Meine Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen, hat einen Gesetzentwurf eingebracht, um auf Ebene der Gemeinden die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen des politischen Engagements von Migrantinnen und Migranten zu verbessern.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Man erreicht dieses Ziel am besten durch das kommunale Wahlrecht für alle Migrantinnen und Migranten, die dauerhaft hier leben. Das, meine Damen und Herren, wäre die optimale Lösung.
Wir wissen aber, dass die CDU nicht aus ihren ideologischen Schützengräben herauskommt und außer den EU-Ausländern und den EU-Ausländerinnen dieses Wahlrecht Zugewanderten ohne deutschen Pass nicht zugestehen will. Das bedauern wir sehr.
Um überhaupt die Teilhabe von Migrantinnen und Migranten zu ermöglichen, gibt es in NordrheinWestfalen die Ausländerbeiräte als demokratische legitimierte politische Interessenvertretungen. Wir alle wissen, dass 15 Jahre nach Einführung dieser Ausländerbeiräte ein dringender Reformbedarf be
steht. Diese Reform wird auch von der LAGA, der Vertretung der kommunalen Ausländerbeiräte, ausdrücklich gewünscht.
Meine Damen und Herren, worin besteht dieser Reformbedarf? Er besteht darin, dass das oft festgestellte Nebeneinander der Stadträte und Ausländerbeiräte beendet und durch eine formale Änderung das Miteinander sowie der Austausch mit der Kommunalpolitik gewährleistet und optimiert werden soll. Das bedeutet eine klare Aufwertung und Verstärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Migrantinnen und Migranten.
Dies wollen wir dadurch erreichen, dass ein Gremium geschaffen wird, in dem sowohl die gewählten Vertreter von Migrantinnen und Migranten als auch Ratsmitglieder sitzen. Je nachdem, welche der beiden Gruppen die Mehrheit bildet, kann es entweder ein Ausschuss oder ein Beirat sein. Das soll dann vor Ort entschieden werden. Diese Freiheit wollen wir den örtlichen Ebenen geben.
Wir wollen, dass auch Eingebürgerte das aktive Wahlrecht bekommen; das passive haben sie bereits. Denn viele Eingebürgerte haben zuwanderungsbedingte Probleme, Anliegen oder Interessen, die besser in der Interessenvertretung von Migrantinnen und Migranten aufgehoben sind, um darüber in die Kommunalverwaltung hineingetragen zu werden.
Wir wollen, dass die Städte einen Integrationsrat oder -ausschuss bilden, der nicht mehr nach der Zahl der Ausländer, sondern nach der Größe der Gemeinde bestimmt wird. Über diesen Punkt treten wir gern in eine Diskussion ein, wenn es jemanden gibt, der dagegen ernsthafte Argumente vorbringen kann.
Darüber hinaus wollen wir die Wahlmodalitäten weitgehend an die der Kommunalwahlen anpassen. Das betrifft zum Beispiel die Möglichkeit der Briefwahl, aber auch den gleichzeitigen Wahltermin mit den Kommunalwahlen.
Nun zur Genese unseres Gesetzentwurfs, der seit einigen Monaten in den Schubladen meiner Fraktion und in ähnlicher Art vielleicht in anderen Schubladen liegt. Aber dort, meine Damen und Herren, gehört er nicht hin. Wir wollen doch in diesem Hause alle – letztlich hat das auch die Landesregierung erklärt – die Ausländerbeiräte abschaffen und durch die langjährig erprobten Integrationsräte oder -ausschüsse ersetzen.
Entsprechend war die Reform des § 27 Gemeindeordnung von der Landesregierung für 2008 bereits angekündigt, um rechtzeitig vor den Kommunal- und Integrationsratswahlen Rechtsklarheit zu schaffen und diese Wahl zu ermöglichen. Im April 2008 gab es eine Verständigung zwischen dem Innenmi
nisterium, dem Integrationsministerium, der LAGA NRW und den kommunalen Spitzenverbänden. Man hat sich auf Eckpunkte des neuen Gesetzes geeinigt. Seit August – so haben wir gehört – gibt es einen Arbeitsentwurf zur Novellierung des Gesetzes. Und nun, meine Damen und Herren, fragen wir uns, fragen sich die Migrantinnen und Migranten, fragt sich die LAGA, fragt sich die ganze Opposition im Lande: Wann kommt er nun endlich?
Die Landesregierung hat bis heute nichts vorgelegt, obwohl es weitestgehende Einigkeit zwischen allen über die Inhalte gibt. Es gibt keine ernst zu nehmenden Interessenskollisionen.
