Sie stellen sich hier immer hin und behaupten – das muss man vielleicht auch den Leuten auf der Tribüne sagen, damit das noch einmal klar wird –: Wir haben ja nur ein bisschen draufgepackt, und schuld daran ist immer nur die SPD. – Das ist die alte Leier, die wir seit vier Jahren hören.
Ein Drittel von dem, was wir gemacht haben? Der Schuldenstand in 2009: 5,8 Milliarden €, Herr Finanzminister.
Sie kommen von dem Niveau nicht herunter, weil Sie dazu gar nicht die Anstalten machen. Hinzu kommt, dass Sie in den vergangenen Jahren 7,5 Milliarden € Mehreinnahmen hatten.
7,5 Milliarden € mehr, und trotzdem eine höhere Neuverschuldung! Dann ist es schon abenteuerlich, sich hierhin zu stellen und zu sagen: Aber jetzt brauchen wir die Schuldenbremse, und das machen wir einfach mal so.
Hier sind wichtige Fragen gestellt worden, auf die Sie keine Antwort geben. Ich gebe Ihnen die gerne mit. Die Frage wird beispielsweise sein: Was bedeutet diese Schuldenbremse für den Landeshaushalt? Welche Bedeutung wird sie für die Frage des Personals haben? Welche Bedeutung wird sie für die Pensionslasten haben? Was ist mit Zukunftsinvestitionen? Auf die Zukunftsinvestitionen komme ich gleich noch einmal zurück. Was ist mit den kommunalen Finanzbeziehungen?
Ich weiß nicht, ob das in Ihrem Hause bekannt ist, aber normalerweise müssten Sie es wissen. Es gibt ein ifo-Gutachten, und hierzu gibt es auch eine Arbeitsgruppe. Diese arbeitet an den neuen kommunalen Finanzbeziehungen. Wenn wir das jetzt einfach so durchwinken und sagen, das machen wir alles – eine nachhaltige Finanzpolitik, die auch mit allen anderen in einem Verbund stehen muss, halte ich übrigens im Grunde genommen für richtig –, dann müssen wir auch erklären, was das finanziell für die Kommunen bedeutet. Darauf finden Sie keine Antwort.
Es ist nichts anderes als eine Fensterrede und ein Fensterantrag. Ich will Ihnen das auch an einer anderen Stelle deutlich machen: Zukunftsinvestitionen. Sie haben gerade auf den Bildungsgipfel abgehoben: Oktober 2008, alle Ministerpräsidenten, einschließlich Herrn Rüttgers, waren beteiligt. Frau Merkel hat vorgeschlagen – ich weiß nicht, ob die Zahlen falsch sind, wir können uns dann noch einigen –, soweit ich weiß, 3 % des BIP in Forschung und 7 % in Bildung zu stecken; das macht 10 % bis 2015. Können Sie uns denn sagen, wie das bei
Ich will Ihnen an dieser Stelle deutlich sagen: Wer 2020 ohne Neuverschuldung auskommen will, der muss 2010 anfangen
Es geht hier im Kern darum, dass wir verbindliche Ziele vereinbaren und diese Ziele so vereinbaren, dass wir auch wissen, wie wir sie erreichen können. Dazu habe ich hier und heute nichts gehört. Ich freue mich schon auf die Debatte in den Ausschüssen, weil es ganz spannend werden wird, wie wir das konkret diskutieren.
Es geht auch noch um eine andere zentrale Frage; die will ich hier gerne ansprechen. Es geht nämlich um die Frage des Budgetrechts des Landtags. Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist auch eine Frage nach der Zukunft des Föderalismus. Das dürfen wir in diesem Haus auch nicht außer acht lassen. Das müssen wir schon in den Fokus stellen. Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst – und ich glaube, unsere Fraktion auch –, dass Schuldenabbau und Schuldenbegrenzung ein wichtiger Schritt sind, um dies nachhaltig – auch vor dem Hintergrund der zukünftigen Generationen – zu vereinbaren. Wir müssen aber auf die zentralen Fragen Antworten finden. Das haben Sie heute nicht geleistet.
Zum Abschluss, meine Damen und Herren, will ich etwas sagen, womit ich Sie dann gerne zitiere: Herr Minister, ich bin von Ihrer Rede heute auch maßlos enttäuscht. – Glück auf!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin, lieber Herr Töns, von Ihren Beiträgen vielleicht weniger enttäuscht, aber eher darüber entsetzt. Wir versuchen hier, ein Anliegen, das eigentlich alle verbinden müsste, mit Formulierungen, an denen auch die SPD in Berlin maßgeblich beteiligt war, nach Nordrhein-Westfalen zu bringen, weil wir es auch in Nordrhein-Westfalen für richtig halten. Wir wollen dies bewusst – und das Angebot gilt weiter – aus dem üblichen parteipolitischen Geplänkel heraus
halten. Wir wollen uns vielmehr darüber Gedanken machen, wie die Verfassung weiterentwickelt werden soll.
Liebe Frau Kollegin Walsken, es ist zunächst erstaunlich, dass Sie sich selbst gar nicht trauen, hier etwas zu sagen. Aber das als heiße Luft zu bezeichnen, was Ihr Bundesfinanzminister maßgeblich mit gestaltet hat, ist schon ganz interessant.
Die Grünen haben – ich habe mir das aufgeschrieben – am 15.05.2007 doch selber noch verlangt, dass auch in den Ländern eine Schuldenbremse umgesetzt werden muss.
