Protocol of the Session on May 7, 2009

Man muss festhalten: Wir haben große quantitative und qualitative Unterschiede bei den Kinderbetreuungseinrichtungen. Wir haben Unterschiede in den Studienstrukturen und in der Studienorganisation. Sie sind bislang nur in Einzelfällen so gestaltet, dass Elternschaft und Studium problemlos zu vereinbaren sind.

Um einen weiteren Punkt zu nennen: Die finanzielle Entlastung von Studiengebühren variiert von Hochschule zu Hochschule. Sie ist nicht für alle gleich, und das ist doch ein riesengroßes Problem.

Wir vermissen landeseinheitliche verbindliche Strukturen und Angebote, auf die sich Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wirklich verlassen können. Und wir vermissen ein besonde

res Profil für diese ganze große Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen.

Ich frage mich: Warum regen Sie nicht selbst wenigstens ein Audit für familiengerechte Hochschulen in NRW an? Warum muss das jede einzelne Hochschule machen? Warum kann nicht auch Ihr Ministerium einmal einen solchen Wettbewerb ausschreiben oder einen Workshop veranstalten, wie man es in anderen Bundesländern tut?

Was daraus wird, wenn man keine Verantwortung übernimmt, zeigt die aktuelle Debatte über die Fehlverwendung von Studiengebühren, die wir in diesen Tagen in Köln und anderswo wieder führen. Die bekommen Sie mit Ihrem Hochschulfreiheitsgesetz offensichtlich nicht mehr in den Griff.

Deshalb sagen wir: Der Blick zurück nützt nichts. Unsere Hochschulen sollten eben nicht nur in der Forschung exzellent sein, sondern auch bei der Lehre und den sozialen Strukturen. Dazu gehören auch familienfreundliche Arbeits- und Studienbedingungen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Für die Landesregierung hat sich noch einmal Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Seidl, das ist eben der Unterschied: Sie haben immer eine Politik verfolgt, die alle gleich behandeln möchte, und haben im Ergebnis erreicht, dass alle gleich schlecht waren.

(Beifall von der FDP)

Wir sind darum bemüht, dass sich die Beteiligten unterschiedlich entwickeln können, und setzen darauf, dass sie die Chancen, die ihnen dafür eingeräumt werden – auch durch bessere finanzielle Rahmenbedingungen –, nutzen und im Wettbewerb zu besseren Ergebnissen kommen. Dass es Verbesserungen gibt, können Sie nicht leugnen; denn über die Zahlen haben wir eben gesprochen: 11.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige in Ihrer Regierungsverantwortung. Das ist nun einmal so.

Frau Gebhard, ich kann Ihren leidenschaftlichen Beitrag ja verstehen. Im Rückblick gesehen war manches, was Sie als Mutter von vier Kindern erfahren haben, sicherlich so. Das will ich hier auch gar nicht kleinreden. Ich habe alle Achtung davor, dass Sie das so durchgestanden haben.

Aber Ihre Partei hatte die politische Gestaltungsverantwortung, und Johannes Rau hat auch nicht bis 2005 regiert. Vielmehr hätten die folgenden Minis

terpräsidenten alle Chancen gehabt, aus den 11.000 wenigstens 33.000 oder 44.000 Betreuungsplätze zu machen. Die Opposition hätte Sie nicht daran hindern können. Aber Sie haben es nicht getan. Erst diese Landesregierung hat das in Angriff genommen.

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich bitte auch vorhalten lassen, dass wir, hätten wir die Weichen früher anders gestellt, heute ganz andere Ausgangsbedingungen hätten, auch an der Stelle, über die wir hier reden.

(Dr. Ruth Seidl [GRÜNE]: Hätte, hätte, hätte!)

Dann möchte ich noch einen Punkt ausräumen: Eben ist hier die RWTH Aachen genannt und gesagt worden, sie hätte sich nicht geäußert oder es gebe keine Hinweise. Das möchte ich nun für die RWTH Aachen zurückweisen.

Ich möchte Ihnen im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage den Hinweis geben: Führen Sie sich noch einmal die Seiten 9 ff. vor Augen. Dort gibt es eine ganz umfassende Darstellung der Kindergartenangebote und auch der Betreuungsangebote für unter Dreijährige, die in Aachen auch im Zusammenwirken mit der RWTH Aachen bereitgehalten werden.

Ich möchte hier nur eines beispielhaft – wenn ich darf, mit Genehmigung des Präsidenten – benennen, was auch deutlich macht, wie umfassend die Angebote mittlerweile schon entwickelt worden sind.

Nehmen wir die Ferienfreizeit „Abenteuerspielplatz Uni“, ein Angebot der RWTH Aachen für Kinder von Hochschulangehörigen im Alter von sechs bis zwölf Jahren. Die Freizeit wird in den Oster-, Herbst- und Sommerferien in den ersten beiden Wochen von 8 bis 16 Uhr angeboten. Darüber hinaus wird in den Sommerferien zusätzlich eine fünftägige Ferienfahrt für die Kinder im Alter von neun bis zwölf Jahren angeboten. – Das ist nur eines von vielen Beispielen, die Sie alle in dieser Beantwortung finden.

Die Betreuungsquote in Aachen lag bei 101 % für die über Dreijährigen, und sie lag bei fast 20 % für die unter Dreijährigen bereits im Jahre 2007. Sie sehen, auch von der RWTH Aachen wird sehr viel unternommen, um die Familienfreundlichkeit der Hochschule sicherzustellen, und zwar nicht zuletzt auch, um die Bedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verbessern. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Professor Dr. Pinkwart. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind am Schluss der Beratungen.

Ich stelle fest, dass die Große Anfrage 23 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erledigt ist.

