Ist Ihnen bekannt, wie die Menschen in Bayern auf diesen absoluten Nichtraucherschutz reagiert haben?
Die Nichtraucherinnen und Nichtraucher in Bayern haben sehr positiv darauf reagiert. Wenn Sie sich ein bisschen im Internet in Chaträumen umsehen würden, wüssten Sie um die große Begeisterung dafür. Es gibt vor allen Dingen sehr viele Elterninitiativen, die das in höchstem Maße begrüßen und sehr stark unterstützen.
Wenn Sie sich die zahlreichen Zuschriften ansehen, die wir im Landtag bekommen – wahrscheinlich löschen Sie sie, bevor Sie sie gelesen haben –, so stammen sie von Menschen, die sich in NordrheinWestfalen eine konsequente Nichtraucherschutzpolitik wünschen und sich von Ihnen nicht vertreten sehen.
Ich möchte noch mal erläutern – Kollege Romberg und Sie scheinen es nach wie vor überhaupt nicht verstanden zu haben –, was das Interesse der Menschen ist und warum es überhaupt nichts mit dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu tun hat.
Ich habe es schon mal erklärt: Sie dürfen in keiner Kneipe dem Kollegen oder der Kollegin, der/die neben Ihnen an der Theke steht, Ihren Schnaps in seine/ihre Cola oder ein anderes Getränk schütten. Aber Sie dürfen anderen den Qualm, dieses Gift, das sehr gesundheitsschädlich ist, ins Gesicht blasen. – Das kann nicht sein. Jeder Mensch kann selbstbestimmt rauchen, wenn er andere damit nicht gefährdet. Aber in Nordrhein-Westfalen sind die Menschen nicht geschützt, und wir haben einen der größten Flickenteppiche – um das noch mal zu sagen.
Es kommt nicht von ungefähr, dass Kollege Henke heute nicht hier im Raum sitzt: Er hat sich mehrfach auf die Diskussion eingelassen und gerade aktiv auch mit der Bundesärztekammer noch einmal ei
nen Beschluss gefasst, in dem die Länder ganz klar aufgefordert sind, mit diesem Flickenteppich endlich Schluss zu machen, weil es aus gesundheitspolitischer Sicht notwendig ist, endlich ein umfassendes Nichtraucherschutzgesetz auf den Tisch zu legen.
Das haben Sie nicht getan. Der neue Gesetzentwurf verschärft die Situation noch mal. Wir haben die 75m2-Kneipe ohne Nebenraum als Ausnahme. Wir haben die Nebenraumkneipe, die sozusagen den Zweitraum zur Verfügung stellt. Wir haben die Brauchtumsveranstaltung. Wir haben die Festzelte. Wir haben die Lex Schalke. Und wir haben noch die Raucherclubs. Sie haben sich nicht mal darauf verständigen können, den Irrsinn der Nichtraucherclubs aus dem Gesetz herauszunehmen, der wahnsinnige Blüten treibt.
Raucherclubs, die Nichtraucher nicht schützenden Clubs. – Sie haben es nicht mal geschafft, diesen Wahnsinn aus dem Gesetz herauszunehmen, obwohl es mittlerweile Bäckereien, Stehcafes – alles Mögliche – gibt, die Raucherclubs sind. Nach aktuellen Zeitungsberichten versuchen Menschen in einzelnen Kommunen verzweifelt, tatsächlich eine Kneipe zu finden, in der man ohne Qualm gemütlich mal was trinken kann. Die scheinen nicht mehr zu existieren. Mit dem Gesetz, das Sie jetzt auf den Tisch legen, wird es sie auch in Zukunft nie wieder geben können, sondern es wird zu einem weiteren Ausufern dieser Raucherkneipen kommen.
Frau Abgeordnete Steffens, der Abgeordnete Dr. Romberg würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Liebe Frau Kollegin Steffens, vielleicht erklären Sie den Kollegen hier noch mal, weshalb in der rot-grünen Regierungszeit über zehn Jahre dieses Zublasen mit Qualm – hochgiftig und löst bei jedem gleich Lungenkrebs aus – erlaubt worden ist, ohne einen Gesetzentwurf einzubringen, und warum gerade eine ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Chefin der Raucherlobby geworden ist.
Wir können gerne darüber reden, was ehemalige Abgeordnete in ihrem Leben tun, welche FDP-Abgeordneten was wo wie machen, sowohl im Amt als auch nach der Ab
Das sind Argumente, mit denen versucht wird, einzelne Beispiele herauszugreifen – subtil und unter der Gürtellinie. Das können wir an anderer Stelle gerne noch mal machen.
Aber Sie haben die Frage gestellt, warum es RotGrün nicht früher gemacht hat. – Ich könnte jetzt zurückfragen, warum Sie es unter der sozialliberalen Regierung nicht angepackt haben. Sie waren in Nordrhein-Westfalen ja auch schon mal in der Regierung und haben es ebenfalls nicht gemacht.
