Liebe Kolleginnen und Kollegen, welches Personal steht ihr zur Verfügung? Roundabout zehn Stellen sind es für diesen privaten Bereich in einer Behörde für 18 Millionen Einwohner, um dieser Wirtschaftskriminalität durch mehr Kontrolle etwas entgegenzusetzen. Das ist beschämend und kann doch nicht sein. Jeder weiß doch, dass man mit zehn Leuten nicht wirklich wirksam kontrollieren kann.
Ich halte das für unser Land für beschämend. Zwar ist Innenminister Dr. Wolf heute nicht hier, aber ich sehe Staatssekretär Brendel und andere aus dem Haus: Es kann doch nicht sein, dass die Behörde dann noch jedes Jahr um eine Stelle gekürzt wird.
Diese Datenschutzbehörde ist einmal mit 50 Stellen gestartet. Mittlerweile sind wir bald bei 45 Beschäftigten. Es kann doch nicht sein, dass wir Stellen abbauen, wenn dringend Ausbau nötig ist, um diesen kriminellen Machenschaften auf die Schliche zu kommen.
Mein letzter Punkt: Auch Prävention muss in den Blick genommen werden. Die Bundesregierung hat es mit ihrem Kabinettbeschluss zur Datenschutznovelle aus meiner Sicht versäumt, eine wirklich umfassende Reform des 1977 geschaffenen Datenschutzrechts auf den Weg zu bringen. Diese Chance ist versäumt worden. Es ist ein Reförmchen herausgekommen, das bei weitem nicht ausreicht.
Ich nenne drei Beispiele, die aus meiner Sicht frappierend sind: Zunächst einmal positiv ist, dass aus der Widerspruchsregelung für die Nutzung und Datenweitergabe eine sogenannte Opt-in-Regelung geworden, also eine offensive Einwilligungsregelung. Aber eine solche Regelung läuft doch ins Leere, wenn sie nicht an ein konsequentes Kopplungsverbot geknüpft wird. Denn das Gesetz sieht auch vor, dass nur Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung nicht einen Vertragsabschluss von der Einwilligung der Kunden in die Weitergabe ihrer Daten abhängig machen dürfen. Für die meisten Abschlüsse heißt das: Keine Einwilligung in die Datenweitergabe – kein Vertrag! Damit läuft diese Opt-in-Regelung ins Leere.
Zweiter Punkt ist die Kennzeichnungspflicht. Wir haben im Gesetz keine Datenkennzeichnungspflicht verankern können. Leider! Mit einer solchen Kennzeichnungspflicht könnten wir sehr viel mehr Kon
trolle über illegal erworbene Daten nachvollziehen und damit wirksamer gegen Datenmissbrauch vorgehen.
Mein dritter und letzter Punkt: die Übergangszeit zur Umsetzung von drei Jahren. Es ist einfach lächerlich, dass die Wirtschaft drei Jahre braucht, um diese Dinge umzusetzen. Kürzere Fristen müssen her. Es muss schnell gehandelt werden. Das aber tut weder Berlin noch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Unser Anliegen ist es, Ihnen beiden heute auf die Sprünge zu helfen. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Illegaler Datenklau und massenhafter Schwarzmarkthandel mit Daten sind auf dem Vormarsch. Das florierende Geschäft in mafiosen Strukturen beziffern Experten in Europa auf mehrere Milliarden Euro.
Jeder weiß, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass die Kriminalität insgesamt und die vor allem in den letzten Wochen neuen Fällen von Datenkriminalität in der Wirtschaft nicht nur das Vertrauen in das Informationsgewerbe, sondern vor allen Dingen auch das Vertrauen in den Staat untergraben. Insofern – so schätze ich es ein – ist es ein Wert an sich, dass sich alle demokratischen Kräfte darin einig sind, dass die Bürger besser geschützt werden und den Datendieben das Handwerk gelegt werden muss.
