Protocol of the Session on April 1, 2009

Schauen Sie im Kommunalfinanzbericht nach. Auf dieser Ausgangsgrundlage ist es für viele Kommunen sehr schwierig, eine Verbesserung der Situation zu erreichen.

(Beifall von der CDU)

Hier ruft also der Brandstifter nach der Feuerwehr.

(Horst Becker [GRÜNE]: Mit solchen Floskeln kommt ihr nicht mehr lange durch! Das fällt euch alles auf die Füße!)

Die Regierungsfraktionen und die Landesregierung nehmen die Sorgen der finanzschwachen und belasteten Kommunen ernst und suchen gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden nach gangbaren und belastbaren Lösungen. Das unterscheidet CDU und FDP deutlich von SPD und Grünen: Sie agitieren, wir argumentieren.

(Lachen von SPD und GRÜNEN)

Sie verkaufen eine Luftnummer als Lösung, wir sorgen uns um zukunftssichere Lösungen, die unseren Kommunen auch in schwierigen Zeiten den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung ermöglichen werden. Dem Antrag können wir daher nicht zustimmen.

(Beifall von der CDU – Horst Becker [GRÜ- NE]: Ihre Bürgermeister machen eine La-Ola- Welle!)

Vielen Dank, Herr Kollege Löttgen. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Becker.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe extra eine rote Krawatte angezogen, damit wir uns unterscheiden.

(Bodo Löttgen [CDU]: Das ist aber auch das Einzige! – Horst Becker [GRÜNE]: Ich habe dafür ein grünes Hemd an!)

Ich will es vorwegnehmen: Die SPD-Fraktion wird dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zustimmen, weil er Anliegen auf die Agenda setzt, die berechtigt sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wer mit offenen Augen durch die Städte und Gemeinden geht und sich die Entwicklung der kommunalen Haushalte ansieht, muss zu dem Schluss kommen, dass nicht mehr die Himmelsrichtung, sondern der tatsächlich vorhandene Bedarf ein entscheidendes Kriterium für die Unterstützung der Kommunen sein muss.

Wer mit den Menschen redet, wer ihnen zuhört auf den Marktplätzen, im Freundes- und Bekanntenkreis, an Infoständen und von mir aus auch an den Stammtischen, muss zugeben und zur Kenntnis nehmen, dass die derzeitige Wahrnehmung bei den

Menschen die Bereitschaft zur Hilfe, die Bereitschaft zur Solidarität und das Verständnis dafür sinken lässt.

Meine Damen und Herren, wer von Ihnen nicht mit offenen Augen durch die Kommunen geht, wer nicht mit den Menschen spricht, der muss sich eben mit den Beiträgen der Experten im Rahmen der Anhörung vom 21. Januar begnügen. Insbesondere Prof. Junkernheinrich – Herr Becker hat es gerade deutlich gemacht – hat aufgezeigt, dass der Antrag in die richtige Richtung geht, und die Zahlen dafür geliefert.

Deshalb ist es auch nur folgerichtig, die Landesregierung zu beauftragen, für eine finanzielle Entlastung oder Unterstützung der notleidenden Kommunen zu sorgen. Dagegen hat auch der Ministerpräsident unseres Landes nichts. Denn der zeigte sich laut „WAZ“ vom 12. August dem Vorschlag gegenüber aufgeschlossen, den Solidarpakt Ost auf arme Kommunen im Westen auszudehnen. Auch der sächsische Ministerpräsident, sein Parteifreund Tillich, hat nichts dagegen, wenn er im „Hamburger Abendblatt“ vom 19. Dezember fordert, dass Investitionen natürlich dorthin fließen müssen, wo der Bedarf sei.

Wenn also die regierungstragenden Fraktionen wie schon im Ausschuss auch heute, wie angekündigt, den Antrag ablehnen, muss es andere Erklärungen geben als die, der Antrag gehe nicht in die richtige Richtung. Ich habe da einen Verdacht: Sie wollen das in Wahrheit gar nicht. Denn wenn Sie dem Anliegen dieses Antrags wirklich folgen wollten, dann müssten Sie mit Ihrer Politik gegen die Städte und Gemeinden in unserem Land aufhören,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

dann müssten Sie nämlich damit aufhören, das Land auf Kosten der Kommunen zu entlasten. Und das wollen Sie nicht. Sie wollen den 1,8 Milliarden €, die Sie seit Übernahme der Verantwortung den Kommunen auf vielfältige Art und Weise genommen haben, offenbar weitere hinzufügen.

