Protocol of the Session on May 27, 2009

Herr Kuschke, aber wenn es geht, bitte kurz.

Ich rechne es Ihnen hoch an, Herr Kollege Uhlenberg, dass ich die Frage stellen kann. – Wir stimmen mit Ihnen überein, dass das System, das wir in der Vergangenheit hatten, der Aufbau der Abfallwirtschaft, wie es vom Kollegen Ellerbrock positiv beschrieben worden ist, kein Marktsystem gewesen ist. Also: Zuweisungspflicht und Marktsystem sind eigentlich widersprüchliche Dinge. Es gab aber gute Gründe, das zu tun.

Wenn Sie das aber auf einmal auflösen, ohne etwas Flankierendes einzufügen, bekommen Sie Verwerfungen. Denen werden Sie mit Grundsätzen, die Sie festziehen, nicht gerecht.

Glauben Sie, dass Sie mit den wenigen Hinweisen, die im Entwurf des Abfallgesetzes enthalten sind, …

(Zuruf: Die Frage!)

Das ist die Frage! – … diese Umsteuerung erreichen können, von der Sie gerade gesagt haben, dass sie Ihnen gelingen wird?

Ich glaube, Herr Abgeordneter Kuschke, dass wir mit mehr Markt bei einem neuen Abfallwirtschaftskonzept für ganz Nordrhein-Westfalen, so wie es sich in den drei Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster in den vergangenen Jahren bewährt hat – Herr Abgeordneter Ellerbrock hat eben darauf hingewiesen, dass es mein Vorvorgänger Klaus Matthiesen war, der dieses Prinzip damals auf den Weg gebracht hat –, eine bessere Regelung für Nordrhein-Westfalen bekommen als durch immer stärkere staatliche Einflüsse und Regulierungen, wie wir es heute nur noch in zwei von den fünf Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen haben.

(Beifall von der CDU)

Ich habe gerade darauf hingewiesen – das unterschlagen Sie bei allen Ihren Wortmeldungen –, dass der Grundsatz der Nähe in diesem Abfallwirtschaftsplan eine Grundlage hat und weiterverfolgt wird, was in keinem Ihrer Beiträge, insbesondere auch nicht in Ihrem Beitrag, Herr Gatter, eine Rolle gespielt hat.

(Stephan Gatter [SPD]: Wer kontrolliert das denn?)

Wie wenig Sie von der gesamten Materie verstanden haben, zeigt auch Ihr erneuter Hinweis auf „Privat vor Staat“. Denn dies geht an der Sache vorbei. Die meisten der Müllverbrennungsanlagen befinden sich nämlich gar nicht in Privathand, sondern die Kommunen und Gebietskörperschaften sind doch maßgeblich daran beteiligt.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE] – Stephan Gatter [SPD]: Das soll ja auch so bleiben!)

Lassen Sie mich einmal kurz die wesentlichen Fakten nennen. Durch die am 31. Dezember 2007 in Kraft getretene Änderung des Landesabfallgesetzes wurde die Zuständigkeit für die Aufstellung von Abfallwirtschaftsplänen von den Bezirksregierungen auf das Umweltministerium als oberste Abfallwirtschaftsbehörde verlagert. Dadurch sollen unter anderem die Rahmenbedingungen in der Entsorgungspolitik für Nordrhein-Westfalen vereinheitlicht werden.

Meine Damen und Herren, das ist doch ein sinnvoller Ansatz.

(Beifall von der CDU)

Der Abfallwirtschaftsplan ist von den Kreisen und kreisfreien Städten sowohl bei der Fortschreibung der kommunalen Abfallwirtschaftskonzepte als auch bei der Ausschreibung und der Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen zu beachten. Sie haben darauf hinzuwirken, dass die Entsorgung in Anlagen erfolgt, die sich in der Nähe der Entstehungsorte der Abfälle befinden.

Die meisten Kreise und kreisfreien Städte sind ohnehin durch Verträge, Beteiligungen oder durch die Mitgliedschaft in Zweckverbänden mittel- bis langfristig an bestimmte Hausmüllverbrennungsanlagen oder mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen gebunden, sodass zunächst kaum Veränderungen durch den landesweiten Abfallwirtschaftsplan zu erwarten sind.

Einzelne Ausschreibungen stehen im Jahr 2010, zum Beispiel im Kreis Heinsberg, und im Zeitraum von 2014 bis 2016 an. Dabei dürfen die Kreise und kreisfreien Städte, die aufgrund verbindlicher Zuweisungen bisher keine Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Entsorgungsanlagen haben, von sinkenden Preisen für die thermische Abfallbehandlung profitieren.

