Protocol of the Session on September 18, 2008

Dazukommt: Oft sind Betriebskindergärten besonders gut ausgestattet oder haben ein besonderes pädagogisches Angebot. Hier in Düsseldorf haben wir zum Beispiel den bilingualen Kindergarten der METRO Group.

Die Vorteile sind deutlich. Sie liegen auf der Hand. Nachteile stehen ihnen nicht gegenüber.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Auch die finanziellen Belastungen der Unternehmen halten sich in Grenzen. Wird zum Beispiel ein freier Träger mit der Einrichtung einer Kinderbetreuung von einem Unternehmen beauftragt, erhält der Träger dafür öffentliche Zuschüsse. Das ist übrigens auch einer der Gründe dafür, warum direkte öffentliche Zuschüsse an Unternehmen oder auch privatgewerbliche Träger für den Kindergartenbetrieb gar nicht nötig sind. Besteht ein gutes öffentliches Angebot für Bildung und Betreuung von Kindern, sind die privaten unnötig.

Bei so vielen Vorteilen und keinen erkennbaren Nachteilen fragt man sich natürlich: Warum machen Betriebe das nicht öfter? Warum richten sie nicht

öfter Betreuungsangebote für die Kinder ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein?

Das hängt zunächst einmal mit dem Selbstverständnis von Betrieben zusammen. Der Landtag selber hat sich ja schon sehr früh mit der Kindertagesstätte hier am Fürstenwall, wenige Minuten von hier entfernt, in eine solche Kooperationsvereinbarung begeben. Diese Kooperationen mit nahe liegenden Einrichtungen sind eine alternative Form betrieblicher Betreuungsangebote. Sie sind deshalb auch für kleinere Unternehmen oder Behörden interessant.

Der Hauptgrund dafür, meine Damen und Herren, dass so wenige Unternehmen diese Möglichkeit wahrnehmen, ist aber ein ganz anderer. Das ist nämlich schlicht Unwissenheit. Wir wissen: Von über 500.000 Betreuungsplätzen in NordrheinWestfalen befinden sich gerade einmal 825 in betrieblichen Einrichtungen. Das sind 0,2 % und ist in der Tat viel zu wenig. Aber wer weiß schon in einem Unternehmen, in einer Behörde, wie man überhaupt einen Kindergarten gründet und wen man überhaupt fragen kann?

Deshalb ist eine zentrale Forderung des Antrags der Grünen, zunächst entsprechende Informationsmaterialien zur Verfügung zu stellen und gemeinsam mit Unternehmensverbänden, mit Gewerkschaften und den Kommunen eine breit angelegte Werbekampagne zu starten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wissen, dass es da bei der Landesregierung ein Defizit gibt. Das hat die FDP zu Recht angesprochen. Ihr ist aufgefallen, dass die Landesregierung in dieser Frage noch viel zu wenig aktiv geworden ist, dass sie viel zu wenig auf die Unternehmen zugegangen ist und es auch noch keine Informationsmaterialien gibt, die die Betriebe auf diese Möglichkeit hinweisen, eigene Betreuungseinrichtungen einzurichten und vorzuhalten.

Ich finde an dem ganzen Vorgang interessant, in welcher Form die FDP ihr Anliegen einbringt. Dass Sie, Herr Lindner, im Kinder- und Jugendbereich wie auch an anderen Orten gerne Opposition in der Koalition spielen, kennen wir bereits.

(Zurufe von Horst Becker [GRÜNE] und Christian Lindner [FDP])

Beim Landesjugendplan haben Sie so agiert und auch beim KiBiz – das ja zurück in die Montagehalle musste –, was Sie jetzt sehr hoch loben. Aber dass Sie dann 1:1 den gleichen Antrag wie wir als Opposition stellen, ist dann schon ein ungewöhnlicher Vorgang.

Das scheint der übliche Stil zwischen den Regierungsfraktionen zu sein: Man kommuniziert über Pressemitteilungen. Es gibt Briefe an den Minister, die dann zufällig in den Zeitungen landen. Dann schreibt der Minister böse zurück. Dann ärgert sich

Herr Lindner wieder. So ärgern Sie sich gegenseitig. Ich muss schon sagen, ich möchte das hier nicht kommentieren, weil ich kein Interesse daran habe, die Mediation Ihrer Umgangsformen zu übernehmen. Das müssen Sie schon unter sich selber ausmachen. Aber es ist schon bemerkenswert, auf welches Niveau die Zusammenarbeit dieser Koalition gerutscht ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die FDP führt die CDU wieder am Nasenring durch den Landtag. Sie brüsten sich in „Landtag intern“ sogar damit, dass diese Initiative auf die FDP zurückgegangen ist. Diesen Stil des Umgangs müssen Sie schon mit sich selbst ausmachen.

