Stattdessen wird in einem so sensiblen Feld abgebaut, nachdem wir über Monate hinweg Skandale haben. Unsere Forderung lautet ganz klar: Wir müssen in diesem Bereich Stellen aufstocken. Wir brauchen mehr Kontrollen vor Ort und keinen weiteren Abbau.
Die Landesbeauftragte, Frau Sokol, hat uns auch viele weitere Felder aufgezeigt, auf denen noch eine Menge Handlungsmöglichkeiten bestehen. Mein Kollege Gerd Stüttgen wird gleich noch ein wenig konkreter darauf eingehen.
Es reicht nicht, in Nordrhein-Westfalen die Hände in den Schoß zu legen und wie einstmals Minister Uhlenberg zu sagen: Vor Sorglosigkeit können auch schärfere Gesetze nicht schützen. – Das stimmt, aber wir können in Nordrhein-Westfalen eine ganze Menge mehr tun. Wir können die Kontrolldichte erhöhen und für mehr Schutz sorgen, wenn die Datenschutzbeauftragte besser ausgestattet wird. Wir brauchen mehr als blumige Worte und das Schwarzer-Peter-Spiel mit Berlin.
Deswegen lautet unsere Aufforderung an Sie ganz konkret: Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen aktiv wird. Mit den Anträgen im August haben die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen deutlich gemacht, welchen Weg wir gehen müssen. Wir erwarten von Ihnen endlich einmal Auskunft darüber, was Sie seitdem konkret getan haben. Was ist konkret passiert? Was ist zum Beispiel ganz konkret bei den Gesprächen mit den Bankenverbänden für die Verbraucherinnen und Verbraucher herausgekommen? Nur warme Worte reichen bei diesem Thema ganz eindeutig nicht.
Deswegen appelliere ich noch einmal an die Landesregierung: Informieren Sie die Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeiten, gegen den Datenklau vorzugehen. Stärken Sie die Beratung der Verbraucherzentrale. Stärken Sie die Datenschutzbeauftragte. Nicht, Stellen abzubauen, sondern Stellen aufzubauen, ist gefragt. Wir werden es der Landesregierung nicht durchgehen lassen, abzutauchen und den Schwarzen Peter an Berlin zu
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist uns wichtiger: Privatheit und Datenschutz
oder das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben? Während andernorts wohlfeil nach Datenschutzskandalen symbolträchtig in der einen Hand Freiheitsfähnchen hochgehalten und mit der anderen Hand schärfere Gesetze und mehr Eingriffsrechte gefordert werden, ist für die FDP seit Langem eindeutig und klar: Privatheit ist der Kern persönlicher Freiheit. Staatliche Überwachung, wirtschaftliche Interessen, wuchernde Bürokratie und die Sorglosigkeit von Verbrauchern bedrohen die Privatheit und damit die Freiheit. Sie zu verteidigen, ist seit jeher Aufgabe liberaler Politik.
Der rasante technische Fortschritt sowie die Verknüpfung von Millionen Datensätzen rund um die Welt hat längst eine neue Qualität geschaffen – sei es Liechtenstein, LIDL oder die Telekom. Das alles ist hier gesagt worden; neu kommt die Landesbank Berlin hinzu.
Die jüngsten Datenschutzskandale rücken nachhaltig in den Mittelpunkt, was Jahrzehnte in der Öffentlichkeit kaum Beachtung fand: den Datenschutz und den Schutz persönlicher Freiheit.
Beim Datenschutz ist Gefahr im Verzug. Kein wirtschaftlich denkender Mensch zahlt heute wie üblich 50 Cent oder mehr pro Adresse an einen Adressenhändler, wenn er sich nicht einen irgendwie gearteten Gewinn davon erhofft. Leider erkennen viele Bürgerinnen und Bürger den hohen Wert ihrer persönlichen Daten und die große Missbrauchsgefahr viel zu langsam. Erst jetzt bemerken Bürgerinnen und Bürger und auch die Politik ganz langsam: Das kann so nicht weitergehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der einen Seite sitzt der Staat, der als Big Brother immer mehr über seine Bürger wissen will:
Vorratsdatenspeicherung, KFZ-Screening und BKAGesetz bis hin zu Fluggastdaten, zum biometrischen Reisepass, Kontenabfragen usw. Die Liste ist lang.
Auf der anderen Seite blüht der Adressenhandel mit der Identität der Bürger, mit dem sich viel Geld verdie
nen lässt. Nichts scheint mehr sicher vor skrupellosen Händlern zu sein, die als beauftragte Dienstleister im undurchsichtigen Schatten von großen seriösen Unternehmen agieren. Sie machen mit dem in der Regel illegalen Verkauf von unbedarft abgegebenen oder unzulässig zusammengestellten Adressen und intimen Informationen der Bürger auf dem Schwarzmarkt Geld.