Insgesamt werden jedoch durch den Wegfall der Verbindlichkeit die Gestaltungsspielräume der Kreise und kreisfreien Städte erhöht und ihre Eigenverantwortung gestärkt. Wir setzen im Gegensatz zu Ihnen auf die Vernunft der kommunalen Ebene. Da befinde ich mich natürlich – weil von Herrn Remmel einmal aus der Not heraus der Ministerpräsident angerufen wurde – in völliger Übereinstimmung mit der Politik meines Ministerpräsidenten.

Meine Damen und Herren, dafür, dass eine ortsnahe Entsorgung auch ohne verbindliche Zuweisungen stattfindet, gibt es zahlreiche Beispiele. So haben in der Vergangenheit die Kreise und kreisfreien Städte in Westfalen unter anderem durch Beteiligungen, Kooperationen oder Zweckverbände die Entsorgung ihrer Restabfälle in der Region sichergestellt. Man sollte also die kommunale Eigenverantwortung nicht unterschätzen.

Entscheidungen über die Ausgestaltung der Abfallentsorgung müssen den Bürgerinnen und Bürgern zukünftig auch unter dem Aspekt des Klimaschutzes vermittelbar sein – das wissen wir doch –, und dafür müssen auch die Verantwortlichen geradestehen.

Umgekehrt bedeuteten in der Vergangenheit verbindliche Zuweisungen doch nicht zwangsläufig, dass immer die dem Entstehungsort der Abfälle am nächsten gelegene Anlage genutzt wird, auch in der bisherigen Praxis nicht.

Herr Minister, Ihre Redezeit ist beendet.

Ich komme gleich zum Schluss, Herr Präsident.

Bitte.

Auch hierfür könnte ich einige Beispiele nennen, etwa im Kreis Kleve und im Rheinkreis Neuss.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie malen ein Schreckensgemälde, das nicht eintreten wird. Wenn Sie Ihr Ziel konsequent verfolgen, müssten Sie dafür eintreten, dass NRW-Abfälle auch in der nächstgelegenen Anlage außerhalb von Nordrhein-Westfalen entsorgt werden. Das wollen wir nicht.

Beim derzeitigen Beteiligungsverfahren haben Kommunen, Abfallentsorgungsverbände sowie weitere Verbände und Unternehmen, deren Belange betroffen sein können, die Gelegenheit, bis Ende Juni zum Entwurf des Abfallwirtschaftsplans für Siedlungsabfälle Stellung zu nehmen. Das Fachgespräch findet am 29. Mai statt.

Herr Minister.

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern – das wissen Sie auch; insbesondere Herr Abgeordneter Gatter weiß es –, dass wir den Aus

schuss über diese Ergebnisse zeitnah unterrichten werden.

Meine Damen und Herren, wir sind, was diesen Abfallwirtschaftsplan angeht, sowohl von der Sache als auch vom Zeitplan her auf einem guten Weg. Ich darf mich bei den Koalitionsfraktionen sehr herzlich dafür bedanken, dass wir auch hier mehr Markt in die Abfallpolitik in Nordrhein-Westfalen eindringen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Beratung.

Wir stimmen jetzt über einen Eilantrag ab. Über diesen Antrag ist direkt abzustimmen. Wir stimmen ab über den Eilantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9295. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Enthält sich jemand? – Herr Sagel enthält sich. Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir stimmen zweitens ab über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/9312. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – SPD und Herr Abgeordneter Sagel. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der SPD und vom Abgeordneten Sagel abgelehnt.

Ich rufe auf:

6 Attraktivität der freiwilligen Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen erhalten und steigern – Altersversorgung für ehrenamtliche Feuerwehrleute schaffen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9272

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Rudolph das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle, die jetzt rausgehen, können ruhig hier bleiben. Wir reden nämlich über ein Thema, mit dem Sie es in Ihrem Wahlkreis bestimmt zu tun bekommen. Es geht um die Stärkung und den Erhalt der ehrenamtlichen Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen.

Vielleicht wissen Sie, dass im Katastrophenschutz und im Brandschutz in unserem Land über 91.000 Feuerwehrleute mit einer qualifizierten Ausbildung tätig sind. Davon sind über 79.000 – mit anderen Worten 85 % – ehrenamtlich engagiert. Diese Feuerwehrleute erfüllen im Brandschutz eine sehr wichtige kommunale Pflichtaufgabe und sind – wer sich darin auskennt, weiß das – durch niemanden zu ersetzen.

