Das will ich Ihnen auch einmal deutlich in Richtung FDP, der großen freiheitlichen Partei in NordrheinWestfalen, sagen, deren Vertreter die Studierenden, die für ihre Interessen auf die Straßen gehen, beschimpfen. Ich glaube, dass Sie in den vergangenen Wochen sehr deutlich die Quittung für Ihre Bildungspolitik in Nordrhein-Westfalen erhalten haben.
Es genügt offensichtlich nicht, dass der UNSonderberichterstatter 2007 das Recht auf Bildung in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland reklamiert und aufs Schärfste kritisiert hat, wie die Bildungslandschaft in Nordrhein-Westfalen aussieht. Man muss sich in der Tat fragen: Was ist seitdem geschehen? Da müssen offensichtlich Schüler und Studierende erst täglich auf die Straße gehen und für bessere Bildung und für die Studierbarkeit ihrer Fächer streiten, bis Sie endlich einmal eine Reaktion zeigen.
Mit dem Bildungsstreik der vergangenen Wochen wehren sich Studierende, Schülerinnen und Schüler zu Recht gegen eine Politik, die ihnen ihre Zukunft systematisch verbaut. Der Geldbeutel der Eltern – das ist inzwischen international Gemeingut – entscheidet in Deutschland über den Zugang zu Bildung und Lebenschancen. Wenn man sich anschaut, wer in Deutschland studiert, dann stellt man fest: Ob jemand studiert, ist in der Tat vom Geldbeutel abhängig. Das ist genau die Politik, die Sie hier in Nordrhein-Westfalen machen. Sie bevorzugen mit den Studiengebühren, die Sie in Nordrhein-Westfalen eingeführt haben, diejenigen, die reiche Eltern haben. Das ist Ihre Politik.
An allen Ecken und Enden fehlt es an Geld für Kitas, für Schulen, für Hochschulen. Hunderttausende von Jugendlichen befinden sich in Warteschleifen, da es an qualifizierten Ausbildungs- und Studienplätzen mangelt. Das ist die traurige Bilanz der Bildungspolitik, ja, der so glorreichen Bildungspolitik – wie Sie es hier dargestellt haben – von CDU und FDP.
Beinahe täglich erfährt die Öffentlichkeit, dass die Bildungspolitik der NRW-Regierung eine Herzensangelegenheit sei. Das haben wir heute auch wieder gehört. Die Mühle klappert. Nur: Es kommt kein Mehl. Immer noch sind die Ausgaben der Landesregierung pro Schüler im Land im bundesweiten Vergleich die geringsten. Immer noch setzen Sie auf soziale Auslese und Privatisierung der Bildungskosten.
Es ist höchste Zeit, dass sich daran etwas ändert. Der Bildungsstreik hat deshalb die volle Unterstützung der Linken. Wir setzen uns für eine grundlegende Bildungsreform ein. Zentrale Forderungen sind eine bessere Finanzierung von mindestens 7 % des Bruttoinlandsprodukts für öffentliche Bildungsausgaben, ein Ende der föderalen Bildungskleinstaaterei, Gebührenfreiheit von der Kita bis zum Ende der Schulzeit, und dies in einer Gemeinschaftsschule, in der alle Kinder und Jugendlichen möglichst lange gemeinsam solidarisch lernen, und nicht zuletzt die Abschaffung der Studiengebühren.
Ich kann Ihnen nur sagen: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Dänemark. Jeder Studierende bekommt dort monatlich 607 € Unterstützung vom Staat. Wäre dies Ihre Politik, wären Sie nicht länger auf der schwarzen Liste der UNO, und die Schüler und Studenten hierzulande könnten eigenverantwortlich lernen, anstatt immer wieder vergeblich auf die Straße gehen zu müssen. Das wäre eine Maßnahme; aber davon ist bei Ihnen nichts zu sehen.
Vielen Dank, Herr Sagel. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Professor Dr. Pinkwart das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nach den ideologischen Reflexionen zum Thema noch etwas zur Sache sagen.
