Protocol of the Session on November 5, 2009

Wir haben nicht mehr dieses Theater vor Ort. Die Befürchtungen sind abgebaut worden. Konflikte zwischen Investoren und Anliegern sind reduziert. Wir haben Planungssicherheit. Die Leistung der Windkraftanlagen ist in den letzten Jahren gestiegen.

Dass sich in dem Diagramm, das in der Antwort der Landesregierung enthalten ist, eine gewisse Verflachung eingestellt hat, ist ganz normal. Herr Priggen, Sie haben vorhin doch angeführt, dass NordrheinWestfalen in früheren Jahren beim Ausbau der Windkraftanlagen führend war. Irgendwann ist auch in Nordrhein-Westfalen der Ansatz für lukrative Stellplätze erschöpft. Nordrhein-Westfalen ist nun einmal ein Mittelgebirgsgebiet, in dem nicht jeder Standort den Investoren die versprochene Rendite einbringt. Dies scheint tatsächlich der Grenze entgegenzugehen, denn das Flächenangebot für Windkraftanlagen ist mehr oder weniger ausgereizt.

Das zeigt auch der Antrag der Grünen, in dem gefordert wird, Stellplätze im Wald zuzulassen. Wir können uns das so pauschal nicht vorstellen. Der Wald ist bei uns ein besonderes Schutzgut. Deshalb sind wir nach wie vor der Meinung, dass der Bau von Windkraftanlagen nur in Einzelfällen erlaubt sein kann. Nur nach einer Einzelfallprüfung kann diese Möglichkeit eröffnet werden. Das zeigt sich auch: Zurzeit stehen 24 Windkraftanlagen im Wald – bezeichnenderweise alle im Sauerland. Aber jede Anlage ist extra geprüft worden. Dafür stehen wir, und wir sind der Meinung, dass es auch weiterhin bei Einzelfallprüfungen bleiben sollte.

Aber wie widersprüchlich auch bei Ihnen, den Grünen, die Haltung zu der entsprechenden Energieversorgung ist, zeigt sich eigentlich immer vor Ort. Sie sind grundsätzlich dafür – so ist das dem Antrag zu entnehmen –, dass eine Errichtung von Windkraftanlagen im Wald möglich ist

Schauen Sie sich einmal vor Ort an, welchen Widerstand die Hochspannungsleitungen, die erforderlich sind, um den Strom vom Verbraucher zum Erzeuger zu bringen, jedes Mal hervorrufen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Beispielsweise in Plettenberg; sieh es Dir an. – Dass wir in Nordrhein-Westfalen stärker sind und zurzeit keine solch hohe Nachfrage haben, ist auch darauf zurückzuführen, dass es in anderen Bundesländern einen Nachholbedarf gibt. Lassen Sie die erst einmal auf unseren Stand kommen.

Wir stehen auch dazu, dass das Repowering gefördert wird. Das wird von uns ausdrücklich unterstützt. Aber das muss, wie schon mehrfach gesagt, über die ordentlichen Genehmigungsverfahren erfolgen. Es kann nicht sein, dass dort, wo mit Zustimmung der Anwohner eine kleine Anlage erstellt worden ist, diese nun die Befürchtung haben, dass da jetzt so ein großes, überdimensioniertes Ding hinkommt. Die Ängste, die da geschürt werden, werden von uns so nicht akzeptiert.

Wir stehen auch dazu, dass die Planungshoheit weitgehend bei den Gemeinden und Städten liegt. Wollen Sie denen absprechen, dass sie – sinnvollerweise – über die Höhenbegrenzungen vor Ort beraten und entscheiden? Wir meinen, das ist ein Teil der Planungshoheit der Städte und Gemeinden.

Besonders seltsam kam mir vor, dass der CDU praktisch Technikfeindlichkeit vorgeworfen wird.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: So ist das! Das ist eine bittere Erkenntnis!)

Das geht total an der CDU vorbei. Wir sollten uns vielmehr partei- und fraktionsübergreifend darüber einig werden, dass jede Technik, egal welcher Art, eine Beeinträchtigung der Interessen und der Nutzung anderer ist. Egal ob es sich dabei um erneuerbare oder herkömmliche Energie handelt, egal ob Sie Wind, Wasser oder Biogas nehmen – Sie können für jede Nutzung Gegenargumente anbringen. Das ist aus meiner Sicht der Punkt, der heute stärker herausgearbeitet werden sollte: Jede Nutzung einer Technik beeinträchtigt andere Nutzungen und andere Interessen.

