Protocol of the Session on May 27, 2009

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Die Warnung „Das Netz vergisst nie“ verhallt allzu oft ungehört. Zu groß scheint die Angst zu sein,

ohne ein digitales Abbild im großen Kollektiv vielleicht den Anschluss zu verlieren, im Wettbewerb weniger interessant zu sein als Gleichaltrige und nicht mehr dem Trend zu entsprechen.

Während zahlreiche ältere Menschen heute in Zeiten einer hochtechnisierten schnelllebigen Medienentwicklung selbst zunehmend verunsichert erscheinen oder sich teilweise überfordert fühlen und aus Furcht, etwas falsch zu machen, es dann lieber ganz sein lassen, sind Jugendliche oft sehr experimentierfreudig.

Insofern bieten die neuen Medien eine einzigartige Chance der generationenübergreifenden Zusammenarbeit. Nicht selten sind junge Menschen ihren Eltern multimedial um Längen überlegen. Hier können Eltern und Großeltern etwas von ihren Schützlingen lernen,

(Holger Ellerbrock [FDP]: Das ist leider wahr!)

und beide Seiten können sich gegenseitig in ihren Kompetenzen ergänzen.

Neue Medien eröffnen ungeahnte Möglichkeiten und Chancen, bergen aber auch Gefahren. Wir wollen ausdrücklich, dass beides gesehen wird. Beim Thema Jugendmedienschutz darf man nicht nur über Gefahren sprechen, sondern muss Chancen und Gefahren in der digitalen Welt immer gemeinsam darstellen.

(Beifall von der FDP)

An vielen Stellen ist das Internet ein Abbild der realen Welt, das seine Vorzüge hat. Man muss aber wissen, dass es auch dunkle Ecken gibt. Es kommt darauf an, auch mit den Schattenseiten medienkompetent umzugehen. Missbräuche durch kriminelle Personen, die sich unlauter verhalten, gibt es immer. Das ist in der digitalen Welt leider genauso wie in der realen Welt. Auch insoweit ist das Internet ein Stück unserer Lebensrealität.

Nordrhein-Westfalen verfügt über vielfältige Strukturen zur Stärkung der Medienkompetenz. Hier betätigen sich die Landesanstalt für Medien NRW – LfM – inklusive der Internetseite www.klicksafe.de, die Landesstelle NRW der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, das Schulministerium, das MAGS, die Staatskanzlei und www.mekonet.de, der WDR, die RTL-Gruppe, Unitymedia, die großen Telekommunikationsunternehmen in NRW wie zum Beispiel Telekom, Vodafone und E-Plus mit eigenen Projekten, das Adolf-Grimme-Institut, die ecmc GmbH, Kirchen und Medienwerkstätten sowie viele weitere Institutionen und private Unternehmen.

Es gibt in Nordrhein-Westfalen mehr als in allen anderen Bundesländern ein dichtes Netzwerk vieler Akteure und Einrichtungen. Insgesamt widmen sich hier über 700 Projekte dem Jugendmedienschutz. Wir müssen das weiterentwickeln, können aber auch stolz auf das Geleistete zurückblicken.

(Beifall von der FDP)

Die unterschiedlichen Aktivitäten ergänzen sich im Idealfall und decken das gesamte Spektrum ab, um das es bei der Medienkompetenz geht.

In Bezug auf die Internetseiten muss man darauf achten, dass die Vielzahl von Informationsmaterialien, die mittlerweile vorliegen – Sie kennen die große Kollektion an Broschüren, die in den letzten Jahren aufgelegt worden sind –, auch beim Adressaten ankommt. Wir brauchen nicht nur die hochwertigsten Materialien, sondern genauso eine wirkungsvolle Verteilung und die Akzeptanz bei den angesprochenen Adressaten. Jeden Weg, den wir noch wählen können, um die Distribution zu verbreitern und noch mehr Menschen in unserem Lande mit den Inhalten zu erreichen, über die wir medienpädagogisch informieren wollen, sollten wir deshalb auch neu einschlagen und austesten.

Wir wollen Eltern interessieren, ganz konkret Verantwortung für die Medienkompetenzentwicklung ihrer Kinder zu übernehmen. Ähnlich wie bei dem Pfarrer, der in der leeren Kirche steht, ist es leider oftmals so, dass gerade die Kinder, die es am nötigsten hätten, durch ihre Eltern in Fragen der Medienkompetenz sensibilisiert zu werden, in Elternhäusern aufwachsen, wo dies nicht geleistet wird. Deshalb brauchen wir auch andere Trägerstrukturen und eine Ansprache durch schulische Bildung sowie Institutionen der Jugendarbeit und der Jugendhilfe. Hier müssen unterschiedlichste Netzwerke greifen.

Alle öffentlichen Institutionen, die ja nicht frei vom Gebrauch der Medien sind, sollen auch die Wege nutzen, um jugendlichen Adressaten Medienkompetenz zu vermitteln, neue Ideen darzustellen und Anregungen zu geben, wie mit entsprechenden Fragestellungen umgegangen werden kann.

