Protocol of the Session on March 18, 2009

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dabei trifft es gerade nicht zu, dass den Beamtinnen und Beamten ein Sonderopfer bei der Umsetzung der tarifvertraglichen Vereinbarung von Potsdam zugemutet werden soll. Richtig ist vielmehr, dass die Regelungen des Tarifvertrages 1:1, wie wir es immer gesagt haben, auf die Beamtinnen und Beamten übertragen werden sollen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie können nicht rechnen, Herr Kollege!)

So wird es eine lineare Tariferhöhung in Höhe von 3 % ab dem 1. März 2009 und von weiteren 1,2 % ab dem 1. März 2010 geben. Darüber hinaus ist für die Tarifbeschäftigten vereinbart worden, dass eine Einmalzahlung in Höhe von 40 € – jeweils 20 € für die Monate Januar und Februar 2009 – sowie ein einheitlicher monatlicher Sockelbetrag in Höhe von 40 € gezahlt werden. Untrennbar hiermit ist aber verbunden, dass die Tarifvertragsparteien vereinbart haben, dass das bisher gewährte Leistungsentgelt für die Tarifbeschäftigten rückwirkend zum 1. Januar 2009 entfällt. Bezeichnenderweise ist dieser wesentliche Punkt der tarifvertraglichen Einigung im Eilantrag der SPD-Fraktion noch nicht einmal erwähnt. Das, meine Damen und Herren, spricht für sich.

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn man nämlich nur mit Halbwahrheiten agiert, werden falsche Schlussfolgerungen gezogen.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da das bisher gewährte Leistungsentgelt pro Mitarbeiter und Monat 20 € betragen hat, die Abschaffung des Leistungsentgelts aber rückwirkend zum 1. Januar 2009 erfolgt, wird es im Bereich der Tarifbeschäftigten mit der Einmalzahlung für die Monate Januar und Februar, zusammen 40 €, und dem hälftigen Sockelbetrag verrechnet. Damit erhalten die Tarifbeschäftigten – das ist das Entscheidende – de facto einen Sockelbetrag in Höhe von 20 € mehr. Genau dies werden wir für die Beamtinnen und Beamten 1:1 umsetzen.

Damit, meine Damen und Herren, erreichen wir die Gleichbehandlung von Tarifbeschäftigten und Beamten genau so, wie wir, der Ministerpräsident, der Finanzminister und auch die Vertreter der Koalitionsfraktionen, es stets betont haben. Selbstverständlich setzen wir, ebenfalls wie bereits zugesagt, die Übertragung des Ergebnisses auch in zeitlicher Hinsicht 1:1 um; das heißt, es gibt keine Verzögerung.

Meine Damen und Herren, die Opposition versucht offenbar, den materiellen messbaren Wegfall des Leistungsentgelts für die Tarifbeschäftigten bei der Übertragung des Ergebnisses auf die Beamten und Versorgungsempfänger auszublenden. Hier liegt entweder ein ebenso billiges wie durchschaubares Täuschungsmanöver der Öffentlichkeit und des Beamtentums vor, oder aber die Opposition beherrscht nicht die Grundrechenarten, was angesichts der Erfahrungen im Haushalts- und Finanzausschuss nicht verwunderlich wäre. Es ist halt wie im richtigen Leben: Man kann sich nicht nur die Rosinen herauspicken, sondern muss das Gesamte sehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich vertraue darauf, dass die Beamtinnen und Beamten in Nordrhein-Westfalen klug genug sind, nicht auf die Polemik der Opposition und einiger Gewerkschaften, die wohl mit dem Tarifabschluss im Nachhinein nicht ganz zufrieden sind, hereinzufallen.

Herr Kollege Möbius, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Schmeltzer von der SPD?

Nein, ich rede weiter. Ich stehe kurz vor dem Abschluss, Herr Schmeltzer.

