Protocol of the Session on January 28, 2009

Einzelplan 14 Ministerium für Bauen und Verkehr

Dieser Einzelplan umfasst die Teilbereiche „Städtebau und Wohnen“ und „Verkehr“.

Ich weise darauf hin, dass hierzu die Beschlussempfehlung Drucksache 14/8014 vorliegt. Außerdem gibt es Änderungsanträge der SPD und der Grünen.

Wir beginnen mit dem

Teilbereich Städtebau und Wohnen

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Kollegin Ruff-Händelkes von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen geben immer Anlass, ein bisschen Abstand

vom aktuellen tagespolitischen Geschäft zu nehmen. Man tritt einfach ein paar Schritte zurück, um sich einen Gesamteindruck zu verschaffen – von dem, was passiert ist, und vor allen Dingen von dem, was noch passieren wird. Das versuche ich heute Abend zu später Stunde einmal.

In diesem Zusammenhang ist eines für uns ganz wichtig: Im Bereich Wohnungsbau hat Herr Minister Wittke sich einiges geleistet. Er hat sich nämlich etwas geleistet, was eigentlich nur von der Koalition von FDP und CDU begrüßt werden kann. Darauf komme ich später zurück.

Herr Minister, das Wichtigste, was im letzten Jahr passiert ist, ist aber, dass die LEG 2008 an Whitehall verkauft wurde. Noch einmal zur Erinnerung: Wir sprechen hier von Fonds der großen Investmentbank Goldman Sachs. 93.000 Wohnungen sind seit dem Verkauf dem Verantwortungsbereich der Landesregierung entzogen worden.

Die festgelegte Sozialcharta zeigt ihre ersten Lücken, und zwar auf Kosten der Mieterinnen und Mieter. Vor der Übergabe wurden noch schnell Mieterhöhungen vorgenommen, von denen der neue Eigentümer dann natürlich profitieren kann. Noch einmal zur Erinnerung, falls viele der Kolleginnen und Kollegen der FDP und CDU das vergessen haben: Dort leben fast ausschließlich Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen.

Herr Wittke, die Politik Ihres Ministeriums enttarnt damit vor allem den schauspielernden Ministerpräsidenten. Ich bezeichne ihn jetzt einmal als Schauspieler mit einer sozialen Aura; denn mehr ist es nicht. Er lässt zu, dass die Landeswohnungsbaupolitik geschwächt wird. Er lässt zu, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der LEG nicht im Wohnungsbau verbleiben, sondern bei Minister Pinkwart oder – was noch weitaus schlimmer ist – in irgendwelchen Schattenhaushalten landen.

Man könnte ja annehmen, dass Ihr Engagement an anderer Stelle Früchte trägt. Wenn wir den Haushalt anschauen, sehen wir aber Folgendes: Als Gegenleistung haben Sie und Ihr Ministerium für den Verkauf der landeseigenen Wohnungen – wir haben es ganz genau nachgerechnet – nichts, aber auch absolut gar nichts bekommen.

Nun zur eigentlichen Wohnungsbauförderungspolitik des Landes: Ja, es ist ein leichter Zuwachs des Wohnungsbaus zu erkennen. Das gebe ich auch zu. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man einmal ganz genau hinschaut, stellt man allerdings fest, dass das vor allem an Mitteln liegt, die hälftig vom Bund kommen.

Was ist aber mit der aktuell wichtigsten Aufgabe, den Rückgang des Bestandes an bezahlbaren Sozialwohnungen aufzuhalten und vor allen Dingen bezahlbare Wohnungen altengerecht und energetisch zu sanieren? Richtig, die Förderprogramme für die Bestandspflege werden besser nachgefragt; das

haben wir festgestellt. Der Bedarf ist aber wesentlich höher als die von Ihnen veranschlagten Summen.

Dies war vorauszusehen. Nicht nur wir haben das vorausgesehen, sondern auch – was für Sie viel wichtiger sein sollte – die Fachleute und vor allen Dingen die kommunalen Vertreter. Sie haben immer wieder darauf hingewiesen. Auch Sie, Herr Kollege Sahnen – vielleicht darf ich Sie kurz zitieren –, haben schon Ende 2007 deutlich gemacht, dass 2050 ein Drittel aller Einwohner NRWs über 65 Jahre alt sein werden.

So weit möchte ich heute aber nicht in die Zukunft schauen; denn jetzt und in den nächsten Jahren müssen wir uns den Aufgaben stellen. Noch einmal zur Verdeutlichung: 70 % der Wohnungsbestände müssen saniert werden. Dazu sind 7 Milliarden € nötig. Wir müssen also eine Menge Geld aufbringen. Das haben uns die Fachleute mitgeteilt.

