Protocol of the Session on September 9, 2009

(Marc Jan Eumann [SPD]: In der Regel schmilzt Schnee!)

Schaut man sich den Antrag an, so stellt man fest, dass es eine Ansammlung von Allgemeinplätzen ist, nicht zukunftsorientiert, sondern ausgesprochen rückwärtsgewandt.

Dabei hat die schwarz-gelbe Landesregierung die Wohnraumförderungsbestimmungen seit 2005 deutlich modernisiert und kontinuierlich den neuen Herausforderungen der Wohnungsteilmärkte in Nordrhein-Westfalen angepasst.

Die innovativen Ansätze, die dort gefunden worden sind, heben sich deutlich von dem rot-grünen Mief ab. Als Beispiele sind zu nennen: Barrierefreiheit als Neubaustandard im geförderten Mietwohnungsbau – vorher undenkbar –, energetische Sanierung im Bestand seit 2006 – das gab es unter Rot-Grün nicht – oder die Anhebung der für die Förderung maßgeblichen Einkommensgrenzen für eine bessere Durchmischung der Wohnungsbestände.

Eine variable Anpassung der Wohnraumförderung führte seit 2006 zu einem Anstieg der Nachfrage insbesondere beim Förderbaustein BestandsInvest, sodass wir 2008 mit den vorgesehenen 840 Millionen € nicht ausgekommen sind. Wir haben dann über die bereits bereitgestellte Summe hinaus gefördert und daraus die Konsequenzen gezogen. Wir

haben nämlich für 2009 – und werden es auch für 2010 machen –, 950 Millionen € bereitgestellt.

Ein Satz in dem Antrag ist natürlich richtig. Der heißt folgendermaßen – ich zitiere –: „Nach der Föderalismusreform hat das Land die alleinige Zuständigkeit für die Wohnungspolitik erhalten.“ Die Landesregierung hat auf diese neue Herausforderung der Wohnraumförderung mit dem eingebrachten Gesetzentwurf, der heute nicht Thema der Tagesordnung ist, reagiert. Das im Regierungsentwurf vorliegende Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen macht daher den vorliegenden Antrag der Grünen überflüssig. Folglich ist dieser Antrag auch abzulehnen.

In der letzten Woche hatten wir zu diesem Gesetzentwurf eine Anhörung, in der ich einiges ganz anders gehört habe als mein Vorredner. Es gilt, Folgendes festzuhalten: Mit den 950 Millionen € – so die Sachverständigen – ist die Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen vorbildlich und besser als in allen anderen Flächenländern. Unsere Modernisierung der Förderbestimmungen ist vorbildlich. Auf der Grundlage der Pestel-Studie und auf den darauf beruhenden Gutachten von FuB wurde eine wesentliche Forderung der Wohnungswirtschaft erfüllt, nämlich die stärkere regionale Ausdifferenzierung der Wohnraumförderung.

Rot-Grün hat – das wurde dort auch noch einmal deutlich – bis 2005 eine stockkonservative Wohnraumförderung betrieben – an der Wirklichkeit und vor allen Dingen auch am Markt vorbei.

Ich rufe noch einmal die Fakten in Erinnerung: Wir hatten 1995, als ich in den Landtag kam, 150.000 Wohnungssuchende. Wir haben im Moment nicht einmal mehr die Hälfte. Das heißt, die Zahl der Wohnungssuchenden hat sich halbiert. Im Übrigen: Während es früher Familien waren, sind es heute eher Alleinstehende und keine Familien.

Zum Wohnungsbau! Wir hatten seinerzeit 100.000 Wohnungsneugestellungen. Ein Drittel davon waren Eigenheime. Inzwischen ist die Situation so, dass von den 48.000 Wohnungen, die in den letzten Jahren noch gebaut wurden, 28.000 Eigenheime waren. Das heißt, auch die Eigentumsquote verbessert sich.

Herr Kollege Schemmer, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wißen von der SPD-Fraktion?

Wenn das nicht auf die Redezeit angerechnet wird, ja.

Das haben wir noch nie gemacht.

Bitte schön.

Herr Kollege Schemmer, wenn die Wohnraumförderung so vorbildlich war – und Sie waren ja mit mir in derselben Anhörung –, würden Sie dann dem Votum nahezu aller Experten zustimmen, die da sagen: „Dann lasst uns doch die Wohnraumförderung auch gesetzlich festschreiben“?