Daten und persönliche Informationen sind heute eine begehrte Ware, für die es einen großen legalen, aber leider auch illegalen Markt gibt. Heute hinterlässt fast jeder täglich beim Telefonieren, beim Surfen und Einkaufen im Internet, beim Einsatz von Kredit-, EC- und Kundenkarten und bei vielen anderen Aktivitäten freiwillig oder unbeabsichtigt eine breite und ganz lange Spur von Daten, die von privaten Unternehmen gesammelt und verarbeitet werden können.
Ich habe hierzu – das ist jetzt mein persönlicher Werbeblock – einen Aufsatz geschrieben; ich empfehle Ihnen, das nachzulesen. Er wurde im Magazin „Kommune 21“, im aktuellen Heft 12 aus diesem Jahr, Seite 22 bis 24 abgedruckt. Wenn Sie den virtuellen Tagesablauf einmal auf sich wirken lassen, werden Sie entsetzt sein, was wir heute meistens unbewusst an Datenspuren hinterlassen.
Der mündige Bürger muss seine Daten vor fremdem Zugriff schützen. Er muss auch sichergehen können, dass seine Daten ohne seine Einwilligung nicht an Hinz und Kunz weiterverkauft oder ungeschützt per E-Mail oder Kurierdienst umhergeschickt werden, meistens sogar massenhaft, wenn er seine Daten im Rahmen zum Beispiel eines Gewinnspiels oder einer Vertragsbeziehung preisgibt. Es kann auch nicht angehen, dass Mitarbeiter diese sensiblen Daten problemlos außer Haus bringen und im großen Stil auf einer Art Internetbasar veräußern können.
Deshalb sind wir als FDP-Fraktion froh, dass als Reaktion auf die zahlreichen Datenskandale der letzten Wochen und Monate im Bund bald ein neues, schärferes Datenschutzrecht gelten soll. Hierfür hat sich auch NRW im Bundesrat maßgeblich eingesetzt.
Das Bundesdatenschutzgesetz – das haben wir schon gehört – trat 1978 unter einer CDU/FDPKoalition im Bund in Kraft. In dessen Zentrum stand der Umgang des Staates mit den personenbezogenen Daten seiner Bürger.
Bislang sind alle Versuche, das Datenschutzrecht zu modernisieren, stecken geblieben. Insbesondere nach den Anschlägen vom 11. September geriet der Datenschutz gänzlich aus dem Blick; Freiheits- und Bürgerrechte wurden unter Rot-Grün massiv eingeschränkt.
Datenschutz wurde plötzlich als Täterschutz verstanden. Weniger Freiheit wurde und wird in Berlin gern mit mehr Sicherheit verkauft. Nun erkennt man
hoffentlich, dass dies ein Fehler war. Auf weitere Einzelheiten wird mein Kollege Orth eingehen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Jetzt hat für die Landesregierung Frau Ministerin Müller-Piepenkötter in Vertretung von Herrn Dr. Wolf das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen drückt seine Besorgnis über einen möglichen Datenskandal aus, wonach Daten von 21 Millionen Deutschen illegal im Umlauf seien. Neben den Angaben zur Person sollen die Datensätze auch Bankverbindungen enthalten. Angeblich haben schlecht bezahlte Mitarbeiter ihr Gehalt dadurch aufgebessert, dass sie die Adressdaten kopiert und auf eigene Rechnung an Hintermänner verkauft haben.
Sollten sich derartige Vorgänge im Rahmen der laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bestätigen – deshalb der Konjunktiv –, kann ich Ihre Empörung über einen solchen Datenmissbrauch nur zu gut verstehen. Wir alle missbilligen ein solches kriminelles Handeln und verlangen ein konsequentes Vorgehen nicht nur der staatlichen Instanzen, sondern auch der Privatwirtschaft. Klar ist, dass eine solche unbefugte Datenweitergabe mit dem Bundesdatenschutzgesetz bekannterweise nicht vereinbar ist.
Nicht überrascht bin ich, dass am Ende Ihres Forderungskataloges wiederum die pauschale Forderung nach mehr Personal steht. Es scheint inzwischen Ihre Routine nicht nur beim Datenschutz zu sein, inhaltliche Stellungnahmen mit der Forderung nach mehr Personal zu verbinden. Solche Forderungen sind für die Opposition ebenso wohlfeil wie für Bundesjustizministerin Zypries, wenn es um Landespersonal geht.
Meine Damen und Herren, zu Ihrer Forderung an die Bundesregierung, umgehend eine Datenschutznovelle einzubringen: Das Bundeskabinett hat am 10.12.2008 entschieden, ein Gesetz zur Regelung des Datenschutzaudits und zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften einzubringen. Das kam auch nicht überraschend. Dieser Entwurf ist die logische Fortsetzung des von den Ländern im damaligen Bundesratsverfahren angeregten und vom Bund beim sogenannten Datenschutzgipfel bereits im September dieses Jahres aufgenommenen Verfahrens.