In der Plenarsitzung des Landtags im Dezember haben wir Sie mit einem Antrag aufgefordert, nun endlich selbst den Gesetzentwurf vorzulegen. Dem hätten Sie damals eigentlich schon zustimmen können. Wir haben uns mit unserem Gesetzentwurf noch etwas zurückgehalten, weil wir wissen, dass Sie alles, was von der Opposition und von uns Grünen kommt, ablehnen. Wir hatten gehofft, dass sich CDU und FDP bis zum Januarplenum doch noch einigen würden. Aber wie wir sehen, wurden unsere Hoffnungen und die Hoffnungen der Migrantinnen und Migranten enttäuscht, meine Damen und Herren.
Was folgt daraus? Wir müssen feststellen: Die Regierungskoalition ist offensichtlich handlungsunfähig und blockiert sich selbst, obwohl es – das wiederhole ich – keine gravierenden inhaltlichen Differenzen gibt.
Warum kommt da nichts? Unsere Deutung ist: Weil vor allem die FDP eine parteipolitische Nummer abzieht und die eigene Profilierung einer Problemlösung vorzieht. Das ist nicht anders zu interpretieren.
Derjenige, der eigentlich im Herbst 2008, aber spätestens heute den Gesetzentwurf zur Novellierung der Gemeindeordnung hätte einbringen müssen, ist der Innenminister Wolf. Auch wenn er zu den Ministern mit der schlechtesten Amtsführung im letzten Jahr gehört hat,
(Beifall von den GRÜNEN – Holger El- lerbrock [FDP]: Wer? – Zuruf von den GRÜ- NEN: Herr Wolf! – Weitere Zurufe)
hätte er doch in der Lage sein müssen, die Änderung eines einzigen Paragrafen der Gemeindeordnung über die Bühne zu bringen.
Nein, meine Damen und Herren, es geht hierbei offenbar um Parteipolitik. Es geht wohl darum – anders kann man das nicht interpretieren –, dem migrationspolitischen Strahlemann der Koalition, der
leider heute nicht anwesend ist – ich bedauere das sehr –, Minister Laschet, und damit der CDU keinen Erfolg zu gönnen.
Wir sehen: Es kracht an allen Ecken und Enden in der Koalition. Das Ergebnis ist Stillstand. Dass Sie sich ausgerechnet das Feld der Migrationspolitik für Ihr parteipolitisches Hickhack ausgesucht haben, hat die besondere Tragik, dass Sie damit auch noch die gemeinsame Integrationsoffensive des Landes gefährden.
Herr Lindner, wir Grüne sind weiter bereit, den Parteienkonsens hier im Landtag in der Integrationspolitik weiterzuführen. Wir stehen weiterhin für diesen Konsens zur Verfügung.
Ich muss Ihnen jedoch sagen: Wir stehen einigermaßen fassungslos vor dem Schauspiel, das sich FDP und CDU in dieser wichtigen Frage liefern.
(Christian Lindner [FDP]: Haben Sie denn ei- nen einzigen Beleg dafür? – Zurufe von den GRÜNEN – Gegenrufe von der FDP)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen, das Wort hat überwiegend Frau Kollegin Asch, auch wenn ihre Redezeit abgelaufen ist.
Ich würde meine Rede auch gerne mit zwei Sätzen abschließen: Es wäre wirklich besser – da kann ich nur an Sie appellieren –, wenn wir uns wieder gemeinsam an einen Tisch setzen und im Sinne der Integration zugewanderter Menschen in diesem Landtag wieder an einem Strang ziehen würden.
Ich kann Ihnen sagen, wir als Grüne sind dazu bereit. Sie hätten heute die Möglichkeit, diesen gemeinsamen Weg mit uns weiterzugehen. Stimmen Sie dem gemeinsamen Anliegen, der Änderung der Gemeindeordnung im Sinne unseres Gesetzentwurfs, zu! – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Ich weise noch einmal darauf hin, dass, wenn ich auf das Ende der Redezeit auf
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Asch, es tut mir schrecklich leid, aber mit Ihrer letzten Ausfallenden Bemerkung gegen den Innenminister und auch mit den Angriffen gegen die FDP-Fraktion lassen Sie erhebliche Zweifel an Ihrem Beitrag aufkommen.
Wenn Ihnen an einer gemeinsamen Lösung gelegen wäre, hätten Sie sich das aus parteitaktischen Gründen ein wenig verkneifen können.