Protocol of the Session on June 25, 2009

Dann soll der Landesrechnungshof nicht einmal nachfragen dürfen? – Aber hallo, wo sind wir hier denn eigentlich?

Aber das wird alles noch getoppt. Es wurde gerade erklärt, dass die Gesellschafterversammlung ohne das im NRW.BANK-Gesetz vorgeschriebene Einvernehmen mit dem Landesrechnungshof die Bestellung des Abschlussprüfers für das Jahr 2009 der NRW.BANK beschlossen habe. Hier werden, behaupte ich, Gesetze bewusst missachtet. Den gleichen Vorwurf macht der Finanzminister gegenüber dem Landesrechnungshof, auch er würde Gesetze missachten. Das halte ich für einen gravierenden Vorwurf gegenüber dem Landesrechnungshof. Wir müssten auch einmal auf Plenarebene thematisieren, ob es eigentlich so ist, dass vonseiten des Landesrechnungshofes etwas missachtet worden ist. Ich habe es übrigens noch nie erlebt, dass in irgendeiner Debatte über den Landesrechnungshof ein Finanzminister ein Verfassungsorgan so massiv angeht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Daraus kann ich nur schließen, dass Finger in Wunden gelegt worden sind, die dem Finanzminister verdammt wehtun.

Kommen wir zur LEG. Gestern haben wir lange darüber diskutiert. Aber noch eine Bemerkung dazu. Sie haben gerade erklärt, wie Ihre Sicht über die Unterrichtung des Landesrechnungshofes ist. Nun gut, dann müssen wir einmal prüfen lassen, wer denn recht hat, der Landesrechnungshof oder der Finanzminister. Auch das sollte noch einmal thematisiert werden, für die Öffentlichkeit, aber auch für uns als Parlamentarier. Ich gebe gerne zu: Man kann auch dazulernen, aber vielleicht muss auch der Finanzminister etwas annehmen. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt.

Hinzu kommt, dass der Finanzminister sagte, er habe dem Landesrechnungshof den Vertrag zwei Wochen später noch nicht geben können. Aber aus zwei Wochen zwölf Wochen zu machen und zu sagen, er sei erst nach zwölf Wochen in der Lage gewesen, dem Landesrechnungshof diesen Vertrag vorzulegen, ist nun wirklich keine unverzügliche Unterrichtung des Landesrechnungshofes. Ich teile völlig die Auffassung des Landesrechnungshofes, dass die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung des Landesrechnungshofes eine schwerwiegende Einschränkung seiner Rechte ist und dass die Weigerung, den erbetenen Vertrag vorzulegen, ein bewusstes Unterlaufen des verfassungsmäßigen Rechtes des Landesrechnungshofes ist. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt.

Zurück zu meiner persönlichen Situation, der ich zwei Wahlperioden in diesem Landtag bin. Ich habe mir – das ist der zweite lustige Aspekt meiner Rede – vorgestellt: Wenn wir uns während der letzten Legislaturperiode gegenüber dem Landesrechnungshof so verhalten hätten, dann hätten die Kollegen Breuer und Klein es geschafft, kreismäßig im Dreieck zu titschen.

(Beifall von der SPD)

Die FDP hätte ebenfalls eine empörungspolitische Schnappatmung bekommen, sodass selbst der Kollege Ellerbrock nichts mehr hätte sagen können – und der kann wirklich zu allem etwas erzählen.

(Heiterkeit von Gisela Walsken [SPD])

