Protocol of the Session on May 6, 2009

Ich kann nicht beurteilen, aus welchem Zusammenhang Sie das Zitat herausgenommen haben. Ich weiß auf jeden Fall aus eigener Erfahrung – da kenne ich mich als Steuerberater ein wenig aus –, wie die rechtlichen Möglichkeiten sind, die Dinge zu gestalten. Wir sind für das

BMF-Schreiben, das anhand von 13 Beispielen Klarheit schafft, sehr dankbar.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Frau Beer, auch wenn Sie es sicher nicht hören wollen, will ich Ihnen die Möglichkeiten aufzeigen, die das Steuerrecht bietet, um auf der Basis des bestehenden Rechtes zu einem ermäßigten Steuersatz zu kommen: Immer dann, wenn gemeinnützige Vereine im Rahmen ihres Vereinszwecks handeln, liegt ein Zweckbetrieb vor. Bei der Besteuerung von Zweckbetrieben gilt grundsätzlich und ausdrücklich schon seit vielen Jahren ein ermäßigter Steuersatz von 7 %. Das Umsatzsteuerrecht gibt diese Möglichkeit ausdrücklich her. Auch hier möchte ich Ihnen wegen der kurzen Redezeit Details ersparen, liefere sie aber auf Verlangen nach. Ohne großen Aufwand und rechtlich abgesichert kann also die Abgabe von Mahlzeiten an Schulen zum ermäßigten Steuersatz ermöglicht werden.

Die Steuerfreiheit bei der Ausgabe von Essen durch die Studentenwerke beruht auf einer besonderen Befreiungsvorschrift im Umsatzsteuerrecht nur für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Diese Sondervorschrift sollte meines Erachtens nicht ausgeweitet werden, weil die Hürden zu hoch sind. Die Vorschrift kann daher nicht einfach auf Schulen übertragen werden.

Da der Antrag der Grünen unpräzise, ja zum Teil fehlerhaft ist, werden meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion und ich den Antrag im Haushalts- und Finanzausschuss sicherlich ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Krückel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Kollege Trampe-Brinkmann das Wort. Bitte schön, Herr Kollege TrampeBrinkmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen und Kolleginnen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Anfang erklären, dass wir der Überweisung des Antrags in den Schulausschuss natürlich zustimmen werden.

Frau Beer, ich bin davon überzeugt, dass der Inhalt des Antrags längst überholt ist und dass das Bundesfinanzministerium in der Verantwortung von Peer Steinbrück genau Ihr Ansinnen schon umfänglich gelöst hat. Ich freue mich aber auch aus einem zweiten Grund auf die Diskussion Ihres Antrags im Schulausschuss, weil er neben den rein fiskalischen Aspekten wieder zu der Ausgestaltungsdiskussion des Ganztags in Nordrhein-Westfalen führt. Auch wenn wir eine unterschiedliche Auffassung in der fiskalischen Betrachtung Ihres Antrags haben, wer

den wir wohl in der Bewertung der Ausgestaltung des Ganztags in Nordrhein-Westfalen als Opposition wieder eng beieinanderstehen.

Der Antrag der Grünen wendet sich gegen die angeblich neue Regelung für die Besteuerung des Schulessens. Er beschreibt, dass, wenn das Schulessen von einer Cateringfirma angeliefert und ausgeteilt wird, 19 % Mehrwertsteuer fällig werden, und verweist auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 16.10.2008.

Dem Eindruck, den Sie durch Ihren Antrag suggerieren, es würde sich hierbei um eine Neuregelung handeln, muss ich leider widersprechen. An dieser Stelle schließe ich mich ausdrücklich der fiskalischen Bewertung des Herrn Krückel an.

Besagtes Schreiben, das als Erlass zu werten ist, setzt keine neue Rechtsnorm, sondern klärt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden und den Ländern offene Fragen, um eine einheitliche Rechtsanwendung und letztendlich eine gleichmäßige Besteuerung zu erreichen.

In der Bewertung bleibt für mich somit nur festzustellen, dass in den beiden beschriebenen Fällen nicht neue Rechtsnormen gesetzt werden, sondern dass bestehende Normen konkretisiert werden.

