Protocol of the Session on November 4, 2009

Jetzt haben wir eine Initiative der Bundesbank, die von Ihrer Koalition verlangt hat, das so zu tun. Am

Ende haben Sie es auch so aufgeschrieben. Es ist aber trotzdem falsch, meine Damen und Herren.

Angesichts des Dualismus besteht Reformbedarf. Zurzeit fallen die Kenntnisse über die aufsichtsrechtlichen Sachverhalte und die Verantwortung für die aufsichtsrechtlichen Maßnahmen stark auseinander. Die BaFin wäre auf die Expertise angewiesen. Deshalb sollte diese Zuständigkeit tatsächlich bei der BaFin angesiedelt werden,

(Christian Weisbrich [CDU]: Schwachsinn!)

sprich: Die regelmäßige Informationserhebung, das Vorausschauende, muss zur BaFin.

Unabdingbar ist darüber hinaus aber auch – darüber muss auch Klarheit herrschen –, dass wir eine neue Finanzierung der Bankenaufsicht brauchen. Es kann doch nicht angehen, dass die Banken das selbst finanzieren. Da gibt es doch einen Interessenkonflikt. Wir brauchen eine grundlegende öffentliche Finanzierung für die Grundlage dieser Arbeit. Das ist aufsichtsrechtlich gegeben. Und für das, was die Banken zusätzlich an Leistungen bestellen, dafür sollen sie natürlich auch Zahlungen leisten. Aber grundsätzlich müssen wir es öffentlich, nämlich unabhängig von den Banken und von deren Interessen, finanzieren. Sonst ist die Unabhängigkeit der aufsichtsrechtlichen Funktionen nicht gewährleistet, ganz egal, wo wir das ansiedeln.

Eine Zusammenführung unter dem Dach der Bundesbank lehnen wir aus folgendem Grund ab. – Herr Weisbrich, bleiben Sie noch einen Augenblick. Sie wollen doch noch schlauer werden. – Es gilt, die Unabhängigkeit der Bundesbank zu wahren. Darauf kommt es an. Es gilt, zum Beispiel die parlamentarischen Kontrollrechte nicht zu beschneiden. Würde man das alles bei der Bundesbank ansiedeln, hätten wir diese parlamentarischen Kontrollrechte so nicht, weil dort kein Verwaltungsrat gebildet werden kann. Wir brauchen eine parlamentarische Kontrolle auch dieser aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, meine Damen und Herren. Das ist es.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Verortung und Organisation der Aufsicht ist wichtig. Noch wichtiger aber ist die Qualität der Aufsicht. Darüber ist heute Abend noch überhaupt nichts gesagt worden. Auch das muss man bei der BaFin noch verbessern.

Mit einer Verortung der Bankenaufsicht bei der Bundesbank würde man sich vom Ansatz einer Allfinanzaufsicht allerdings völlig verabschieden, meine Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion und von der FDP-Fraktion. Sie hätten dann die Bankenaufsicht bei der Bundesbank, und es bliebe bei der Aufsicht über das Versicherungswesen durch die BaFin.

Das ist falsch, meine Damen und Herren. Sie wissen sehr genau über die engen Verflechtungen von Banken und Versicherungen Bescheid. Die Aufsicht

muss in einem Hause sein. Deshalb heißt es heute von der Fraktion der Grünen eindeutig und klar: Wir wollen eine Zusammenführung der Verantwortlichkeiten, der Erhebung der Daten, aber auch der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen bei der BaFin und nicht bei der Bundesbank.

Über die Zusammenführung gibt es keinen Zwist. Aber machen Sie die Rolle rückwärts. Denken Sie noch einmal darüber nach. In dem von Ihnen in Berlin ausgehandelten Koalitionsvertrag haben Sie einen Denkfehler. Wir brauchen auch eine parlamentarische Kontrolle. All dies ist nicht gewährleistet, wenn Sie das bei der Bundesbank ansetzen.

Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich komme zum Schluss.

Wir brauchen das bei der BaFin. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tinte unter dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist noch nicht ganz trocken,

(Ewald Groth [GRÜNE]: Dann können Sie doch noch ein bisschen löschen! – Zuruf von der SPD: Aber die Bundeskanzlerin ist schon gewählt!)

da entfalten Sie schon Aktionismus, meine Damen und Herren von der Opposition. Dazu lässt sich eigentlich nur sagen: Eile mit Weile wäre besser.

So sehr Ihr Ziel verständlich ist, sich für die vorhandenen Arbeitsplätze in Bonn im Bereich Bankenaufsicht einzusetzen, so wenig werden Sie das dadurch erreichen, dass Sie die Deutsche Bundesbank schlechtreden.

Die Bankenaufsicht ist seit Langem auf zwei Schultern verteilt.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das ist eine struktu- relle Frage!)

Die Deutsche Bundesbank vollzieht die laufende Prüfung der Kreditinstitute. Die BaFin – bis 2002 das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen –, ist für die übrigen Maßnahmen zuständig. Dass dies im Einzelfall diffizil sein kann, liegt auf der Hand. BaFin und Bundesbank haben sich darum auf Richtlinien verständigt, die für eine reibungslose Durchführung

der Bankenaufsicht gesorgt haben. Ich betone: Bundesbank und BaFin, also beide, haben gut funktioniert und für einen hohen Standard der Bankenaufsicht in Deutschland gesorgt.

Mit dem Ausbruch der Finanzkrise, die nun seit mehr als zwei Jahren um sich greift, sind auf allen Ebenen Schwächen der Finanzaufsicht deutlich geworden. Die Bundesbank, die im makroprudenziellen Bereich die systemischen Risiken analysiert, hat sicherlich nicht frühzeitig vor der Krise gewarnt. Im mikroprudenziellen Bereich der Einzelaufsicht, den die BaFin verantwortet, sind ebenfalls strukturelle Defizite erkennbar, Herr Groth. Diese werden im Übrigen von der BaFin selbst eingeräumt, wenn – wie ihr Präsident Sanio erklärt – die Bankenaufsicht nicht erkannt hat, welcher Müll – Zitat – sich bei den Banken rund um den Globus aufgetürmt hat.

Das Problem, das hier deutlich wird, ist kein spezifisch deutsches, sondern ein europäisches, wenn nicht gar globales Problem. Wie Sie wissen, ist die EU-Kommission darum auch aktiv und hat Maßnahmen zur Einrichtung eines europäischen Finanzaufsichtssystems vorangetrieben. Darum war es auch nur folgerichtig, wenn sich die Koalitionsparteien für Deutschland darauf verständigt haben, dem Expertenrat zu folgen und eine Bankenaufsicht aus einem Guss zu schaffen. – Das ist die eine Frage.

Die andere Frage ist, ob damit der Standort Bonn aufgegeben werden muss. – Nein, der Koalitionsvertrag stellt den Standort Bonn nicht infrage. Ich zitiere: Die Standorte der bisherigen BaFin stellen wir nicht infrage. – Warum behaupten Sie hier etwas anderes und versetzen die Menschen in Panik? Das Ausmalen von sozialer Härte für 400 Arbeitsplätze, die seit sieben Jahren in Bonn angesiedelt sind und nun nach Frankfurt umziehen müssen, kann man nur als unangebrachte Panikmache bezeichnen. Frau Abgeordnete aus dem Raume Bonn, lassen Sie mich nur nebenbei anmerken: Die Bankenaufsicht ist übrigens schon seit dem Jahr 2000, also seit neun Jahren, in Bonn beheimatet.

(Gisela Walsken [SPD]: Frau Hendricks!)

Sie hat nur den Namen gewechselt.

Zum anderen ist noch längst nicht ausgemacht, wie sich die Aufgabenverlagerung konkret vollziehen soll. Mit anderen Worten: Es steht nicht fest, ob es überhaupt zu einer Verlagerung von Arbeitsplätzen kommt und, wenn ja, in welchem Umfang. Insofern trifft der Entschließungsantrag von CDU und FDP genau den derzeitigen Sachstand und die derzeit mögliche Bewertung.