Geben Sie mir bitte Gelegenheit, Herr Präsident, aus dem Memorandum der Rektorinnen und Rektoren der nordrhein-westfälischen Universitäten, in denen immerhin drei Viertel unserer Studierenden ausgebildet werden, zur weiteren Umsetzung des Bologna-Prozesses zitieren zu dürfen.
Im Übrigen – wenn ich das noch sagen darf, auch mit Blick auf den Beitrag von Frau Seidl – ist dieses Memorandum, das hier von unseren nordrheinwestfälischen Universitäten unterzeichnet worden ist, das erste gewesen, bevor überhaupt die KMK zusammenkam und sich mit der HRK über ein Papier ausgetauscht hat. Wir können sagen: Der gemeinsame Beschluss von KMK und HRK, der erst wenige Tage zurückliegt, fußt nahezu auf dem, was wir hier in Nordrhein-Westfalen ausgearbeitet haben.
Das liegt auch daran, dass wir als erste Landesregierung schon im Sommer, als der erste Bildungsprotest kam und ich der erste Wissenschaftsminister war, der gesagt hat: Jawohl, das nehmen wir ernst; wir sprechen mit den Hochschulen, um Verbesserungen zu erreichen,
Deswegen haben wir dieses Papier vorgelegt bekommen, das deutlich macht, dass die Studierenden im Zentrum unseres Interesses liegen und nicht irgendwelche parteitaktischen Operationen, die vielleicht anderen mehr am Herzen liegen.
Lassen Sie mich mit Genehmigung des Präsidenten vortragen, was 14 Universitätsrektoren aus Nordrhein-Westfalen hier unterschrieben haben. Ich darf zitieren:
Die nordrhein-westfälischen Universitäten haben sich den gewaltigen Herausforderungen des Umstellungsprozesses gestellt und die neuen Studiengänge in den letzten Jahren erfolgreich eingerichtet. Erste empirische Ergebnisse und Umfragen zeigen sichtbare Erfolge wie die Verkürzung der Studiendauer oder die wachsende Akzeptanz der Absolventen am Arbeitsmarkt. Durch die in den letzten Jahren verbesserte Finanzsituation der Universitäten in NordrheinWestfalen auch durch die Erhebung von Studienbeiträgen und die großen laufenden Anstrengungen der Landesregierung im Bereich des Hochschulbaus haben sich auch die allgemeinen Studienbedingungen in nur wenigen Jahren in einem ersten Schritt bereits verbessert.
Meine Damen und Herren, ich bin ja nun auch schon etwas länger im Hochschulwesen unterwegs. Ich habe es jedenfalls selten erlebt – ich habe es auch nicht bei der HRK erlebt –, dass Hochschulrektoren einer Regierung bestätigen, dass sie sich mal ernsthaft um die Finanzsituation der Hochschulen gekümmert hat.
lieber Herr Schultheis, Ihnen das doch in der von Ihnen beantragten Sondersitzung im Wissenschaftsausschuss auch gesagt sowohl Herr Freimuth als Sprecher der Landesrektorenkonferenz der Universitäten als auch Frau Rennen-Alloff als Sprecherin der Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen.
Beide Sprecher hatten Sie doch eingeladen – sie waren da –, und beide haben – an Sie gerichtet – gesagt: Bloß nicht mehr zurück in Ihre Zeiten,
sondern bitte unterstützen Sie uns seitens der Opposition darin, dass wir den jetzt eingeschlagenen Kurs einer besseren Finanzierung fortsetzen können.
Wenn Sie meinen – so ist dort gesagt worden –, dass Sie noch zusätzliche Landesmittel hätten, mit denen Sie Studienbeiträge ersetzen wollten – so die beiden Sprecher –, dann lassen Sie uns doch bitte
die Studienbeiträge und geben uns das andere Geld obendrauf; dann können wir wirklich noch Zusätzliches erreichen.