Aufgrund dieser Tatsache erachte ich es als wesentlich hilfreicher, wenn Sie einmal in das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 2. Juli 2008 schauen, in dem es um die Neuregelung der Steuerbefreiung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe zum 1. Januar 2008 geht. Durch das Jahressteuergesetz 2008 sind entsprechende Fragestellungen schon ausreichend beantwortet worden.

Insbesondere ist der Bundesfinanzminister mit den notwendigen Regelungen einen Schritt weit in die richtige Richtung gegangen, indem er konkretisiert hat, in welchen Fällen eine verminderte Umsatzsteuer fällig wird: insbesondere für die anerkannten Träger der Jugendarbeit, der Wohlfahrtsverbände, der Kirchen usw.

Ich glaube, aufgrund dieser umfassenden Regelungen läuft der Antrag der Grünen steuerrechtlich ins Leere. Das trifft insbesondere dann zu, wenn die Kommunen ihre Gestaltungsspielräume zur Ausgestaltung des Ganztags entsprechend nutzen.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir das dann einfordern, wenn, wie in dem Beispiel, das Sie genannt haben – Lohmar –, diese Umsetzung nicht gelingt. Hier ist das Land natürlich auch gemäß dem Konnexitätsgedanken gefordert, den Kommunen entsprechende Unterstützungsleistungen, sowohl in monetärer Form als auch in Form rechtlicher Unterstützungsschritte, anzubieten. Von daher glaube ich, dass das Problem in Lohmar nicht gelöst ist. In vielen anderen Kommunen ist es gelöst.

Da mich das interessierte, habe ich gestern eine Umfrage im Kreis Warendorf gemacht. Der größte Träger im Kreis Warendorf ist der Mütterverein in Beckum. Die Umsatzsteuer beträgt 7 %. In meiner Heimatkommune, Ennigerloh, haben wir das auch: Eine Cateringfirma liefert an – Schulverein, Elternvertreter usw. Aber es gibt auch fest angestelltes städtisches Personal. Auch dort gibt es einen verminderten Umsatzsteuersatz, sodass ich das fiskalische Problem als nicht so gravierend betrachte. Anders ist es in der Betrachtung des Ganztags.

Was mich aber an diesem Thema noch etwas mehr interessiert – und das glaube ich jetzt noch –, ist eigentlich, dass wir, die SPD, unter Peer Steinbrücks Ägide im Finanzministerium in Berlin die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen haben. Jetzt interessiert mich an dieser Stelle schon die beredte Sprachlosigkeit der Steuersenkungspartei, der FDP.

Frau Beer, Sie hatten eine Nachfrage.

Damit kommen Sie meiner Unterbrechung zuvor. – Bitte schön, Frau Kollegin Beer.

Herzlichen Dank Herr Kollege. – Sie werden zugestehen, dass es in der Versorgung von Schulen ganz unterschiedliche Konstruktionen gibt. Es wird an vielen Stellen quasi mit der Muskelhypothek von Eltern gearbeitet, die dann die Ausgabe übernehmen.

Wenn das aber, wie es zum Beispiel in Lohmar der Fall ist, nicht mehr geht, weil der Ganztag ausgebaut wird und Eltern nicht in dieser Art und Weise ehrenamtlich zur Verfügung stehen können – und das, sozusagen als eingebautes Rädchen im System, meiner Meinung nach auch nicht sollten –, sodass das Ganze wirklich durch einen Caterer organisiert werden muss, kommt es zu dem Sprung, der dann zu verzeichnen ist.

Diese sehr differenzierte Ausgestaltung des Ganztags und der Mittagessenversorgung im Land führt zu den unterschiedlichen Situationen. Genau da können die Probleme auftauchen.

Ich gestehe Ihnen zu, dass es unter der Prämisse, dass vor Ort mit den anerkannten Trägern von Jugendarbeit sowie mit festangestelltem Personal der Wohlfahrtsverbände und auch der Kommunen eine derartige Gestaltung der Mittagsverpflegung nicht zu realisieren ist, ein Problem gibt.