Ich umreiße kurz die Entwicklung und die Zielsetzung des Gesetzgebungsverfahrens. Datenskandale waren Anlass für die Forderung der Länder, das Bundesdatenschutzgesetz nicht nur hinsichtlich der
Auskunfteien und Scoringverfahren zu ändern, sondern es darüber hinaus auch hinsichtlich der derzeit erlaubten Übermittlung und Nutzung von Daten für Werbung, Markt- und Meinungsforschung sowie für den Adresshandel zu verändern. Gerade das Innenministerium unseres Landes Nordrhein-Westfalen hat sich im Verbund mit anderen Ländern für diesen Vorstoß starkgemacht.
Der angesprochene Datenschutzgipfel im September hat aus Anlass des geschäftsmäßigen Handels mit personenbezogenen Daten bei Herrn Bundesminister Dr. Schäuble Eckpunkte formuliert, die ein weiterer Gesetzentwurf zum Bundesdatenschutzgesetz umfassen sollte. Hierzu gehören natürlich auch die Positionen, die auch Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete der Grünen-Fraktion, wichtig sind: die Abschaffung des sogenannten Listenprivilegs, die Einführung eines Kopplungsverbots für marktbeherrschende Unternehmen – diese Unternehmen werden deshalb berücksichtigt, weil sich der Kunde in anderen Fällen andere Partner suchen kann und wird –, die Erweiterung der Bußgeldtatbestände für Verstöße gegen das Datenschutzrecht, die Ausschöpfung des Bußgeldrahmens, die Möglichkeit der Abschöpfung unrechtmäßiger Gewinne und die Verabschiedung eines eigenständigen Datenschutzauditgesetzes.
Sämtliche dieser beim Datenschutzgipfel vereinbarten Punkte hat der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf behandelt. Die genaue Ausgestaltung werden wir im Bundesratsverfahren überprüfen. Diese Regelungen sind deutliche Schritte in Richtung einer Stärkung des Datenschutzrechts, die im Einzelnen zu überprüfen sind. Die Landesregierung wird im kommenden Bundesratsverfahren ihre Möglichkeiten der Einflussnahme ausüben.
Daneben hat der Gesetzentwurf auch die Forderung unseres Landes, eine Regelung für Altfälle zu schaffen, aufgenommen. Nach einer Übergangszeit bedarf es auch hierbei der Einwilligung. Außerdem soll bei Datenpannen eine Pflicht zur Informierung Betroffener und der Aufsichtsbehörden verankert werden. Die Position der betrieblichen Datenschutzbeauftragten soll gestärkt werden.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Ein Beschluss des Landtags Nordrhein-Westfalen, die Bundesregierung zur Einbringung einer Datenschutznovelle aufzufordern, liefe angesichts der gegenwärtigen Entwicklung auf Bundesebene ins Leere. Er verdient daher keine Unterstützung.
Meine Damen und Herren, die pauschale Forderung nach mehr Personal für die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NordrheinWestfalen wird durch dieses Sammelsurium von Forderungen nicht im Ansatz begründet. Diese Forderungen werden mit datenschutzrechtlichen Fragestellungen vermengt, die damit nicht in sachlichem Zusammenhang stehen. Ich frage mich, was
Die Landesregierung, meine Damen und Herren, hat sowohl in den zuständigen Haushaltsgremien als auch im Rahmen einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aktuell und detailliert unter Bezugnahme auf die konkrete Stellensituation und auf die gegenwärtige Haushaltslage Stellung genommen. Den dort gemachten Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.
Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen muss daher insgesamt als überholt betrachtet werden.
Vielen Dank, Frau Ministerin Müller-Piepenkötter. – Für die SPDFraktion erhält das Wort der Abgeordnete Stüttgen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, dass wir uns in immer kürzeren Abständen mit dem Missbrauch von Daten, insbesondere im Bereich der Privatwirtschaft, beschäftigen müssen. Alle Fälle aufzuzählen, würde den Rahmen sicherlich sprengen. Es ist zum Teil von meinen Kolleginnen und Kollegen eben schon gemacht worden.
Ich erinnere nur an die erneute Panne beim Telekommunikationsriesen Deutsche Telekom, wo Tausende von zum Teil äußerst sensiblen Daten auf dem Schwarzmarkt aufgetaucht sind. Letzte Woche berichtete die Wirtschaftswoche, dass über 21 Millionen Datensätze von Bürgerinnen und Bürgern illegal im Umlauf sind. Ähnliche Zahlen werden auch vom Datenschutzbeauftragten des Bundes, Peter Schaar, genannt. Und nicht zuletzt gab es vor ein paar Tagen die katastrophale Datenpanne bei der Berliner Landesbank.
Wie ich an dieser Stelle, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, schon mehrfach betont habe, muss der Missbrauch von persönlichen und insbesondere von sensiblen Daten der Bürgerinnen und Bürger gerade im Bereich der Privatwirtschaft deutlich stärker als bisher bekämpft werden.
Wenn die Unternehmen nicht von sich aus eine größere Sensibilität im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Datenschutz entwickeln, muss der Gesetzgeber sie dazu zwingen. In diesem Zusammenhang, mein Damen und Herren, hat meine Fraktion unter anderem auch eine Verschärfung des Bundesdatenschutzgesetzes und seine Anpassung an das digitale Zeitalter angemahnt. Ich muss erfreulicherweise feststellen,