Protocol of the Session on April 2, 2009

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir zwar ein deutliches Mehr an Integration brauchen – und zwar in allen gesellschaftlichen Bereichen –, dass wir aber auf die in unserem Lande sorgfältig arbeitenden Förderschulen nicht so einfach verzichten können. Ich bin oft genug in Förderschulen und sehe dort die Kinder, deren Förderbedarf besonders groß ist. Ich sehe die große Kreativität dieser Schulen, diesen Förderbedarf adäquat umzusetzen.

(Beifall von der CDU)

Diese Kinder in den sogenannten Regelschulen zu beschulen, kann ich mir in der Tat noch etwas schwer vorstellen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Fahren Sie nach Nor- wegen!)

Frau Beer, eine kleine Zwischenbemerkung: Gibt es wirklich Evaluationen, dass das System bringt, was wir brauchen,

(Zustimmung von Sigrid Beer [GRÜNE] – Zu- ruf von der SPD: Ja klar!)

und dass die Förderung wirklich so ankommt, dass wenigstens 20 % einen Abschluss haben?

(Beifall von der CDU – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Herr Wocken vertritt an anderen Stellen auch mal andere Meinungen oder enthält sich der Stimme.

Ich denke, wenn wir so etwas wollten, bräuchten wir sicherlich ganz andere Rahmenbedingungen, als wir sie im Moment überhaupt leisten könnten. Wenn Sie die UN-Konvention anführen, erlauben Sie mir bitte auch zu bemerken, dass man hier im Lande sicherlich mit Zahlen operieren kann, dass aber echte Vergleichsmaßzahlen zu anderen Ländern klar fehlen. Denn alleine schon der Behindertenbegriff wird an manchen anderen Stellen anders definiert.

Lassen Sie mich abschließend die wichtigsten Forderungen Ihres Antrags zusammenfassen:

Erstens. Sie fordern Konzepte. Wir haben Konzepte entwickelt und werden sie weiterentwickeln. Wir sind bereits in der Erprobungsphase und werden das auch evaluieren.

Zweitens. Die individuelle Förderung, also das Prinzip der Heterogenität, ist bereits im Schulgesetz festgeschrieben. Die vom Land angebotenen Förde

rungen und Fortbildungen bedienen diese Thematik durchaus.

Drittens. Die KMK hat eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der UN-Konvention eingerichtet.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Viertens. Die Lehrerausbildung nimmt Ihr Anliegen auf.

Fünftens. Wir werden die Anhörung dazu durchführen und uns weiter mit dem Thema befassen. Aber aus der UN-Konvention abzuleiten, dass wir sofort alle Förderschulen auflösen müssten, entspricht nicht der Interpretation, die gemacht werden kann und muss.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir sind auf einem guten Weg. Dementsprechend ist das Thema bei uns in guten Händen. Somit freue ich mich auf die weitergehende Beratung im Ausschuss und auf die Anhörung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kastner. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der FDP Frau Kollegin Piepervon Heiden das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir können in Nordrhein-Westfalen auf die vielfältigen sonderpädagogischen Fördermöglichkeiten stolz sein, die es gibt. Wir haben hervorragende Lehrkräfte, die eine herausragende Arbeit an Förderschulen und im gemeinsamen Unterricht leisten.

(Beifall von FDP und CDU)

Bei jeder Art von Förderung müssen wir immer vom jeweiligen Kind und Jugendlichen aus denken. Das Individuum muss im Zentrum unserer bildungspolitischen Arbeit stehen.

(Beifall von der CDU)

Wir sind uns alle einig, dass wir die Anstrengungen zur individuellen Förderung und zur verbesserten Integration von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf weiter verstärken müssen und dass die Partizipation von Menschen mit Behinderung eine Selbstverständlichkeit sein muss.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Aber sprechen wir doch einfach aus, worum es SPD und auch Grünen tatsächlich geht: Ihnen geht es nicht um die Kinder,

(Beifall von der FDP)

sondern nur darum, die Förderschulen zu schwächen oder gar abzuschaffen. Egal, wie das Thema lautet: Es geht immer um die Schulstruktur. Niemals führen Sie eine Qualitätsdebatte.

