(Marc Jan Eumann [SPD]: Es geht um Ge- rechtigkeit! – Ursula Meurer [SPD]: Soziale Gerechtigkeit ist für Sie ein Fremdwort!)
Ich will mich darauf konzentrieren, was die CDULandtagsfraktion beim Thema Erbschaftsteuer für wichtig erachtet.
Erstens. Natürlich ist wichtig, dass wir nicht Einnahmen von rund 4 Milliarden € in Deutschland und davon gut 1 Milliarde € in Nordrhein-Westfalen verlieren. Das ist ganz selbstverständlich und war immer ein wichtiger Punkt in der Diskussion.
Der zweite wichtige Punkt in der Diskussion für uns war, dass wir jetzt nicht in einer Zeit sind, in der irgendwelche Geschenke verteilt und schon gar nicht irgendwelche einseitigen Entlastungen gewährt werden können. Insofern ist Vieles in dem eben gehörten Beitrag Makulatur.
Neben diesen beiden Punkten möchte ich auch darauf hinweisen, dass wir Bedingungen haben, die ein neues Erbschaftsteuergesetz erfüllen muss.
Das Erste ist, dass wir es nicht zulassen werden, dass die Bürger im Erbfall um ihr Wohnhaus fürchten müssen. Das ist eine grundsätzliche Konstante in unserer Politik.
Der zweite Punkt ist, dass wir es ebenfalls nicht zulassen werden, dass Arbeitsplätze in großem Maße durch ein neues Erbschaftsteuergesetz gefährdet werden. Arbeitsplätze gerade in mittelständischen Unternehmen sind eine Frage des Gemeinwohls. Wir lassen es nicht zu, dass das Gemeinwohl aus Neidinstinkten heraus gefährdet wird.
Der Gesetzentwurf kann, wenn ich es richtig sehe, noch nicht abschließend bewertet werden, weil er noch gar nicht vorliegt. Er ist aber jetzt angekündigt. Dieser Gesetzentwurf stellt in wesentlichen Punkten eine deutliche Verbesserung gegenüber dem dar, was der Bundesfinanzminister ursprünglich vorgeschlagen hat. CDU und CSU haben sichergestellt, dass Omas Häuschen eben nicht gefährdet ist. Das ist ein wesentlicher Erfolg der bisherigen Diskussion.
Es ist vielleicht etwas schwierig, dem zuzuhören oder dem zu folgen. Wir haben es geschafft, dass der Wahnsinn, der von Steinbrück geplant war, gestoppt werden konnte. Denn im Bereich der Betriebe hätte der ursprüngliche Gesetzentwurf mehr oder weniger eine Enteignung zur Folge gehabt, die Arbeitsplätze gekostet hätte.
Das mit den Märchengeschichten vom Starnberger See und Ähnlichem zu verbrämen – ich verstehe, dass Sie das versuchen –, geht völlig an der Sache vorbei.
Ich möchte Ihnen sagen, was der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministers gebracht hätte. Hierzu gebe ich Ihnen ein Beispiel. Ein Unternehmen in einer mittelständisch strukturierten Umgebung – da kenne ich mich aus – hätte heute nach altem Recht einen Steuerwert von 15,3 Millionen €. Der Eigentümer stirbt. Das Unternehmen geht an die Frau. Nach Abzug eines Freibetrages müsste die Ehefrau
Nach dem, was Steinbrück vorgeschlagen hat und in seinen Gesetzentwurf hineingeschrieben hatte, hätte dieses Unternehmen einen steuerlichen Wert von 54 Millionen €.
Abzüglich eines Freibetrages würde der Steuersatz 30 % betragen, und die Ehefrau müsste 16,1 Millionen € Erbschaftsteuer bezahlen. In den mittelständischen Unternehmen, in denen regelmäßig alle Einkünfte wieder ins Unternehmen hineingesteckt werden – das ist die Realität –, gibt es viele, deren gesamtes Vermögen aus dem Betrieb besteht. Die gerade genannte Ehefrau hätte also nur eine Chance, diese 16 Millionen € Erbschaftsteuer zu bezahlen, wenn sie zuvor Teile des Betriebes verkauft. Wenn aber Teile des Betriebes verkauft werden, entsteht ein Veräußerungsgewinn, der seinerseits wieder zu versteuern ist. Wenn das berücksichtigt wird, müsste die Frau für 32 Millionen € Teile des Betriebes verkaufen, damit sie überhaupt in der Lage ist, die 16,1 Millionen € Erbschaftsteuer zu bezahlen. Wenn das keine Enteignung ist, dann erklären Sie mir mal, wie man den Sachverhalt sonst noch bezeichnen könnte!
60 % des Unternehmenswertes hätten verkauft werden müssen. Wenn das Unternehmen in dieser Größenordnung vielleicht 200, 250 Arbeitsplätze gehabt hätte, dann wären diese Arbeitsplätze weg gewesen.
Das wäre ein Anschlag auf das Gemeinwohl gewesen. Das war die Absicht von Finanzminister Steinbrück.
