Klare und deutliche Worte gab es auch zu dem von uns hinterfragten Pflegenotstand, nämlich ob es diesen gibt oder nicht. Fast einhellige Meinung war: Ja, er ist bereits da. Wichtig: Alle Anwesenden haben dem Landtag mit auf den Weg gegeben, dass schnelles Handeln erforderlich ist. Noch vor drei Wochen, Herr Minister, gab es von Ihrem Hause und auch von der CDU-Fraktion und der FDPFraktion erbitterte Gegenwehr gegen die Anerkennung des Pflegenotstandes.
Ich zitiere das Institut, das Sie beauftragt haben, nämlich die Forschungsgesellschaft für Gerontologie, die vor drei Wochen ausgeführt hat:
Dass bis 2015 ein Pflegenotstand eintritt, erscheint nicht realistisch, wenn man den bisherigen Ausbildungsertrag weiter ausbildet. Sinkende Ausbildungszahlen führen nicht zwangsläufig zu einem geringeren Ausbildungsertrag.
Sie haben ja gerade eingeworfen, Herr Minister, dass wir keinen Pflegenotstand haben. Dann verwundert mich aber, dass Sie am Montag bei „10 Jahre Pflegerat NRW“ gesagt haben, dass wir in den nächsten Jahren mittelfristig nicht mehr ohne osteuropäische Arbeiterinnen und Arbeit im Pflegebereich auskommen. Vielleicht haben ja alle Sie missverstanden.
Auch die Anwesenden sagen dies deutlich. Ich zitiere, was Sie angeblich gesagt haben und was Sie hier jetzt bestreiten:
Das Pflegesystem für ältere Menschen in NRW kann nach Überzeugung von Landessozialminister Karl-Josef Laumann mittelfristig nicht ohne den Einsatz von osteuropäischem Pflegepersonal bewältigt werden. Gastarbeiter in der Pflege seien hier unerlässlich.
Herr Minister, Sie haben ja gleich die Möglichkeit, das in Ihrem Redebeitrag richtigzustellen. Klar ist aber: Nach unseren Forderungen nach einem anständigen Pflegefachkräfte-Monitoring zieht die CDU nach und erkennt scheinbar heute, drei Stunden vor Behandlung im Plenum, dass wir jetzt doch handeln müssen.
Wer damals und heute immer noch sagt, dass die Fachleute und wir Unrecht hatten, als wir 2006 und 2007 dieses forderten und die Ausrufung des Pflegenotstandes als notwendige Maßnahme wollten, um kurzfristig mehr Leute in die Pflegefachkraftausbildung zu bekommen, dem kann ich nur sagen: Das Verhalten der CDU- und FDP-Fraktion von heute straft dem Lügen.
Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich sehr gespannt auf Ihre Einlassungen, wie Sie das begründen wollen, und warte mit dem Rest meiner Redezeit einmal ab. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten in den vergangenen Jahren verschiedene Entwicklungen, die sowohl die Lebens- als auch die Arbeitswelt des Menschen grundlegend veränderten. Die Menschen werden älter, und wir müssen uns darauf einstellen, dass wir im Alter auch entsprechende Hilfen geben. Dieses Ziel haben wir immer gehabt. Aber Sie, Herr Killewald, von der SPD-Fraktion haben doch seit 2001 das Berichterstattungssystem – von Frau Fischer damals eingeführt – wie eine Monstranz vor sich hergetragen und daraus Ihre Zahlen gesogen, die Sie brauchen.
Die Anhörung am 19. August hat ganz klar gezeigt, dass diese Zahlen überhaupt nicht praktikabel sind. Sie haben vorhin auf Herrn Professor Weidner hingewiesen, der den Auftrag bekommen und am Montag auf der Pflegeratssitzung sehr deutlich gesagt
hat – auf Seite 4 seiner Stellungnahme können Sie das eindeutig nachlesen –, welche Kriterien er ansetzt, damit wir in der Zukunft all die Dinge im gesamten Pflegebereich sicherstellen können. Ich glaube, wir werden dann Zahlen und Basisdaten erhalten, die wir entsprechend verwerten können und eine entsprechende Grundlage bilden. Das, was wir bisher getan haben, ist, dass das Land über 8.200 Pflegeausbildungsplätze finanziert, die auch genutzt werden können.