Wichtig für die FDP-Landtagsfraktion ist, dass bei der Vermittlung von Medienkompetenz nicht nur der Staat eine Verantwortung hat. Wir freuen uns sehr, dass in Nordrhein-Westfalen mehrere Stiftungen tätig sind – sowohl Privatinitiativen als auch aus dem privaten Unternehmertum kommende Vorstöße –, die hier mit Verantwortung übernehmen. Das ist unsere Philosophie.

Wir sind der Auffassung, dass der Staat mit seinen öffentlichen Institutionen eine Verantwortung hat, für Medienkompetenz zu sorgen. Um landesweit einen großen, wirkungsvollen Effekt zu erzielen, brauchen wir aber ausdrücklich auch das Engagement aller Privaten, die mitmachen.

(Beifall von der FDP)

Den Privaten wollen wir an dieser Stelle auch einmal dafür danken und sie ermuntern, in ähnlich starker Weise auch zukünftig in unserem Land Verantwortung zu übernehmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Nun folgt Herr Abgeordneter Keymis von den Grünen. Bitte schön.

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Berger, jetzt habe ich Ihren Zwischenruf vermisst. Eben haben Sie vom Kollegen Eumann Leidenschaft eingefordert. Zwischenzeitlich waren wir geneigt, von Herrn Witzel auch einmal Leidenschaft einzufordern.

(Ralf Jäger [SPD]: Bitte nicht!)

Sie haben sehr sachlich vorgetragen, Herr Witzel. Leidenschaftlich war es jedenfalls nicht.

(Ralf Jäger [SPD]: Wir waren schon so schön eingenickt!)

Entschuldigung; ich muss euch jetzt für einen Moment aufwecken, Kolleginnen und Kollegen, damit wir zu noch zu einigen Punkten kommen können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zunächst einmal möchte ich mich bei der SPD sehr herzlich für die 65 gestellten Fragen bedanken. Es waren kluge und wichtige Fragen – gerade auch vor dem Hintergrund der vorherigen Regierungszeit und vor dem Hintergrund dessen, was in den Jahren bis 2005 alles erreicht wurde.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Bis 2005, Herr Ellerbrock.

Genauso wie Sie bedanke ich mich ferner bei denjenigen, die die Fragen beantwortet haben. Das tue ich auch gerne, weil ich eine Reihe der Akteurinnen und Akteure, die dann an die Schreibtische gezwungen werden, kenne und weiß, wie schwer es ist, auf gut gestellte Fragen gut zu antworten, wenn das nur noch zur Verfügung stehende Material so brüchig ist.

Jetzt kommt das Spannende. Bei der Durchsicht der 66 Seiten – Herr Kollege Jarzombek, 20 Seiten beinhalten nur eine Auflistung von 710 Projekten; 66 Seiten umfassen Fragen und Antworten der Großen Anfrage 24 – ist mir aufgefallen, dass zwischen den Zeilen in den Antworten herauskommt – das sollte Sie nachdenklich machen, Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen –, wie viel an politischer Initiative vermisst wird und wie oft man in diesem Land inzwischen nur noch bereits Begonnenes in etwa fortsetzt, aber nicht wirklich etwas mit neuen Ideen vorantreibt.

Da hilft auch nicht das darüber hinweg, Herr Kollege Jarzombek, was Sie eben angesprochen haben mit Beispielen von Aktionen, die weitergeführt und auch ein Stück weiterentwickelt wurden. Sie haben das Beispiel „Zeitung in der Schule“ angesprochen. Das wurde erweitert auf die Hauptschulen usw. Es gibt

eine Reihe von Dingen, die richtig weiter gemacht werden und ein bisschen weiterentwickelt werden.

Dazu gehört natürlich auch Ihr Spezialthema im Zusammenhang mit Computerspielen. Das ist sicher auch wichtig und wichtiger geworden in den letzten Jahren. Das ist ein Thema, das an Bedeutung gewonnen hat. Insofern kann man da niemandem den Vorwurf machen, dass er im Jahr 2000 noch nicht so detailliert über diese Fragen nachgedacht hat, wie wir das heute tun müssen.

Das gilt übrigens auch für das Thema Internet und das Bewusstsein im Umgang mit dem Datenschutz und der Frage, was wir da einstellen und was nicht. Wir haben uns gerade im Kollegenkreis kurz unterhalten und festgestellt: Manche von uns haben die Gnade der frühen Geburt, sodass sie keine Jugendfotos – despektierliche jedenfalls – im Internet mehr von sich finden können, weil sie einfach alt genug geworden sind, bevor das Mode wurde. Aber trotzdem muss man natürlich die jungen Leute darauf hinweisen, dass die Gefahr größer wird, sich an der Stelle in einer Weise zu entäußern, die später nachteilig für sie ist.