Herr Wißen, ein ganz einfacher Hinweis: Es gibt die Aussage dazu, dass die 950 Millionen € heute und auch auf Dauer gelten. Im Übrigen würde ich mir die rechtliche Frage, inwieweit der Gesetzgeber in ein Gesetz hineinschreiben kann, wie eine Bank anschließend zu handeln hat, noch einmal in Ruhe überlegen, ob das insbesondere juristisch-technisch überhaupt geht.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Es gilt die klare Aussage für heute, morgen und übermorgen: 950 Millionen €, round about 1 Milliarde € stehen der Wohnraumförderung in NordrheinWestfalen zur Verfügung. Und so gut wie bis dato – das wiederhole ich – macht dies kein anderes Flächenland.

(Heiterkeit von Bodo Wißen und Marc Jan Eumann [SPD])

Ich kann, nachdem sich der Bund aus der Wohnraumförderung zurückgezogen hat, nur noch einmal sagen, dass die Situation in Nordrhein-Westfalen im Neubaubereich auch bei Ersatzgebäuden dem heutigen Standard mit Barrierefreiheit und Wärmedämmung entspricht und vorbildlich ist.

Ich denke, dass wir noch ein erhebliches Problem bei den Abschreibungsmöglichkeiten haben. Da wird sich aber sicherlich etwas ändern, wenn nicht mehr die Minister Tiefensee und Steinbrück das festlegen. Wir haben einen desolaten Zustand im Abschreibungsverhalten. Deshalb wird insgesamt zu wenig gebaut.

Ich denke, dass der Antrag der Grünen eine Ansammlung von wohnungspolitischen Allgemeinplätzen ist. Man sieht das auch am Abstimmungsverhalten in den mitberatenden Ausschüssen. Das sagt mir: Nicht einmal in den eigenen Reihen steht man dem Antrag positiv gegenüber; sonst wäre der Antrag in den Ausschüssen nicht jeweils ohne Votum weitergegeben worden.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Seit wann sind Sie im Parlament?)

Er ist wenig innovativ, steht auf viel Papier, hat wenig Inhalt und ist lange überholt. Die logische Konsequenz: Wir lehnen den Antrag ab, da er einseitig, unvollständig, nicht zeitgemäß, eben überholt ist. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Kollege Schemmer. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Ruff-Händelkes das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist schon starker Tobak, Herr Schemmer, den Sie uns hier wieder bieten. Ich glaube, wir reden schon zum zehnten oder 15. Mal darüber. Es ist nicht Ihre Art, Wohnungspolitik zu verkaufen. Ich habe auch so ein bisschen den Eindruck, als geht das bei Ihnen nicht so ganz in die Tiefe.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Denn: Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sehr wohl Aktualität. Er hat deswegen Aktualität, weil er die Verantwortung für die Wohnungspolitik ernst nimmt. Deswegen haben wir dem auch im Ausschuss für Bauen und Verkehr zugestimmt.

Sie haben natürlich die volle Integration des Landeswohnungsbauvermögens mal eben ein bisschen unter den Tisch gekehrt, weil Sie genau gemerkt haben, dass das in der Anhörung überhaupt nicht gut angekommen ist, und zwar bei keinem außer einem.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich kann nur das wiederholen, was Kollege Becker eben gesagt hat. Es lohnt sich, das immer noch einmal zu betonen – ich fände es im Übrigen schön, Herr Rasche, wenn Sie das gleich aufgriffen –: Bezahlbarer, barrierefreier, energetisch sanierter Wohnraum – das ist das, was nicht nur die Fachleute fordern, sondern das ist das, was die Landesregierung im Pestel-Gutachten, das sie selber in Auftrag gegeben hat, eingefordert hat.

Meine Damen und Herren, es war ja nicht nur das Pestel-Gutachten, da war auch noch das differenzierte Nachfolgegutachten. Darin wurde aufgezeigt – Herr Rasche, das ist ganz besonders interessant –, dass sogar in den Städten und Gemeinden, wo im Moment kein Engpass mit Wohnungen ist – in Köln kennen wir die Situation – in fünf, zehn oder spätestens in 15 Jahren ein riesiger Bedarf an barrierefreien Wohnungen besteht. Ich finde, das können Sie nicht negieren.

Ich habe immer noch die Hoffnung, die ich auch nicht aufgebe, dass die Anhörung vorige Woche bei Ihnen ein bisschen nachhaltig wirken wird.