Wir stimmen ab über die vorliegenden Anträge. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags der SPD-Fraktion Drucksache 14/8878 und des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/9062 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie – federführend – sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dem zu? – Stimmt jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Nein. Das ist damit einstimmig so beschlossen und überwiesen.

Wir kommen zu:

10 Keine Waffenlager in Privatwohnungen – Für eine konsequente Novellierung des Waffenrechts!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9040

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9174

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Frau Düker das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag bezieht sich auf das Waffenrecht. Da haben wir heute in den Medien vernehmen können, dass es eine Absprache in der Großen Koalition in Berlin zur Verschärfung des Waffenrechtes gibt. Doch das, was man heute aus Berlin hört, ist aus meiner Sicht auf der einen Seite halbherzig, auf der anderen Seite schießt es weit über das Ziel hinaus.

Es sollen verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt werden. – Herr Engel, da muss doch auch ein Liberaler Fragezeichen setzen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Herr Engel ist doch kein Liberaler!)

Ein Halber ist er noch, ein Viertel Liberaler. – Herr Engel, es müsste Ihnen doch auch zu denken geben, ob nicht übers Ziel hinausgeschossen wird, wenn man Sportschützen dadurch kriminalisiert, dass abends ein Polizeibeamter vor der Tür steht und sich ohne irgendeinen Verdacht auf eine Straftat Zugang zu einer Wohnung verschaffen will. Mein Verständnis vom Rechtsstaat ist ein anderes. Da bimmelt bei mir die Glocke.

Oder aber – das sind halbherzige Geschichten – es soll mit biometrischen Systemen etwas ausgearbeitet werden, womit die Sportschützen ihre Waffenschränke öffnen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Erfurt, Winnenden und auch der Vorfall im Landshuter Landgericht vor Kurzem, wo Menschen durch legale Waffen zu Tode gekommen sind, haben eines gemeinsam: Diese Waffen waren in Hand von Sportschützen, und der Zugang zu diesen Waffen war deswegen leicht, weil diese Waffen entweder von den Sportschützen nicht richtig gelagert wurden oder aber es die Sportschützen selber waren, wie auch der Landshuter Fall zeigt, die dann ausgerastet sind und brutalste Morde begangen haben.

Bei dem, was gerade in Berlin diskutiert wird, und in dem Entschließungsantrag, Herr Rudolph, den Sie vorgelegt haben, werden die zentralen Fragen überhaupt nicht gestellt: Wie reduzieren wir den Zugang zu Waffen und schaffen damit mehr Sicherheit für die Bevölkerung? Man muss hinterfragen, warum man denn für den Schießsport großkalibrige Waffen braucht. Wofür braucht man solche scharfen mörderischen Waffen, um Schießsport auszuüben?

Wenn man mit Sportschützen redet und fragt, warum sie diesen Sport betreiben, antworten sie: Es geht um Konzentration, es geht um Präzision; das ist der Sportsgeist, der dahinter steckt. – Meine Güte, man braucht doch keine Beretta 9 mm, um solchen Sport auszuüben.

Die zweite Frage, die überhaupt nicht gestellt wird, aber sehr sicherheitsrelevant ist, lautet: Warum muss ein Sportschütze, um seinen Sport ausüben zu können, seine Waffen zuhause lagern? Warum braucht er die Waffen zuhause im Keller? Er braucht die Waffen am Schießstand, wo er seinen Sport ausübt, und muss sie nicht unbedingt mit nach Hause nehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau das ist die Sicherheitslücke. Nicht nur der Zugang des nahen Umfelds zu den Waffen ist sehr stark, weil die Waffen nicht richtig gelagert werden – das wissen wir ja nun –, sondern wir haben auch zahlreiche Wohnungseinbrüche ganz gezielt in Gebäude zu verzeichnen, wo Waffen gelagert werden.

Letzte Bemerkung: Bei 1,3 Millionen legalen Waffen nur in Nordrhein-Westfalen kann man nicht flächendeckend kontrollieren, auch nicht mit Biometrie, mit verdachtsunabhängigen Kontrollen,

(Beifall von den GRÜNEN)

ob das alles ordnungsgemäß und supersicher gelagert ist.

Ich greife – das ist auch aus rechtsstaatlicher Sicht meine Auffassung – auch hier in Freiheits- und Grundrechte überhaupt nicht ein, wenn ich den Sportschützen sage, dass die Waffen an einem sicheren Ort in der Sportanlage gelagert werden müssen. Da kann man das zentral auch viel besser kontrollieren. Ich greife vielmehr ein in Grundrechte, wenn ich abends mit der Polizei vor der Tür stehe,

mir Zugang zu den Waffenschränken verschaffen möchte und Kontrollen durchführe.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Ein Beispiel – wir haben es in den Landtag bewusst eingebracht – für die Handlungsunfähigkeit der Innenminister wird in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage 14/8997 deutlich, in der wir gefragt haben: Was ist in der Innenministerkonferenz herausgekommen, als man im April 2008, also vor einem Jahr, eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, um ein Errichtungsgesetz für ein zentrales Waffenregister zu prüfen und vorzubereiten?

Der Innenminister schreibt: Das Bundesministerium des Innern hat die Arbeitsgruppe zu einer ersten Sitzung Ende April 2009 einberufen, sodass Ergebnisse noch nicht vorliegen können.

Man richtet also erst einmal eine Arbeitsgruppe ein, die sich dann aber erst ein Jahr später trifft, um anzufangen zu prüfen, ob man vielleicht ein zentrales Waffenregister braucht; etwas, was gerade die Polizei dringend fordert. Das nenne ich Handlungsunfähigkeit. Gerade nach den Vorfällen in Winnenden und Landshut ist in Deutschland Abrüstung angesagt. Wir brauchen keine Waffenlager in Privathaushalten.