Der Kollege Ralf Witzel hat noch im August 2004 auf eine Anfrage von Ihrer Landesregierung erfahren, dass insgesamt 796 Schulleiterstellen nicht besetzt waren.
Deshalb bitte ich Sie, nicht auf das kurze Gedächtnis zu setzen, sondern zur Kenntnis zu nehmen: Das, was Sie hier machen, ist schlichtweg unseriös.
Es gibt heute mehr besetzte Schulleiterstellen als in Ihrer Zeit. Ich bitte Sie um entsprechende Fairness.
Zweiter Punkt: Die Rekrutierung der Schulleitungen – das wissen Sie ganz genau – wird im System umgestellt. Das heißt, das Assessment-Center oder das Eignungsfeststellungsverfahren – so heißt es genau – stößt auf sehr positive Resonanz, insbesondere bei jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die bereit sind, Führungsverantwortung zu übernehmen.
Auch das hat es in Ihrer Zeit wenig gegeben. Wir wissen – das haben Sie angesprochen –, dass die Rechtsprechung sehr beschneidend ist und aufgrund des Beamtenrechts wenig Freiräume lässt. Aber wir müssen doch alles tun, um Freiräume zu schaffen, damit wir diejenigen zu Schulleitern machen, die es gerne möchten und die Führungsqualität haben, um Leitungsfunktionen zu übernehmen.
Dahin kommen wir mit dem neuen Verfahren. Dabei sind sie jahrzehntelang keinen Schritt nach vorne gekommen. Deswegen ist es richtig, was Frau Sommer gemacht hat und was wir im Schulgesetz festgelegt haben: Wir machen es anders, die Verantwortung geht an die Schule, und dort muss die Rekrutierung erfolgen.
Wir werden uns genau anschauen, ob es gegebenenfalls Korrekturbedarf gibt. Nur: Im Moment gehen wir einen pragmatischen Weg. Entgegen Ihren Ankündigungen gibt es bei den allermeisten Verfahren einen großen Konsens. Wenn ich richtig informiert bin, laufen noch sieben Klagen; das ist bei 6.500 Schulen nicht besonders viel. Ein Konsens zwischen allen Beteiligten ist besser, als solche Entscheidungen kontrovers zu treffen. Wenn Schu
le, Lehrer, Eltern und Schulträger sich auf einen Kandidaten einigen, ist es in der Regel zum Wohle aller. Die Auswahl werden wir aufgrund unseres neuen Auswahlverfahrens gewährleisten. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Schulleitungswahl als Farce“, so titelte die GEW in der jüngsten Ausgabe der „NDS“ zum heutigen Thema. Es ist nur ein Ausschnitt aus einer breiten Palette von Presseartikeln, die eigentlich das Gegenteil von dem darstellen, was Herr Kaiser gerade versucht hat zu skizzieren. Die Realität ist anders als das, was Sie in den letzten fünf Minuten erzählt haben, Herr Kaiser. Die Situation, in die Sie uns nach drei Jahren gebracht haben, kann man tatsächlich am besten so beschreiben: Es ist eine Farce.
§ 61 des Schulgesetzes, von Ihnen geschaffen, der das Bewerbungsverfahren regeln sollte, wurde in den letzten Jahren von verschiedenen Gerichten immer wieder so weit zusammengestutzt, dass eine rechtskonforme Anpassung durch uns, durch den Gesetzgeber, längst überfällig ist. Ich bin den Grünen dankbar dafür, dass sie uns mit dem vorliegenden Antrag noch einmal auf die Situation an den Schulen, bei den Schulleitungen hinweisen.
Auch mir und der SPD-Fraktion liegen zig Fälle vor, bei denen Schulen seit mehreren Monaten, teilweise seit Jahren, einen neuen Schulleiter oder einen neuen Stellvertreter suchen.
Meine Damen und Herren von der Landesregierung, dieser Aspekt Ihres Schulgesetzes war von Anfang an durch Sie schlecht gemacht und für die Praxis untauglich.
