Protocol of the Session on January 16, 2009

Was den Rest angeht, lohnt es sich, auch noch einmal genauer hinzuschauen. Da sind pi mal Daumen 190 Millionen € an Bundesmitteln enthalten, die durchgeleitet werden. Zusätzlich sind es 850 Millionen €; das ist der Anteil, den NordrheinWestfalen am Konjunkturpaket I zu erbringen hat, und der Landesanteil an der Pendlerpauschale.

Nein, meine Damen und Herren, wir als SPD bleiben dabei: Beide in Berlin geschnürte Konjunkturpakete gehen in die richtige Richtung. Aber wir brauchen noch mehr. Wir brauchen eigene Impulse hier im Land. Es ist gut und richtig, dass Sie eine Ausweitung des Bürgschaftsrahmens ins Auge fassen, wobei mich die Größenordnung etwas überrascht hat. Ich habe nämlich einmal in der Regierungserklärung des Kollegen Wulff nachgelesen. Er hat dort in Niedersachsen schon 2,1 Milliarden € anvisiert.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Und er hat schon eine Regierungserklärung abgegeben!)

Ich glaube, da müssten wir über die Höhe hier auch noch einmal verstärkt nachdenken. Aber da sind wir offen für Diskussionen.

Nein, das reicht nicht aus. Wir brauchen in Nordrhein-Westfalen eigene Impulse. Wir brauchen auch ein eigenes Programm, um die Konjunktur zu unterstützen, so wie das in allen anderen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland im Moment diskutiert wird. Wir brauchen eigene Impulse obendrauf für den Standort Nordrhein-Westfalen!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Bisher gibt es dazu hier im Land Fehlanzeige. Wir haben unseren Vorschlag vor Weihnachten vorgelegt. Wir haben ihn „NRW-Pakt 2009“ genannt. Es handelt sich um rund 2,4 Milliarden € für Kinder und Bildung; dort ist das Geld gut investiert. Und das Ganze, ohne neue Schulden zu machen.

1,5 Milliarden € Förderung der sozialen Infrastruktur für Schulen, Kindergärten und – auch ganz wichtig – Sporteinrichtungen, Sportstätten; die darf man dabei nicht vergessen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

450 Millionen € sind für den Bereich U3 und Ganztag vorgesehen. Wenn Sie sich anschauen, was insbesondere im Bereich des Turboabiturs im Mo

ment an den Schulen los ist, in denen Ganztag praktiziert wird, ohne dass Ganztagsvoraussetzungen geschaffen worden sind, dann ist das schon schwierig. Hier müssen wir dringend reagieren, damit die Eltern und Kinder wieder Vertrauen in dieses Land fassen können.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

In unserem NRW-Pakt 2009 sind noch 450 Millionen € enthalten, die wir „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ genannt haben. Das Konjunkturpaket, meine Damen und Herren, ist gut für die Kommunen. Es ist richtig, dort speziell Geld hinzugeben. Aber die finanzschwachen Kommunen haben strukturelle Probleme. Hier dürfen wir nicht lockerlassen.

(Beifall von Horst Becker [GRÜNE])

Wir haben die Diskussion in Berlin beeinflusst, indem wir die Problematik der finanzschwachen Kommunen dorthin transportiert haben. Das hat Eingang in das Paket gefunden. Ich appelliere an Sie, Herr Ministerpräsident: Halten Sie Minister Wittke auf, der die Kommunen beschimpft und diffamiert! Das hilft uns nicht weiter. Dort geht es nicht um Schuld, sondern um strukturelle Probleme im Bereich der kommunalen Finanzierung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, ich sage Ihnen hier und heute noch einmal deutlich: Gehen Sie nicht in den Bereich der kleinlichen Parteienstreitereien; das ist nicht die Zeit dafür. Sie haben selbst gesagt: In dieser Zeit muss Führung her. – Führen Sie! Nehmen Sie unsere guten Ideen aus dem NRW-Pakt 2009, aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen auf! Es geht darum, jetzt dem Land alle erdenkliche Hilfe zu geben, und nicht um Parteiengezänk. Die Menschen erwarten von uns, dass wir zusammenstehen.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Oh!)

Wir sind dazu bereit. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kraft. – Meine Damen und Herren, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Löhrmann.

