Die offiziellen Berichte, die ich kenne – diese haben Sie nicht zitiert, Frau Düker; ich möchte sie an dieser Stelle aber auch nicht alle aufführen –, gehen davon aus, dass für die Heimkehrer in den Kosovo eine lebensbedrohende Situation nicht gegeben ist, dass es vielmehr durchaus zumutbar ist, die Personen in einem vernünftigen Rahmen zurückzuführen.
Zum anderen liegt, anders als damals, ein Beschluss der Innenministerkonferenz derzeit nicht vor. Sollte ein solcher gefasst werden, müsste er selbstverständlich auch von der Landesregierung befolgt werden. Ein Erlass allein für NordrheinWestfalen kann es aber aus übergeordneten Gesichtspunkten nicht geben; dieses Problem kann nur bundeseinheitlich gelöst werden.
(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Stimmt über- haupt nicht! – Sigrid Beer [GRÜNE] meldet sich zu Wort.)
Ich lasse Sie doch auch immer ausreden, Frau Beer. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie sich hier immer mit Zwischenfragen produzieren. Melden Sie sich lieber zu Wort. Vielleicht haben Sie noch Redezeit; dann können Sie das gerne vortragen.
Es bleibt also festzuhalten, dass ein Abschiebestopp derzeit aus humanitären Gründen auch in den Wintermonaten nicht geboten ist.
Schließlich möchte ich noch auf den zweiten Punkt des oben genannten Antrags der Grünen eingehen. Dieser lautet:
… sich mit den mitfinanzierenden Ländern Baden-Württemberg und Niedersachsen und dem Bundesamt für Migration und Flucht für eine Verlängerung des „URA 2“-Projekts sowie dessen Qualifizierung und verbesserte finanzielle Ausstattung einzusetzen.
Dieser Antrag kommt insoweit zu spät, als eine solche Vereinbarung vorbehaltlich der entsprechenden haushaltsrechtlichen Parlamentsbeschlüsse bereits beschlossen worden ist. Dabei wurden folgende Verbesserungen vereinbart: Der Einrichtungskostenzuschuss für Familienrückkehrer wurde von 300 € auf 600 € angehoben. Ein Einrichtungskostenzuschuss in Höhe von 300 € für Zurückgeführte wird verbindlich in das Programm aufgenommen.
Im Gegensatz zur Budgetveranlagung für 2009 wird das Startgeld für Existenzgründer auf 3.000 € angehoben. Der maximale Förderzeitraum für Miet- und Lohnkostenzuschüsse wurde von fünf auf sechs Monate verlängert.
Sie sehen also, dass die in Ihrem Antrag aufgestellte Forderung bereits erfüllt wurde; von daher ist sie meiner Meinung nach überflüssig.
Ich komme zum Schluss und stelle hiermit fest, dass ein solcher Antrag nicht dadurch plausibler wird, dass er immer wieder neu gestellt wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an einen Punkt des Vorredners von der CDU, von Herrn Schmitz, anknüpfen, bevor ich mit meiner Rede beginne. Sofern diese Landesregierung und die Koalitionsfraktionen einen solchen Innenministerkonferenzbeschluss auf den Weg bringen könnten, würden die Sozialdemokraten das natürlich unterstützen. Ich denke, aus humanitären Gründen gäbe es dann ja auch gute Gründe für eine bundesweit einheitliche Regelung. In diesem Sinne!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits im September dieses Jahres hat sich der Landtag von NRW mit der Frage der Rückführung von Roma in den Kosovo beschäftigt. Damals forderte Kollege Sagel in seinem Antrag einen generellen Abschiebestopp.
Der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen heute vorgelegte Antrag sieht nun ebenfalls einen generellen Abschiebestopp für in NRW lebende Roma vor,
Vorweg möchte ich allerdings betonen: Die SPD steht selbstverständlich und natürlich für das politische Grundrecht auf Asyl. Jeder, der verfolgt wird oder vor Diskriminierung fliehen muss, soll und muss in Deutschland Schutz und Zuflucht erhalten. Im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik muss es unser gemeinsames Anliegen sein, die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen. Diese Position haben wir beispielsweise im Hamburger Grundsatzprogramm verankert und bekräftigt.
Wir stehen auf der anderen Seite aber auch zu internationalen Vereinbarungen, so auch zum Abkommen der Bundesrepublik Deutschland – Frau Düker hat es angesprochen – mit dem Kosovo über Abschiebungen in den Kosovo. In diesem Zusammenhang sind die Ausländerbehörden der Länder und unseres Landes in jedem Einzelfall gehalten, mit der erforderlichen Sorgfalt und Sensibilität vorzugehen und gleichzeitig auf die Einhaltung der Regelungen im Ausländerrecht zu achten.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verweist auf die Wintererlasse der Jahre 2002 und 2003. Wir sind der Meinung, die damalige Situation ist mit der heutigen Lage allerdings nicht vergleichbar. Kollege Schmitz hat darauf hingewiesen: Es ging damals um eine Abschiebung in ein völlig anderes Gebiet, eben nach Serbien und nicht in den Kosovo.
Es ging um eine andere historische Situation. Es ging um andere Größenordnungen der von der Abschiebung betroffenen Personen. Insofern kann man beides nicht miteinander vergleichen.
