Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind ja mittendrin in der Generaldebatte über den Einzelplan 08. Deshalb gleich zu Beginn – das gilt auch für die Energie- und Klimapolitik, Frau Thoben –: Der Befund am Ende Ihrer Regierungszeit ist vernichtend. Ich will nicht auf die vielen kleinen und großen Pleiten eingehen, die Sie in den letzten vier Jahren energie- und klimapolitisch zu verantworten haben; dafür reicht die Zeit auch überhaupt nicht aus. Ich will nur ein paar Überschriften nennen.
Der Ländervergleich des Bundesverbandes Erneuerbare Energie stellt fest: Nordrhein-Westfalen steht auf einem Abstiegsplatz bei den erneuerbaren Energien.
Beim Emissionshandel sitzt die Ministerin bis zuletzt auf einem toten Pferd und wundert sich, dass es gar nicht vorwärts geht. Nordrhein-Westfalen spielt bei den Verhandlungen in Berlin und Brüssel überhaupt keine Rolle.
Zum Kraftwerksbau in Nordrhein-Westfalen: Der BUND, Frau Thoben, wirft Ihnen Panikmache beim Kraftwerksbau vor.
Zu CCS, Abscheidung von Kohlendioxid, Speicherung von Kohlendioxid: CDU und CSU blockieren das Gesetz auf der Ziellinie im Deutschen Bundestag. Der Ministerpräsident schweigt. Der RWEVorstand legt jetzt das Projekt Hürth zu den Akten, eine Investition von mehr als 2 Milliarden €.
Also, das Jahr 2009 hat schonungslos offengelegt, dass diese Regierung Rüttgers überhaupt nicht regieren kann. Ich will einmal an zwei Beispielen Schritt für Schritt erläutern, dass NordrheinWestfalen schlecht regiert wird.
Beispiel eins: Klimaschutz. Darüber hat am gestrigen späten Abend bereits mein Kollege André Stinka gesprochen. Ich will das noch einmal herausstellen. Der Umweltbericht 2009 für NordrheinWestfalen enthält auf Seite 355 eine Übersicht der Kohlendioxidemissionen. Mit Blick auf den Klimaschutz ist dies das zentrale Diagramm des Umweltberichtes. Es enthält die CO2-Emissionen der Jahre 1998 bis 2007. Nur drei Zahlen: 2005: 282 Millionen t, 2006: 287 Millionen t, 2007: 290 Millionen t.
Die Emissionen, Frau Thoben, sind also von 2005 bis 2007 um 8 Millionen t gestiegen. Im Übrigen: Bis 2005 sind sie gesunken. Sie zeichnen dennoch eine fallende Linie. Sinkende CO2-Emissionen wollen Sie suggerieren. Es gehe voran mit dem Klimaschutz; alles sei in Ordnung.
Ihr Diagramm stellt diesen Trend der letzten drei Jahre auf den Kopf. Die Regierung Rüttgers – das ist ja der Befund einer solchen Darstellung – versucht, den Menschen in Nordrhein-Westfalen vorzugaukeln, es gehe im Klimaschutz voran. Das hat mit der Realität, Frau Thoben, überhaupt nichts zu tun.
Und um es klar zu sagen: Dem Klima ist es doch völlig egal, welche Linien Sie aufs Papier malen. Sie müssen handeln. Die schwarz-gelbe Landesregierung täuscht Erfolge vor, obwohl die Emissionen unter der schwarz-gelben Landesregierung ansteigen. Das ist keine seriöse Klimaschutzpolitik, sondern simulierter Klimaschutz.
Beispiel zwei: E.ON-Kraftwerk in Datteln. Wir haben schon oft über den Regierungsmurks der Regierung Rüttgers gesprochen, sprechen müssen.
Das Oberverwaltungsgericht urteilt vernichtend über die Wirtschafts- und Industriekompetenz dieser Landesregierung. Die Regierung Rüttgers fügt dem Standort Nordrhein-Westfalen – Frau Thoben, Sie brauchen gar nicht wegzulaufen; das ist so – dauerhaften und irreparablen Schaden zu. Diese Landesregierung sorgt mit schwerwiegenden handwerklichen Fehlern, mit politischen Fehlentscheidungen und mit politischen Versäumnissen dafür, dass wichtige Industrieprojekte gefährdet werden und dass die Akzeptanz für industrielle Produktion ganz generell schwindet. Es spricht sich herum: CDU und FDP können nicht anständig regieren.
Die Regierung Rüttgers wird ein ums andere Mal von Gerichten zurückgepfiffen oder gestoppt. Wirtschaft und Gewerkschaften verzweifeln inzwischen angesichts von so viel Regierungsmurks, und unser Land nimmt Schaden.
