Protocol of the Session on May 7, 2009

(Beifall von Bernhard Recker [CDU])

Neben der Erwerbsrente und der teilweise möglichen betrieblichen Altersvorsorge ist die private Altersvorsorge als dritte Säule der Alterssicherung dargestellt worden. Wir fordern die Menschen auf, nicht nur an das Hier und Heute, sondern auch an Morgen zu denken und daher, wenn möglich und leistbar – das muss man dazusagen –, privat in die Altersvorsorge zu investieren. Das soll zu mehr Sicherheit auch finanzieller Art für später führen.

Vor diesem Hintergrund kann ein Arbeitsloser, vor allem ein älterer, mit der Situation der Arbeitslosigkeit unter Umständen besser fertig werden, wenn er weiß, dass er als Rentner wieder ein einigermaßen auskömmliches Einkommen hat. Werden ihm vorher private Vorsorgeleistungen entzogen, bleibt er nicht selten als Rentner auf einer niedrigeren Stufe hängen.

Ich sage ganz deutlich: Ich plädiere nicht für einen umfassenden Vermögensschutz. Es geht hier um die Anhebung des Schonvermögens hinsichtlich der Altersvorsorge. Es geht darum, dass diejenigen, die für ihr Alter vorgesorgt haben, dafür nicht bestraft werden dürfen. Private Vorsorge gehört – wie die Rente – zur Arbeits- und Lebensleistung des Menschen.

Zweiter Punkt. Zur Debatte um die Erhöhung des Schonvermögens nach dem SGB II gehören auch grundlegende Überlegungen zum Thema Altersarmut. Frau Steffens ist eben schon ausführlich darauf eingegangen.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Erwerbsbiografien der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Weitem nicht mehr so geradlinig verlaufen wie früher. Bei immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wechseln abhängige Beschäftigungsverhältnisse mit Arbeitslosigkeit, eventuell mit Selbständigkeit usw. ab. Zudem verzeichnen wir leider einen wachsenden Niedriglohnbereich, der im Alter auch eine geringere Rente bedeutet. Die vorherige Auflösung der privaten Altersvorsorge verstärkt die Gefahr der Altersarmut. Hinzufügen lässt sich, dass die Menschen dann später unter Umständen Anspruch auf Grundsicherung haben und damit wieder auf öffentliche Zuwendungen angewiesen sind.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Noch etwas lässt sich in diesem Zusammenhang sagen – darin stimme ich Frau Steffens zu –: Frauen sind von Altersarmut stärker betroffen als Männer.

Ich begrüße es, dass die Regierungsfraktionen von CDU und FDP einen eigenen Entschließungsantrag zu dem Antrag der Grünen vorgelegt haben, der in strukturierter Form mehr Gerechtigkeit durch die Anhebung des Schonvermögens bei der Altersversorgung einfordert. Mit der Summe von 45.500 € wird ein klarer Betrag genannt, mit dem im Rentenalter eine zusätzliche private Rente von rund 235 € erreicht werden kann.

(Beifall von der CDU)

Wir legen diesen Entschließungsantrag vor, weil der Antrag der Grünen in der Begründung teilweise unklar bleibt. Aber mit der Zielsetzung des Antrags der Grünen stimmen wir durchaus überein. Deshalb haben wir einen klar formulierten und nur auf diese eine Position bezogenen Antrag vorgelegt.

Zu dem Entschließungsantrag der SPD muss ich nicht viel sagen, weil er wieder das gesamte Spektrum aufgreift und zu dem Aspekt, um den es bei dem Antrag der Grünen und bei unserem Entschließungsantrag geht, eigentlich so gut wie nichts sagt. Das halten wir nicht für sachgerecht.

