Protocol of the Session on December 10, 2020

und das ist menschenverachtend.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Birkner, ich werfe Ihnen bestimmt nicht vor, dass Sie versuchen, das sozusagen gegeneinander auszuspielen. Wenn das so bei Ihnen angekommen ist, dann entschuldige ich mich dafür. Ich habe aber die herzliche Bitte, dass Sie, weil Sie auch gelegentlich sehr gut austeilen können, auch mal Kritik einstecken können. Das gehört auch dazu.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir reden hier wirklich über ein sehr ernsthaftes Thema und über eine Krise, wie wir sie seit Gründung der Bundesrepublik nicht erlebt haben. Ich hoffe, wir werden so etwas auch nie wieder erleben. Aber wer weiß! Aber machen Sie hier keine Oppositionspolitik um der Opposition willen. Ich glaube, das wird Ihnen und Ihrer Partei nicht gerecht.

(Zuruf von Dr. Stefan Birkner [FDP])

- Ja, doch. Das tun Sie.

Sie fahren einen absoluten Schlingerkurs. Das will ich Ihnen mal an Beispielen deutlich machen, Herr Dr. Birkner: Auf der einen Seite ging es Ihnen hier im Sommer, als wir wirklich Zahlen hatten, bei denen wir über den Stufenplan gesprochen haben, wann wir welche Lockerungen vornehmen können, bei keiner Debatte weit genug.

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Sie haben an die Eigenverantwortung appelliert und gesagt, wir sollten den Menschen mehr zutrauen. Sie haben gesagt, wir würden die Wirtschaft kaputt machen.

Bei der Dynamik der Infektionen - die haben nicht Sie zu verantworten - möchte ich mir nicht ausmalen, was wir dann in unseren Krankenhäusern erlebt hätten, wenn wir da einen Moment gezögert

und Ihre Strategie verfolgt hätten. Ich will Ihnen das einmal mit auf den Weg geben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Bei dem Thema Pflegeheime bin ich wirklich ein bisschen empfindlich, weil ich selbst Angehörige in Pflegeheimen - leider - hatte. Die haben Konzepte, und die schützen ihre Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Kunden, so gut es irgendwie geht. Wir selbst - ich auch - haben das zum Teil kritisiert, weil es mehr als schwierig - mehr als schwierig - ist, alle persönlichen Kontakte auf ein absolutes Minimum zurückzufahren, besonders für diese Risikogruppe.

Sie haben letztens gesagt, das, was der Bundesvorsitzende Ihrer Partei verkünde, sei auch Ihre Meinung. Da gibt es - und das hat er auch dieser Tage wiederholt - zwei Alternativen: einen absoluten Lockdown - oder Risikogruppen zu schützen. Sie bleiben immer noch die Antwort schuldig, wie Sie ein Drittel dieser Bevölkerung wirklich schützen wollen. Sagen Sie uns das einmal ganz konkret. Das ist für mich eine Isolation, die Sie nicht hinkriegen werden.

(Zuruf von der FDP)

- Doch, auch hier in unserem Kollegenkreis. Von meiner Fraktion sind Mitglieder nicht da, weil sie zur Risikogruppe gehören. Wollen Sie diese dauerhaft von ihrer Arbeit ausschließen? - Das käme einem Berufsverbot gleich. Ich will Ihnen nur sagen, was das bedeutet.

(Glocke der Präsidentin)

Ganz zum Schluss: Stufenplan. Ja, das können wir gerne machen, wir haben das im Prinzip auch schon einmal gemacht, das kann man neu auflegen. Dann müssen Sie aber Farbe bekennen. Wenn wir über Schließungen reden, müssen Sie das dann auch mittragen und sich nicht wieder hier hinstellen und sagen: Das ist alles falsch, das ging alles in die falsche Richtung. Nein, dann müssen Sie Farbe bekennen.

Letzter Satz!

Letzter Satz, Frau Präsidentin: Wenn Sie über Strategien reden, dann kann ich für mich nur feststellen: Sie, von der FDP, sind mit Ihrer eigenen Strategie gescheitert.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Modder. - Es gibt auf Ihre Rede nun eine Kurzintervention des Kollegen Dr. Birkner. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Modder, man kann zumindest sagen, dass die Strategie der Landesregierung gescheitert ist. Die Halbwertzeit der Äußerungen des Ministerpräsidenten sinkt dramatisch. Das ist meines Erachtens ein Ausdruck davon, dass man nicht mehr eine klare Linie oder Strategie fährt. Das ist die erste Bemerkung.