Über die Vorgehensweise und die in der vor uns liegenden Zeit zu treffenden Maßnahmen, Frau Kollegin Düker, kann man sich natürlich wie immer trefflich streiten. Ein Punkt Ihrer Forderungen im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist inzwischen erfüllt. Denn in der vergangenen Woche hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zum Bundesdatenschutzgesetz in die parlamentarische Beratung eingebracht. Über Ihre zweite Forderung beraten wir Anfang des kommenden Jahres im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Landeshaushalts 2009.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass die sogenannte Datenpiraterie bzw. die Vorkommnisse der letzten Zeit nahezu alle auf strafbaren Handlungen beruhen, nämlich auf Diebstahl, Betrug und Hehlerei. In Erinnerung rufen möchte ich unsere Debatte vom 28. August 2008 zu demselben Thema. Auch damals war die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Antragstellerin. Auch in der da
maligen Debatte habe ich angesprochen, dass die Privatwirtschaft beim Datenschutz ein massives Problem hat. Ich erwähne dies deswegen erneut, weil staatliche und auch betriebliche Datenschützer in den letzten Jahren zu lange nahezu ausschließlich den angeblichen Überwachungsstaat im Blick hatten, während der Umgang von privaten Unternehmen mit Kundendaten sozusagen im Niemandsland stattfand.
Zum Handel – auch mit Daten – gehören in der Regel mindestens zwei. Zumindest in freiheitlichdemokratischen Rechtsstaaten hat man die Möglichkeit, seine Privatsphäre insgesamt zu schützen. Wie diese Privatsphäre bestimmt ist, ist Sache der Privaten, ist Sache der Gesellschaft, die sich dazu verabredet. So garantieren die Grundrechte unserer Verfassung auch beim Datenschutz in erster Linie die Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat und nicht den Schutz zum Beispiel vor Belästigungen durch Werbeanrufe oder Postwurfsendungen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung hat sich, wie angeführt, in der vergangenen Woche auf den Entwurf für ein neues Datenschutzgesetz verständigt. Natürlich ist dies eine Reaktion auf die Datenskandale der vergangenen Monate. Denn unbestreitbar hat es gravierende Verstöße gegeben.
Die vorliegende Novelle zielt darauf ab, den Umgang mit Daten für Werbung, Markt und Meinungsforschung insgesamt transparenter und damit auch besser kontrollierbar zu machen.
So soll zum Beispiel – das ist neu – zukünftig der Adresshandel, der wichtigste Teil des Datenhandels, von der Zustimmung der Betroffenen abhängig gemacht werden. Damit fällt aus meiner Sicht endlich das Privileg weg, das die Weitergabe von Adressdaten grundsätzlich erlaubt, wenn kein Widerspruch der Betroffenen vorliegt.
Ebenso sollen zukünftig Unternehmen mit einem Gütesiegel beweisen können, dass sie mit Daten sorgsam umgehen. Im Entwurf des Bundesdatenschutzgesetzes steht die Einführung eines freiwilligen Datenschutzaudits. Ähnlich wie beim Biosiegel im Ökolandbau sollen damit Unternehmen ausgezeichnet werden, die beim Datenschutz über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.
Wohl wissend, dass unsere Informations- und Wissensgesellschaft eben gerade aus Informationen besteht, dass Daten über Sachen und Personen sozusagen der Treibstoff der modernen Gesellschaft sind, dass sich Millionen Deutsche regelmäßig durch das Netz klicken und mit jedem Mausklick elektronische Spuren hinterlassen und mit persönlichen Daten vielfach zu leichtfertig umgehen: Verstöße gegen Datenschutzgesetze sind keine Kavaliersdelikte! Deshalb sieht die vorliegende Gesetzesnovelle der Bundesregierung die Verschärfung
Unstrittig ist und bleibt: Diejenigen, die illegal mit Daten handeln, müssen bestraft werden. Deswegen hat die zuständige Bundesregierung auf die Entwicklung der letzten Monate reagiert. Der Gesetzentwurf ist in der parlamentarischen Beratung. Ich hoffe, dass diese zügig im Verlauf der ersten Monate des kommenden Jahres abgeschlossen wird.
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist heute auch in direkter Abstimmung abzulehnen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kruse. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Schulze das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben hier vor vier Monaten schon einmal gestanden und über Datenklau debattiert. Auslöser waren damals schon ein ganze Reihe von Skandalen, die uns beschäftigt haben.
Die traurige Wahrheit hat Frau Düker ja eben ausgesprochen: Diese Serie ist fortgesetzt worden. Die Serie der Skandale hat sich fortgesetzt. T-Mobile ist schon angesprochen worden. Man muss sich einmal vorstellen: Der „Wirtschaftswoche“ sind 21 Millionen Daten angeboten worden! 21 Millionen Daten heißt: jeder zweite Haushalt in Deutschland! Das ist inzwischen ein Ausmaß, bei dem im politischen Raum nunmehr wirklich alle gefordert sind.