Schlimm ist allerdings der Rückzug der Arbeitsverwaltung aus der Altenpflegeausbildung. Ausbildungsseminare beklagen sich bei mir, dass es keine Mittel für Berufsschüler und Arbeitnehmer gibt, die geeignet sind, auf diesen Beruf umzuschulen. Dazu kann ich nur sagen: Während in der Sonntagsrede die Eingliederung von älteren Arbeitnehmern gefordert wird, sagen die Verantwortlichen montags: Seht zu, wie ihr fertig werdet!
Meine Damen und Herren, zuständig für diese Situation, dass nicht ausgebildet werden kann, ist nicht die Landesregierung, sondern der sozialdemokratische Sonntagsredner Arbeitsminister Olaf Scholz.
Deshalb begrüßen wir, dass die Landesregierung die Voraussetzungen für ein umfassendes Monitoring geschaffen hat. Ihr Antrag ist überholt. Meine Damen und Herren von der SPD, Sie hinken mit Ihrem Antrag – wie immer mal wieder – hinterher. Sie rufen noch immer: Ich brauche ein Fahrrad. – Der Minister und die ihn tragenden Fraktionen sind aber bereits ins Ziel geradelt.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Burkert. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Romberg das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen in diesem Land steigen wird, ist kein Geheimnis. Gelegentlich wird darüber diskutiert, wie man dem präventiv entgegentreten kann, um diese Entwicklung abzumildern. Aber die Fachleute sind sich einig, dass der Bedarf an Pflegefachleistungen in den kommenden Jahren enorm steigen wird.
Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, dass die Zahl junger Menschen sinkt und damit die Zahl derer, die Pflegeleistungen professionell erbringen. Die Pflegefachkraftausbildung wird immer öfter mit anderen Ausbildungsberufen konkurrieren müssen, die unter Umständen ein höheres Prestige, weniger belastende Arbeitsbedingungen, mehr Gestaltungsfreiräume und last but not least ein lukrativeres Einkommen zu bieten haben. Des
Dazu gehört neben den quantitativen Aspekten auch die intensivere Beschäftigung mit der Qualität der Ausbildung bzw. mit der Frage, wie dies mit der Qualität innerhalb der Berufspraxis in Einklang zu bringen ist. Fest steht, dass die fachlichen Anforderungen eher zunehmen werden.
Einen wichtigen Schritt in Richtung verbesserter Professionalisierung hat NRW mit der Gründung einer staatlichen Fachhochschule für Gesundheitsberufe getan. Gleichzeitig sollte man zur Kenntnis nehmen, dass die Zufriedenheit der Situation in der Pflege offenbar bei denen, die sich dieser Arbeit professionell widmen, höher ist, als vielfach geglaubt wird. Dies haben wir auch in der Anhörung noch einmal erfahren. So hat eine aktuelle Studie des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur in Frankfurt belegt, dass die durchschnittliche Berufsverweildauer in der Altenpflege bei 19 Jahren liegt.
Gleichwohl ist es richtig, zur Verhinderung eines Pflegenotstandes, den wir aktuell noch nicht haben, Herr Killewald, nicht allein auf die Ausbildungsplatzzahlen zu schauen, sondern die Berufssituation der Pflegenden mit einzubeziehen, und zwar eben nicht nur die Altenpflegekräfte, sondern ebenso die Krankenpflegekräfte.
Schon aus diesem Grund greift der Antrag der SPD zum Thema Pflegenotstand, der gewissermaßen die Vorlage des aktuellen Antrags zum Thema Pflegemonitoring bildet, zu kurz. Er bezieht sich mit seiner Forderung lediglich auf die Altenpflegeausbildung und setzt sehr einseitig auf ein Umlageverfahren, sodass es einerseits recht hohe rechtliche Hürden gibt und es zum anderen – wie die Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen – offenbar nur sehr bedingt zur Verbesserung der Ausbildungsplatzzahlen beiträgt.
Da hilft es auch nicht allzu sehr, wenn die SPD jetzt auf den fahrenden Zug aufspringen will und ein Pflegefachkräfte-Monitoring fordert. Die regierungstragenden Fraktionen haben deshalb einen Entschließungsantrag vorgelegt. Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass die Landesregierung die Aufforderung der SPD, ein Pflegefachkräfte-Monitoring einzuführen, nicht braucht, weil wir schon aktiv geworden sind.