Im Sinne der Sache haben wir nichts gegen das Anliegen. Im Gegenteil, wir sind ja selber aktiv geworden. Willkommen im Club, kann ich nur sagen. Im Landtag wird wieder Politik gemacht und ausnahmsweise der Landesregierung gezeigt, wo es langgeht.

Im Sinne der Familien und der Familienfreundlichkeit von Arbeitsplätzen und Unternehmen bin ich froh, dass es ein gemeinsames, über Regierungskoalitions- und Oppositionsgrenzen hinausreichendes Anliegen ist. Ich schlage vor, dass wir dieses gemeinsame Anliegen am besten auf der Grundlage des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Jörg das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass jetzt gleich mehrere Fraktionen dieses Thema zum Gegenstand der Debatte machen, sagt noch nichts über die Qualität der Anträge aus. Deshalb möchte ich die Qualität als ersten Punkt beleuchten.

Der Antrag von CDU und FDP enthält im Prinzip einen Appell an Unternehmen, etwas zu tun. Immer dann, wenn die schwarz-gelbe Landesregierung beziehungsweise die sie tragenden Fraktionen einen Appell formulieren, dann in der sicheren Erkenntnis, dass man super appellieren kann, die schönsten Forderungen hineinschreiben kann, genau wissend, dass nichts passiert. Das ist ungefähr der Charakter eines Appells. Dass sich die Grünen jetzt diesem Appell anschließen oder in den Appellcharakter verfallen,

(Andrea Asch [GRÜNE]: Nicht appellieren!)

verwundert mich.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Wir haben unseren eigenen Antrag!)

Man weiß ja, wenn die Grünen an die Wirtschaft appellieren, sind gleich Tausende von Unternehmen bereit, das sofort umzusetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Appellcharakter

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

zeigt im Prinzip die Ernsthaftigkeit dieses Antrages. Es geht um 0,2 % der Plätze in NordrheinWestfalen. Das hätte man ohne Plenum sicherlich vernünftiger regeln können. Das zur Qualität des Antrages.

Inhaltlich sind Sie leider auch völlig auf dem Holzweg, weil der Antrag komplett an der Fachdiskussion vorbeigeht. Betriebskitas sind nicht immer die beste Lösung für die Kinder. Wir alle wollen doch unsere Politik mehr aus der Sicht der Kinder gestalten. Bei der Lufthansa mag es richtig und wichtig sein, einen Betriebskindergarten zu haben. Wenn Mama irgendwo über den Wolken unterwegs ist und zu spät kommt, weil das Flugzeug Verspätung hat, ist das sinnvoll.

Die Fachdebatte zeigt aber, dass man sich so etwas vor Ort überlegen muss. Dagegen stehen schon erhebliche pädagogische Gründe, Herr Minister, beispielsweise, dass sich Kinder in Wohnortnähe orientieren müssen. Sie müssen lernen, sich in ihrem Sozialraum zurechtzufinden. Das sollte man nicht unterschätzen.

Deshalb weist der Trend auch nicht so sehr in Richtung Betriebskindergärten, die meistens für die Betriebe in der Umsetzung auch deutlich zu teuer sind. Im Mittelpunkt stehen vielmehr

(Andrea Asch [GRÜNE]: Was ist das denn jetzt hier?)

individuelle Lösungen in den Betrieben, wie man bedarfsorientiert den Müttern, die sie benötigen, Angebote unterbreiten kann.

Es gibt eine breite Palette an Möglichkeiten. Man kann Kooperationen mit bestehenden Kitas eingehen. Man kann den Eltern finanzielle Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel kann man den Arbeitnehmern die in den meisten Städten NordrheinWestfalens viel zu hohen Beiträge für die Kitas erstatten. Es gibt vielerlei Möglichkeiten, als Unternehmen durch Kooperation mit örtlichen Trägern die Familien im Betrieb zu unterstützen. Dazu bedarf es in den wenigsten Fällen eines Betriebskindergartens.