Auch Ihnen müssten zahlreiche Beschwerden von Eltern, Kommunen und Kolleginnen zu denken geben, die wir immer wieder hören. Ich finde es schon ein Stück weit traurig, dass es einer vernichtenden Expertenanhörung wie zuletzt im Landtag bedarf, bis Sie endlich mal ans Nachdenken kommen. Die letzte Anhörung zu dem Thema hat unisono ein vernichtendes Urteil über § 61 gefällt, den Sie geschaffen haben.
Sie haben mit Ihrer Regelung zum Thema Schulleiterwahl Zweierlei erreicht: Zum einen gibt es mehr Gerichtsverfahren, und zum anderen – das ist der entscheidende Punkt; ob sieben oder zehn Gerichtsverfahren ist nicht so entscheidend – gibt es eine breite Verunsicherung der Bewerber und der Schulen. Ich versuche es einmal kurz und stichwortartig zusammenzufassen.
Die Kommunen als Schulträger haben heute wesentlich weniger Einfluss auf die Wahl der Schulleiter als vor Verabschiedung des Schulgesetzes. Ein Vertreter des Schulträgers darf heute in der Schulkonferenz wählen. Ich nenne das Scheindemokratie; um nichts anderes geht es hier. CDU und FDP gaukeln den Schulkonferenzen, den Kommunen vor, sie könnten real wählen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Leute können in der Regel nicht auswählen, sondern sie bekommen einen Kandidaten vorgesetzt und können sich, wenn sie Glück haben, für diesen entscheiden. Wenn sie diesen Kandidaten nicht haben wollen, und er ist beamtenrechtlich der am besten geeignete, müssen sie ihn nehmen, ob sie wollen oder nicht.
Das Gesetz ist durch Sie handwerklich schlecht gemacht. Beispielsweise haben Sie die Passagen des Gesetzes zur Wiederwahl, die vom Verfassungsgericht gekippt worden ist, still und heimlich und, wie ich finde, ohne politische Größe mal eben so aus Ihrem Schulgesetz entfernt.
Auch die sogenannte Verwendungsbreite, die Sie uns lang und breit erklärt und angepriesen haben, wurde vom Gericht wegen erwiesener Praxisuntauglichkeit gekippt.
Die Bezirksregierung zwingen Sie quasi ebenfalls, auf der einen Seite die beamtenrechtlich zwingenden Vorschriften anzuwenden und auf der anderen Seite Ihr untaugliches Schulgesetz. Ich glaube, es ist nicht gut, die Verwaltung in so eine Rechtsunsicherheit zu bringen.
Ich betone noch einmal: Es gibt keine Wahlmöglichkeiten. Wer heute von Schulleiterwahl spricht, sagt die Unwahrheit. Es gibt keine Schulleiterwahlmöglichkeit. Besonders absurd wird es dann, wenn die Schule einen Bewerber bewusst ablehnt, der der Schule am Ende aufgedrückt wird, weil es beamtenrechtlich nicht anders geht. Diese Fälle gab es nicht nur in Gelsenkirchen, sondern auch in Duisburg beispielsweise in meinem Wahlkreis.
Herr Kaiser, abschließend zu Ihren Zahlen: Es ist im Grunde völlig egal, ob es früher mehr waren oder ob es jetzt genauso viele sind. Offene, unbesetzte Stellen sind immer schlimm. Ich bestreite gar nicht, dass es vor 2005 solche Stellen gegeben hat. Aber Sie sind damals angetreten und wegen des Versprechens gewählt worden, es besser zu machen.