(Demonstrativer Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Nein? Das ist wohl zu ris- kant?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen zu unserem Wort und werden es halten, auch wenn dies der Opposition erkennbar nicht passt und sie dagegen agitiert. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Möbius. – Für die FDP-Fraktion hat Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns sehr wohl darüber bewusst, dass den Beamtinnen und Beamten im Land Nordrhein-Westfalen bereits seit vielen Jahren teilweise enorme Opfer zur Haushaltskonsolidierung abverlangt worden sind.

An dieser Stelle möchte ich ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige nennen: die Verschiebung der Besoldungsanpassung 1993 und 1994, die Nullrunde 1996, die Verschiebung der Anpassung der Bezüge im Jahre 1997 um zwei bzw. sechs Monate für die höheren Besoldungsgruppen, die Kürzung der Anrechnungszeiten für eine vor der Ernennung zum Beamten absolvierte Hochschul- oder Fachschulausbildung, die Streckung der Dienstalterstufen, die jährliche Minderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassung um 0,2 % durch das Versorgungsreformgesetz zum Aufbau der Versorgungsrücklage, die Verschiebung der Besoldungsanpassung im Jahr 1999 um zwei bzw. neun Monate für die höheren Besoldungsgruppen, die Verschiebung der Besoldungserhöhung in den Jahren 2000 und 2001 mit der Folge, dass Beamte oberhalb der Besoldungsstufe A 11 – für die Stufen darunter gab es eine Ausnahmeregelung in Form einer Einmalzahlung im Jahr 2000 in Höhe von 400 DM – de facto keine Anpassung der Bezüge hatten, die Absenkung des Versorgungsniveaus von 75 % der letzten ruhegehaltfähigen Dienstbezüge auf 71,75 %, die Reduzierung des Niveaus der Sonderzuwendung auf 30 % und Wegfall des Urlaubsgeldes. Es gab lediglich eine Einmalzahlung, aber keine lineare Erhöhung im Jahr 2007 und eine sechsmonatige Verschiebung der Anpassung von 2,9 % im Jahr 2008.

Meine Damen und Herren, den Unmut über diese zahlreichen Kürzungen kann die FDP-Fraktion sehr gut nachvollziehen. Auch nach der im Vergleich zu den Tarifbeschäftigten verzögerten Besoldungserhöhung im vergangenen Jahr haben sowohl der Ministerpräsident als auch der Finanzminister, die Landesregierung insgesamt und die sie tragenden Fraktionen des Parlaments zugesagt, den diesjährigen Tarifabschluss der Beschäftigten der Länder in Nordrhein-Westfalen 1:1, also zeit- und inhaltsgleich, auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen. Die Beamten sollen nicht schlechter gestellt werden als die Tarifbeschäftigten.

Vor diesem Hintergrund hat der Finanzminister den jetzt von Ihnen kritisierten Vorschlag zur Umsetzung unterbreitet. Meine Damen und Herren, wir streiten uns jetzt darüber, wie der Wegfall des bei den Tarifbeschäftigten bisher vorgesehenen Leistungsent

gelts auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen ist bzw. auszulegen ist. Transparenz und Vergleichbarkeit der Anpassung sind dadurch erschwert.

Aus meiner Sicht ist es deshalb ganz sicherlich bedauerlich – aber so ist es zwischen den Tarifpartnern verabredet worden –, dass die Streichung des Leistungsentgelts in Höhe von 1 %, also 20 € pro Monat, ab dem kompletten Jahr 2009 vorgesehen ist. Stattdessen soll im Tarifabschluss nun ein weiterer Sockelbetrag von 20 € monatlich ausgezahlt werden – korrekterweise auch als Nachzahlung für die Monate Januar und Februar.

Ich sehe an dieser Stelle noch keinen Anhaltspunkt dafür, daran zu zweifeln, dass es sich im Ergebnis beim Vorschlag der Landesregierung um ein Nullsummenspiel, also um eine inhaltsgleiche, ergebnisgleiche Anpassung auf die Beamtinnen und Beamten, handelt. Jedenfalls hat es der Finanzminister so dargestellt. Wir werden den Gesetzentwurf demnächst in einem ordentlichen parlamentarische Beratungsverfahren diskutieren.