Das allein wäre schon schlimm genug. Diese Regierung wird aber aus Schaden nicht klug. Sie versucht sogar – Herr Wittke ist dafür ein profundes Beispiel –, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Da wird im Zusammenhang mit dem E.ON-Kraftwerk behauptet, SPD und Grüne hätten den Standort Datteln bereits vorher für ein neues Kraftwerk genehmigt. Da wird der Stadt Datteln die Schuld in die Schuhe geschoben, obwohl sie sich an die Stellungnahmen des Landes gehalten hat. Da wird behauptet, das Gericht hätte fehlerhaft entschieden. Alles das dient dazu, vom eigenen Versagen abzulenken.
Dabei – Sie können das überhaupt nicht verhindern – kommt die Wahrheit um Datteln jetzt scheibchenweise ans Licht. Es geht um die Beteiligung des Landes im Verfahren. Hier helfen jetzt keine Ausreden mehr. Alles ist Wort für Wort dokumentiert. Ich zitiere aus dem Protokoll der Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 30. September 2009. Dort hat Staatssekretär Baganz ausgeführt – Zitat –:
Ich möchte ausdrücklich auf Folgendes hinweisen: Die Landesregierung war in diesem Verfahren nicht beteiligt. Das hat uns selber überrascht, vor allen Dingen deswegen, weil das OVG mit großer Klarheit und Ausführlichkeit Stellung dazu genommen hat, worin es den Verstoß gegen landesplanerische Ziele gesehen hat … Wenn man ein Urteil diesen Gewichtes auf eine Auslegung des Landesentwicklungsplans stützt und dabei mehrfach den Willen, den Wunsch und die Ziele des Landesplaners sozusagen zum Beleg nimmt, hätte es unserer Auffassung nach … nahe gelegen, eben diesen Landesplaner im Verfahren noch einmal zu beteiligen und ihn zu fragen, was er mit dem LEP eigentlich gewollt hat. Das ist nicht geschehen. Wir sind nicht beteiligt worden. Deswegen können wir leider hier keine Rechtsbehelfe einlegen.
So weit das Zitat. Wieder einmal eine Schuldzuweisung: Das Gericht habe es versäumt, die Landesregierung zu beteiligen.
Ich bin meinem Kollegen Stinka dankbar dafür, dass er da nachgehakt hat. Die Antwort der Landesregierung können Sie in Drucksache 14/10076 nachlesen. Der Innenminister stellt den Ablauf wie folgt dar – Zitat –:
dem Fachressort (Ministerium für Bauen und Verkehr) zugeleitet. … die Durchsicht der Antragsschrift [ergab] keine Anhaltspunkte für eine Einschaltung des VöI.
Herr Wittke, weil Sie immer so lautstark mit Fingern auf die Opposition zeigen, will ich Ihnen nur sagen: Damals waren Sie noch im Amt.
Damals haben Sie nach Durchsicht der Antragsschrift keine Anhaltspunkte für die Einschaltung des VöI gesehen.
Jetzt stellen Sie sich hierhin, zeigen mit Fingern auf die Opposition und wollen uns die Schuld für Ihre Versäumnisse in die Schuhe schieben. Ich halte das für schamlos. Sie sollten sich wirklich entschuldigen.
Zweitens. Die Landesregierung hat von sich aus darauf verzichtet, sich in das Verfahren einzubringen.
Drittens. Der Landesplaner hätte in der mündlichen Verhandlung erläutern können, was er mit dem LEP eigentlich gewollt hat. Die Landesregierung hat hierauf verzichtet.
Fünftens. Die Landesregierung hätte bereits sehr früh eine sachgerechte Anpassung des Landesplanungsrechts vornehmen können, anstatt jetzt im Hauruckverfahren am LEPro herumzumanipulieren.
Damit ist aber auch klar: Staatssekretär Baganz hat den Wirtschaftsausschuss am 30. September 2009 in jeder Hinsicht falsch informiert – in jeder Hinsicht.
Frau Thoben, das fällt in Ihre Verantwortung. Sie haben ganz offensichtlich Ihr Haus überhaupt nicht in Ordnung. Sie führen es nicht ordentlich. Wir werden es aber nicht zulassen, wenn Sie die Öffentlichkeit weiter darüber täuschen wollen, Frau Thoben. Das wird noch ein Nachspiel haben. Wenn Ihr Staatssekretär schon keine Hemmungen hat, den Wirtschaftsausschuss und die Öffentlichkeit falsch zu informieren, sollten Sie ihn doch bitte einmal an sein christliches Verantwortungsbewusstsein erin