Warten Sie doch mal eine Runde, Herr Kaiser. – Ich stelle fest, wir hatten letztes Jahr in Duisburg nach Aussage der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir 20 unbesetzte Schulleitungsstellen, und wir haben heute, also ein Jahr später, allein in Duisburg 31 unbesetzte Schulleitungsstellen. Gucken Sie wegen der Zahlen mal in SchIPS! Sie werden das wahrscheinlich genauso gut hinkriegen wie ich. Es ist eine Farce, was Sie in den letzten Jahren
Ich kann nur dringend darum bitten, dass Sie diesen Passus endlich ändern und dafür sorgen, dass die Schulen schnell gute Schulleiter bekommen, da wir diese brauchen. Sonst wird die Schulentwicklung auf der Stelle treten. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu diesem Antrag der Grünen komme, möchte ich mich noch kurz an Frau Löhrmann wenden. Sie haben sich vorhin ja noch so keck hier an das Rednerpult begeben. Aber wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen,
Ja, ja. Hören Sie gut zu! – Die grüne Schulsenatorin in Hamburg schafft in der Sekundarstufe I de facto die Durchlässigkeit ab. Heißt dies, dass das jetzt auch Ihre Position in NRW ist? – Das nur am Rande.
Aber jetzt zum Antrag: FDP und CDU haben den Schulen mehr Freiheit gegeben. Die Schulleitungsaufgaben entwickeln sich immer stärker in Richtung eines Schulmanagements. Weil die Verantwortung der Schulleitungen in den vergangenen Jahren bereits deutlich angestiegen ist, haben wir uns entschieden, mit dem neuen Eignungsfeststellungsverfahren die zukünftigen Schulleitungen vor der Übernahme einer solchen Leitungsfunktion umfassend zu schulen.
Gegenwärtig werden im neuen Assessment-Center 200 Bewerber geschult. Im nächsten AssessmentCenter werden 200 weitere Lehrerinnen und Lehrer intensiv auf eine solch anspruchsvolle Leitungsfunktion vorbereitet.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Qualität dieser Bewerber wird sich auch positiv auf die zukünftige Besetzung der Schulleitungsstellen auswirken. Das Angebot an qualifiziertem Personal wird ansteigen. Das kommt dann auch dem Auswahlprozess an den Schulen zugute.
Es hat bezüglich § 61 Schulgesetz gerichtliche Entscheidungen gegeben, die sich auch auf den Prozess der Wahl der Schulleitungen auswirken. Hierbei wurde zum Beispiel das Prinzip des Leistungs
grundsatzes bzw. der sogenannten Bestenauslese betont. Und als Rechtsstaatspartei akzeptiert die FDP selbstverständlich die Gerichtsentscheidungen.
Die Verlagerung von mehr Einflussmöglichkeiten an die Schulen vor Ort ist grundsätzlich auch weiterhin der richtige Weg.
Prof. Hansis hat in der Anhörung auf die bisweilen früher leider praktizierte Farbenlehre bei der Besetzung der Schulleitungspositionen hingewiesen, die oft nach Parteibuch vorgenommen wurde. Das kann und darf nicht unser Ziel sein.
Wir müssen generell die besten, aber auch gleich geeignete Bewerber vor Ort zur Auswahl stellen, sodass sowohl dem Leistungsprinzip als auch der Entscheidungsmöglichkeit an den Schulen entsprochen wird. Hierfür ist das Eignungsfeststellungsverfahren ein wichtiger Schritt. Es sichert auch die Qualifikation von Bewerbern aus der eigenen Schule, sodass damit eine Gefahr gebannt wird: Auf diesem Weg stellen wir nämlich sicher, dass nicht ungeeignete Schulleitungen installiert werden, die lediglich an der Schule gut vernetzt sind.
Gegenwärtig befinden wir uns in einer Übergangsphase. In den Sitzungen des Ausschusses für Schule und Weiterbildung ist ganz deutlich geworden, dass es sich bei den von den Grünen als diverse Rechtsstreitigkeiten gebrandmarkten Streitfällen vor allem um Konkurrentenklagen handelt, die nicht auf § 61 des Schulgesetzes zurückzuführen sind. Solche Situationen sind bedauerlich, aber auch ein ganz normaler Bestandteil eines Rechtsstaates.