Wir haben dazu einen Antrag vorgelegt, der morgen auf der Tagesordnung steht; denn es ist wichtig, noch einmal darzulegen, warum wir das Geld brauchen und für wen wir das Geld brauchen.

Diese Herausforderungen des sozialen Wohnungsbaus sind unserer Landesregierung bekannt; das wissen wir. Dass Experten den Bauminister in der letzten Zeit nachdrücklich auf den Handlungsstau und Handlungsdruck hingewiesen haben, wissen wir auch. Um es noch etwas deutlicher zu sagen: Bei der letzten Anhörung zum Wohnungsbauförderungsgesetz gab es unter den Expertinnen und Experten niemand, der nicht darauf hingewiesen hat.

Am Anfang meiner Zeit in diesem Parlament habe ich gedacht, dass Anhörungen einen Eindruck machen. Wie auch andere aus meiner Fraktion wäre ich positiv überrascht, wenn es gerade dann, wenn es um ein Konjunkturpaket geht, letztendlich aufgrund einer Einsicht von Ihrer Seite doch noch dazu käme, dass die Fachleute wahrgenommen und vor allen Dingen ernst genommen werden.

Heute Nachmittag gegen 16:30 Uhr hatten wir eine Dringliche Anfrage. Es war dabei ganz besonders interessant, dass nicht Herr Minister Wittke sich genötigt sah, zum sozialen Wohnungsbau Stellung zu nehmen, sondern dass Finanzminister Linssen im Rahmen dieser Anfrage unaufgefordert verkündete, der soziale Wohnungsbau werde gesteigert.

(Beifall von Minister Oliver Wittke)

Ich freue mich über Ihren Applaus, Herr Minister; das ist ehrlich gemeint. – Und dies sagte er mit dem Zusatz: den Anforderungen entsprechend. Was aber mit der Vollintegration der Wohnungsbauförderungsanstalt in die NRW.BANK geschehen soll, dazu haben Sie, Herr Minister Wittke, nicht Stellung genommen. Sie sind der zuständige …

(Minister Dr. Helmut Linssen: Lassen Sie sich überraschen!)

Oh, wir lassen uns so gerne überraschen, wenn es gute Dinge sind. Noch einmal zum Verständnis: Das ist keine Überraschung. Was heißt Vollintegration? Vollintegration heißt – das wurde heute Nachmittag mehrmals gesagt –, es gibt keine politische Einflussnahme mehr auf die Wohnraumförderung. Das können Sie auch nicht leugnen, Herr Minister Linssen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Es gibt – das, Herr Minister Wittke, haben Sie heute Nachmittag mehrmals gesagt – viel eher eine mögliche oder gar wahrscheinliche Abschaffung der Zweckbindung des Landeswohnungsbauvermögens für Zwecke der Wohnraumförderung. Das Schlimme dabei ist, dass binnen kurzer Zeit – ich denke, es sind anderthalb oder zwei Jahre – die beiden wichtigsten und größten Instrumente des Landes in der Wohnungsbaupolitik einfach aus der Hand gegeben werden. Das ist für uns als SPD-Fraktion nicht hinnehmbar.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zusammenfassen: Mehr als eine halbe Milliarde € hat Minister Wittke der Wfa entzogen und dem Finanzminister zur Verfügung gestellt. 787 Millionen € bekommt Minister Pinkwart aus den Erlösen des LEG-Verkaufs. Die 18 Milliarden € Landeswohnungsbauvermögen gehen an die NRW.BANK, wenn Sie auch heute Nachmittag gesagt haben, die seien schon längst da. Aber das ist noch einmal etwas ganz anderes, meine Damen und Herren. Der Ausverkauf der Wohnungspolitik in NRW dürfte bald abgeschlossen sein.

Herr Minister Wittke, für die Wohnungspolitik des Landes tragen Sie – das sage ich jetzt schon seit drei Jahren – die Verantwortung. Ich denke einmal, dass Sie sie auch bis zum Jahre 2010 tragen. Aber es ist keine sozial verantwortliche und in die Zukunft weisende Politik. Die sieht nach unserer Meinung anders aus. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Antworten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ruff-Händelkes. – Jetzt hat für die CDUFraktion der Abgeordnete Schemmer das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir gerade die Rede von Frau Ruff-Händelkes angehört. Der Tagesordnungspunkt heißt eigentlich: Einzelplan 14 – Städtebau und Wohnen. Ich habe nur etwas zum LEG-Verkauf und zur Wfa gehört.