Deswegen befinden sich die Kommunen, aber auch das Land Nordrhein-Westfalen in einer besonderen Verantwortung gegenüber den freiwilligen Feuerwehren. Wir sehen natürlich auch mit wachem Blick auf die demografische Entwicklung in unserem Land und in unseren Landkreisen, wo der Besatz mit ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleuten besonders hoch ist. Wir wissen, dass die Feuerwehren dort sehr engagiert und bestrebt sind, angesichts der demografischen Entwicklung genügend junge Frauen und junge Männer zu finden, damit der Brandschutz in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft ehrenamtlich bewältigt werden kann.

Wir sehen darüber hinaus die gestiegenen Ansprüche, die das Berufsleben auch an diejenigen stellt, die sich in einer Feuerwehr engagieren. Wir wissen, wie schwierig es häufig ist, dem Arbeitgeber zu erklären, dass man ehrenamtlich in einer Feuerwehr tätig ist und auch einmal gerufen werden kann. Wir sehen auch, dass es unter Jugendlichen ein gewandeltes Freizeitverhalten gibt, das die Feuerwehren dazu herausfordert, sich besonders dafür ins Zeug zu legen, junge Menschen für diese verantwortungsbewusste engagierte Arbeit zu motivieren.

Es gibt eine Sache, die meines Erachtens nicht untergehen sollte: Wir sehen nämlich gerade im Bereich des Brandschutzes und des gesamten Feuerwehrwesens eine unglaubliche technologische und technische Veränderung. Ich erinnere mich an die Zeiten, als mein Vater noch als freiwilliger Feuerwehrmann bei einem Brandeinsatz in den Alarm ging. Heute würde man sagen: Das geht gar nicht mehr! Das ist viel zu gefährlich! Was ist das für eine Ausrüstung! – Nicht etwa, dass er mit einem Blecheimer zum Löschen gegangen wäre. Aber man sieht die technische und technologische Entwicklung etwa bei den Fahrzeugen am augenscheinlichsten. In den nächsten zehn, 15 Jahren wird es – auch was die Ausrüstung und die Technologie anbelangt, die zum Einsatz gebracht werden, um Katastrophen oder auch kleine Brandeinsätze in den Griff zu bekommen – eine dramatische Entwicklung geben.

Angesichts dieser Entwicklung sehen wir, dass die Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen mit sehr großem Engagement dafür kämpfen, dass der Brandschutz und das bürgerschaftliche Engagement – dabei geht es auch um das Vereinsleben, das sie erfüllen – am Leben erhalten werden und sie in vielen Teilen unseres Landes in der letzten Zeit

Jugendfeuerwehren gegründet haben. Sie unternehmen darüber hinaus große Anstrengungen, um junge Frauen und Mädchen für die Feuerwehr zu gewinnen. Wir sehen inzwischen auch, dass die Feuerwehren bei uns gezielter junge Migrantinnen und Migranten ansprechen. Es ist nämlich sehr wichtig, dass das gesamte gesellschaftliche Leben angesprochen wird, wenn es um dieses ehrenamtliche Engagement geht.

Wir beantragen, heute im Plenum des Landtags darüber zu beraten, wie wir das ehrenamtliche Engagement bei den Feuerwehren weiter stärken und noch besser erhalten können. Sie wissen vielleicht, dass es bereits in einigen nordrhein-westfälischen Kommunen Beschlüsse gibt, sogenannte Ehrenrenten einzuführen. Das ist zum Beispiel in Sankt Augustin oder in Hürth der Fall. Wir glauben allerdings, dass kommunale Insellösungen in diesem Zusammenhang nicht weiterführend sind, weil Mobilität bei denjenigen vorausgesetzt werden muss, die sich in einer Feuerwehr engagieren. Sie könnten dann zum Beispiel von Hürth in die Nachbarschaft ziehen. Dann wäre das Problem zu lösen, was mit der angesparten Rente passiert.

Deswegen ist es richtig, darüber nachzudenken, in einer Gemeinschaftsaktion von Kommunen und Land dafür zu sorgen, dass diejenigen, die sich über viele Jahre in den Einsatzgruppen der Feuerwehr befinden, nicht nur Anerkennung in unseren Reden finden, sondern auch praktische Anerkennung. Diese praktische Anerkennung kann durch die Gewährung einer sogenannten Ehrenrente geleistet werden, wie das im Übrigen der Thüringer Landtag vor Kurzem einstimmig beschlossen hat.

Ich wünschte mir, dass wir bei den Beratungen im Ausschuss auch zu einer einvernehmlichen Lösung über alle Fraktionsgrenzen hinweg kommen. Deswegen lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wer den Antrag der SPD unterstützt, unterstützt damit auch die freiwilligen Feuerwehren in NordrheinWestfalen. Und wer die freiwilligen Feuerwehren in unsrem Land unterstützen möchte, der sollte auch deren Anliegen und unseren Antrag unterstützen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)