Es dürfte inzwischen auch klar sein, dass Datenschutz Verbraucherschutz ist. Wir tun jetzt hier, als sei das schon immer selbstverständlich gewesen. Frau Sokol kennt die Geschichte länger. Es war nicht selbstverständlich. Herr Prantl hat in einem sehr schönen Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ vor Kurzem darauf hingewiesen mit den Worten, früher sei Datenschutz so behandelt worden, als handele es sich um eine Geschlechtskrankheit des EDV- und Informationszeitalters. – Ich hoffe, dass wir heute ein Stück weiter sind, dass klar ist: Datenschutz ist Verbraucherschutz.
Wenn wir uns darüber aber einig sind, müssen wir schauen, was denn dann staatliche Aufgabe ist. Staatliche Aufgabe ist meines Erachtens und nach Ansicht meiner Fraktion, Regeln festzusetzen. Staatliche Aufgabe ist aber auch, dafür zu sorgen, dass diese Regeln eingehalten werden. Wir haben nun eine ganze Menge Regeln. Es ist auch gut, dass auf der Bundesebene jetzt ein Gesetzentwurf vorgelegt wird. Es ist Zeit, wirksam gegen Datenklau und Datenmissbrauch vorzugehen. Es ist wichtig, dass zukünftig die Betroffenen einwilligen müs
Aber der Entwurf von CDU-Minister Schäuble – das sage ich hier ganz offen – ist löchrig und geht an vielen Punkten nicht weit genug. Grundlinie des Gesetzes muss es sein, dass man zustimmen muss, bevor seine Daten an Dritte weitergegeben werden. Dieses Grundprinzip darf man nicht durch eine Vielzahl von Ausnahmen durchlöchern. Meine Fraktion, die SPD-Fraktion, setzt sich auf der Bundesebene dafür ein, dass es nicht zu einer Durchlöcherung kommt. Wir hoffen, dass wir auch die CDU davon überzeugen können.
Wichtiger für uns hier im Landtag ist: Was kann man in Nordrhein-Westfalen tun? Was können wir hier als Land tun, damit die Spielregeln, die Regeln, die wir uns auf der Bundesebene gegeben haben, auch wirklich eingehalten werden? Da komme ich zu meinem zweiten Punkt. Wir müssen dafür sorgen, dass es eine Überwachung gibt, dass die Regeln hier auch eingehalten werden. Wir wissen, ein Gesetz alleine bietet noch keinen Schutz, sondern man muss auch dafür sorgen, dass eine wirksame Kontrolle herrscht.
Frau Ministerin Zypries hat doch recht, wenn sie die Länder auffordert, die Datenschutzbehörden ordentlich auszustatten, damit diese Kontrolle stattfinden kann.
Hier kommt Nordrhein-Westfalen ins Spiel. Wir sehen zum wiederholten Mal, dass der Verbraucherschutz hier nicht in guten Händen ist. Herr Uhlenberg ist gerade herausgegangen. Aber was passiert denn nach den ganzen Skandalen in NordrheinWestfalen? Wir führen hier eine Debatte im August. Da diskutieren wir, was alles passieren kann – und es passiert nichts. Die Landesregierung ist untätig. Diese Untätigkeit schadet den Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Wo sind denn die Initiativen der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, die Kontrollen zu verstärken und die Datenschutzbehörde aufzustocken? Wo ist Ihre Initiative? Wo ist der Haushaltsantrag, wo passiert denn konkret etwas? Wo ist die Verbesserung der Kontrolldichte? Da ist nichts. Nichts ist geschehen. Die Landesregierung ist untätig. Sie redet, aber sie tut nichts.
Es nutzt auch nichts, sich hierhin zu stellen, wie das in der letzten Runde war, zu lamentieren und mit den Fingern nach Berlin zu zeigen und zu sagen: Da muss etwas passieren.
haltsplan des Innenministeriums für das Jahr 2009 an dieser Stelle nicht nur nicht aufgestockt wird, sondern entgegen der Ansicht der Landesdatenschutzbeauftragten weitere drei Stellen gestrichen werden?
Herr Trampe-Brinkmann, vielen Dank für diese Frage. Das ist mir bekannt. Es ist eine absolute Unverschämtheit.
Stattdessen wird in einem so sensiblen Feld abgebaut, nachdem wir über Monate hinweg Skandale haben. Unsere Forderung lautet ganz klar: Wir müssen in diesem Bereich Stellen aufstocken. Wir brauchen mehr Kontrollen vor Ort und keinen weiteren Abbau.