Protocol of the Session on December 9, 2020

Die Frage aber, Frau Ministerin, steht noch immer im Raum: Hat er damals eigentlich eigenmächtig gehandelt und damit deutlich gemacht, dass nicht Sie die Chefin im eigenen Hause sind? Oder wussten Sie in Wahrheit doch von dem Vorhaben, und war er am Ende nur das Bauernopfer? Hier bleiben noch Fragen im Raum.

(Beifall bei den GRÜNEN - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Da würden wir uns über Antworten freuen!)

Meine Damen und Herren, bei den Verwaltungsgerichten könnte uns eine Entlastung nach vorn bringen. Warum setzen Sie sich eigentlich nicht für eine weitere Rechtsmittelinstanz in Asylsachen ein, statt nur den Missstand zu beklagen? Dazu kam vom Ministerium nichts.

Und warum haben wir eigentlich eine überflüssige Mehrbelastung der Verwaltungsgerichte durch Ihr wahrlich nicht erfolgreiches neues Polizeigesetz? Dafür hat es nicht eine einzige Richterstelle mehr gegeben. Was soll also das Klagen an dieser Stelle?

(Beifall bei den GRÜNEN - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Ansonsten erleben wir mit dem Justizhaushalt das gleiche Spiel: Das Ministerium kürzt, und die politische Liste läuft als Reparaturbetrieb. Man könnte auch sagen: Hier sollten die Fraktionen beschäftigt werden. Am Ende ist das, was dabei herauskommt, zu wenig.

Das sehen wir doch auch bei der Baustelle „Prävention von sexualisierter Gewalt an Kindern“. Da wird im Haushaltsplan gestrichen und dann wieder versucht zu reparieren. Im MJ ist aus dem guten Präventionsprogramm für die Fläche am Ende nichts mehr geworden. Halten Sie eigentlich die entsprechenden Programme nicht für notwendig?

Wir sehen, wie CDU und SPD versuchen, sich in Strafverschärfungsdebatten zu profilieren, aber wenn es um die Prävention, also um den unmittelbaren Schutz von Kindern, den Opferschutz, geht, dann kommt da eindeutig zu wenig. Ich finde, da müssen Sie sich an die eigene Nase fassen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was kann man eigentlich ansonsten gegen die Überlastung der Gerichte machen, als endlich einmal eine größere Strafrechtsreform anzugehen? Warum setzen Sie sich nicht auf Bundesebene dafür ein, dass das Retten von Lebensmitteln - das sogenannte Containern - oder das Schwarzfahren nicht mehr als kriminell, als Straftatbestand verfolgt werden? Das ist doch absurd. Das versteht doch niemand im Land.

(Beifall bei den GRÜNEN - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Genau, das Ge- genteil machen sie!)

Was Sie inzwischen auch gemerkt haben müssten: Auch die Cannabiskriminalität war hier schon so oft Thema. Es begreift doch niemand mehr, warum wir die Gerichte und den Polizeiapparat immer noch unnötig damit beschäftigen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch von Dirk Toepffer [CDU])

Über den Justizvollzug haben wir eben schon geredet. Es gibt eine massive Unterbesetzung. Frau Osigus hat die 200 Vollzeitstellen erwähnt. Es ist ja schön, dass Sie jetzt für Transparenz sorgen. Wir sehen transparent, dass Sie nichts davon in den Haushalt eingestellt haben. Das ist deutlich zu wenig. Weniger geht an der Stelle nicht mehr. Ich habe dafür kein Verständnis. Wir müssen endlich mehr liefern und auch für Entlastung in den Gefängnissen sorgen.

Ich will Ihnen noch etwas sagen: Es ist ja schön und gut, dass Sie Reparaturen im Bereich der Straffälligenhilfe bei den Anlaufstellen für Straffällige vorgenommen haben. Aber Sie wissen doch auch, dass das zu wenig ist. Dabei kann man Strafvermeidung eigentlich nicht effektiver fördern. Effektiver kann man nicht dafür sorgen - das sage ich auch in Richtung des Parlaments -, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land vor Straftaten geschützt werden.

Deswegen mein Appell: Unterstützen Sie unsere Initiative an dieser Stelle! Tun wir mehr, um Straffällige davor zu bewahren, in den Teufelskreis von Wiederholung zu geraten! Helfen wir Ihnen da, wo es am nötigsten ist! Sorgen wir aktiv für Resozialisierung!

Sie hätten es in der Hand - Sie tun es nicht. Insofern ist das, was Sie heute bringen, zu wenig.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir danken auch, Herr Kollege Bajus. - Ihre Kollegin Julia Willie Hamburg will gleich reden. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zum Thema Landesprogramm gegen Rechtsextremismus gemeldet. Herr Calderone, zum Thema „Rot-Grün hat nichts auf den Weg gebracht“: Wir waren es, die damals das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus mit über

1 Million Euro auf den Weg gebracht haben, die mobilen Beratungsstellen ins Leben gerufen haben und auch eine Betroffenenberatung in Niedersachsen installiert haben, Und diese Beratungsstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind zwingend notwendig und müssen weiter gestärkt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist doch nicht so, als wäre das Thema Rechtsextremismus in Niedersachsen gelöst. Nein, wir haben steigende Straftatenzahlen, die extreme rechte Szene tritt immer dominanter auf. Gerade der Raum Südniedersachsen/Braunschweig ist massiv von bedrohlichen rechtsextremen Strukturen betroffen. Das geht so weit, dass sie Menschen besuchen und aktiv Anschläge auf ihr Zuhause verüben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da braucht es eine funktionierende Strategie gegen Rechtsextremismus. Und das ist nicht Ideologie, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine niedersächsische Notwendigkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist ja auch nicht so, als wenn es vorher mit KIP NI keine Maßnahmen etwa gegen den Bereich des Islamismus gegeben hätte oder als wenn der Linksextremismus nicht in den Blick genommen worden wäre, sondern wir haben gesagt, dass es ein zivilgesellschaftliches und starkes Programm geben muss, um den Rechtsextremismus im Keim zu ersticken und die Zivilgesellschaft, die sich für Demokratie in unserem Land engagiert, zu stärken und zu unterstützen.