Über viele Punkte des Berichts des Landesrechnungshofs ist in der Presse schon berichtet worden. Auch da nehme ich die Presse manchmal ernst. Stichwort „Europäischer Fonds für die regionale Entwicklung“, „verschwundene Polizeiwesten“, „Nichtdurchführung des Korruptionsbekämpfungsgesetzes durch viele Ministerien“. Ich denke, wir werden noch spannende Sitzungen im Haushaltskontrollausschuss darüber haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nach Meinung des Landesrechnungshofs war das für die Landesregierung ein Jahr des Höchststandes. Das kann man vielleicht sogar noch als Lob sehen. Im Jahr 2008 gab es einen Höchststand der Ausgaben, 5,13 Milliarden €, einen Höchststand der Steuereinnahmen, 42,1 Milliarden € und einen Höchststand der Gesamtverschuldung, 119,3 Milliarden €, wobei den Streit darum, das sei weniger, weil anders gerechnet worden sei, in der Öffentlichkeit niemand verstehen kann. Der eine sagt: Es ist mehr, weil ich ein bestimmtes Rechnungsjahr nehme. – Das versteht niemand mehr in der Öffentlichkeit. Aber nach dem heutigen Auftritt des Finanzministers sollte man einen weiteren Höchststand erklären, nämlich den Höchststand des Wassers am Hals des Finanzministers. – Danke schön.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Gatter. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Hüsken das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gatter, Sie haben sehr engagiert vorgetragen.

(Beifall von der SPD – Gisela Walsken [SPD]: Aha!)

Ich will darauf nicht in allen Einzelheiten erwidern. Der Finanzminister hat eingangs das Passende dazu gesagt. Wir werden Gelegenheit haben, im Haushaltskontrollausschuss die Dinge intensiv aufzubereiten.

(Zuruf von Stephan Gatter [SPD])

Dann werden wir sehen, wer die richtige Position zu welcher Sache vertritt. Ich will, nachdem das von Ihnen sehr engagiert und fast emotional zelebriert worden ist, zur sachlichen Ebene der Haushaltskontrollarbeit zurückkehren.

(Zuruf von Stephan Gatter [SPD] – Gegenruf von Christian Weisbrich [CDU])

In Zeiten knapper Ressourcen einerseits und staatlicher Ausgabenprogramme zur Stabilisierung der Wirtschaft andererseits ist es richtig und gut, dass der Landtag Nordrhein-Westfalen – das betone ich gerade in dieser Stunde sehr – einen Haushaltskontrollausschuss hat.

Die Haushaltskontrolle achtet auf einen sparsamen und effizienten Umgang mit Steuergeldern. In den vergangenen Wahlperioden war dieses leider zulasten der Bürgerinnen und Bürger nicht der Fall. Die unseriöse Finanzpolitik von Rot-Grün machte eine stringentere Finanzkontrolle erforderlicher denn je.

Wir überweisen heute den vorliegenden Jahresbericht in den Haushaltskontrollausschuss. Mit Blick auf manche Passagen des Jahresberichts fällt allerdings auf, dass der Landesrechnungshof offenbar Politik spielen möchte; wir haben das gerade hinreichend erlebt. Dieses Verhalten ist auch aus meiner Sicht – dabei kann ich den Finanzminister vollinhaltlich unterstützen – unangemessen und geht an der Sache vorbei.

(Heike Gebhard [SPD]: Aber bei den Stu- dienkollegs sind Sie dafür, wenn es Ihnen passt! – Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

Meine Damen und Herren, wir wollen keine Schaufensterpolitik betreiben, sondern seriöse und verantwortungsvolle Fiskalpolitik.

(Beifall von der CDU – Lachen von SPD und GRÜNEN – Ewald Groth [GRÜNE]: Das sind Einschüchterungen!)

Ach, Herr Groth. – Gerade in Zeiten der Konjunkturkrise, Herr Groth, ist es eine wichtige Botschaft und ein starkes Signal an die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens, dass die Landesregierung bereits in guten wirtschaftlichen Zeiten effizient mit Steuergeldern umgegangen ist.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

In den letzten Jahren hat Nordrhein-Westfalen bei der Geschwindigkeit des Abbaus der Nettoneuverschuldung – das wissen Sie auch – unter den Bundesländern einen neuen Maßstab gesetzt. Durch ihre seriöse Politik des ehrbaren Kaufmanns hat die Koalition der Erneuerung Vertrauen geschaffen, dessen Rendite sich heute auszahlt.

(Lachen von SPD und GRÜNEN – Carina Gödecke [SPD]: Hat denn niemand Ihre Re- de gegengelesen?)

