Protocol of the Session on June 24, 2009

Also: Reißen Sie sich zusammen. Seien Sie endlich einmal staatstragend. Helfen Sie der Bank. Und hören Sie auf mit dem Klamauk. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Für die Fraktion der FDP spricht jetzt Frau Kollegin Freimuth.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht einen Hinweis vorab: Ich beabsichtige, keine Zwischenfragen zuzulassen.

(Martin Börschel [SPD]: Wir kommen doch so gerne ins Gespräch, Frau Freimuth! Das ist wirklich ein Jammer!)

Das wird die Sache später im Verfahren vielleicht etwas vereinfachen, weil wir hier zunehmend fast zu einer Fragestunde gekommen sind.

Der Nachtragshaushalt, den die Landesregierung heute in den Landtag einbringt, hat inhaltlich nur ein einziges Thema: Es geht um die Erweiterung des Bürgschaftsrahmens für die im sogenannten Phoenix-Portfolio ausgegliederten und problembehafteten Wertpapiere der WestLB.

(Horst Becker [GRÜNE]: Jetzt verstehe ich, warum sie keine Zwischenfragen zulässt!)

Viele Details der Debatten der letzten Wochen und Monate zur WestLB sind mittlerweile ohne eine regelmäßige Befassung auch mit den Themenkreisen Finanzkrise und Landesbanken gar nicht mehr zu verstehen. Deswegen erlauben Sie mir auch, dass ich das aktuelle Geschehen und die zur Debatte stehende Vorlage zunächst aus meiner Sicht kurz in Zusammenhänge einordnen und auch bewerten will.

Die anstehende Erhöhung des Bürgschaftsvolumens um weitere 4 Milliarden auf insgesamt 9 Milliarden € ist im Grunde genommen eine techni

sche Anpassung, auch wenn die enorme Größe der Zahlen und das durchaus als Getöse zu bezeichnende

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das ist eine Verharm- losung!)

Verhalten der Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen dies nicht vermuten lassen.

Im Februar 2008 haben die Eigentümer der WestLB ein Portfolio von sogenannten toxischen Wertpapieren in Höhe von 23 Milliarden € ausgegliedert. Diese Papiere haben im Zuge der Finanzkrise dramatisch an Buchwert – den Begriff „Buchwert“ muss man ausdrücklich wiederholen und unterstreichen – eingebüßt.

(Horst Becker [GRÜNE]: Ach so! Es ist nur der Buchwert!)

Sie mussten aus der Bank herausgelöst werden, da diese Buchwertverluste ansonsten auch auf das Eigenkapital der Bank hätten angerechnet werden müssen. Damit hätten sie den Fortbestand der WestLB dramatisch gefährdet.

Natürlich verschwinden Risiken nicht einfach über Nacht – auch nicht, wenn man sie auslagert. Die Eigentümer haben daher gegenüber der WestLB für Ausfälle aus diesem Portfolio bis zu 5 Milliarden € garantiert. Die ersten 2 Milliarden € tragen die Anteilseigner quotal entsprechend ihren Anteilen an der WestLB. Für die weiteren 3 Milliarden € hat das Land die alleinige Haftung übernommen.

Entgegen dem Grundsatz, dass Eigentümer nicht nur Gewinne anteilig verbuchen können, sondern auch die Verluste aus ihrem Engagement zu tragen haben, ist das Land damit in besonderer Weise den Sparkassen in unserem Land entgegengekommen,

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

um diese für das Finanzwesen in Deutschland wichtige öffentlich-rechtliche Säule der Bankenlandschaft zu schützen. Das muss man immer wieder unterstreichen.

Die Garantie ist erst zu einem sehr kleinen Teil in Anspruch genommen worden – Gott sei Dank, füge ich ausdrücklich hinzu. Bis heute sind nach der erst kürzlich erteilten aktuellen Auskunft des Finanzministers 280 Millionen € der bislang möglichen 5 Milliarden € abgerufen worden.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das ist verharmlo- send!)

Meine Damen und Herren, das ist in der Tat auch viel Geld. Aber es ist zum jetzigen Zeitpunkt eben auch nicht mehr. Die Horrorszenarien, die hier immer wieder von Ihnen an die Wand gemalt worden sind, Kollege Groth, sind jedenfalls bis heute nicht realisiert. Wir arbeiten daran, dass sie sich auch nicht realisieren.

Die Absicherung von 5 Milliarden € der insgesamt 23 Milliarden € erschien bisher nach allen möglichen Szenarien – weil es sich eben um Buchwertverluste handelte – ausreichend, auch wenn die möglichen Risiken im Laufe des letzten Jahres durch die Verschärfung der Krise insbesondere nach dem Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers nicht kleiner geworden sind.