Deswegen ist das natürlich eine Frage der Art und Weise, wie die Kommune die Gestaltungsspielräume wahrnimmt, also wie sie an dieser Stelle tätig wird. Wenn das in diesem speziellen Falle so nicht nötig ist, ist das letztendlich nicht eine Frage des

Steuerrechts, sondern es ist für mich eine Frage der Ausgestaltung des Ganztags und der Unterstützungssysteme seitens der Landesregierung.

Ich glaube, an der Position sind wir wieder ein Stück weit zusammengerückt, sodass ich die fiskalischen Fragen hier als schon längst beantwortet ansehe. Bei den Ausgestaltungsmomenten sind wir sehr nah beieinander, auch in der Wahrnehmung unserer Positionsrolle im Landtag. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Trampe-Brinkmann. – Als nächste Rednerin hat für die FDP Frau Kollegin Pieper-von Heiden das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Piepervon Heiden.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abgrenzung zwischen dem regulären Mehrwertsteuersatz von 19 % und dem reduzierten Satz von 7 % weist eine Reihe von Besonderheiten auf. Das ist für Bürger, die sich mit der Materie nicht vertieft beschäftigen, kaum noch nachvollziehbar. Ich musste mich bei dieser Problematik erst einmal beraten lassen – was übrigens auch den Grünen gut getan hätte.

Zu der Abgrenzung in diesem Fall gehört zum Beispiel die Differenzierung zwischen Lieferung und Dienstleistung bei Cateringunternehmen. Europarechtliche Zwänge bei der grundsätzlich harmonisierten Mehrwertsteuer und eine reichhaltige Rechtsprechung führen dazu, dass viele Anbieter von Schulkantinencatering 19 % Mehrwertsteuer abführen müssen.

Entscheidend für die Abgrenzung zwischen der Anwendung des regulären und der Anwendung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes ist die Frage, ob der Vorgang der Bereitstellung von Mahlzeiten wenigstens zum Teil eine Dienstleistung umfasst. Ist das der Fall, dann ist für die gesamte Leistung der reguläre Satz abzuführen, also auch für das Essen an sich.

Von der gleichen Abgrenzung ist es auch abhängig, ob Sie als Kunde eines Schnellrestaurants den reduzierten Mehrwertsteuersatz bezahlen, wenn die Speisen mitgenommen werden, oder ob der volle Satz von 19 % zu entrichten ist, wenn vor Ort gegessen wird.

Wir diskutieren heute über die Folgen des Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen. Dieses Schreiben enthält, zur Erleichterung der Anwendung für Betroffene und für die Finanzverwaltung, 13 Beispiele mit unterschiedlichen Fallkonstellationen. Das zeigt ziemlich deutlich die Schwierigkeiten, die sich bei der Anwendung der geltenden Regelungen in der Praxis ergeben.

Der Grünen-Antrag ist jedoch missverständlich und irreführend. Die in dem Antrag kritisierte Regelung ist, anders als dargestellt, nicht neu. Die europarechtlichen Vorgaben gelten schon länger. Das Schreiben des Bundesfinanzministers an die obersten Landesbehörden ist tatsächlich lediglich eine Klarstellung der Rechtslage.

Wurden die geltenden Regelungen schon früher korrekt angewandt, dürfte es durch das Schreiben nicht zu einer Verteuerung der Mahlzeiten durch die Änderung des Mehrwertsteuersatzes kommen.

Meine Kolleginnen und Kollegen, die FDP spricht sich seit Langem für eine Überarbeitung der Liste der Tatbestände aus, die eine Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes nach sich ziehen. Zu diesem Kontext gehört auch der Beschluss der EU-Finanzminister vom 10. März über eine Änderung der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie. Danach können alle Mitgliedstaaten in Zukunft für bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen den ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden.

Gegen den massiven Widerstand von Bundesfinanzminister Steinbrück fordert die FDP bereits seit Jahren eine Anwendung des reduzierten Satzes in der Hotel- und Gaststättenbranche. Beide Branchen sind besonders personalintensiv und in hohem Maße mittelständisch geprägt. Sie stehen in einem harten Wettbewerb mit unseren europäischen Nachbarn. Dort kommen aufgrund von Ausnahmeregelungen fast ausnahmslos reduzierte Mehrwertsteuersätze zur Anwendung, und dann kommen übrigens auch noch die in Deutschland ohnehin traditionell hohen Lohn- und Lohnnebenkosten dazu.