(Beifall bei der FDP)

Die zweite Bemerkung: Sie werfen uns einen Schlingerkurs vor, den wir auch Ihnen vorwerfen, wechselseitig sozusagen. Unsere Vorschläge in der Sommerpause sind immer in diese nachhaltige Strategie, die wir Ihnen mit diesen 18 Punkten vorgelegt haben, eingebettet gewesen.

Wir haben immer auf ein differenziertes Vorgehen gesetzt, indem z. B. die Testmöglichkeiten viel intensiver und breiter genutzt werden sollen. Die jetzt vorhandenen Schnelltests sollten gezielter eingesetzt werden, es hätte frühzeitiger auf die breite Anwendung von Masken gesetzt werden müssen.

Wir sind jetzt im Dezember und reden immer noch über diese Fragestellung. Es ist eigentlich unfassbar, dass so viel Zeit ins Land gegangen ist. Aber genau da setzen die Strategien zum Schutz besonders verletzlicher Gruppen an. Wir können uns jetzt über die Frage der Risikogruppen unterhalten und wie viele das sind. Sie wissen, dass die Ständige Impfkommission genau nach einem solchen Muster vorgeht, dass nämlich mit den über 80Jährigen begonnen werden soll. Genauso sind die besonders verletzlichen Gruppen zu definieren. Dort hat man eine inzwischen wissenschaftlich basierte Grundlage, bei der man ansetzen kann.

Ich teile Ihre Einschätzung. Wir müssen alles dafür tun, um Isolation zu vermeiden; denn das, was wir im Frühjahr hatten, darf sich nicht wiederholen: dass Menschen auch alleine gestorben sind. Das darf nicht passieren. Insofern ist das zu vermeiden.

Sie müssen sich doch auch mit der Frage befassen, warum die Sterberate in den Alten- und Pflegeheimen so besonders hoch ist. Wie kommt das Virus da hinein? Wie können wir sicherstellen, dass die Pflegekräfte nicht unbeabsichtigt als Vi

rusträger wirken? Wie können wir sicherstellen, dass die Besucher nicht unbeabsichtigt das Virus hineintragen? - Das sind doch die Punkte, bei denen wir in der Diskussion ansetzen müssen.

So bitte ich auch unsere Haltung zu verstehen. In dieser Hinsicht ist nach unserer Einschätzung viel zu wenig passiert.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Frau Modder möchte Ihnen nun antworten. Bitte!

Herr Dr. Birkner, wenn wir über Risikogruppen reden, dann reden wir nicht nur über die, die in Altersheimen sind.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wir müssen das differenzieren!)

Das müssen Sie wirklich auch verinnerlichen. Das sind mehr.

(Zuruf von Dr. Stefan Birkner [FDP])

- Genau, aber die sind im Altersheim und sind geschützt. Da haben wir alles getan. Das müssen Sie einfach mal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Christian Grascha [FDP]: Wieso sterben dann da 40 %? 40 % der To- ten kommen aus den Pflegeheimen! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Andere Leute gehen auch in Altersheime, und Pflegekräfte bewegen sich auch außerhalb der Altersheime. Deswegen wird das auch passieren.

Ich habe die herzliche Bitte; denn das Thema ist wirklich zu ernst, um sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Ich appelliere an Sie: Es muss doch möglich sein, nicht immer nur aus dem Oppositionswillen heraus alles zu kritisieren.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ich habe Sie sogar schon gelobt!)

- Doch, Sie kritisieren, und wenn wir was gemacht haben, dann war das wieder nicht gut. Sie haben wirklich einen Schlingerkurs eingeschlagen.

Eins sage ich Ihnen: Die Menschen in diesem Land wünschen sich nichts mehr, als sicher zu sein, dass wir alles dafür tun, dass das Gesundheitssystem aufrechterhalten werden kann, dass sie die gesundheitliche Versorgung bekommen

können, die ihnen zusteht, dass wir Hilfen geben, um die Konsequenzen zu tragen und die Folgen mit dem, was wir hier mit dem Lockdown light oder dem jetzt verlängerten Lockdown light tun, abzumildern. Darauf haben die Menschen einen Anspruch.

Ich glaube eines, Herr Dr. Birkner, ganz bestimmt: Wenn die Menschen anerkennen, dass hier in diesem Land jemand dafür einsteht, dass sie sicher sein können, und auch wissen, in der Krise gut geführt zu werden, dann geschieht dies durch diesen Ministerpräsidenten Stephan Weil.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Modder.

Wir setzen die Aussprache fort. Es hat sich nochmals die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Frau Kollegin Hamburg, zu Wort gemeldet. Ich darf noch einmal alle um Aufmerksamkeit bitten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Birkner und ich haben doch heute auch einiges gelobt, und wir haben auch Maßnahmen durchaus mitgetragen. Sie sollten vielleicht einmal komplett zuhören, um uns gerecht zu werden.