Also, gehen wir doch mal von den Fakten aus. Die Fakten sehen so aus, dass wir in dem Umstellungsprozess einen deutlichen Schritt vorangekommen sind. Es gibt Fortschritte – bei der Absolventenquote, bei der Studiendauer –, aber es gibt auch noch Mängel.
Es gibt Mängel, und auf die machen die vernünftigen Studierenden – auch völlig zu Recht – aufmerksam.
Deswegen haben wir mit den Hochschulen gesprochen. Insbesondere die Universitäten – die Fachhochschulen haben hier weit weniger Probleme mit der Umstellung – haben deutlich gemacht, was sie ändern wollen. Sie wollen die Studiengänge auf Stoffdichte überprüfen, sie wollen die Klausurdichte überprüfen, sie wollen erreichen, dass sich die Studierbarkeit erhöht, und das auch sehr zeitnah. Die Hochschulen haben schon in ihren Gremien darüber bereits Befassungen durchgeführt. Im Wintersemester wird daran gearbeitet. Hier erfolgt eine konkrete Umsetzung.
Das Zweite ist: Natürlich muss sich die Betreuungsrelation verbessern. Das ist völlig klar. Dafür haben wir den Hochschulen aber auch zusätzliche Mittel bereitgestellt, und zwar 25 % mehr Mittel, als zu Ihrer Zeit bereitgestellt wurden.
Dieses Geld wollen die Hochschulen jetzt – dazu haben Sie sich in der Erklärung schriftlich bereit erklärt – in zusätzliche Personalstellen investieren. Die Rektoren haben aber auch gesagt – das sollte uns sehr nachdenklich stimmen gerade mit Blick auf Ihre Beiträge –: Ja, wenn Sie sicherstellen können, dass die Rahmenbedingungen weiter so bleiben, investieren wir aus dem zusätzlichen Geld auch in Dauerstellen. Dann machen wir das. Aber nehmen Sie es uns bitte nicht übel: Jahrzehntelange Mangelwirtschaft machen es uns nicht leicht,
daran zu glauben, dass die guten Rahmenbedingungen erhalten bleiben! – Das ist doch die eigentliche Situation, mit der wir es an den Hochschulen zu tun haben.
(Beifall von CDU und FDP – Ralf Witzel [FDP]: Alles heruntergewirtschaftet! – Karl Schultheis [SPD]: Bei der Veranstaltung war ich dabei!)
die Hochschulen jetzt auch tun, notwendig, dass die Politik verlässlich ist und uns Finanzierungssicherheit gibt.
Da erhoffe ich mir allerdings – wenn ich das als letzten Gedanken vortragen darf, Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren – noch ein Signal von dem Bildungsgipfel heute Nachmittag, was die Begleitung des Bologna-Prozesses mit einer entsprechenden Unterlegung durch Dozentenstellen anbetrifft.
Ich sage das nicht nur im Interesse unserer Hochschulen, sondern – es wird nicht nur in NordrheinWestfalen demonstriert, sondern, relativ gesehen, wird in manchen anderen Ländern viel intensiver demonstriert, auch in Ländern, in denen etwa Ihre Parteien in der Verantwortung sind –, im Interesse aller Studierenden in Deutschland, auch derjenigen, deren Landesregierung nicht die Kraft aufbringt, etwa über Studienbeiträge für bessere Finanzierungen der Hochschulen Sorge zu tragen.
Dass der Bund durchaus einen Beitrag leisten könnte, um den Bologna-Prozess über bessere Betreuungsrelationen in seiner qualitätvollen Umsetzung zu begleiten, insbesondere an den Universitäten, ist eine Forderung von Grünen und SPD gewesen, die ihnen die Hochschulrektorenkonferenz mit Einführung des Bologna-Prozesses Anfang dieses Jahrzehnts immer wieder vorgetragen hat. Nur: Frau Bulmahn, eine der Umsetzerinnen des BolognaProzesses, war nicht bereit, zusätzliche Mittel in die Hand zu nehmen.