Meine Damen und Herren, insofern hat sich der Gesetzentwurf im Vergleich zu vorher deutlich verbessert. Omas Häuschen ist jetzt steuerfrei. Die konfiskatorische Wirkung dessen, was Steinbrück wollte, ist Makulatur. Was bleibt, ist ein ziemlich bürokratisches Monster von Erbschaftsteuerrecht, das wir in allen Feinheiten sicherlich erst bewerten können, wenn der Gesetzentwurf endgültig vorliegt.
Ich freue mich jedenfalls, dass wir auf dem Weg zu einem sinnvollen Gesetz schon einiges erreicht haben. Etwas Besseres ist mit der SPD in der Großen Koalition leider nicht möglich. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Klein, ich weiß ja, wohin Ihre Reise geht. Insofern werte ich Ihre Rede heute Morgen als Versuch, sich schon an die neue Umgebung Deutscher Bundestag zu gewöhnen. Eine Landesperspektive habe ich Ihrer Rede leider nicht entnehmen können.
Die entscheidende Frage für die Länder – die Erbschaftsteuer ist eine Ländersteuer – ist: Was passiert mit diesem Gesetz? Da hat Ihr freundlicher Koalitionspartner erklärt, er wolle dem Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zustimmen. Die Mehrheiten im Bundesrat sind äußerst knapp. Es wäre entscheidend gewesen – Sie sind doch noch haushaltspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion –, hier und heute der Öffentlichkeit eine Antwort zu geben, was am Ende des Jahres dies alles für den Landeshaushalt bedeuten würde.
Ich habe mich gewundert – es ist gut, dass wir darüber in der Aktuellen Stunde reden; die Erbschaftsteuer ist ein ganz wichtiges Thema –, dass die SPD dieses heute beantragt hat. Wenn man einmal in die Runde schaut, stellt man nämlich fest, dass sich die Große Koalition in Berlin an dieser Stelle wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hat – bis hierhin jedenfalls nicht.
An dieser Stelle haben wir es mit einem eklatanten Staatsversagen in der Perspektive zu tun. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage – Weltwirtschaftskrise, Finanzkrise – muss – wenn ein Konjunkturprogramm richtig ist und wenn es richtig ist, den Banken aktuell zu helfen – doch die Frage beantwortet werden, woher in der Perspektive denn das Geld kommt, um Konjunkturprogramme zu finanzieren und in den Ländern auch mehr Mittel für die Bildungsfinanzierung aufzuwenden.
Daher wäre es an der Zeit gewesen, nicht nur bei der Erbschaftsteuer, sondern in der Perspektive auch bei der Vermögensteuer einen wirklich großen Aufschlag zu machen.
Diese Möglichkeit bleibt hier im Sande stecken. Das Ganze ist kleinkariert. Zudem ist zu befürchten, dass die FDP es letztlich blockiert.
An dieser Stelle bekommen wir einen Ausblick darauf, wie Politik in der Bundesrepublik zukünftig konzipiert wird: eine Große Koalition, die Murks produ
ziert, eine FDP, die im Bundesrat blockiert, und eine CSU, die aus Bayern die Bundespolitik zu steuern versucht – und nichts geht nach vorne. Das ist die leider die Perspektive der Politik, wie wir sie sehen.
Worum geht es? – Es geht um gut 400 Milliarden €, die derzeit jährlich vererbt werden. Die Tendenz war in den vergangenen Jahren steigend und ist perspektivisch weiter ansteigend. Das tatsächliche Steueraufkommen beträgt dabei gerade einmal 4 Milliarden €. Den Ländern fließen also nur 1,5 % an echter Erbschaftsteuer zu.
Diese Zahlen muss man sich vor Augen halten, wenn man über die Dimension spricht und Omas kleines Häuschen oder den angeblich gefährdeten Mittelstand anführt. Bei allem Verständnis für die Nöte des Mittelstandes: Es dürfte kaum in irgendeiner Weise zum Untergang des mittelständischen Unternehmertums führen, wenn die Erbschaftsteuer fällig wird.
Die Erbschaftsteuer ist nämlich eine Gerechtigkeitssteuer. Mit ererbtem und geschenktem Vermögen erhält der Begünstigte leistungsloses Einkommen. Deshalb ist der Staat auch berechtigt – schließlich steht in der Verfassung, dass Eigentum verpflichtet –, aus diesem Vermögen einen Anteil für die Finanzierung öffentlicher Zukunftsaufgaben abzuzweigen. Wie anders soll Zukunft im Bereich Bildung, im Bereich Kinder, im Bereich Zukunftsaufgaben und im Bereich der Gestaltung einer lebenswerten Umwelt finanziert werden?
Das Bundesverfassungsgericht hat die alte Regelung zur Erbschaftsteuer für verfassungswidrig erklärt. In den letzten Jahren ist auf Länderseite in Arbeitskommissionen – zäh – ein Vorschlag erarbeitet worden, wie Vermögen zukünftig bewertet werden sollen. Damit liegt eine Systematik vor, die dazu Anreiz bietet, tatsächlich die Schritte zu gehen, die in der Erbschaftsteuer nötig sind, dann aber auch weiter zu gehen und das Ganze auf die Vermögensteuer auszudehnen.
Allerdings muss man feststellen, dass die Landesregierung sich nicht aktiv in diese Debatte einmischt, sondern abtaucht und – wie ein Kaninchen auf die Schlange – auf das Handeln der Großen Koalition im Bund starrt. Wo bleibt die Landesregierung?