Auf andere Punkte wird Herr Kleff gleich noch eingehen. Lassen Sie mich zum Abschluss nur noch deutlich sagen: Das Engagement, mit dem sich unser Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers und unser Arbeitsminister Karl-Josef Laumann seit Langem im Sinne dieses Antrags einsetzen, verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir sagen das sehr deutlich, weil wir wissen, dass beide diese Position aus Überzeugung einnehmen. Wir können leider noch nicht verkünden, dass wir Erfolg hatten. Wir hoffen aber, nach einem weiteren gemeinsamen Einsatz auch dieses Ziel zu erreichen und damit auch Gerechtigkeit durchzusetzen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wilp. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Herr Kollege Garbrecht das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise erfordert in der Tat die Überprüfung und Korrektur von bisher als unverrückbar geltenden arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Grundsätzen. In den Bereichen Rente und Kurzarbeit ist dies bereits geschehen.

Sie wissen, Kurzarbeit bedeutet für die Betroffenen und deren Familien einen harten Einschnitt, einen Verlust von Lohn und Gehalt. Insgesamt ist das Instrument der Kurzarbeit aber ein doppelter Gewinn für Arbeitnehmer und Unternehmer. Qualifizierte Facharbeiter werden bei einem kommenden Aufschwung benötigt, auch wenn uns die Bewältigung der Krise nach derzeitigen Erkenntnissen noch eine geraume Zeit beschäftigen wird. Von daher war es richtig, die Verlängerung der Kurzarbeit auf 24 Monate durchzusetzen und die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge ab dem siebten Monat festzulegen. Dies darf von den Unternehmen natürlich nicht so verstanden werden, die Qualifizierungsbemühungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zurückzufahren. Das wäre der falsche Weg.

Die Finanzkrise hat viele Menschen im Land verunsichert. Sie hat auch eine Vielzahl von privaten Altersvorsorgeprodukten faktisch entwertet. Die Zuwächse privater Kapitallebensversicherungen schmelzen dahin wie der Schnee in der Sonne. Die Versprechen der Überschussbeteiligungen gehen ins Minus. Diejenigen, die auf höchste Renditeversprechungen privater Versicherungsunternehmen gesetzt haben, stehen vor dem Nichts. Sie sind die Leidtragenden des Casino-Kapitalismus in diesem Land.

(Beifall von der SPD)

Jetzt schlägt wieder die Stunde der gesetzlichen Rentenversicherung. Viele insbesondere von der FDP, aber auch einige von der CDU haben dieses System mit Häme überzogen. Man hatte den Eindruck, der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm ist der einzige Verteidiger der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Seite der CDU.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU)

Die gesetzliche Rentenversicherung erweist sich in dieser Stunde als solides Fundament der solidarischen Absicherung der Menschen in diesem Land. Auch die geschaffenen Produkte der privaten Altersvorsorge, der Riesterrente, geben den Menschen Sicherheit. Die Riesterrente lohnt sich auch

für Geringverdiener. Daneben gibt es eine Ausdehnung der betrieblichen Altersvorsorge.

Ich sage noch einmal: All diese Anlagen für die betriebliche Altersvorsorge, die Riesterprodukte – einschließlich Wohnungs-Riester – sind nach dem SGB II anrechnungsfrei.

Wir stehen vor der Aufgabe, für alle eine taugliche Absicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung zu gewährleisten. Hier geht es insbesondere um die sogenannten Soloselbstständigen, um nur einen Bereich zu nennen. Für uns Sozialdemokraten gilt im Übrigen der Grundsatz: Derjenige mit einem hohen Lebensalter und einer hohen Beschäftigungszeit wird auch in diesem System bessergestellt. Wir wollen nicht nur den Respekt vor der erbrachten Lebensleistung der Menschen, wir wollen auch, dass das bei jedem Einzelnen stärker spürbar wird.

(Beifall von der SPD)

Privatvermögen ist in diesem Land durch den Casino-Kapitalismus verbrannt worden. Trotz aller eingeleiteten Maßnahmen stehen uns Zeiten erhöhter Arbeitslosigkeit bevor.

Es geht darum, einen Weg zu beschreiten, der einen unverhältnismäßigen Vermögensabbau von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verhindert. Deswegen brauchen wir mehr Flexibilität im Rentenrecht.