Die SPD-Fraktion wird der Forderung nach einem generellen Abschiebestopp – und sei er auch zeitlich auf die Wintermonate befristet – für Roma in
den Kosovo nicht folgen. Sensible Einzelfallprüfungen: Ja. Sensibilität: Ja. Genereller Abschiebestopp allerdings: Nein. Wir können gerne über die Verlängerung einer sinnvollen Bleiberechtsregelung reden und streiten. Ich glaube, darin waren wir uns beim letzten Mal ziemlich einig. Denn genau diese fordern Sozialdemokraten, wie ich finde, aus guten und nachvollziehbaren Gründen. Genau das tut dieser Antrag aber nicht: Er wählt einen völlig anderen Zugang zu einem sicherlich schwierigen Thema, was zwar legitim, letztlich aber nicht der sozialdemokratische Ansatz ist.
Punkt 2 des Antrags, nämlich das „URA 2“-Projekt fortzuführen, hält meine Fraktion hingegen für völlig richtig und sinnvoll. Wir unterstützen das Anliegen, dass sich die Landesregierung eben nicht nur für eine Fortführung des Projekts, sondern auch für eine bessere finanzielle Ausstattung dieses Projekts einsetzen möge.
Vor diesem Hintergrund werden wir diesen Antrag weder ablehnen, noch werden wir diesem Antrag zustimmen: Wir werden uns enthalten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liberale Innen- und Rechtspolitik setzt sich für die Rechte aller Menschen in Deutschland und natürlich auch in Nordrhein-Westfalen ein. Menschenrechte und Menschenwürde sind nicht disponibel. Deshalb zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einige Fakten.
Mit der Rückführung von Roma wurde erneut ein Thema aufgerufen, das besonders tragisch wie traurig ist: Krieg, Vertreibung und Verfolgung, der Zerfall eines Staates, Hass von Menschen und viel Leid. Die Menschen, über die wir hier sprechen, haben fern ihrer Heimat bei uns in Deutschland und NRW Schutz und Zuflucht gesucht. Deshalb ist die Abschiebung von ausreisepflichtigen Personen eine der unerfreulichsten Aufgaben eines Landes, der damit betrauten Stellen und Beamten. Niemand zerstört gerne Hoffnung oder Träume sowie entstandene Bindungen.
Nach dem geltenden bundesgesetzlichen Aufenthaltsrecht müssen solche Entscheidungen aber leider immer wieder objektiv nach Recht und Gesetz getroffen und vollzogen werden, auch wenn subjektiv der eine oder andere die Entscheidung in bestimmten Fällen bedauern oder abweichend beurteilen mag.
Wer in Deutschland die geltenden Voraussetzungen für den Aufenthalt nicht mehr erfüllt, muss – wenn besondere Ausnahme- und Härtefallregelungen nicht einschlägig sind – Deutschland und NRW wieder verlassen. 9.842 Roma in Deutschland, davon 3.700 geduldete in NRW, sind aus diesem Grunde nunmehr vollziehbar ausreisepflichtig und damit, da sie eine freiwillige Ausreise ablehnen, von staatlichen Rückführungsmaßnahmen betroffen.
Für die Kosovo-Roma gelten die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung für die Perspektive eines dauerhaften Aufenthalts aufgrund eines selbstständig gesicherten Lebensunterhalts. Das sind die Voraussetzungen des § 104 Aufenthaltsgesetz. Ausnahmen zugunsten einer bestimmten Gruppe sind nicht möglich, denn dann müssten sie für alle gelten.
Die Entscheidung, ob eine Abschiebung in ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Region erfolgen soll, kann nur anhand einer umfassenden Beurteilung der Situation im Herkunftsland getroffen werden. Das wissen wir und ich habe es hier wiederholt vorgetragen. Diese wird natürlich nicht von uns in Nordrhein-Westfalen vorgenommen, sondern vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Berücksichtigung umfassender Berichte des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage im Kosovo. Natürlich ist es geboten, die konkrete Situation vor Ort und etwaige Veränderungen permanent kritisch zu beobachten und gegebenenfalls entsprechend zu reagieren.
Weil wir das Thema wiederholt hier beraten haben, möchte ich mir herausnehmen, die alte Bundesregierung zu zitieren, die am 12. Oktober 2009 – so lange ist das gar nicht her – eine umfassende und ausführliche Stellungnahme mit der Drucksache 16/14129 zu dem Themenbereich abgegeben hat, in der es heißt – ich zitiere –: Der Bundesregierung liegen aufgrund aller ihr vorliegenden einschlägigen Berichte über die Situation im Land
keinerlei Anzeichen für gewalttätige Übergriffe von Seiten der Behörden der Republik Kosovo gegen ethnische Minderheiten vor. Auch die von Privatpersonen verübten ethnisch motivierten Gewalttaten sind in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Nach Erkenntnissen der vor Ort tätigen internationalen Organisationen ist der ganz überwiegende Teil der Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener Volksgruppen nicht primär ethnisch motiviert.
die Befürchtung des Menschenrechtskommissars des Europarates, dass die massenhafte Abschiebung von Minderheitenangehörigen in den Kosovo ‚einen negativen Effekt auf die Situation von Minderheitenangehörigen im Kosovo’ haben wird. …
Bund und Länder planen keine ‚massenhaften’ Rückführungen in das Kosovo. Sie streben vielmehr in Fortsetzung der bisherigen Rückführungspraxis eine schrittweise Rückführung der ausreisepflichtigen Personen an. Dies erfolgt unter Beteiligung der kosovarischen Seite und unter Berücksichtigung der dort bestehenden Aufnahmekapazitäten.