Besonders gefreut hat mich die Ausführung von Herrn Stinka, der das „Landwirtschaftliche Wochenblatt“ so hervorgehoben hat. Da ich auch im Ausschuss für Landwirtschaft bin, würde ich mich freuen, wenn Sie dessen Wertung auch bei anderen Punkten, die die Landwirtschaft betreffen, in dieser, wie ich es einmal sagen möchte, unreflektierten Art übernehmen würden.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Zum Beispiel beim Milchpreis!)

Aber bei der Großen Anfrage geht es nicht nur um den Stand, sondern auch um die Perspektive der Windenergie. Ich glaube, auch darüber sollten wir

uns verständigen: Die Zukunft der Windenergie liegt vor allem bei den Hochseeanlagen. Dazu ist es erforderlich, dass die technischen Herausforderungen bewältigt werden. Ich bin schon der Meinung, dass das von unserer Industrie vor Ort sicherlich erfolgt. Dabei sollten wir sie aber unterstützen.

Viel größere Probleme sehe ich in der planerischen Voraussetzung. Wenn ich mir vorstelle, was schon die vorhin angesprochene Hochspannungsleitung bei uns, in einem dicht besiedelten Land, für Schwierigkeiten bereitet und dann diese Höchstspannungsleitung von der Nordsee zu unseren Industriegebieten zu bekommen, dann müssen wir gemeinsam überlegen, wie wir das zeitlich besser hinkriegen, dass der Strom von den Anlagen zu uns kommt. Findung von Trassen unter geringster Beeinträchtigung von Wohngebieten und größtmöglicher Schonung der Natur müssen unsere Ziele sein. Damit sollten wir bereits jetzt beginnen, das entsprechend planerisch einzubauen.

Darüber hinaus geht es aber auch darum, die entsprechende Steuerung der Anlagen zu optimieren. Heute wird von den Stromanbietern immer wieder bemängelt, dass der Wind zwar nicht plötzlich kommt, aber dass keine entsprechende Meldung der Windkraftanlagen an irgendeine Zentrale erfolgt, wo gerade Wind herrscht, um das entsprechende Stromangebot in die Versorgung einzubauen, um von dieser Seite aus eine bessere Nutzung, eine bessere Einbindung, vielleicht auch mit in die Grundversorgung zu bewerkstelligen.

Aus unserer Sicht hat die Windenergie eine hervorragende Perspektive, allerdings nicht so sehr in Mittelgebirgen, nicht dort, wo nur aufgrund einer überhöhten Subventionierung eine entsprechende Rendite eingefahren werden kann. Darüber sollten wir uns im Klaren sein. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulte. – Ich sehe eine weitere Wortmeldung. Frau Ministerin Thoben, Sie haben das Wort. Bitte schön.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Lassen wir die Atomkraftwerke laufen, Frau Ministerin Tho- ben!)

Besonders diejenigen, die es in Nordrhein-Westfalen im Wald gibt.

Ich möchte noch einmal den Punkt unterstreichen, den Herr Lienenkämper vorgetragen hat. Es geht darum, dass wir große Konzentrationsflächen in Nordrhein-Westfalen ohne Höhenbegrenzung haben. Dort kann es am ehesten gelingen, diejenigen zu überzeugen, die noch meinen, es sei schlimmer, wenn die Windräder höher wären. Wir verpassen,

wenn wir dieses Repowering nicht machen, eine Leistungssteigerungsmöglichkeit, die nach unserer Einschätzung die Menschen weniger beeinträchtigt, als wenn wir es bei den kleinen Rädern belassen. Warum strengen wir uns nicht gemeinsam an – das gilt für Kohlekraftwerke, das gilt inzwischen für Pipelines, es gilt gerade auch für Windenergieanlagen –, um das Repowering zu ermöglichen? Wir müssen die Menschen vor Ort davon überzeugen, dass sie mit der Höhenbegrenzung Effizienzsteigerungen nicht zulassen, die die Technik der Energieerzeugung aus Windkraft längst ermöglicht.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Wie viele ha- ben denn bis heute repowert? Das ist doch ein Witz, was Sie machen! Das gibt´s doch gar nicht!)

Sie haben doch gar keine Ahnung. Woran liegt es denn, dass nicht mehr repowert wird? – Doch daran, dass unsere Windkraftanlagen noch so jung sind.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Dann müssen Sie doch etwas anderes tun, als mit dem Re- powering zu kommen!)