Zum anderen möchten wir klarstellen, welche Ziele mit dieser neuen Form der Berichterstattung verbunden sind und warum wir in Übereinstimmung mit der Landesregierung denken, dass die bisherige Berichterstattung den Anforderungen eben nicht mehr entspricht. Der Auffassung ist die SPD ja anscheinend selbst. Das lässt nur einen Schluss zu, nämlich, dass das Verfahren, das 2001 eingeführt
wurde, bereits acht Jahre später veraltet ist. Damit beweisen Sie, dass Sie von Nachhaltigkeit wenig verstehen und weiter eine Politik der kleinen Schritte betreiben.
Mit der neuen Form der Landesberichterstattung soll das Ziel verfolgt werden, so früh wie möglich fundierte Informationen über die Berufssituation in der Pflege sowie über den Ausbildungsmarkt zu erhalten, um die Planungssicherheit zu verbessern und auch in Zukunft ausreichend Fachkräfte für die zu pflegenden Menschen hier in Nordrhein-Westfalen haben zu können. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Romberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Steffens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten die Anhörung am 19. August. Dass ein Monitoring sinnvoll ist, haben die Experten und Expertinnen übereinstimmend gesagt. Deswegen spricht überhaupt nichts dagegen. Aber ich glaube, dass man noch ein Stück mehr darüber reflektieren muss, was in der Anhörung gewesen ist. Durch ein Monitoring haben wir nur ein Instrument für eine Ist-Analyse, aber dadurch verbessern wir die Situation in NordrheinWestfalen kein bisschen. Deswegen reicht ein Monitoring allein nicht aus.
Wenn ich mir den Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen anschaue, finde ich es schon erstaunlich, dass niemand im Land weiß, dass Voraussetzungen für ein Monitoring geschaffen wurden und Vorbereitungen getroffen werden. Das haben die Expertinnen und Experten im Land nicht mitbekommen, und auch die Koalitionsfraktionen haben bei der Anhörung nicht in einem Halbsatz nachgefragt, ob das denn mit den Vorbereitungen schon richtig eingestielt sei. Das scheint also seit dem 19. August vom Himmel gefallen zu sein.
Oder es ist ein sehr schneller Lernreflex, was natürlich klasse wäre. Aber das Ganze ist im Entschließungsantrag viel zu kurz gegriffen.
Beim Monitoring man genau schauen muss, wie man das macht. Wir brauchen ein kontinuierliches, am besten ein jährliches Monitoring. Und wir brauchen auch eines mit Differenzierung nach Pflegefachkräften und -hilfskräften; da wird man sich über Details unterhalten müssen. Man müsste eigentlich auch andere Professionen, die in dem Pflegebereich tätig sind, in ein solches Monitoring einbeziehen und schauen, wie man das machen kann. Man muss natürlich auch bestimmte wissenschaftliche
Damit haben wir aber dann noch keinen einzigen Ausbildungsplatz, keine einzige Pflegekraft mehr geschaffen. Das heißt, wir müssen gleichzeitig noch zwei andere Baustellen im Blick behalten.
Wir müssen zum einen ganz massiv die Verbesserung der Arbeitssituation im Blick haben. Das haben wir in der Enquetekommission „Zukunft der Pflege“ ja auch übereinstimmend in einer Empfehlung formuliert. Seitdem ist da aber noch nicht so richtig viel passiert. Wir müssen also schauen, wie die Arbeitsbelastung abgebaut und die Bezahlung verbessert wird. Und man muss endlich über die Refinanzierung der Tariflöhne reden. Wir werden über die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen, über Arbeitsabläufe und -organisation sowie über Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz weiter reden müssen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, damit Menschen letztendlich länger auf ihrem Arbeitsplatz bleiben können.
Zum anderen müssen wir über Ausbildungsplätze und Ausbildungssituation reden. Das heißt, wir brauchen auch eine Analyse darüber, wer überhaupt derzeit die praktischen Ausbildungsplätze anbietet. Wir wissen alle, dass wegen der nach wie vor bestehenden Refinanzierungsschwierigkeiten weniger im ambulanten als im stationären Bereich ausgebildet wird. Wir wissen auch, dass es regional sehr unterschiedlich ist, wer die Plätze anbietet. Also auch da müssen wir eine genaue Ist-Analyse haben und versuchen, Lösungen zu schaffen, damit mehr Ausbildungsplätze angeboten werden.