Wenn Sie einmal, nur ein einziges Mal auf eine Übereinstimmung zwischen Ihren Taten und Ihren Worten Wert legen würden, dann müssten Sie als allererstes den Kommunen die rund 450 Millionen € komplett zurückzahlen, die Sie ihnen mit der Umstellung der Beteiligung der Kommunen an Einheitslasten zu viel abgenommen haben, wie der Verfassungsgerichtshof in Münster – den kennen Sie ja inzwischen – im Dezember 2007 festgestellt hat. Das wollen Sie nicht. Dann sagen Sie das aber auch und hören Sie in dieser Frage auf, links zu blinken und rechts abzubiegen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Becker. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Engel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Becker, wir werden den Antrag ablehnen. Zu den Gründen sage ich Folgendes:

Im Jahr 2010 ist die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Evaluierung der von Bundestag und Bundesrat bis 2019 festgeschriebenen erhöhten Gewerbesteuerumlage auf ihre Angemessenheit vorzunehmen.

Bereits im Jahre 2006 hat sich die Koalition durch einen Entschließungsantrag für ein Vorziehen der Evaluierung ausgesprochen. Weiterhin hat sich die Koalition dafür eingesetzt, dass im Rahmen der Evaluierung gemeinsam mit Bund und Ländern eine größere Verteilungsgerechtigkeit zugunsten der Kommunen im Westen erwirkt wird. Die Bemühungen der Landesregierung um ein Vorziehen der Evaluierung dauern an und gestalten sich augenscheinlich schwierig.

(Horst Becker [GRÜNE]: Ja!)

Die Bündnisgrünen fordern nun mit ihrem Antrag, dass die Landesregierung ihre Position über die Fortführung des Solidarpaktes II in die Föderalismusreform II einbringen soll. Hierzu möchte ich an Folgendes erinnern, Herr Becker: Herr Professor Lenk hat während der Landtagsanhörung Ende Januar darauf hingewiesen,

(Horst Becker [GRÜNE]: Zu Herrn Lenk habe ich eben schon etwas gesagt!)

dass die beteiligten Kommissionsmitglieder den Solidarpakt II aus ihrem Aufgabenkatalog ausgeklammert haben. Herr Professor Lenk hat ausdrücklich davon abgeraten, dass das Land NordrheinWestfalen jetzt dieses Fass aufmachen sollte. Der Ratschlag ist einleuchtend. Daher werden wir Liberale diesem auch folgen.

In Ihrem Antrag fordern Sie weiter, dass die Systemumstellung der Solidarbeitragsbeteiligung, die mit dem GFG 2006 vorgenommen worden ist, wieder rückgängig gemacht werden soll. Seit 2006 wird die Beteiligung der Kommunen an den Einheitslasten ausschließlich über die bundesgesetzlich geregelte erhöhte Gewerbesteuerumlage erbracht. Eine aufwendige und wegen veralteter Datenbasis kaum zu berechnende Spitzabrechnung nach den Zahlungen des Landes im Länderfinanzausgleich und den Ersatzleistungen für den Fonds Deutsche Einheit kann doch nicht ernsthaft gewollt sein.

Darüber hinaus möchte ich daran erinnern, dass das Verfassungsgericht nicht festgestellt hat, Herr Becker, dass es zu einer Überzahlung durch die Kommunen im Jahre 2006 gekommen ist. Das Verfassungsgericht hat lediglich festgestellt, dass im

Nachgang eines abgelaufenen Jahres kontrolliert werden muss, ob die angenommenen Beträge den realistischen Verhältnissen entsprochen haben. Hierfür soll es ein Abrechnungsgesetz geben. Eigentlich sollte dieses Gesetz bis Ende letzten Jahres in Kraft getreten sein. Das Land erarbeitet das Abrechnungsgesetz in Zusammenarbeit mit den Betroffenen, nämlich mit den kommunalen Spitzenverbänden. Es gilt: Qualität vor Schnelligkeit.

Zum Schluss möchte ich daran erinnern, dass das Land im vergangenen Jahr den Kommunen einen Gesamtabschlag in Höhe von 650 Millionen € für die Jahre 2006, 2007 und 2008 im Voraus bereits geleistet hat. Diese Abschläge sind nach Bekanntwerden des Lenk-Gutachten, das zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es wohl keine Überzahlung durch die Kommunen gegeben hat, nicht zurückgefordert worden. Ihrem Antrag können wir, wie schon gesagt, deshalb nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Danke, Herr Kollege Engel. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Dr. Linssen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wiederholt natürlich Altbekanntes. Aber er verkennt schlicht und einfach die Gegebenheiten.