Ich will ausdrücklich sagen, dass ich angesichts der nach wie vor als kritisch zu bezeichnenden Haushaltssituation des Landes Nordrhein-Westfalen und insbesondere mit Blick auf die Perspektiven, die wir aufgrund der jetzigen Finanz- und Wirtschaftssituation für die öffentlichen Haushalte absehen können und müssen, sehr froh bin, dass wir die linearen Steigerungen von 3 % zum 1. März 2009 und um 1,2 % zum 1. März 2010, wie zugesagt, zeit- und inhaltsgleich auch auf die Beamtinnen und Beamten übertragen wollen und können.

Wir haben – das ist jedenfalls für mich zum jetzigen Zeitpunkt erkennbar – eine materielle Gleichbehandlung der Beamtinnen und Beamten mit den Tarifbeschäftigten. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir den Beamtinnen und Beamten in unserem Land, die eine hervorragende Arbeit für uns alle und für unser Gemeinwesen leisten, angesichts der eingangs skizzierten besonderen Belastungen tatsächlich mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen können. Ich denke, wir werden uns sicherlich bei Erstarken der Konjunktur mit dieser Fragestellung auseinandersetzen müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Groth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was sich hier abzeichnet – das ist bei dieser Landesregierung und dieser Koalition nicht neu –, ist eine Glaubwürdigkeitskrise.

(Ralf Witzel [FDP]: Quatsch! – Zuruf von An- gela Freimuth [FDP])

Sie steuern bei dieser Frage auf einen neuen Höhepunkt zu: Sie versuchen, mit Wortklauberei so zu tun, als ob Sie ein Versprechen, das Sie im Übrigen unter Druck gegeben haben, jetzt tatsächlich einhalten würden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber gegeben ha- ben!)

Sie mussten es auch geben und konnten gar nicht mehr anders, weil Sie schon vorher sehr lange unter Druck gestanden haben und sagen mussten: Ja, aber dann und dann werden wir …

(Frank Sichau [SPD]: In Zukunft!)

In Zukunft, ganz genau.

Was haben die Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion und wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht immer mit dem Kopf geschüttelt, wenn wir zusammen auf Podien saßen und gesagt haben: Das glaubt euch doch schon heute keiner mehr. – Genau das machen Sie jetzt. Sie fahren in der Geschichte der gebrochenen Versprechen fort.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie versuchen, mit Winkelzügen Ihre vollmundigen Versprechen vergessen zu machen.

(Widerspruch von der CDU)

Sie machen jedenfalls nicht nominell, was Sie versprochen haben, und setzen eben nicht 1:1 um.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Die Beamten haben diese Zulage nie bekommen. Für die Angestellten hat sich diese Zulage faktisch nicht oder zumindest kostenneutral ausgewirkt. Sie war jedenfalls kein faktischer Bestandteil des Tariflohns.

(Rudolf Henke [CDU]: Das stimmt doch über- haupt nicht!)

Deshalb ist die Streichung im Tarifbereich auch kein realer Verzicht für die Angestellten des öffentlichen Dienstes,

(Christian Möbius [CDU]: Was?)

sondern nur der Verzicht auf eine Option, die gegeben worden ist. Auch in kaufmännischer Hinsicht ist diese Einpreisung nicht in Ordnung. Was Sie jetzt versuchen, ist ein Winkelzug.

(Helmut Stahl [CDU]: Er versteht es nicht!)

Jetzt aber bei den Beamten den Abzug einer Zulage herbeizureden, die nie gezahlt worden ist, schlägt dem Fass aus meiner Sicht den Boden aus.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die E-Mails dazu sprechen ihre eigene Sprache. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten und will den Absender nicht namentlich nennen – sie sind im Duktus alle ähnlich –: Schluss mit dem Beamtenbetrug. – Ja, meine Damen und Herren, Schluss mit dem Beamtenbetrug. Es reicht endlich mal.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was haben Sie nicht schon vor der Wahl alles versprochen. Sie haben vor der Tür gestanden, als 50.000 Beamte bei zurückgehenden Steuereinnahmen gegen Kürzungen von Rot-Grün demonstriert haben.