Protocol of the Session on November 12, 2008

Für diese soziale Ungerechtigkeit und Ihre schlechte Politik sind Sie vom Wähler abgewählt worden, auch wenn Sie es immer noch nicht glauben. Ich kann Ihnen sagen: Es ist so. – Nun kommen Sie mit Ihrem Antrag daher und wollen in diese Vergangenheit zurück.

Trotzdem will ich jetzt einmal den einen oder anderen Punkt Ihrer Forderungen näher beleuchten. Es

geht zum einen um das Sparkassengesetz, welches wir heute noch beraten werden. All Ihre Versuche, der Regierungskoalition vor der Auswertung der Anhörung zu diesem Gesetz zu unterstellen, sie wolle die Sparkassen privatisieren, sind voll daneben gegangen.

(Zurufe von der SPD)

Besonders unverantwortlich finde ich es, dass Sie gerade in der jetzigen Situation versucht haben, die Angst in der Bevölkerung vor eben dieser angeblichen Privatisierung zu schüren.

Ich denke, Ihnen ging es nie um die sachliche Auseinandersetzung, sondern nur darum, endlich einmal ein Wahlkampfthema zu finden.

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Wir von der CDU-Fraktion haben die Anhörung ausgewertet

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wann denn?)

und zusammen mit Finanzminister Linssen Änderungen beschlossen, die in die Novelle eingeflossen sind. Darin heißt es ganz klar:

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Eine Privatisierung wird es nicht geben. Das Trägerkapital ist weder handelbar noch sonst frei nutzbar. Gemeinnützigkeit und Gemeinwohl sind präzisiert. Der Finanzverbund mit der WestLB ist für die Sparkassen freiwillig. Sollte ein Privater mehrheitlich in der WestLB aktiv werden, ist der Finanzverbund aufgehoben.

Die Verbände können offenbar damit leben. Verdi – auch meine Gewerkschaft – hat die für den vergangenen Montag geplante Großkundgebung aufgrund des veränderten Gesetzestextes abgesagt. Ihr erhofftes Wahlkampfthema ist damit wieder einmal geplatzt wie eine riesige Seifenblase.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Sie sind auch geplatzt!)

Ich platze nicht so schnell. Machen Sie sich keine Hoffnungen, Herr Sagel.

Mindestlohn: Gebetsmühlenartig versuchen Sie immer wieder, dieses Thema mit der Hilfe unterschiedlichster Anträge ins Plenum und in den zuständigen Ausschuss zu heben. Genau dies geschieht auch durch den nun vorliegenden Antrag. Glauben Sie tatsächlich immer noch, dass Mindestlohn ein Mittel der sozialen Gerechtigkeit ist?

(Zurufe von der SPD: Ja!)

Ja? Dann glauben Sie weiter!

Ich finde es unverantwortlich, wie Sie wieder und wieder versuchen, der Bevölkerung zu erklären, dass ein gesetzlicher Mindestlohn alle Probleme beseitigen würde.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Alle nicht, aber einige!)

Im Gegenteil! Tausende von Arbeitsplätzen wären in Gefahr.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Eigentlich wissen Sie eines ganz genau. Die Zahlen sind nicht unbekannt.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Herr Becker, auch Sie können noch lernen zuzuhören. Sie verdienen keine 7,50 €, aber hören Sie zu.

(Horst Becker [GRÜNE]: So ein Unsinn!)

Wenn Sie 7,50 € Mindest …

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Frau Präsidentin, kann ich weiterreden? Ich frage nur.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Europa hat ganz andere Sozialgesetzgebungen, Herr Becker.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Herr Kollege Becker, wenden Sie Ihre Zwischenrufe wenigstens in Richtung des Redners. Wir haben aber eigentlich die Gepflogenheit, einander im Hause auch zuzuhören. Ich darf um Aufmerksamkeit für den Redner erbitten. – Bitte schön, Herr Kollege.

Peter Brakelmann (CDU: Herr Becker, auch Sie wissen ganz genau, dass jemand bei einem Mindestlohn von 7,50 € 47 Jahre ohne Unterbrechung arbeiten muss, um die Grundsicherung zu erreichen, die jemand hat, der nicht einen Tag im Leben gearbeitet hat. Das sind die Tatsachen. Damit lösen Sie das Problem nicht. Damit ist Altersarmut weiter vorprogrammiert. Das ist alles andere als sozial gerecht.