Die Antwort auf diese Wettbewerbsverzerrungen kann nur sein, die deutschen Gastronomen und Hotelbetriebe auch in den Kreis der Anwendung des reduzierten Satzes aufzunehmen. Dann würde es bei der Lieferung von Schulmahlzeiten durch Cateringunternehmen auch keine Rolle mehr spielen, ob das Geschirr mitgeliefert wird oder nicht oder ob außer Haus gespeist wird oder nicht. Der Preisdruck bei den Schulessen würde etwas gelockert.

Meine Kolleginnen und Kollegen, eine Bundesratsinitiative für eine Einzelfalllösung für Schulmahlzeiten lehnt die FDP ab. Das undurchsichtige Geflecht der Ausnahmeregelungen und die zahlreichen Wettbewerbsverzerrungen bei der Mehrwertsteuer wollen wir nicht noch weiter verstärken. Die FDP möchte eine einheitliche Lösung für die gesamte Branche, um damit möglichst auch gleiche und faire Bedingungen für alle Formen der Essensversorgung an den Schulen zu schaffen.

Wir brauchen eine ganzheitliche Lösung statt des grünen Klein-Klein. Daher lehnen wir diesen Antrag auch ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper-von Heiden. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Linssen das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen: Die Landesregierung hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Schülerinnen und Schülern nicht nur ein gutes Bildungsangebot zu bieten; wir wollen ihnen auch die Rahmenbedingungen bieten, unter denen Lernen möglich ist. Daher investiert das Land massiv in Ganztagsschulen, stellt zusätzliche Lehrer ein und reduziert den Unterrichtsausfall.

Mit dem Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ soll außerdem erreicht werden, dass die Kinder und Jugendlichen in den Schulen ein ausgewogenes und gesundes Schulessen erhalten. Eine geordnete Ernährung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, körperlich und geistig leistungsfähig zu sein. Auch das hat etwas mit Bildungschancen zu tun. Wir sehen dieses Problem, Frau Beer, vielleicht noch etwas deutlicher als Sie in Ihrer Regierungszeit. Ich habe viel Verständnis dafür, dass Sie den Fall Lohmar jetzt benutzen, um in der Debatte um „Kein Kind ohne Mahlzeit“ ein bisschen aufzuschließen. Anders ist das nicht zu verstehen.

Sie haben sich doch sicher schlauer gemacht, Frau Beer. Dann hätten Sie erkennen müssen, dass das vielleicht mit dem steuerrechtlichen Rat des Kollegen Krückel – Herr Trampe-Brinkmann hat dazu auch sehr differenziert Stellung genommen – zu erledigen gewesen wäre.

Der vorliegende Antrag fordert darüber hinaus eine steuerliche Entlastung im Bereich des Schulessens. Das ist auf den ersten Blick sicherlich verständlich, praktisch jedoch umso schwieriger. Denn gerade im Bereich der Umsatzsteuer werden durch das Europarecht und geltendes nationales Recht für Ausnahmen enge Grenzen gesetzt. Die Schwierigkeiten, die dieses Recht bietet – das wissen wir alle, die wir uns mit Umsatzsteuer beschäftigen –, sind schon gravierend. Deshalb finde ich es auch richtig, dass sich viele in Berlin vorgenommen haben, sich das Umsatzsteuerrecht in der nächsten Legislaturperiode genauer anzuschauen, denn es gibt viele Ungereimtheiten in diesem Recht.

Insbesondere europäisches Recht, meine Damen und Herren, ist für die Landesregierung aber sehr schwer zu beeinflussen. Das haben wir auch schon in anderen Fragen erfahren müssen, etwa bei der Bekämpfung von Umsatzsteuer-KarussellGeschäften. Hier hatten wir, Landesregierung und Landtag, andere Vorstellungen als Brüssel. Bisher ist der Durchbruch trotz intensiver und jahrelanger Anstrengungen nicht gelungen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, einige Bemerkungen zur aktuellen Rechtslage: