Protocol of the Session on November 13, 2008

Wir können einen Großteil der Kritik der Grünen an den Zuständen bei der Bahn teilen. Wir glauben aber nicht, Herr Becker, dass ein endgültiger Stopp des Börsenganges diese Zustände ändern würde. Die Bahn braucht eine effiziente Steuerung und Kontrolle. Sie braucht eine gute finanzielle Ausstattung für das Netz und für die Regionalverkehre. Das, Herr Becker, sind die Baustellen, an denen gearbeitet werden muss, im Bund und auch hier in Nordrhein-Westfalen.

Autominister Wittke ist aufgerufen, endlich auch sein Herz für die Bahn zu entdecken. Er ist aufgerufen, die Regionalverkehre in Nordrhein-Westfalen mit ausreichendem Geld auszustatten. Jetzt, da die Mauterhöhung beschlossen ist, ist es seine Aufgabe, möglichst viel Geld für die Schieneninfrastruktur nach Nordrhein-Westfalen zu holen.

Ich bleibe dabei: Eine gute Bahn und zufriedene Kunden kann es nur mit einer guten Mittelausstattung geben. Dazu braucht es den politischen Willen auch im Land Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Jung. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Rasche.

(Ein Mobiltelefon klingelt.)

Da geht ein Handy. Bei der SPD klingelt es.

(Minister Oliver Wittke: Es ist aber keiner zu Hause!)

Dem Kommentar von Minister Wittke brauche ich nichts hinzuzufügen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Das Vokabular „Achsen des Bösen“ ist typisch für Herrn Becker. Das ist in den Buchstaben BeckerWerkzeug. Nur ist es sachlich völlig unangemessen. So geht man nicht mit der Deutschen Bahn um. So geht man auch nicht mit dem Eigentümer der Deutschen Bahn, der Bundesrepublik Deutschland, um.

(Beifall von der CDU)

Das passt einfach nicht.

Es gibt natürlich Licht und Schatten bei der Deutschen Bahn. Das wissen wir alle. Insbesondere den Schatten behandeln wir Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr.

Ich bin heute Morgen noch 1 Stunde und 45 Minuten Regionalexpress gefahren. Der war pünktlich. Der war sauber. Er war auch nicht überfüllt, in keinster Weise. Das war völlig in Ordnung. Dieses Bild dürfen wir doch, wenn wir ehrlich sind, nicht verschweigen.

Fakt ist aber auch, dass bei der Deutschen Bahn nicht alles rund läuft. Da sind die besagten Achsenprobleme. Es wäre, meine Damen und Herren, ein Skandal, wenn sich wirklich erweisen würde, dass die DB schon seit Langem von diesem Problem gewusst hat und diesen Unfall hätte vermeiden können.

(Beifall von der SPD – Horst Becker [GRÜ- NE]: Das ist doch längst bewiesen!)

Es gibt natürlich Qualitäts- und Pünktlichkeitsprobleme. Die müssen behoben werden.

Es gibt die Affäre von Bonuszahlungen an den Bahnvorstand. Das ist übrigens nicht nur ein Problem und ein Skandal für die DB, sondern insbesondere für Bundesverkehrsminister Tiefensee.

(Bodo Wißen [SPD]: Er hat es doch verhin- dert!)

Das sind alles ernste Vorgänge, meine Damen und Herren, die aufgearbeitet werden müssen. Das sollten wir gemeinsam tun. Dabei sind wir auch.

Aber, meine Damen und Herren, das hat nichts, aber auch gar nichts mit der Teilprivatisierung der Deutschen Bahn zu tun. Dass jetzt für einen Börsengang der völlig falsche Zeitpunkt ist, ist uns allen bekannt. Dass wir das Vermögen des Bundes und dass wir die Deutsche Bahn in Gänze nicht einfach verscherbeln dürfen, dessen sind wir uns, glaube ich, alle bewusst.

Es ist also der falsche Zeitpunkt für einen Börsengang. Aber trotzdem müssen wir immer wieder über das Privatisierungskonzept reden. Das Konzept ist entscheidend. Das haben wir eben auch schon einmal gehört. Es kann nur heißen: eine klare Trennung von Netz und Betrieb.

(Beifall von der CDU)

Das haben wir hier so beschlossen. Dazu stehen wir auch. Vielleicht wird dieses Problem in der nächsten Legislaturperiode des künftigen Bundestages wieder angegangen.

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass CDU, FDP und SPD ganz klar Stellung gegen den Antrag der Grünen beziehen. Wir benötigen – da sind wir uns einig – von der Deutschen Bahn eine hohe Qualität. Nur: Mit diesem Antrag, lieber Herr Becker, erreichen wir sie überhaupt nicht.