Wenn man die Frage von Städtebau und Wohnen auf LEG-Verkauf und Wfa reduziert und zehn Minuten braucht, um darüber einen Vortrag zu halten, dann hat man sich offensichtlich mit dem Haushalt selber überhaupt nicht beschäftigt.

(Petra Schneppe [SPD]: Das ist eine Unter- stellung!)

Das scheint so zu sein und ist auch in Ordnung. Sie haben sich ja früher auch nicht damit beschäftigt. Da ist nur das nachgesungen worden, was Ihnen damals Herr Vesper vorgesungen hat.

Zur Sache: Wir haben einen Haushalt, den wir im Ausschuss für Bauen und Verkehr am 29.10.2008 bereits beschlossen haben. Was noch wichtiger ist: Im Einzelplan 14 haben wir 4,5 % mehr an Finanzmitteln, um Dinge zu machen, die wirklich getan werden müssen. Selbst vor den Hintergründen der heraufziehenden Finanz- und Wirtschaftskrise sind meiner Meinung nach gute Ansätze gefunden, um Lösungen trotz der im Haushalt immer noch zu schulternden rot-grünen Erblasten zu finden. Wir haben ja nicht umsonst 5 Milliarden € an Zinsen und Tilgungen zu zahlen.

Um auf den Bereich Wohnen zu kommen: In der Wohnraumförderung haben wir 2005 die Spielregeln an die Bedürfnisse angepasst. Wir haben den Kreis der Förderberechtigten angehoben, die Einkommensgrenzen und die Darlehenshöhen geändert. Wir haben das Bestandsinvest geschaffen, das jetzt zu der tollen Abfrage geführt hat – wir freuen uns darüber –, die energetische Sanierung nachgearbeitet und an Barrierefreiheit einiges getan. Klimaschutz, Sanierung und Modernisierung waren unsere Überschriften. In der Sache Barrierefreiheit, Altersentwicklung haben wir auch einiges getan.

Dann hatten wir im Wohnungsbau 2005/2006 noch bis ins Jahr 2007 hinein erhebliche Vorzieheffekte wegen der weggefallenen Eigenheimpauschale. Bis dahin ist das Programm relativ gut gelaufen. Dann wurde es deutlich schlechter, auch natürlich durch die Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen im Mietwohnungsbau, die bundesseitig gekommen sind.

Im Jahre 2008 haben wir eine Änderung erlebt. Aus dem Programmvolumen von 840 Millionen € sind 950 Millionen geworden. Wir haben Wort gehalten, Minister Wittke hat Wort gehalten: Wir haben alle förderfähigen Anträge bewilligt.

(Dieter Hilser [SPD]: Was heißt denn „wir“?)

“Wir“ heißt: das Land Nordrhein-Westfalen. Worüber reden wir denn jetzt?

(Zuruf von der SPD)

Die Wfa, selbstverständlich, weil wir ordentlich mit dem Wfa-Vermögen umgehen und das nicht so machen, wie Sie das gemacht haben.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Ich komme gleich darauf zurück. – Noch drei Sätze, die sind auch sehr wichtig, wenn wir schon über den Haushalt reden.

Zur Frage Wohngeld: Aus 180 Millionen € in Sachen Wohngeld sind 275 Millionen € geworden, zur Hälfte vom Bund, aber zur anderen Hälfte auch vom Land. Dazu waren Sie gar nicht fähig. Wenn ich mir das im Weiteren angucke, auch unter Einbeziehung der Heizung: Die Wohngeldbezieher bekommen im Durchschnitt statt 100 € jetzt 140 €. Das ist Umverteilung von oben nach unten, wie Sie immer so schön sagen. Das ist nämlich die Verteilung dahin, dass die Schwächeren Geld erhalten.

Bei der Stadterneuerung stehen uns 121 Millionen € zur Verfügung, insbesondere auch dafür, um die Kofinanzierung des Bundes zu regeln. Ich denke, dass es auch wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass der Stadterneuerung 114 Millionen € zufließen. Das wäre sicherlich nicht möglich gewesen, wenn wir die Gewinne aus der Wohnungsbauförderung – jährlich 80 Millionen € – genommen hätten, um Bundeszuschüsse kozufinanzieren. Wir geben eben nicht EU- und Bundesmittel zurück, sondern wir sehen zu, dass es anders ist als früher, dass nämlich das Geld hier im Lande bleibt.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Wir geben eine Menge im Bereich Städtebau aus, wobei der Anteil, der in die energetische Sanierung geht, sehr hoch geworden ist. Ich denke, das ist auch gut so.