Protocol of the Session on April 2, 2009

Ich freue mich schon auf die Diskussion im Ausschuss; denn CDU und FDP sowie letztendlich auch Sie, Frau Ministerin, werden Ihre Erfolge beim Programm „Schwitzen statt Sitzen“ präsentieren. Ich befürchte nur, ich muss nicht lange zuhören. Dabei kommt nämlich nichts herum.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Stotko. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Orth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Stotko, ich darf Sie selbst zitieren. Wenn man Ihnen zuhört, kommt auch nichts dabei herum.

Wir haben von Ihnen immer wieder die gleiche Leier gehört. Sie können die Fakten aber doch nicht wegreden. Stellen Sie das einmal vor: 500 Millionen € in der laufenden Legislaturperiode für Neubaumaßnahmen.

(Thomas Stotko [SPD]: Alte Landesregie- rung!)

Nix alte Landesregierung. Ich kann es Ihnen zum wiederholten Male von diesem Pult aus sagen. Soll ich Ihnen noch einmal erklären, wie es mit der Ulmer Höhe ist? Das können wir gerne machen. Auch wenn die fünf Minuten kurz sind, kann man das gerne wiederholen.

Herr Minister Gerhards hat uns im Ausschuss erklärt: Der Neubau in Ratingen kommt. Er sollte schon 2006 oder 2007 fertig sein. Wir haben das

immer bezweifelt, sind sogar mit Kollegen aus Ihrer Fraktion auf das Gelände gegangen und haben uns das angesehen. Man hat uns gesagt: Hier geht es bald los, wir machen ein PPP-Projekt, das wird alles ganz toll.

Wie war die Situation? Die heutige Ministerin hat in zähen Verhandlungen endlich das erreicht, was Ihr unfähiger Herr Gerhards nie geschafft hat, nämlich mit Ratingen einen Kompromiss zu finden.

(Beifall von der CDU)

Die Berechnungen, was das kosten sollte, waren Mumpitz. Alles musste neu gerechnet werden. Alles Ihre Landesregierung!

Dann können Sie doch hier nicht sagen, die Menschen seien menschenunwürdig untergebracht. Hätte Herr Gerhards besser geplant und verhandelt, würden heute alle Häftlinge aus der Ulmer Höhe schon längst in Ratingen inhaftiert sein, meine Damen und Herren. Darüber sollten Sie mit Herrn Gerhards und nicht mit uns sprechen.

(Zurufe von Bodo Wißen [SPD] und Thomas Stotko [SPD])

Wenn Sie auf die Urteile zu sprechen kommen, sollten Sie sich anschauen, welche Haftzeiträume sie betreffen. Dabei handelt es sich vielfach um Zeiträume aus Ihrer und nicht aus unserer Regierungsverantwortung, meine Damen und Herren.

(Ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter: Eben! – Thomas Stotko [SPD]: Das ist heute doch genauso!)

Sie müssen sich das Volumen von 18.000 Haftplätzen vorstellen. Man schafft den Ausbau nicht in ein, zwei, drei oder fünf Jahren.

(Thomas Stotko [SPD]: Mehr Zeit haben Sie nicht!)

Man muss planen und bauen. Wer schon einmal ein Haus gebaut hat, weiß, dass auch ein Einfamilienhaus nicht mal eben in zwölf Monaten dahingesetzt wird.

(Gerd Stüttgen [SPD]: Was? – Ursula Meurer [SPD]: In drei Monaten! – Weitere Zurufe von der SPD)

Insofern braucht man Zeit für die Grundstückssuche und für Umweltverträglichkeitsprüfungen. Ich erinnere daran, dass viele, die in der grünen Partei engagiert sind, mit Vehemenz in Wuppertal-Ronsdorf gegen den Bau streiten, weil dort irgendein Lurch durch die Gegend kriecht, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei FDP und CDU)

Auf der einen Seite zu sagen, wir hätten zu wenige Haftplätze, und auf der anderen Seite die Neubauten zu torpedieren, das ist scheinheilig.

(Beifall von FDP und CDU – Monika Düker [GRÜNE]: Wenn schon, handelt es sich um einen Molch! – Zuruf von der SPD: Heute ha- ben Sie keinen guten Tag!)

Sie sollten das alles zusammen sehen und einbeziehen, dass wir in diesem Land endlich die gesetzlichen Grundlagen wie das Jugendstrafvollzugsgesetz oder das Untersuchungshaftgesetz schaffen. All diese Dinge kommen. Im Bund und auch in diesem Land sind Sie in all den Jahren daran gescheitert.