Bündnis 90/Die Grünen fordern im Ergebnis, zum einen, die erhöhte Gewerbesteuerumlage gemäß § 6 Abs. 3 Gemeindefinanzreformgesetz zu überprüfen, zum anderen, den Solidarpakt II für Westkommunen zu öffnen, zum Dritten, diese Positionen in die Föderalismusreform II einzubringen, und als vierten Punkt, den Kommunen, die in NRW angeblich überzahlten Einheitslasten ab 2006 zu erstatten. Das ist ein Dauerbrenner, den wir hier immer wieder vorgeführt bekommen. Gestatten Sie mir zwei grundsätzliche Anmerkungen, bevor ich zum Detail komme.

Erstens. Es waren neben der SPD die Grünen, die für Nordrhein-Westfalen dem Solidarpakt II zugestimmt haben. Sie haben damit auch die erhöhte Gewerbesteuerumlage und deren Fortbestehen bis 2019 beschlossen. Sie haben das getan und kein anderer. Sie werden doch wohl noch wissen, was Sie damals getan haben.

Zweitens. Die Grünen haben sich in der Vergangenheit einem Entschließungsantrag der CDU zu dieser Thematik nicht angeschlossen. Wir können heute Ihrem Antrag aus folgenden Gründen nicht zustimmen:

Zur Überprüfung der erhöhten Gewerbesteuerumlage: Sie kritisieren die Festschreibung der erhöhten

Gewerbesteuerumlage von 29 Punkten bis 2019. Sie fordern ein Vorziehen der für 2010 vorgesehenen Überprüfung. Das Vorziehen zu fordern, meine Damen und Herren, ist relativ leicht. Für die Umsetzung braucht man aber Mehrheiten bei den anderen Ländern. Derzeit sehe ich diese nicht. Das wissen Sie auch, und deshalb ist diese Forderung wirklich rein populistisch.

Zum Solidarpakt II und der neuen Regionalförderung West: Zunächst gilt, Nordrhein-Westfalen hält sich an geschlossene Verträge. Auch auf Bundesebene sind CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag übereingekommen, an den Zusagen des Solidarpakts II festzuhalten. Ich wundere mich schon, Herr Becker, dass Sie zu Aussagen dahin gehend kommen, dass Sie den Antrag hier mit Begeisterung unterstützen wollen.

Sollte der Bund neue Programme auch für Westkommunen auflegen wollen, so ist er herzlich dazu eingeladen. Wir werden uns diese dann genau anschauen. Herr Kollege Tiefensee kann sicherlich viele neue Vorschläge unterbreiten. Es käme darauf an, wie sie finanziert werden sollen. Zudem sollten wir daran festhalten, dass Gelder des Bundes an die Länder fließen und diese sie an ihre Kommunen verteilen. Das ist das, was wir eigentlich unter Föderalismus verstehen.

Der nächste Punkt betrifft die Einbeziehung Ihrer Forderungen in der Föderalismuskommission. Die abschließende Sitzung der Föderalismuskommission II hat – das wissen Sie – am 5. März 2009 stattgefunden. Eine Beratung der mit dem Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen aufgestellten Forderungen im Rahmen der Föderalismuskommission II scheidet daher schon aus terminlichen Gründen aus.

Darüber hinaus bestand unter den Kommissionsmitgliedern bereits im Beratungsverlauf Einigkeit darin, dass der bundesstaatliche Finanzausgleich inklusive Solidarpakt II, der erst 2005 neu geregelt wurde – das haben Sie ja gemacht –, nicht infrage gestellt werden sollte. Insofern sollten Sie sich mit Ihrer Bundesebene ein bisschen abstimmen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wir haben uns mit unserer Bundesebene verständigt!)

Die Abrechnung der Einheitslasten in NordrheinWestfalen ist Ihre vierte Forderung. Die finanziellen Folgen der deutschen Einheit sind als gesamtstaatliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam zu tragen. Insoweit besteht dem Grunde nach Konsens zwischen Land und Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Unterschiedliche Auffassungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es lediglich hinsichtlich der Höhe der Beteiligung.

Land und kommunale Spitzenverbände sind deswegen in Gesprächen. Herr Becker von der SPD hat hier Herrn Professor Junkernheinrich zitiert. Ich kann genauso gut Herrn Professor Lenk zitieren. Ich

nehme an, Sie schauen sich beide Gutachten an. Natürlich ist das Thema „notleidende Kommunen“ ein Thema, das uns ewig beherrschen wird. Über das notleidende Land wird von der Opposition ein bisschen weniger gesprochen; ab und zu beklagen Sie dies bei Haushaltsberatungen.