Das werden wir im Ausschuss noch intensiv diskutieren. Meine Fraktion wird einen Entschließungsantrag einbringen, der diese inhaltlichen Komponenten aufnimmt.

Als letzten Punkt möchte ich, um die Ernsthaftigkeit des Antrages noch einmal deutlich zu machen, zu bedenken geben: Wenn die Landesregierung oder die sie tragenden Fraktionen das von ihnen Beantragte ernsthaft beabsichtigten, dann hätten sie es

in irgendeinem Ministerium bereits praktizieren oder hier im Landtag realisieren können. Sie hätten hier einen Betriebskindergarten einrichten können. Mehrere Kollegen und Mitarbeiter haben Kinder, auch die Vizepräsidentin hat ein Kind. Das haben Sie nicht getan, und das zeigt, dass man diesen Bereich nicht ganz so ernst nimmt, wie man das aus der Tagesordnung herauslesen könnte. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Jörg. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Laschet das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aktuelle Studien von Allensbach im Auftrag des Bundesfamilienministeriums und auch die forsa-Studie der Zeitschrift „Eltern“ zeigen deutlich, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als eine der zentralen Aufgaben der Politik angesehen wird. Wir haben im Vergleich zu all unseren europäischen Nachbarländern einen großen Nachholbedarf.

Viele Eltern wären gerne berufstätig und wünschen sich Unterstützung bei diesem schwierigen Spagat zwischen Beruf und Familie. Sie setzen dabei nicht nur auf den Staat, sondern auch auf den eigenen Arbeitgeber. Vom Staat wünschen sie finanzielle Rahmenbedingungen und bessere Betreuungsangebote. Die Erwartungen an den Unternehmer, das Unternehmen, richten sich besonders auf flexible Arbeitszeiten, differenzierte Teilzeitangebote, aber eben auch auf Hilfen bei der Kinderbetreuung. – So weit die Erwartungen.

Erfreulich ist, dass die Unternehmen das selbst erkennen, immer stärker auch spüren, welche Vorteile es für sie bietet, wenn sie familienfreundlich aufgestellt sind. Insofern wird sich diese Einsicht beim Ringen um die besten Fachkräfte und um Nachwuchs in den nächsten Jahren zunehmend in den Unternehmen breitmachen.

Die Frage ist: Was können wir als Staat tun?

Wir können schlecht den Unternehmen vorschreiben, wie sie sich so aufstellen, dass sie ihre eigenen Mitarbeiter an das Unternehmen binden. Man kann, wenn man vom Unternehmertum ausgeht, schon von dem Unternehmen selbst erwarten, dass sie sich um ihre eigenen Mitarbeiter kümmern und so gut aufgestellt sind, dass sie das schaffen.

Aber: Wir haben mit dem KiBiz, dem Kinderbildungsgesetz, nicht nur mehr Betreuungsplätze in den Einrichtungen, die wir als Land, als Kommune, als Träger und als Eltern finanzieren, sondern auch die Voraussetzungen für bessere Betreuung in den Betrieben geschaffen.

Kollegin Asch hat vorgetragen, die Regierung tue da gar nichts und es sei bisher überhaupt nicht erkannt, was da möglich ist. – Sie kennt in diesem Zusammenhang vielleicht auch nicht den Unterschied zwischen dem KiBiz und dem GTK. Nach den Regelungen des alten GTK musste ein Betrieb je Platz einen einmaligen Investitionsbeitrag leisten und konnte auch bei den Betriebskosten nur einen Zuschuss in Höhe von 46 % erhalten. KiBiz hat diese bürokratischen Hindernisse abgeschafft.

Das heißt im Klartext: Auf der Grundlage des KiBiz fallen die nach GTK erforderlichen Investitionsbeiträge der Betriebe ganz weg und werden die Gesamtkosten für einen Betreuungsplatz, der durch einen freien Träger bereitgestellt wird, in Höhe von 91 % übernommen. Betriebe können also Kooperationsverträge mit anerkannten Trägern abschließen. Sie können Plätze außerhalb des Betriebes in Kindertagesstätten belegen, aber sie können auch in ihrem eigenen Unternehmen einen anerkannten Träger mit der Organisation eines Betriebskindergartens beauftragen.

In diesen Fällen gibt es auch den Zuschuss, was bisher so unbürokratisch nicht möglich war.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Das konnten sie bisher doch auch schon!)