Vielleicht noch ein Hinweis zum Schluss, Herr Becker: Wenn Sie irgendwann einmal auf Ihrem Weg eine Weiche finden, wo ein Schild steht „Zurück zu demokratischen Spielregeln!“, dann sollten Sie diese Weiche nutzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Wittke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der uns vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist ein Sammelsurium aus Pressemitteilungen der Grünen-Landtagsfraktion der vergangenen Wochen und aus Forderungen, die nur der Bund als Eigentümer tatsächlich erfüllen kann, und ein Konglomerat aus Beschimpfungen der Bahn und ihres Managements. Kurz gesagt: Dieser Antrag ist an Substanzlosigkeit nicht zu toppen.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Deshalb zum Beschlussvorschlag nur zwei Sätze:

Erstens. Der vom Bundesverkehrsminister angestrebte Börsengang ist auf Betreiben der Länder, insbesondere Nordrhein-Westfalens, massiv verändert worden und wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr stattfinden.

Zweitens. Bevor die Landesregierung einen umfassenden Bericht zur Zukunft der Bahn vorlegt, muss zuerst einmal der Eigentümer, also der Bund, sagen, wie er sich die Zukunft dieses Unternehmens vorstellt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Wittke. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Wißen zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich „Die Achsen des Bösen“ gelesen habe, habe ich das in der Tat für ein zynisches Wortspiel gehalten. Es gab zwei US-Präsidenten, die diesen Ausdruck verwandt haben. Aber angesichts der Tatsache, dass wir am 3. Juni 1998 den bisher schwersten Eisenbahnunfall mit 101 Opfern in Eschede zu beklagen hatten, der bekanntermaßen durch einen Radreifenbruch und nicht durch eine defekte Achse verursacht wurde, fand ich das zynisch und unangebracht.

(Gerhard Lorth [CDU]: So ist das!)

Insofern schließe ich mich dort der Kritik an.

(Beifall von SPD und FDP)

Ich musste mich noch einmal zu Wort melden, um zu sagen, dass wir als SPD-Landtagsfraktion Herrn Tiefensee sehr dafür danken,

(Minister Oliver Wittke: Dass er im Amt geblieben ist!)

dass er diesen Wahnsinn mit den Bonuszahlungen in letzter Minute noch verhindert hat.

Man muss in der Tat fragen: Wieso wird über Bonuszahlungen, aber nicht über Maluszahlungen von

Vorstandsmitgliedern, also über Abschläge statt über Zuschläge beim Lohn, geredet? Dazu würden mir auch ein paar Argumente einfallen. Wenn wir uns erinnern, was die DB-Vorständler in der Vergangenheit geliefert haben, würde das eher nach einem Malus statt nach einem Bonus schreien. Erinnert sei an die nicht gerade so glückliche Verhandlungsführung beim GDL-Streik. Erinnert sei daran, dass der Bundesverkehrsminister schon seit längerer Zeit endlich einmal einen Netzzustandsbericht erwartet. Das erwarten die Länder auch. Die Krönung war jedoch der Bedienzuschlag.

Sollte sich herausstellen – wie es in der Presse zu lesen war –, dass es stimmt, dass bereits 2006 dieser Umstand bekannt wurde – das ist nicht ganz klar; Sie stellen das als Tatsache dar, ich kenne auch andere Stimmen –, dann müssten wir in der Tat vollkommen neu über die Personalpolitik im Vorstand der DB AG nachdenken. Da bin ich sicher. Wenn sich das als solches darstellen sollte, müsste der Vorstandsvorsitzende persönliche Konsequenzen ziehen. Das ist meine Meinung.

(Zuruf von Gerhard Lorth [CDU] – Horst Be- cker [GRÜNE]: Ich darf Sie zitieren?)

Ich darf noch darauf hinweisen, was Kollege Jung gesagt hat: Wir brauchen keinen „Asphalt-Minister“, wir brauchen keinen „Auto-Minister“, sondern wir brauchen einen Minister, der den Schienenpersonennahverkehr, für den er die Verantwortung trägt, stärkt.

Es war ein Erfolgsmodell, dass wir es unter RotGrün geschafft haben, ein Drittel mehr Menschen zu überzeugen, Busse und Bahnen zu benutzen, anstatt das Auto oder das Motorrad zu nehmen. Das ist ein Erfolg der SPD-geführten Landesregierung gewesen.

(Beifall von der SPD)

Herr Wittke muss sich tatsächlich zum Anwalt der Interessen der Kunden im Nahverkehr in NordrheinWestfalen machen. Stattdessen bildet er irgendwelche Dachorganisationen und schiebt die ganze Verantwortung ab. Er macht es anders, als seine Kollegen in vielen anderen Bundesländern, er gleicht nicht die Regionalisierungsmittelkürzungen aus. Denn davor sitzt Herr Linssen, der ihm das verweigert. Das führt natürlich zu solchen Einbußen, wie wir im Antrag der Grünen auch lesen konnten. In vielen Dingen haben die Grünen natürlich Recht, aber es ist – wie oft bei den Grünen – auch überzeichnet.

Es ist ein absolutes Massengeschäft. Ich muss den vielen hart arbeitenden Menschen bei der DB AG meinen Respekt zollen, die mit nicht allzu üppigem Gehalt dafür sorgen, dass dieses Massengeschäft tagtäglich erledigt wird. Das ist teilweise eine schwere, teilweise eine gefährliche Arbeit. Ich sage: Hut ab! Bei den ganzen Großereignissen, die wir hatten, haben DB-Mitarbeiter – in welchen Sparten