(Volker Bajus [GRÜNE]: Das ist auch richtig so!)

Wie macht Ihre Landesregierung das? Sie hat für die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus für Demokratie - lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen! - ganze sechs Köpfe! Für ein riesiges Flächenland wie Niedersachsen ganze sechs Köpfe! Damit meine ich nicht sechs volle Stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nein! Die teilen sich anderthalb Stellen für diese ganzen Regionen. Das ist doch absurd!

Hier braucht es viel mehr Unterstützung, um mit den völkischen Siedlern im Raum Lüneburg und mit den extremen Rechten im Raum Osnabrück und mit den Situationen in Südniedersachsen und Braunschweig klarzukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus brauchen wir einen intensiven Strafverfolgungsdruck. Wie werden wir denn dieser Rechtsextremen, die hier dickhosig auftreten und Menschen bedrohen, Herr? Natürlich nur, indem wir eine massive Strafverfolgung und auch eine konsequente Justiz an der Stelle haben, die diesen Aktivitäten und Machenschaften einen Riegel vorschieben und unsere Demokratie als wehrhafte Demokratie zeigen und auch leben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen brauchen wir neben einem starken Landesprogramm Rechtsextremismus und einer Stärkung der Zivilgesellschaft eben auch einen besseren und konsequenten Umgang der Sicherheitsbehörden und der Justiz an dieser Stelle. Hier erwarte ich mehr Engagement: sowohl vom Innenminister als auch von Ihrer Justizministerin.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Hamburg. Das war eine Punktlandung, zeitlich gesehen. - Jetzt folgt Kollegin Dr. Esther Niewerth-Baumann als zweite Rednerin für die CDU. Bitte sehr, Frau Kollegin!

Danke schön. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider hat mir mein Kollege Calderone nur wenige Minuten gelassen. Sonst könnte ich auch auf Sie von den Grünen intensiv eingehen. Es gäbe einiges dazu zu sagen. Aber ich möchte natürlich den Justizvollzugshaushalt nicht vernachlässigen.

Zuerst möchte ich sagen, dass die §-128-a-ZPOVerhandlungen sehr gut funktionieren, Frau Ministerin. Ich habe schon eine über anderthalb Stunden bei dem Landgericht Aurich gehabt. Das läuft und funktioniert gut, ist eine spannende Herausforderung, und weitere werden sicherlich folgen.

Jetzt komme ich zum Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“, einem ganz besonders wichtigen Ausschuss: Normalerweise fahren wir als Ausschuss durchs Land und besichtigen Vechta, Lingen, Celle, Rosdorf, Uelzen oder Oldenburg, wo wir Gelegenheit haben, mit den Mitarbeitern und auch mit den Leitungen zu sprechen. Die Besichtigungen und die Termine vor Ort sind in diesem Jahr wegen Corona leider entfallen.

Dennoch haben wir natürlich die Gespräche geführt.

Ich hebe noch einmal hervor, dass der Justizhaushalt um 1,6 % gestiegen ist.

An dieser Stelle ein ganz besonderer Dank an die Mitarbeiter aus der Justiz! Immerhin 337 Personen helfen in den Gesundheitsämtern aus und unterstützen dort die Arbeit. Das ist, denke ich, etwas sehr Wichtiges und einen Dank wert!

(Beifall bei der CDU)

Ich hebe die 15 neuen Vollzeitstellen im Justizvollzug hervor. Wir schaffen jedes Jahr neue Stellen, und so auch dieses Jahr. Wir arbeiten daran, die Fehlbedarfe dort abzustellen.

Ich hebe die 400 000 Euro hervor, die wir für die Straffälligenhilfe eingesetzt haben. Die Straffälligenhilfe hilft den Angehörigen durch Beratungsgespräche, sie betreut die Straffälligen in der Haft, sie bereitet die Entlassung vor, sie hilft bei der Nachsorge und sorgt so für eine gute Resozialisierung und gute Chancen für den Neuanfang.

Wir geben 150 000 Euro für den Täter-Opfer-Ausgleich aus. Ich nenne hier nur die Konfliktschlichtung in Oldenburg, die Waage Hannover und SKM Lingen. Die Konfliktschlichtung versteht sich als unparteiischer Mittler zwischen Täter und Opfer. Das Opfer kann Wiedergutmachung erfahren, und der Täter kann über persönlichen Kontakt zur Einsicht gelangen. Die Konfliktschlichtung hat einen präventiven Charakter.

Für die Ausrüstung der Justizvollzugseinrichtungen mit Digitalfunk geben wir 350 000 Euro und für den von Frau Osigus schon genannten Gefangenentransportwagen 140 000 Euro aus.

Ich danke der Ministerin und ihren Mitarbeitern herzlich für die gute geleistete Arbeit. Ich danke dem VNSB für die gute Zusammenarbeit. Ich hebe hervor, dass die Justiz eine tragende Säule des Rechtsstaates ist. Die Investitionen in die Justiz sind immer Investitionen in das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Wir setzen uns mit Sicherheit auch im nächsten dafür ein.

Danke schön, und das war eine Punktlandung.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Frau Kollegin. - Im Reigen der Fraktionen fehlt jetzt noch die FDP. Herr Dr. Marco Genthe, Sie haben das Wort. Bitte sehr!