(Zuruf von der CDU: Außer Spesen nichts gewesen! – Zuruf von der SPD: Das war ein ganz intelligenter Zwischenruf! – Gisela Walsken [SPD]: Das war bei dem ersten Wortbeitrag schon klar! – Unruhe – Glocke)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Thoben, für Ihren Vortrag habe ich nur eine Überschrift, und damit ist es dann auch genug: Wir müssen schnell sein, aber wir wissen noch nicht so genau, wie. – Das ist die

Zusammenfassung Ihres Beitrags heute Morgen in diesem Parlament.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Marc Jan Eumann [SPD]: Das riecht nach heißer Luft!)

Ich kann es Ihnen, Herr Ministerpräsident, nicht ersparen, deutlich zu machen, dass Sie Ihrer Aufgabe nicht gerecht werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ein Möchtegern-Arbeiterführer, der die Arbeit verweigert – das ist Sache in Nordrhein-Westfalen mit diesem Ministerpräsidenten!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das Agieren der Landesregierung ist dieser Krise in keiner Weise angemessen, sowohl von der Sache her als auch vom Umgang mit der Öffentlichkeit und dem Parlament her.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Für das Verhalten der Landesregierung tragen Sie, Herr Ministerpräsident, persönlich die Verantwortung.

(Ilka von Boeselager [CDU]: Übernimmt er!)

Derzeit wird das größte Konjunkturpaket in der Geschichte der Bundesrepublik beraten und beschlossen. Und Sie, Herr Rüttgers, zieren sich, eine Regierungserklärung abzugeben. Sie als Ministerpräsident des größten Bundeslandes halten es nicht für selbstverständlich, das Parlament über den Stand der Dinge und die Pläne Ihrer Regierung zu informieren.

(Zuruf von der SPD: Unvorstellbar!)

Ihr Kollege Wulff aus Niedersachen – Frau Kraft hat es gesagt – schafft das doch auch.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Warum kann Rüttgers nicht, was Wulff kann?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, seit Wochen weisen zahlreiche Experten darauf hin, dass mit der beginnenden Rezession für die heimische Wirtschaft und den Arbeitsmarkt eine der schwersten Krisen in der Geschichte unseres Landes droht. Und da schicken Sie, Herr Rüttgers, hier Ihre Wirtschaftsministerin vor. Nachdem Sie diese Debatte gar nicht wollten, sind Sie auch noch so kleinlich und meinen, Sie müssten sich an die erste Stelle setzen lassen, und lassen nicht den Antragsteller/innen das erste Wort.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Das ist ausgesprochen merkwürdig.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN – Helmut Stahl [CDU]: Echt peinlich! – Gegenruf von Rainer Schmeltzer [SPD]: Ihr Verhalten ist peinlich, Herr Stahl! Das stimmt!)

Meine Damen und Herren, man muss es sich einmal vorstellen: Der stellvertretende Vorsitzende der Partei, die die Bundeskanzlerin stellt, der vorgibt, die Programmatik seiner Partei auf Bundesebene maßgeblich mitzubestimmen, weiß nicht, was seine eigene Landesregierung zur Abwendung der Krise tun will, und weigert sich deshalb, zu diesem weltweit alarmierenden Problem eine Regierungserklärung für sein Bundesland abzugeben. Was für ein schwaches Bild!

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das liegt daran, dass er auf Bundesebene alles nur vorgibt! Er tut so!)

Da müssen erst, und zwar zum wiederholten Male, die Oppositionsfraktionen Druck machen, damit überhaupt im Parlament diskutiert wird und die Bürgerinnen und Bürger die Chance haben zu erfahren, wie die Lage in Düsseldorf eingeschätzt wird und was das Kabinett Rüttgers zu tun gedenkt.

Das lässt nur einen Schluss zu: Die schwarz-gelbe Landesregierung ist angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise handlungsunfähig, weil die ideologischen Differenzen unübersehbar zunehmen. Die FDP hält stur an ihrem Mantra „Steuern runter, der Markt wird’s schon richten“ fest, also genau an dem Mantra, mit dem die globale Marktwirtschaft gerade vor die Wand gefahren ist und das bis vor Kurzem auch noch das Motto der CDU war.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber wie es weitergehen soll, dazu sagen Sie nichts. Antworten auf die Herausforderung der Krise haben Sie nicht. Zukunftsweisende Entscheidungen für unser Land, für unsere Kinder, den Klimaschutz und moderne Arbeitsplätze – Fehlanzeige!

Ministerpräsident Rüttgers pendelt zwischen den Extremen „Nichtstun“ und „Vom Stapel lassen aktionistischer Absurditäten“. Herr Rüttgers, Sie sind ein ordnungspolitischer Geisterfahrer.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)