Herr Groth, lesen Sie doch einmal die Dokumente, dann bemerken Sie vielleicht, was der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen versucht hat, hinzubekommen. Es war in diesem Fall ganz klar die SPD, die, vor allen Dingen auf Betreiben der neuen Bundesländer, gesagt hat: Dann macht ihr mehr Steuerwettbewerb, das können wir nicht ertragen.
Daraufhin haben wir Ihnen sogar erklärt: Dann machen wir keine Abschläge von der Steuer, sondern wir arbeiten mit Zuschlägen, damit wir das in schwierigen Zeiten vielleicht schaffen. – Auch das wurde abgelehnt. Klare Intention von mir: mehr Steuerautonomie für die Länder.
Aber ich stelle fest, Herr Groth, Sie lesen leider nicht, sondern Sie lassen immer wieder viel heiße Luft raus.
Herr Körfges, dass die Beteiligung hier im Plenum geringer ist, haben Sie auf wenig Ernsthaftigkeit bei diesem Thema zurückgeführt. Sie wissen – das sage ich nur für das Protokoll –, dass wir vorher zwei sehr intensive Debatten über Opel und WestLB geführt haben und dass sowohl Ihre Kolleginnen und Kollegen als auch die von den Grünen und von uns offensichtlich zu Tisch sind.
Ich meine, dass die zwei Jahre sehr schwierig waren, in denen wir verhandelt haben, und dass es im Oktober 2008 so aussah, als ob das ganze Projekt scheitern würde, als sich nämlich andeutete, dass wir im Rahmen der Finanzmarktkrise wahnsinnig viel neue Schulden machen müssten. Trotz der hohen Neuverschuldung, die wir alle in den Jahren 2009 und 2010 machen, ist es in einem Riesenruck gelungen, weil viele eingesehen haben, dass es so nicht weitergehen kann. Wenn Sie sich aber keine Ziele setzen, dann können Sie lieber gleich so wei
Herr Groth, genauso wie Herr Körfges haben Sie vorgeschlagen: Dann macht doch mal einen Kassensturz und teilt uns mit, was los ist. – Ihnen liegt die mittelfristige Finanzplanung vor, der Sie eigentlich alles entnehmen können. Sie wird im Juli aktualisiert. Dann wird sich zeigen, dass wir mit den Jahren 2009 und 2010 sicherlich sehr schwierige Jahre vor uns haben werden. Ich fand es erstaunlich, Herr Groth, dass Sie uns dieses Mal nur 6 und 7 Milliarden € Neuverschuldung für die Jahre 2009 und 2010 attestiert haben. Beim letzten Mal waren es noch 10 Milliarden €, die ich machen müsste.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich gerne auch Ihrer Behauptung widersprechen, wir würden Rekordverschuldung machen. – Ja, wir müssen leider auf die alten Schulden jedes Jahr noch etwas drauftun. Wir haben im Jahr 2006 3,2 Milliarden € Neuverschuldung machen müssen, im Jahr 2007 1,7 Milliarden € und im Jahr 2008 1,1 Milliarden €, wobei wir da die Rückstellung von 1,3 Milliarden € für die Finanzmarktrisiken inklusive WestLB-Risiken gebildet haben. Das heißt, wir haben in den letzten drei Jahren 6 Milliarden € neue Schulden auf den großen Haufen draufgelegt.
Ich darf erinnern, dass Sie allein in den Jahren 2003, 2004 und 2005 20 Milliarden € neue Schulden gemacht haben.
Das ist also ein Riesenfortschritt, eine Riesenkonsolidierungsarbeit dieser Landesregierung, aber es werden jedes Jahr immer noch mehr Schulden. Deshalb relativiert sich Ihre Aussage von den Rekordschulden sehr leicht.
(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Herr Minis- ter, Sie machen es sich sehr einfach! Sie kennen die Rahmenbedingungen!)
Sie nehmen ja die Daten und Fakten nie zur Kenntnis. Das kenne ich doch mittlerweile. Aber ich wiederhole es trotzdem.
Meine Damen und Herren, ich habe von Herrn Groth und Herrn Körfges eine Ablehnung gegenüber den Bemühungen in Berlin gehört. Herr Groth hat sich so ausgedrückt, dass wir kurz vor dem Scheitern in Berlin das Thema noch einmal aufblasen würden. So hat er sich ausgedrückt.
obwohl der Beitrag von Herrn Kuhn in der Kommission – das sage ich ganz offen – sehr viel substanzieller, sehr viel besser was als das, was Sie, Herr Groth, sich leisten. Das sage ich gerne. Ich habe mich gewundert, dass er abgelehnt hat. Aber das war vielleicht eine Entscheidung der höheren Heeresführung, die vielleicht gemeint hat, wir – so Ihre Vokabel – blasen das Thema Bildung auf, daher können wir so etwas nicht machen.
Ja, das weiß ich. – Deshalb die 20 Gegenstimmen in Ihrer Bundestagsfraktion beim letzten Mal. Das war sicherlich der Versuch von Herrn Platzeck, mit einer Verschuldung von 0,15% des BIPs noch einmal die Kurve zu kriegen. Darüber haben wir aber stunden- und tagelang diskutiert. Es ist ein klares gemeinsames Votum herausgekommen: Ja, der Bund darf 0,35 % des BIPs an Verschuldung noch machen. Das ist eine dauerhafte Verschuldung, jedes Jahr – damit Sie das wissen.
Wir Länder haben gesagt: Wir wollen keine mehr haben. Aber das Datum ist hier nie gefallen, meine Damen und Herren. 2020, das heißt: Wir haben elf Jahre Zeit. Wenn Sie so wenig ehrgeizig sind – das kann ich Herrn Platzeck nur sagen –, 2020 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen zu wollen, dann geben Sie die Regierung besser gleich an jemand anderen ab. Wir als Regierung haben das Ziel, einen schuldenfreien Haushalt spätestens bis zu diesem Zeitpunkt hinzubekommen.
Sie kennen Herrn Steinbrück, der gesagt hat: Jawohl, 0,35, dann ist die Welt in Ordnung. – Dann haben andere von Ihrem linken Flügel erklärt: Eigentlich müssen wir mindestens 0,7 oder 0,75 haben. Für die besteht Politik offensichtlich immer darin, neue Schulden zu machen.
Herr Körfges, Sie haben das Thema Bildung angeschnitten und gesagt: Jawohl, auf einem Bildungsgipfel wird verkündet, dass wir zum Beispiel bei dem Pakt für Forschung und Innovation anstreben wollen, jedes Jahr statt 3 % vom BIP 5 % zu bekommen. Das steht unter klarem Haushaltsvorbehalt. Die Ministerpräsidenten werden sich am 4. Juni darüber unterhalten. Dann wird die Exzellenzinitiative sicherlich problemlos diskutiert werden. Der Hochschulpakt 2020 wird ebenfalls problemlos diskutiert werden. Aber die Steigerung von 3 % auf
5 % beim Pakt für Forschung und Innovation wird mit Sicherheit auch problematisiert werden. Davon bin ich fest überzeugt.
Alles steht unter Haushaltsvorbehalt. Sie wissen, dass die Parlamente das immer selber zu entscheiden haben.
Sie haben, Herr Körfges, zu Beginn Ihrer Ausführungen die Notwendigkeit der Konsolidierung betont; ich sehe aber keine Konsequenzen. Das heißt, ein allgemeines Lippenkenntnis zur Konsolidierung taugt nichts, wenn Sie es nicht kodifizieren. Sie sind offensichtlich zufrieden mit den bisherigen Regelungen im Grundgesetz; denn Sie haben zu Beginn ausgeführt, die Verfassung habe sich bewährt, selbstverständlich müsse man allerdings auch an die nächste Generation denken. Ja, wie machen wir es denn dann? – Das Bemühen der letzten zwei Jahre in der Föderalismuskommission war es, praktische Normen zu finden.
Sie haben dann Herrn Lammert – das haben Sie auch im Haushalts- und Finanzausschuss bereits getan – angeführt, der unter verfassungsästhetischen Gesichtspunkten gesagt hat: Das ist nicht schön. Sein Vorschlag – ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen – ist, die Artikel 109 und 115 zu einer ganz langen Passage in Artikel 109 zusammenzufassen. – Dazu kann ich nur sagen: Liebe Leute, wenn es das gewesen ist, Artikel 115 darunter zu packen, damit keine Doppelung in irgendeiner Passage passiert.
Sie können im Finanzteil des Grundgesetzes im Grunde nicht so abstrakt formulieren, wie Sie es in anderen Bereichen tun, und das dann gesetzlich in Einzellösungen überführen, sondern Sie müssen schon – gerade, weil dies ein Kompromiss ist, den wir nach langer Arbeit gefunden haben – sehr präzise, auch zum Beispiel zum Thema Stabilitätsrat, argumentieren und das auch kodifizieren, weil der Stabilitätsrat mit seinen Befugnissen sonst nicht stattfindet. Wir wollen natürlich kontrollieren, wie sich das Haushaltsgebaren der einzelnen während dieser Zeit entwickelt.
Sie haben den Artikel 109 problematisiert und infrage gestellt, dass die Autonomie der einzelnen Länder gewahrt ist. Lassen Sie sich einmal das Protokoll der Anhörung geben, Herr Körfges. Dann werden Sie lesen, dass praktisch alle Professoren gesagt haben, dass der Artikel 109 mit der Verfassung zu vereinbaren ist. Das heißt, dass dies kein überproportionaler Eingriff in die Autonomie der Länder ist. Darüber müssen wir im Ausschuss natürlich reden. Das ist selbstverständlich so. SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern sehen das anders, aber die übrigen Länder werden selbstverständlich zustimmen.
Des Weiteren haben Sie zur Haushaltspolitik des Landes gesagt, wir wollten im Wahlkampf davon ablenken, und haben – in Richtung FDP gesprochen – erzählt, wie sich Schuldenbremse und Steuersenkung vertragen. Das verstünden Sie nun gar nicht mehr, und deswegen sei das Ganze aus Ihrer Sicht abzulehnen.
Ich will Ihnen einmal sagen, wie es zum Beispiel der Kollege Deubel aus Rheinland-Pfalz sieht. Ich darf zitieren: Gerade durch die Schuldenbremse setzen wir ein Limit denjenigen, die permanent Steuersenkungen forcieren wollen. – Das ist seine Begründung dafür, dass er vehement für die Veränderung in der Verfassung ist.
Ich habe in der letzten Diskussion hier auch klar in Richtung der FDP ausgeführt: Steuersenkungsprogramme konkurrieren immer mit anderen Programmen, zum Beispiel – in schwierigen Zeiten – mit Investitionsprogrammen für andere Bereiche. Man muss also schauen, wo ein besseres Ergebnis – nehmen wir einmal unsere gegenwärtige Situation – zur Konjunkturbelebung zu erwarten ist. Darüber gibt es politischen Streit, aber das ist doch kein Hindernis, die Schuldenbremse einführen zu wollen.
Wir als Regierung wollen uns in das enge Korsett einer Schuldenbremse begeben. Ja, wir glauben, dass das sein muss, damit wir endlich aus diesem Mechanismus herauskommen, jedes Jahr Milliarden Schulden mehr – gerade hier in NordrheinWestfalen – zu machen.
Das haben Sie vorgemacht, und Sie haben nun den aus meiner Sicht untauglichen Versuch gestartet, aus diesem Dilemma herauszukommen. Ja, diese Regierung steht für Konsolidierung. Sie steht für Stabilität. Sie steht für solide Finanzen.
Sie wollen offensichtlich immer weiter neue Schulden machen. Das ist das Ergebnis dieser Debatte. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Finanzminister Dr. Linssen. – Für die SPD-Fraktion spricht als nächster Redner Herr Töns.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, Herr Finanzminister, das ist richtig: In diesem Land sind mehr Schulden gemacht worden – aber ganz besonders in den letzten Jahren.