Nicht nur aus diesem Grund wird es einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn mit uns nicht geben. Mit dieser Ablehnung stehen wir aber nicht alleine da. Ihr Parteigenosse, der frühe NRWMinisterpräsident Wolfgang Clement, hat sich öffentlich gegen Mindestlöhne ausgesprochen, auch wenn Sie das heute nicht mehr so gerne hören. Ich habe gehört, dass der hier einmal an der Regierung war.

Herr Kollege Brakelmann, entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie unterbreche. Der Kollege Becker …

Nein, keine Zwischenfrage.

Sie möchten keine Zwischenfrage zulassen?

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Sie können ruhig „Oh!“ rufen. Sie können sich gleich melden. Dann höre ich Ihnen zu. Das ist überhaupt kein Problem.

Verantwortliche Politik darf die Realität nicht ignorieren und den Betroffenen suggerieren, sie würden durch einen Mindestlohn an Wohlstand gewinnen, obwohl sie in Wirklichkeit Gefahr laufen, ihre Arbeitsplätze zu verlieren.

Den Weg, den unser Arbeitsminister Karl-Josef Laumann in Nordrhein-Westfalen gegen Lohndumping beschritten hat,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Welchen denn?)

ist weitaus besser und sozial gerechter als die Einführung eines Mindestlohns. Im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Wach- und Schließgewerbe wurden die Tariflöhne erstmals für allgemeinverbindlich erklärt. Damit erhalten die Beschäftigten in diesen Branchen den tariflich festgelegten Mindestlohn, auch wenn die Unternehmen nicht tarifgebunden sind. Das ist alles im Einvernehmen mit den Sozialpartnern geschehen. Selbst Sie, Herr Kollege Schmelzer, konnten nicht umhin, diesen Schritt gutzuheißen. Daran kann ich mich noch gut entsinnen, Herr Schmeltzer.

Wer gegen Mindestlöhne ist, ist damit nicht gleichzeitig für eine geringe Bezahlung. Ich halte es für richtig, dass man von seinem Lohn vernünftig leben kann. Dieser Lohn darf aber nicht staatlich verordnet werden, sonder muss am Markt verdient werden. Sonst sind die entsprechenden Arbeitsplätze relativ schnell weg. Sie müssen außerdem von den Tarifpartnern ausgehandelt werden.

Damit wäre ich beim nächsten Punkt.

Nachdem die CDU-Fraktion das Papier zur Tarifautonomie einstimmig verabschiedet hat, entdecken Sie dieses Thema auch wieder für sich. Sie ärgern sich offenbar sehr darüber, dass die CDU dieses Thema so besetzt, dass auch Gewerkschaften dem zustimmen können. Mit diesem Papier bekennt sich die CDU-Fraktion ausdrücklich zur Tarifautonomie als einem emanzipatorischen, hart erkämpften Recht der Arbeitnehmerbewegung, die maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung und wirtschaftlichen Stärke des Standorts Deutschland beiträgt.

Als Gewerkschaftler hoffe ich sehr, dass die Gewerkschaften in Nordrhein-Westfalen damit gestärkt werden und wieder mehr Mitglieder gewinnen kön

nen. Nur starke Gewerkschaften können Tarifautonomie sichern. Die wiederum ist seit nunmehr 60 Jahren ein unerlässlicher Garant von sozialem Frieden, Teilhabe, Selbstbestimmung und Wohlstand.

In diesem Papier steht auch die freiwillige Einführung einer Differenzierungsklausel – ich weiß, dass das auch bei unserem Koalitionspartner nicht so gesehen wird, bei uns schon –, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften vereinbaren können – darin liegt allerdings der Unterschied –, Gewerkschaftsmitgliedern einen Extrabonus zu gewähren. Aber auch hier fordern wir kein Muss, sondern ein Kann und erhoffen uns davon einen Anreiz für die Arbeitnehmer, wieder verstärkt in Gewerkschaften einzutreten.