Ist das gar nicht Gegenstand Ihrer Argumente gewesen? Habe ich das eben alles falsch verstanden? – Das ist doch Quatsch.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Aber das ist Ihre einzige Entwicklungsperspektive!)

Nein. Ich möchte gerne, dass wir die technischen Entwicklungen, die es gibt, nutzen. Übrigens sind inzwischen auch kleinere Höhen mit neuer Technik um 30 % effizienter als die Alten. Wir verpassen ein Stück Effizienzsteigerung, wenn wir nicht gemeinsam dafür werben, wo keine Höhenbegrenzung ist. Lasst uns doch mal versuchen, ob wir nicht die Mehrheit dafür bekommen, modernste Technik anzuwenden.

(Beifall von der CDU – André Stinka [SPD]: Sie haben die Mehrheit, Sie sind die Ministe- rin!)

Entschuldigung. Wollen Sie die Planungshoheit der Gemeinden aufheben? Dann sagen Sie das bitte. Argumentieren Sie dann aber auch nicht an anderer Stelle …

(André Stinka [SPD]: Hören Sie auf mit den Bekenntnissen!)

Also gut. Ich hätte mir gewünscht, dass wir das Thema Repowering in unserem Land gemeinsam vertreten können. Die Technik ist da. Wenn Sie daran keinen Spaß haben, tut es mir leid.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Ende der Beratung. Ich stel

le fest, dass die Große Anfrage 31 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hiermit erledigt ist.

Wir kommen zu:

8 Zur Situation von Frauen am Arbeitsmarkt in NRW

Große Anfrage 32 der Fraktion der SPD Drucksache 14/9125 – Neudruck

Antwort der Landesregierung Drucksache 14/9777

Ich eröffne die Beratung über die Große Anfrage 32 und erteile Frau Kollegin Kieninger für die SPDFraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer! Besonders begrüße ich die Pfadfindergruppe St. Georg aus Bochum, die auf der Zuschauertribüne sitzt, die an der 72Stunden-Aktion „Uns schickt der Himmel“ teilgenommen hat.

(Allgemeiner Beifall)

Aber nun zu unserer Großen Anfrage. In diesem Jahr haben wir 60 Jahre Grundgesetz feiern dürfen. Besonders Elisabeth Selbert hat darum gekämpft, den Art. 3 Abs. 2 ins Grundgesetz zu bekommen:

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen weist große geschlechtsspezifische Unterschiede und Nachteile auf. Es beginnt mit der Berufswahl, setzt sich fort bei der Entlohnung für gleiche Arbeit, Unterbrechung für Familienzeiten, den Wiedereinstieg bis hin zur beruflichen Entwicklung und der Karriere. Frauen sind auch heute noch, 60 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, in nahezu allen Bereichen des Arbeitsmarktes in Führungspositionen unterrepräsentiert und bei prekärer Beschäftigung überrepräsentiert.

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Situation von Frauen am Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen sollte uns, dem Parlament, eine genaue Analyse liefern, um daraus Lösungen der unterschiedlichen Probleme zu erarbeiten. Leider sind diese Antworten in vielen Bereichen sehr dürftig. Die Daten reichen in vielen Bereichen nicht aus. Die Stichtagsstatistik der Bundesagentur für Arbeit spiegelt nicht die tatsächliche

Situation wieder; darauf hat meine Kollege Günter Garbrecht schon heute Morgen sehr deutlich hingewiesen. Das fängt schon beim Einstieg in die Ausbildung an und setzt sich beim Wiedereinstieg in den Beruf fort. Wenn es keine Daten gibt, dann gibt es auch keinen Handlungsbedarf – so wohl die Devise der Landesregierung. Das ist Schönfärberei. Aber genau in diesen Handlungsfeldern gibt es Handlungsbedarf. Aber auch mit den gegebenen Antworten wird deutlich, wo gehandelt werden muss. Das Grundproblem ist das traditionelle Versorgermodell, das immer noch das Erwerbsleben dominiert.

Aber die traditionelle Familie ist nicht mehr die Regel. Andere Lebensmodelle werden gewählt und auch gelebt. Der eigene Beruf und die finanzielle Unabhängigkeit sind immer wichtiger für Frauen, insbesondere auch für junge Frauen. Von 35 % der 16- bis 29-jährigen Frauen wird eine Vollzeitbeschäftigung als ideal angesehen, in der Altersgruppe der 30- bis 44-jährigen Frauen wollen dies nur 23 %. Das zeigt uns aber sehr genau, dass eine Veränderung der Einstellung bei jungen Frauen stattgefunden hat.