(Beifall von der FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Ideologie statt Qualität, so könnte Ihr Slogan lauten. Wie krude Ihre Anträge inzwischen geworden sind, zeigt das vergiftete Lob an die Förderschullehrer hier im vorliegenden Antrag. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:

Die Lehrerinnen und Lehrer sowie das weitere Fachpersonal in der Sonderpädagogik leisten gute Arbeit.

Also wirklich, das ist an Enthusiasmus kaum noch zu überbieten. Auch Ihre Sprache ist verräterisch. Da wird von Aussortieren, von Ausgrenzung, ja von Separation gesprochen. Dass Sie es wagen, gerade in diesem Zusammenhang von selektiv, also von Selektion zu sprechen,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Natürlich! Genau!)

ist einfach nur beschämend.

Aber es kommt noch schlimmer. Ich möchte hier einmal auf die Stellungnahme zur kommenden Anhörung zu genau dieser Thematik hinweisen. Dort ist Herr Professor Preuß-Lausitz von der Opposition als Experte benannt. Dieser Experte unterstellt doch tatsächlich geschickt und indirekt, dass die Förderschullehrer im Verdacht stehen, Eltern nicht uneigennützig zu beraten und für Kinder sonderpädagogischen Förderbedarf an Förderschulen empfehlen, um die Klassen zu füllen.

(Frank Sichau [SPD]: Auch das gibt es si- cherlich!)

Meine Damen und Herren, das ist eine bodenlose Unverschämtheit und Beleidigung aller Förderschullehrer.

(Beifall von FDP und CDU)

Es zeigt, was in Wahrheit dahinter steckt. In Wahrheit steckt dahinter eine Kampagne zur Desavouierung von Förderschulen, meine Damen und Herren. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall von FDP und CDU)

Für die FDP ist die Qualität der sonderpädagogischen Förderung von zentraler Bedeutung. Für manche Kinder ist der Besuch des gemeinsamen Unterrichts die beste Möglichkeit der individuellen Förderung, für manche eben die Förderschule. Da wir beides brauchen, unterstützt die FDP nachdrücklich den verstärkten Ausbau dieses Angebots an vielen Schulen. Wir haben gemeinsam mit der CDU die Anzahl der Lehrerstellen für den gemeinsamen Unterricht nachweisbar deutlich erhöht.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das reicht doch hinten und vorne nicht!)

Wir haben Stellen, die SPD und Grüne befristet hatten, in unbefristete Stellen umgewandelt, Frau Beer. Schauen Sie in den Haushalt, Sie werden es sehen.

Meine Damen und Herren, nun noch an die Adresse der Ex-Schulministerin Ute Schäfer. Sehr geehrte Frau Schäfer, ausgerechnet Sie fordern in Ihrem Antrag, dass hier deutlich mehr Lehrkräfte zur Verfügung gestellt werden. Als verantwortliche Ministerin wollten Sie doch 16.000 Stellen streichen. Erzählen Sie das eigentlich auch den Menschen, wenn Sie über Land fahren und das Blaue vom Himmel versprechen?

(Beifall von FDP und CDU)

Eine individuelle Förderung mit weniger Lehrkräften ist ja wohl schlecht möglich, oder?

Mit der qualitativen Ausweitung des gemeinsamen Unterrichts und dem Ausbau der Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung schaffen wir eine erstklassige Förderlandschaft. Durch die unterschiedlichen flächendeckenden Angebote, durch zusätzliche Ressourcen stellen wir sicher, dass Kinder und Jugendliche die bestmögliche Förderung erhalten,

(Beifall von der FDP)