Das kann durch zusätzliche flexible Einzahlungen von Beiträgen in die Rentenversicherung zur Sicherung von Leistungsansprüchen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Berufsleben erreicht werden. Es gilt, das System von Teilrenten weiterzuentwickeln sowie das Erwerbsminderungsrecht anzupassen, also insbesondere Wege des flexiblen Altersübergangs zu ermöglichen.

Deshalb wollen wir auch die Beibehaltung der geförderten Altersteilzeit – aber mit mehr gleitendem Übergang.

Mehr Armutsfestigkeit bei den Rentenansprüchen ist unlöslich verbunden mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns wie auch der Aufstockung von Geringverdienerrenten nach dem Mindestrentengesetz.

Ich sage Ihnen noch einmal, weil wir hier ja quasi eine vorgezogene Bundestagswahldebatte führen: Wenn Sie in das Bundeswahlprogramm der SPD schauen, werden Sie diese Forderung finden.

(Rudolf Henke [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Wir sind ganz gespannt, wie das Wahlprogramm der CDU aussehen wird, ob es Steuersenkungen versprechen oder diese Punkte beinhalten wird.

Herr Kollege.

Ich sage Ihnen nur: Beides geht nicht. Man kann nicht Steuersenkungen versprechen und gleichzeitig – wie es heute notwendig ist – ein System sozialer Sicherung garantieren.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Garbrecht.

Ein armer Staat kann ein hohes Sozialleistungsniveau nicht garantieren.

Herr Kollege Garbrecht, bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche.

Ich lasse keine Zwischenfrage zu.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Welches soziales Koordinatensystem Sie haben – Sie, die CDU, nicht Sie als Landtagsfraktion; Ihnen will ich gar nichts unterstellen, obwohl ich eine Initiative von Ihnen dazu auch nicht vernommen habe –, zeigt sich allein an der Tatsache, dass Sie den 800.000 Aufstockern die Abwrackprämie verweigern.

Das, was Sie hier – das muss ich Ihnen ins Stammbuch schreiben, Herr Henke, Herr Laumann und allen anderen – als soziale Botschaften ins Land streuen, das wird von Herrn Kauder, von Herrn Röttgen, der sich ja im Übrigen als Bundesarbeitsminister qualifizieren will, von Herrn Kampeter und vielen anderen einkassiert. Sie erweisen sich zunehmend als die Verkünder sozialer Botschaften, sind aber auf der Bundesebene im Prinzip zunehmend ein sozialpolitischer Papiertiger. Das muss man Ihnen auch einmal sagen.

(Beifall von der SPD)

Die Wirtschaftskrise – ich habe das zu Anfang benannt – erfordert ein nochmaliges Nachdenken darüber, an welchen Stellen insbesondere des Sozial- und Rentenrechts nachjustiert werden muss. Ich will Ihnen dazu stichwortartig nennen: die Möglichkeit der Bindung, eine Auszahlung einer Kapitallebensversicherung für eine Beitragsnachzahlung zur Schließung von Versicherungslücken sowie zur Zahlung von Beiträgen zum Ausgleich einer Rentenminderung bei früherem Renteneintrittsalter zu verwenden. Erreichen wollen wir damit beim Bezug von SGB-II-Leistungen die Gleichstellung dieser Vermögensanteile mit Riester- und Rürup-Rente.

Eine ebensolche Freistellung und damit eine Gleichstellung mit Wohnungs-Riester wollen wir bei der Bindung einer Kapitallebensversicherung für die

Tilgung von selbst genutztem Wohneigentum erreichen. Ein solcher Weg wäre ziel- und sachgerecht.

Die Landesregierung aber trägt die Frage Schonvermögen quasi wie eine Monstranz vor sich her. Eine zielgerichtete Arbeit würde ja auch weniger mediale Beachtung finden. Aber eine solche zielgerichtete Arbeit wäre besser für das Land und für die Menschen.