Also: 65 Fragen wurden auf 66 Seiten beantwortet. 20 Seiten umfasst die Projektliste. 710 Projekte existieren im Land Gott sei Dank nach wie vor. Das ist sicher keine schlechte Zahl.

In den Antworten wird aber deutlich, dass sich im Grunde aus der Regierung heraus nichts entwickelt hat. Die wesentlichen Institutionen gibt es immer noch, zum Teil jedenfalls. Das ist gut. Aber die gab es schon vor 2005.

Mir fällt auch sehr deutlich auf, dass der Privatrundfunk – leider, muss man sagen – bis auf die rühmliche Ausnahme RTL II, OGGO, usw. beim Thema Medienkompetenzpartnerschaft ganz wenig zu bieten hat. Das finde ich hoch bedauerlich, dass das so ist.

Dagegen wird der Westdeutsche Rundfunk auch in dieser Antwort mehrfach und zu Recht natürlich ausdrücklich erwähnt mit vielen sehr engagierten Initiativen, die vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die Gebühren, die wir alle zahlen, auch in diesem Bereich geleistet werden. Das Lob an den WDR ist aus den Zeilen deutlich herauszulesen. Das ist auch richtig und gut so.

Ebenso zu loben sind übrigens die Zeitungsverleger Nordrhein-Westfalens, die aus meiner Sicht hervorragende Arbeit hier unterstützen und leisten. Das ist gut, dass sie das tun. Natürlich denken sie dabei auch an künftige Leserinnen und Leser. Insofern haben sie sowohl ein Eigeninteresse als auch das gesellschaftspolitische Interesse, dieses Thema Medienkompetenz auch für ihren Printbereich, aber nicht nur da, weiter nach vorne zu stellen.

Die Rolle der Landesmedienanstalt muss man noch einmal ganz besonders herausheben. Kollege Eu

mann hat schon darauf hingewiesen. § 39 wurde in der letzten Novelle von uns sozusagen so installiert, dass man dieses Feld wirklich ganz öffnen konnte. Die Landesmedienanstalt, muss man sagen, hat das in den letzten Jahren Gott sei Dank auch sehr engagiert genutzt, und zwar in alle Bereiche hinein.

Es kommt ja – das wurde eben schon einmal gesagt – nicht nur darauf an, dass die Kinder und die Jugendlichen Medienkompetenz erwerben, sondern es ist auch wichtig, dass diejenigen, die sie anleiten, medienkompetent sind, ob das Kindergärtner sind, ob das die Eltern sind, die Großeltern usw. Das ist ein Feld, das die gesamte Gesellschaft querschnittsaufgabenartig betrifft.

Insofern ist die Rolle der Landesmedienanstalt hier gar nicht genug zu würdigen, die hier, wie ich meine und wie die Berichte, die sie jedes Jahr dazu vorlegt, auch beweisen, ausgezeichnete Arbeit leistet, jenseits der Einflussnahme der Regierung. Es ist andersherum. Im Bericht steht es ungefähr auch so drin. Es steht drin: Die Regierung erfährt hier sozusagen eine starke Unterstützung. Der starke Arm der Medienkompetenz ist die Landesmedienanstalt, die entscheidende Projekte vorantreibt.

Die Verbraucherzentralen spielen dabei auch eine große Rolle, gerade im Bereich Verbraucherschutz im digitalen Zeitalter. Das betrifft die digitale Abzocke genauso wie das Werben für neue Projekte, zum Beispiel digital terrestrisches Fernsehen, DVBT, ein Projekt, das die LfM und die Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet an die Menschen herangebracht haben. Diese technische Umstellung ist meiner Ansicht nach eines der Erfolgsprojekte auch im Bereich von Medienkompetenz. Die gehört nämlich auch da dazu. Die Menschen müssen sich an diese Umstellung ja auch gewöhnen und darauf einrichten.

Zur Zukunft des ecmc ist wenig zu lesen. Man weiß nicht wirklich, worum es geht. Man hört ja jetzt dies und das, von der Zusammenlegung mit dem AdolfGrimme-Institut usw. Das passt ja auch, denn beide liegen in Marl. Das ist mir aber möglicherweise zu kurz gedacht. Insofern gibt es da leider wenig Antworten.

Auch dies ist eine Einrichtung, die leider von der Landesregierung, die jetzt das Sagen hat, viel zu wenig beansprucht wird. Im Verhältnis zu früheren Regierungen wird meiner Ansicht nach der Aufgabenbereich hier nicht genügend interessant beschrieben und genutzt. Da gäbe es aus meiner Sicht auch Ressourcen oder man müsste einmal Überlegungen entwickeln, wie man es anders anstellen könnte, damit solche Einrichtungen, die ja einmal mit Erfolg gearbeitet haben, nicht verdorren.

Das ist das Problem. Sie verdorren auch, weil ein für mich nach wie vor entscheidender Punkt weggefallen ist. Sie haben bisher auch nicht gezeigt, wie Sie das neu anpacken wollen. Die Medienkompe