Damit zeigt die Landesregierung, meine Damen und Herren, dass wir in Nordrhein-Westfalen willens sind, die Haushalte auszugleichen und Schulden, die uns die Opposition, also Sie, als vergiftetes Erbe hinterlassen hat, abzubauen.

(Beifall von der CDU)

Dass jedoch in einer historischen Finanzmarkt- und Konjunkturkrise, wie wir sie derzeit erfahren müssen, ein Industrieland wie Nordrhein-Westfalen besonders betroffen ist, liegt auf der Hand.

(Carina Gödecke [SPD]: Aber im gegenwärti- gen Bericht des Landesrechnungshofes wird der Jahresabschluss 2007 verarbeitet!)

Im europäischen Vergleich ist unser Bundesland an Bevölkerung und Wirtschaftskraft größer als manche Volkswirtschaften, die an den Rand des Abgrunds geraten sind. Daher ist es aus Sicht der Haushaltskontrolle auch drängender denn je, dass wir uns für neue, strenge Schuldenregeln starkmachen.

An dieser Stelle bin ich vom Landesrechnungshof etwas enttäuscht. Vergeblich habe ich im neuen Jahresbericht ein klares Bekenntnis zur Einführung einer Schuldenbremse gesucht – proklamiert die Präsidentin des Landesrechnungshofes doch neuerdings, die Landesregierung beraten zu wollen.

(Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

Aber mich interessiert schon, wie der Landesrechungshof, wenn so vorgegangen wird, zur folgenden Darstellung aus Thüringen steht: „Ein gesetzliches Neuverschuldungsverbot – möglichst mit Verfassungsrang – ist ein überfälliger Schritt in die richtige Richtung.“ Wie steht eigentlich unser Landesrechnungshof – das ist die weitere Frage – zur Auffassung des Bundesrechnungshofes, der bereits im Dezember 2008 für eine wirksame grundgesetzliche Schuldenbremse eingetreten war?

Warum positioniert sich der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen nicht so eindeutig zur Schuldenbremse wie in Hessen? Auf der Pressekonferenz sagte der Präsident, Prof. Eibelshäuser, dass das von der Föderalismuskommission II vorgeschlagene Verschuldungsverbot für die Länder bis zum Jahr 2020 noch in weiter Ferne zu liegen scheine, ergänzte allerdings – ich zitiere – :

Im Interesse unserer Kinder und Enkel – Schlagwort „Intergenerative Gerechtigkeit“ – sind alle Initiativen zu begrüßen, die mittel- und langfristig zu einer wirksamen Begrenzung der Staatsverschuldung führen. Dazu gehören auch Überlegungen für eine eigenständige und früher wirkende Schuldengrenze in der Hessischen Verfassung.

In einem dpa-Interview forderte der Präsident des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt, Herr Ralf

Seibicke, vom dortigen Landtag, ein Neuverschuldungsverbot einzuführen. Ich zitiere:

Es muss allerdings ein knüppelhartes Verschuldungsverbot sein. Wenn es Ausnahmeregelungen gibt, muss man die Befürchtung haben, dass es im Haushaltsvollzug wieder aufgeweicht wird.

Vom Landesrechnungshof NRW hört man dagegen in dieser Richtung leider nichts.

Ich frage mich schon – damit komme ich zum Schluss –, warum sich ausgerechnet der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hierbei derart bedeckt hält, wohingegen sich doch die Kolleginnen und Kollegen von Frau Scholle in anderen Bundesländern und beim Bundesrechnungshof klar für eine regelgebundene Schuldenbremse aussprechen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Carina Gö- decke [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Hüsken. – Jetzt hat für die FDP-Fraktion Herr Dr. Romberg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 16 Minuten möchte ich beileibe nicht reden.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Danke schön! – Gi- sela Walsken [SPD]: Das glauben wir! – Wei- tere Zurufe)

Ich hatte bei der jetzigen Debatte, die zum Teil ein bisschen aufgeregt war, den Eindruck, dass es gut ist, dass der Haushaltskontrollausschuss normalerweise nichtöffentlich verhandelt. Er bietet nicht die breite parlamentarische Bühne für so viel Aufregung.