Wenn Sie darüber nachdenken, wird Ihnen die Logik vielleicht sagen, woran das liegt. Schauen wir uns doch mal die Geschichte des Brauchtums Rauchen, des Genussrauchens an!
Über Jahre hinweg ist diskutiert worden, ob Rauchen gesundheitsschädlich ist oder nicht. Es gab dann die ersten Studien. Irgendwann kam die Debatte darüber, ob man die Zigarettenschachteln mit einem Aufdruck versehen sollte. Irgendwann wurde darüber beraten, was man wie einschränken kann.
Auf Bundesebene gab es damals schon viele, die laut geschrien haben: Man kann das nicht verbieten, sondern muss zuerst auf freiwillige Vereinbarungen setzen. Dieser Weg ist damals beschritten worden. Ich hätte lieber schon früher konsequentere Lösungen gehabt. Das wissen Sie auch; das habe ich schon an anderer Stelle in die Diskussion eingebracht.
Melden Sie sich doch, wenn Sie etwas sagen wollen, aber brüllen Sie doch nicht immer wie so ein Kind dazwischen!
Dadurch ist in der Gesellschaft langsam das Bewusstsein entstanden: Rauchen ist so schädlich, dass man gesetzliche Regularien braucht.
Deswegen haben wir als Erstes zu Beginn dieser Legislaturperiode einen Vorschlag für den Landtag eingebracht. Wir haben angeregt, dass zumindest der Landtag schon mal rauchfrei wird, um anschließend mit weiteren Initiativen voranzugehen. Aber als Koalitionsfraktionen in Nordrhein-Westfalen, dem letzten Bundesland ohne ausreichende Regelung, eine Gesetzesinitiative einzubringen und, um von den eigenen Defiziten abzulenken, nach hinten
zu zeigen und zu fragen: „Warum habt ihr das nicht schon vor hundert Jahren gemacht?“, zeigt, wie lächerlich Ihre Argumentation ist.
Stellen Sie sich der Verantwortung, die Sie jetzt haben! Erklären Sie den Menschen im Land, die in Ruhe irgendwo essen und trinken wollen, ohne zugequalmt zu werden, erklären Sie den Kellnerinnen in diesem Land, die auch schwanger arbeiten wollen, warum Sie sie nicht schützen, sondern sagen – wie war das noch eben, Herr Romberg? –: „Lieber Lungenkrebs statt arbeitslos!“ – Das können Sie den Menschen nicht erklären.
Ich finde es verantwortungslos, dass Sie sich trauen, mit einem solchen Gesetz in dieses Land hinauszugehen. Wenigstens hätte ich mir gewünscht, dass Sie an anderer Stelle Einschränkungen vornehmen. Wenn Sie schon keinen ausnahmslosen Nichtraucherschutz wollen, wie es vom Bundesverfassungsgericht ja auch vorgeschlagen worden ist, hätten Sie zumindest Einschränkungen an anderer Stelle vorsehen müssen.
Den Mumm dazu haben Sie nicht, und zwar deshalb nicht, weil Sie wieder der Raucherlobby nachlaufen und weil Sie als CDU-Fraktion am Gängelband der FDP geführt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Meurer das Wort. Bitte schön, Frau Meurer.
Vielen Dank. – Ich möchte noch etwas zitieren. Frau Kollegin Steffens hat mich auf diese Idee gebracht. Offensichtlich lesen Sie die Zuschriften tatsächlich nicht. Ich habe hier eine Zuschrift von der Nichtraucherinitiative Deutschland vom 1. Dezember 2008, die allen Abgeordneten zugesandt worden ist. Darin steht zum Beispiel:
Im ersten Halbjahr 2008 musste das Gaststättengewerbe in NRW, in dem der Nichtraucherschutz erst am 1. Juli 2008 in Kraft getreten ist, minus 4,9 % in der getränkegeprägten und minus 5,5 % in der speisegeprägten Gastronomie hinnehmen.
Der Umsatz des Gaststättengewerbes ist in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern nach Einführung der Gesetze zum Schutz vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens deutlich
Eindeutigkeit in der Gesetzgebung, eine klare Regelung, sorgt also dafür, dass der Umsatz auch steigen kann. Das haben die Nachbarländer Irland usw. alles auch schon erfahren.
Wir bekommen auch noch andere Zuschriften. Lassen Sie mich nur wenige Sätze aus einer Schilderung unter der Überschrift „Eine Reise durchs Ruhrgebiet am Wochenende“ zitieren:
Ein Freitagabend, der mich ins Café Dax führt. Das über 75 m2 große Café, in dem auch zubereitete Speisen verkauft werden, hat mittlerweile wieder auf alle Tische Aschenbecher gestellt. Die Luft: unerträglich. Von dort aus geht es weiter …
Darin wird ein ganzes Wochenende im Ruhrgebiet beschrieben und festgestellt, dass immer wieder gegen das Nichtraucherschutzgesetz verstoßen wird.
Wenn Sie glauben, mit dieser gesetzlichen Regelung, die wir heute beraten, werde das anders werden, glauben Sie ein bisschen zu viel, denke ich.