(Beifall von der SPD – Marc Jan Eumann [SPD]: Da muss es erst noch mehrere Flä- chenländer in Nordrhein-Westfalen geben!)

Den Eindruck habe ich auch, Herr Eumann.

Die Fachleute haben gesagt – ich will jetzt nicht das Wichtige und Richtige wiederholen, was Herr Be

cker eben gesagt hat –: Mindestens 1 Milliarde € müssten gesetzlich gesichert sein. Aber Sie haben auch gesagt, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass man eigentlich das Doppelte einsetzen müsste, um unser Land in den nächsten zehn bis 15 Jahren zukunftsfähig zu gestalten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Jetzt sagen wir Herrn Schemmer einmal, warum: Herr Schemmer, Sie sind, denke ich, auch nicht unter 50. Wir haben das so in den Kommunen beobachtet. Wir wollen deshalb, dass die Mieterinnen und Mieter, die ein mittleres Einkommen haben, die ein ganz kleines oder gar kein Einkommen im Alter haben, lebenswert und lange selbstständig wohnen können. Das müsste auch in Ihrem Interesse sein. Ich hoffe immer noch, dass bei Ihnen irgendwann der Groschen fällt.

Das Zweite ist – das hat Herr Becker eben auch angeschnitten –: Die energetische Sanierung steht mit der zweiten Miete im Zusammenhang. Wie ist das denn mit der zweiten Miete, die mittlerweile einen so hohen Anteil hat, dass er für die Menschen einfach nicht mehr erschwinglich ist. Wenn Häuser nicht energetisch saniert sind, dann haben auch die Mieterinnen und Mieter gar keinen Einfluss darauf, das für sie günstiger zu gestalten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich würde mich freuen, wenn Sie das noch mit hineinnähmen. An der Stelle kam von den Fachleuten ein richtig guter Vorschlag. Sie haben gesagt: Setzen Sie doch einen Anreiz, geben Sie einen Bonus dafür, wenn Investoren bereit sind, sowohl barrierefrei als auch energetisch zu sanieren. Setzen Sie da einfach noch einen Anreiz drauf. Diesen Vorschlag von den Fachleuten finde ich sehr sympathisch. Vielleicht taucht er wenigstens bei Ihnen auf.

(Beifall von SPD und GRÜNEN -Marc Jan Eumann [SPD]: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, die Fachleute habe ich schon erwähnt. Auf das Landeswohnungsbauvermögen, Herr Schemmer, sind Sie gar nicht eingegangen. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mit jemandem aus der Wohnungswirtschaft in der vorletzten Woche vor der Anhörung zu sprechen. Er hat mir etwas gesagt, was mir vielleicht gar nicht so gut gefallen wird, nämlich: Vielleicht sind die Hürden zu hoch, um die Mittel zu bekommen, um barrierefrei zu investieren und zu bauen. – Er hat mir gesagt: Vielleicht reicht es ja, wenn die Eingänge und die Türöffnungen breit genug sind und es vielleicht keine Stufen zur Wohnung gibt.

Lassen Sie uns doch einfach einmal ein bisschen einfallsreich sein und den Anspruch, den wir haben, überdenken. Herr Becker hat eben gesagt: Erst 1,5 % aller Wohnungen in NRW sind barrierefrei. – In den nächsten zehn bis 15 Jahren müssen 30 %

aller Wohnungen barrierefrei sein. Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir dieses Ziel nicht nur durch die Erhöhung der Mittel, sondern auch einfallsreicher erreichen können.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Jetzt komme ich zu dem Landeswohnungsbauvermögen. Ich habe mir zu Hause ein Bild gemacht, und dabei hat mir jemand aus der Wohnungswirtschaft geholfen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das Bild sehr schön fand: Bisher gab es eine Art Schutzgürtel, der das Landeswohnungsbauvermögen zusammenhielt. Die Überschüsse sind in den letzten Jahren abgeschöpft worden, der Gürtel ist dann enger geschnallt worden, aber er hat noch irgendwie gehalten. Jetzt hat der Finanzminister einmal tief Luft geholt, und der Gürtel ist geplatzt. Jegliche Sicherheit und damit der bisherige Schutz des Vermögens sind dahin. Ich finde, dieses Bild passt unwahrscheinlich gut.

(Beifall von SPD und Horst Becker [GRÜNE])