Das ist ein Anliegen, zu dessen Mitwirkung wir Sie herzlich einladen. Wir haben bewusst darauf verzichtet zu thematisieren, dass die ganze prekäre Situation Nordrhein-Westfalens natürlich mit 39 Jahren SPD zu tun hat. Wir haben bewusst darauf verzichtet, das deutlich darzustellen, weil es uns darum geht, Gemeinsamkeiten für die künftige Lösung dieses Projekts zu eruieren. Dazu gilt die Einladung weiterhin. Lasst uns im Ausschuss gemeinsam darüber reden!
Vielen Dank, Herr Kollege Klein. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Becker.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, da Sie sich ja vorhin zu der Frage von Substanz von Reden des Kollegen Körfges und des Kollegen Groth geäußert haben – ich finde, unangemessen geäußert haben; aber das ist meine Einschätzung –, will ich doch noch etwas zur Substanz sagen:
Wenn Sie die Angelegenheit Schuldenbremse so ernst nehmen würden, wie Sie es alle hier vorgeben, dann hätte ich etwas mehr als einen relativ substanzlosen Antrag erwartet, der wiedergibt, was auf Bundesebene gemacht wird. Am Ende heißt es, dass man ihm im Bundesrat zustimmen soll und dass die Landesregierung Ähnliches für das Land vorlegen soll.
Das ist dann doch arg wenig! Ein erster Hinweis auf fehlende Substanz: Sie müssen sich selbstverständlich damit auseinandersetzen, dass die Länder – übrigens sehen das auch Landesfinanzminister und Landesregierungen mit schwarzer Beteiligung so – nicht in der gleichen Situation wie der Bund, sondern in einer anderen Ausgangslage sind, weil sie keine eigene Steuergesetzgebungskompetenz in dem Umfang wie der Bund haben.
Zweitens. Wir sind auch aus folgendem Grund in einer anderen Lage: Sie hätten sich mit der Substanz beschäftigen – gerade wenn Sie für dieses große Bundesland, das größte in der Bundesrepublik, reden und sich einsetzen wollen – und sich damit auseinandersetzen müssen, was das, was Sie da vorschlagen und offensichtlich 1:1 übernehmen wollen, speziell in Nordrhein-Westfalen, einem Land mit derartigen Strukturbrüchen, bedeutet und in Zukunft für Auswirkungen hat.
Ich will Ihnen ehrlich sagen: Ich bin grundsätzlich skeptisch, wenn wir als Politiker der jetzigen Generation so tun, als täten wir etwas für die Generationengerechtigkeit, wenn wir nicht etwa die Schuldenaufnahme vermeiden – genau das tun Sie nicht –, sondern zukünftigen Generationen ab 2020 die Aufnahme von Schulden verwehren. Das heißt, genau das, was im Moment in dieser Art und Weise und in dieser Rigidität gemacht wird, könnte überhaupt nicht vorgenommen werden.
Was haben wir heute für eine Situation? Wenn wir uns an die Normierung, die es heute im Bund gibt, halten würden, dürfte der Bund eine Verschuldung von ungefähr 8 Milliarden € haben. Er hat eine Verschuldung von ungefähr 40 Milliarden, und nächstes Jahr werden es noch weit mehr Milliarden sein. Darin sind nicht mal die Maßnahmen als Sondervermögen für das Konjunkturpaket enthalten. Das zeigt uns doch, dass man sich offensichtlich nicht an die Regeln – auch davor schon – gehalten hat. Es zeigt weiter – da haben Sie ein Problem mit Ihrem wirtschaftsliberalen Flügel, insbesondere mit den Radikalen bei der FDP –, dass der Staat ein Einnahmeproblem hat.
Wenn wir nicht alle zusammen solche Mätzchen wie heute Morgen mit der Jagdsteuer unterlassen – Sie haben aus purem Klientelismus allen Ernstes ihre Abschaffung beschlossen –, ist das Philosophieren über Schuldenbremsen müßig und, wie ich finde, auch unfair.
Eine Schuldenbremse, die nicht berücksichtigt, dass auch Länder eigene Möglichkeiten der Gestaltung bei den Einnahmen haben müssen, die, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, nicht berücksichtigt die erheblichen Strukturbrüche und die Probleme der Kommunen, die heute nicht mehr ohne Hilfen in der Lage sind, egal, welche Fehler sie früher gemacht haben, sich daraus zu befreien, und die Bildungsausgaben nicht berücksichtigt, die ist nicht generationengerecht, sondern zutiefst generationenungerecht, sie ist unehrlich,
und sie ist das, was insbesondere der marktradikale Teil dieser FDP/CDU-Regierung immer wieder macht, nämlich reines Schaufensteragieren.
Letzte Bemerkung: Ich kenne die Melodie, die Sie im Moment für die Wahlkämpfe alle üben. Die Melodie ist: Sie waren angeblich auf einem guten Weg bei der Verschuldung, und sie sind nur durch die dumme Krise daran gehindert worden, diesen Verschuldungsabbau – er war keiner, sondern nur Neuverschuldungsabbau – fortzusetzen. Ich sage Ihnen, die Wahrheit ist umgekehrt. Sie haben die Neuverschuldung in den guten Jahren, in denen Sie 8 Milliarden € mehr Steuereinnahmen hatten, als Rot-Grün jemals hatte, viel weniger abgebaut, als Sie an Steuermehreinnahmen hatten.
Dass Sie so reagieren, Herr Lindner, zeigt mir, dass Sie exakt an der richtigen Stelle getroffen sind. Das heißt, Sie haben das, was Sie vorgeben, nicht gemacht. Sie haben anderen das Geld genommen, und jetzt machen Sie einen Eiertanz für das Jahr 2020, in dem Sie keine Verantwortung mehr tragen werden. – Schönen Dank.