Dann setzen wir doch die Standards, um die es geht, meine Damen und Herren. Sie hätten Jahre und Jahrzehnte gehabt, das alles zu machen. Wir machen das. Aber wie es beim Bauen nun einmal ist: Alles braucht seine Zeit, meine Damen und Herren. Wir bauen, bauen und bauen, und das zum Wohl der Häftlinge. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Orth. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Müller-Piepenkötter das Wort.

(Zuruf von der SPD: Lesestunde! – Gegenruf von der CDU: Sie kann wenigstens lesen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Frau Düker, Ihr Antrag und Ihre heutigen Ausführungen haben mich, gelinde gesagt, erstaunt. Zu Herrn Stotko sage ich nichts; das war nur peinlich.

(Beifall von der FDP – Zustimmung von der CDU)

Ich darf Sie, liebe Frau Düker, aus der Rechtsausschusssitzung vom Mai 2008 zitieren. Damals haben Sie gesagt: Jahrelang sei

zur Regierungszeit unter grüner Beteiligung … viel zu lange beim Vollzug weggesehen worden.

(Zustimmung und Zuruf von Monika Düker [GRÜNE]: Sie regieren aber jetzt!)

Damals hatten Sie einen Anflug von Einsicht, der heute im größeren Kreis leider verlorengegangen zu sein scheint. Das von Ihnen und von den selbsternannten Vollzugsexperten der SPD ungeliebte und im wahren Sinn des Worte jahrzehntelang weggesperrte Stiefkind Strafvollzug haben wir an die Hand genommen und ans Licht geholt.

(Beifall von CDU und FDP – Monika Düker [GRÜNE]: Das hat man in Siegburg gemerkt! – Weitere Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Wir haben seine Unterernährung abgestellt, nach seinen Bedürfnissen gefragt und uns tatkräftig für sein Wohl eingesetzt.

(Lachen und Zurufe von der SPD)

Wir haben das von Ihnen ungeliebte Kind Strafvollzug als eigenes Kind angenommen.

(Zuruf von der SPD: Wir wollen nicht von Ih- nen adoptiert werden!)

Wir haben seit der Regierungsübernahme enorme Anstrengungen unternommen, um Ihre jahrzehntelangen Versäumnisse aufzuarbeiten, um die Gefängnisse auf einen modernen Stand zu bringen und um die Haftbedingungen durch zahlreiche Baumaßnahmen zu verbessern.

(Zuruf von Manfred Kuhmichel [CDU])

Wir haben Baustandards entwickelt, um für jede Vollzugsanstalt ein individuelles Angebot bzw. Neubaukonzept umsetzen zu können. Dies sieht zum Beispiel für Einzelhafträume eine Größe von 10,5 m2 inklusive einer abgetrennten Sanitärkabine vor.

(Monika Düker [GRÜNE]: Ist das denn auch die Praxis?)

Ja. Derzeit lasse ich eine Planung für den weiteren Neubau von Justizvollzugsanstalten bzw. die Erweiterung bestehender Anstalten erarbeiten, die nach Abstimmung in der Landesregierung dem Rechtsausschuss vorgestellt werden wird.

Das Jugendstrafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen enthält bereits Vorgaben zu Größe und Ausgestaltung der Hafträume, regelt die Festsetzung der Belegungsfähigkeit und verbietet eine Überbelegung ebenso wie das zurzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetz zur Regelung des Vollzuges von Untersuchungshaft. Entsprechende Regelungen werden auch Gegenstand des in Aussicht genommenen Gesetzgebungsvorhabens zum Strafvollzugsgesetz sein. Also, meine Damen und Herren, die Standards sind bereits gesetzt.

Wenn das Land aktuell vom Oberlandesgericht Hamm zur Leistung von Schadensersatz verurteilt wird, bleibt festzuhalten, dass auch dies auf jahrzehntelangen Versäumnissen meiner Amtsvorgänger und der früheren Regierungen beruht, an denen auch die Grünen beteiligt waren.

(Monika Düker [GRÜNE]: Das sind Klagen aus 2007!)

Das sind Klagen aus 2005, 2006 und 2007.

(Monika Düker [GRÜNE]: Die letzte betraf 2006 und 2007!)

Die einzigartige Klagewelle von fast 900 Verfahren gehört in Ihren Verantwortungsbereich.