Meine Damen und Herren, die BaFin hat einen ihr zustehenden Ermessensspielraum. Sie hat sich zunächst mit der Garantie von 5 Milliarden € vollumfänglich einverstanden erklärt. Innerhalb ihres Ermessensspielraums hat sie jetzt eine Neubewertung der Risiken vorgenommen und eine andere Berechnungsmethode angewandt. Über die Gründe dieses Sinneswandels mag man hier Mutmaßungen anstellen. Der Finanzminister hat dazu bereits einiges gesagt. Die Einflussnahme des Bundesfinanzministeriums als Aufsichtsbehörde der BaFin ist hier sicherlich als eine Möglichkeit mit in Betracht zu ziehen.

Mit der Neubewertung der Risiken ist eine weitergehende Absicherung durch die Eigentümer für weitere Tranchen der problembehafteten Wertpapiere unmittelbar notwendig geworden; das hat der Finanzminister ausführlich dargestellt. Diese tragen die Eigentümer wie auch die ersten 2 Milliarden € entsprechend ihren Anteilen an der WestLB.

Die erneute Übernahme einer Garantie ist nach Darstellung des Finanzministers auch unabweisbar. Wer sich dem verweigert, meine Damen und Herren, setzt auch die Zukunft der WestLB aufs Spiel und riskiert mit Auswirkung auf die Sparkassen einen Zusammenbruch der Finanzmärkte, der gerade aufgrund des Vertrauensverlustes die Folgen der bisherigen Bankeninsolvenzen noch in den Schatten stellen könnte.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Wie verträgt sich das denn mit Ihrem Marktradikalismus?)

Wir übernehmen damit eine weitgehende staatspolitische Verantwortung, nicht nur für die WestLB und ihre Beschäftigten,

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

sondern auch für den gesamten Finanzmarkt, das gesamte Finanzsystem, und das, obwohl unsere Position zur WestLB und zur Beteiligung des Landes an ihr hinreichend bekannt ist.

Meine Damen und Herren, die Garantie soll im Laufe dieses Jahres abgelöst werden, wenn das Gesetz zur Weiterentwicklung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes so weit umgesetzt ist, dass die Landesbanken eigene Ausgliederungsanstalten unter dem Dach einer Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung gründen können.

Bis dahin sind aber auch noch einig inhaltliche Details hierzu zu klären, etwa die Frage des Ab

schlags, der bei einer Auslagerung von Wertpapieren vorgesehen ist.

Ein „Weiter so wie bisher“ ist nach dieser Krise nicht möglich. Deswegen fordern wir, bis Ende 2011 einen Schlussstrich zu ziehen unter das Kapitel WestLB, jedenfalls unter das Kapitel Landesbeteiligung WestLB sowie Gefährdung und Haftung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Risiken der WestLB-Geschäfte. Deswegen haben wir in dem Antrag ausdrücklich festgelegt, dass wir bis Ende 2011 den Landesanteil an der Bank veräußern oder die Bank im Prozess einer Landesbankenkonsolidierung einbringen und in eine neue Form überführen wollen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Das ist doch EU- Auflage!)

Damit werden wir – und das weiß auch jeder hier – die alten Risiken, die auch noch zu Zeiten von RotGrün entstanden sind, nicht los, aber wir können damit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wenigstens zukünftig nicht mehr für die Geschäfte einer international agierenden Großbank haften müssen.

Diese wiederholten Behauptungen, dass NRW sich im Prozess der Landesbankenkonsolidierung nicht oder – wenn man die harmlose Variante nimmt – nur zögerlich einbringt, und das Geleiere von der Landesbank Baden-Württemberg als das Allheiligmachende, als das Allseligmachende kann ich wirklich nicht mehr hören!

(Beifall von FDP und CDU)

Das ist angesichts der Realität und der Abschlüsse der LBBW unerträglich.

Wir in Nordrhein-Westfalen haben anders als andere Bundesländer den Ernst der Lage sehr frühzeitig erkannt. Sie streben eher eine eigene Absicherung ihrer Bank an, als etwas Einfluss abzugeben.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Wer hat Ihnen das denn geschrieben?)

Finanzminister Steinbrück trägt seinen Teil dazu bei – das muss man auch ganz klar sagen –, indem er sich des Problems überhaupt erst nach langem Zögern annimmt und dann ein Modell vorschlägt, das so gut wie alle Risiken bei den Ländern belässt, dafür aber einen großen Abschlag, nämlich 10 %, auf die Bestände vorsieht, wenn sie ausgelagert werden.

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen ist das einzige Land, das derzeit erkennbar an einer Neuordnung des Landesbankensektors arbeitet.

(Martin Börschel [SPD]: Ah, das glauben Sie doch selbst nicht!)

Sobald wir die Hinterlassenschaften aufgeräumt haben, wird die Landesbank im Prozess der Neuordnung des Landesbankensektors in eine neue Struktur überführt oder verkauft. Meine Damen und

Herren, das ist die sicherste Gewähr dafür, dass wir uns hier im Landtag mit den Haftungsrisiken für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht mehr befassen müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Löhrmann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist die Art und Weise, wie die Koalitionsfraktionen bei der geplanten Garantieerhöhung über 4 Milliarden € für die WestLB vorgehen, der Bedeutung des Sachverhalts und auch dem Selbstverständnis des Parlaments unangemessen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)