Meine Damen und Herren, vieles ist denkbar, übrigens auch die Beibehaltung der dezentralen Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben. Selbstverständlich hat die Landesregierung erhebliches Interesse am Erhalt der Arbeitsplätze am Standort Bonn. Sicherlich wird sich eine Gelegenheit für die Landesregie

rung ergeben, für die Erhaltung der Arbeitsplätze am Standort Bonn, der ja garantiert wird, tätig zu werden. Sie wird aber erst dann entscheiden, in welcher Weise sie auf den Erhalt Einfluss nimmt, wenn dies auch wirklich angezeigt und erkennbar ist, was wie geplant ist. Blinden Aktionismus wird sie jedenfalls nicht betreiben.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die antragstellende SPD-Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/10022. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir stimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10058 ab. Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Damit ist dieser Entschließungsantrag angenommen.

Ich rufe auf:

11 KiBiz-Bürokratiewahn stoppen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10017

Ich eröffne die Beratung und erteile … Sie müssen entschuldigen, dass ich zögere. Es war geplant, diesen Punkt ohne Debatte zu überweisen. Nun beraten wir ihn doch. Für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Asch das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon an verschiedenen Stellen festgestellt, dass das KiBiz, das sogenannte Kinderbildungsgesetz, bei allen Anforderungen versagt hat, die an ein zukunftsfähiges Kindergartengesetz gestellt werden.

Statt mehr Bildung haben wir weniger Personal für die Kinder. Das bedeutet weniger Zeit, weniger Förderung, damit auch weniger Bildung. Statt mehr Flexibilität für die Eltern gibt es jetzt starre Betreuungszeiten. Alles, was über 45 Stunden an Betreuungsbedarf da ist, wird vom Land nicht mitfinanziert.

Diese Punkte lassen sich in vielen anderen Dimensionen noch ergänzen. Wir sehen nach einem Jahr KiBiz: Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben ihre selbst gesteckten Ziele nicht

erreicht, ja, es ist sogar noch schlimmer: Die Qualität der frühkindlichen Bildung in NordrheinWestfalen hat sich deutlich verschlechtert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zu dieser Negativ-Bilanz kommt jetzt noch ein weiterer Punkt hinzu. Heute sprechen wir über den Bereich, der als Kritik am alten System, am GTK, immer wieder bemüht wurde. Ich erinnere daran, dass Sie alle als Vertreterinnen, als Vertreter der Regierung – die Landesregierung selbst, Herr Laschet wurde dessen nicht müde – immer wiederholt haben, das GTK habe zu viel Bürokratie produziert. Es sei viel zu kompliziert. Wir bräuchten ein neues Gesetz, mit dem alles einfacher würde, mit dem die Träger weniger Bürokratie zu bewältigen hätten, mit dem die örtliche Jugendhilfeplanung besser zurechtkomme. Das war der Anspruch.

Heute sehen wir: Auch bei dem gesteckten Ziel, Bürokratieabbau zu erreichen, hat das Gesetz versagt. Wir haben die neun verschiedenen Kindpauschalen. Dazu gibt es Zuschläge für Kinder mit Behinderung. Es gibt Zuschläge für Kinder mit Sprachförderbedarf. Es gibt aufwendigste Abstimmungen zwischen der örtlichen Kinder- und Jugendhilfeplanung, um die Architektur der Gruppen gemeinsam mit den Trägern hinzubekommen, um Entscheidungen zu treffen, wohin das zweijährige Kind kommt: in die Gruppenform 1 oder in die Gruppenform 2. Oder behalten wir die Gruppenform 3 bei? Was ist günstiger? In welcher Form können wir unsere Einrichtung refinanzieren?

(Beifall von den GRÜNEN)

Dazu kommen ausufernde Dokumentationen und Datenerfassung. Bei dieser ausufernden Bürokratie muss man gar nicht erst bemühen, was sich im letzten Jahr abgespielt hat, dass nämlich genau vor einem Jahr diese unsägliche Kinderzählerei stattgefunden hat, bei der jedes Kind mit Ankunfts- und Abholzeiten im Kindergarten registriert werden musste.