, der uns etwas sehr Interessantes ins Stammbuch schreibt, nämlich: Beim Blick auf das gesamte Bildungssystem zeigt sich: Je weiter fortgeschritten die Bildungskarriere ist, desto mehr wird in sie investiert. Aber an Stellen, wo über Bildungsbiografien tatsächlich entschieden wird, nämlich in Kindergärten und Schulen, kann man keine durchgreifenden Bemühungen der Regierung erkennen.
Weiter schreibt er – gut aufpassen, Herr Laschet; das sollte Sie und genauso Herrn Schäfer interessieren –: In den westlichen Bundesländern kann nicht einmal jedes achte Kind unter drei Jahren in einer Bildungseinrichtung betreut werden. – Und jetzt kommt es: In Nordrhein-Westfalen nicht einmal jedes zehnte! – Meine Damen und Herren, das ist die Realität: Nordrhein-Westfalen ist bundesweites
Das können Sie nicht wegdiskutieren. Das können Sie nicht leugnen. Das hat uns das Statistische Bundesamt im November bescheinigt.
Frau Doppmeier, Herr Laschet, dafür tragen CDU und FDP und diese Landesregierung mit ihrem Familienminister Armin Laschet die alleinige Verantwortung. Heute, nach viereinhalb Jahren CDU im Land, liegt Nordrhein-Westfalen abgeschlagen hinter allen westlichen Flächenstaaten. RheinlandPfalz: Versorgungsquote 17,6 %! Hessen: 16,3 %! Bayern: 15,7 %! Nordrhein-Westfalen hat es sogar geschafft, seit der Gültigkeit des Kinderbildungsgesetzes vom vorletzten Platz, auf dem wir schon im letzten Jahr waren, dieses Jahr auf den letzten Platz zurückzurutschen, meine Damen und Herren. Das ist die traurige Bilanz dieser Landesregierung. Dafür tragen Sie die Verantwortung.
Es ist wichtig, noch etwas immer wieder zu sagen, um einer Mär vorzubeugen: Natürlich waren wir 2005 in Nordrhein-Westfalen nicht gut. Aber die anderen Flächenländer sind von demselben Niveau gestartet: Hessen, Bayern und Niedersachsen sind von genau demselben Niveau gestartet und haben uns jetzt weit überholt, während wir in Ihrer Regierungszeit sogar noch weiter abgerutscht sind. Das können Sie nicht wegdiskutieren.
Dafür müssen wir vielleicht auch einmal den Rechenschieber nehmen. Frau Doppmeier, es würde Ihnen ganz gut tun, das mit einem Rechenschieber nachzurechnen, weil Sie es ansonsten nicht glauben.
Dass Nordrhein-Westfalen bundesweit den langsamsten Ausbau hat, ist das traurige Verdienst eines Ministers, der stets ein schöner Meister der geschwungenen Rede ist. „Minister Schönsprech“ wird er oft genannt, aber nicht weil er so schön spricht,
sondern weil er die Verhältnisse besser und positiver beschreibt, als sie tatsächlich sind, immer die Flucht nach vorne antritt und ein blamables Arbeitsergebnis, eine blamable Bilanz mit Zahlendrehereien und Schönredereien zu rechtfertigen und zu kaschieren versucht.
Beginnen wir unser Resümee im Jahre 2005: Die rot-grüne Bundesregierung hat damals bundesgesetzlich geregelt und mit dem TAG festgelegt, dass wir bis zum Jahre 2010 einen Versorgungsausbau von 20 % brauchen. Die rot-grüne Landesregierung hat daraufhin mit Trägern und Kommunen ein
Ausbauprogramm über 25.000 Plätze vereinbart. Das gerät hier immer leicht in Vergessenheit. Wissen Sie, warum? – Weil dieser Familienminister Laschet dieses Programm in Höhe von 25.000 Plätzen bei Regierungsübernahme sofort einkassiert hat. Das ist sein erster eklatanter Fehler, den er gemacht hat.
Sein zweiter eklatanter Fehler ist das sogenannte Kinderbildungsgesetz, das berühmte KiBiz. In dieses KiBiz hat er hineingeschrieben, dass die U3Plätze/Krippenplätze gedeckelt seien. Dieser Deckel – man muss es noch einmal sagen – existiert weiterhin. Zwar wird er jedes Jahr angehoben; aber weil er weiter existiert, kann keine Kommune sicher sein kann, dass er im nächsten Jahr wieder angehoben wird. Das obliegt nämlich der Haushaltslage. Das ist „Bildung nach Kassenlage“.